Urteil des BPatG vom 09.07.2015

Stand der Technik, Fig, Vergleich, Patentanspruch

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
12 W (pat) 8/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
9. Juli 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2011 078 648.1
hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie der Richter
Dipl.-Ing. Schlenk und Dr.-Ing. Krüger
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beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der
Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. Januar 2013 aufgehoben und das Patent mit
der Bezeichnung „Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe“ mit
folgenden Unterlagen erteilt:
Patentanspruch 1 gemäß der Eingabe vom 7. Mai 2015,
Patentansprüche 2 bis 8 gemäß den ursprünglichen Unterlagen,
Beschreibung
und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3, Fig. 4a bis Fig. 4d und Fig. 5),
jeweils gemäß Offenlegungsschrift.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Der Beschwerdeführer ist Anmelder der am 5. Juli 2011 beim Deutschen Patent-
und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung 10 2011 078 648.1 mit der
Bezeichnung: „Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe“.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat die Prüfungsstelle für Klasse F02B des
Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen und dabei
zur Begründung angegeben, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht patent-
fähig.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 6. Februar 2013 eingelegte Be-
schwerde des Anmelders.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. Januar 2013 aufzuheben und das Patent mit der Bezeich-
nung „Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe“ mit folgenden Unterlagen zu ertei-
len:
Patentansprüche 1 bis 8 gemäß den ursprünglichen Unterlagen,
Beschreibung
und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3, Fig. 4a bis Fig. 4d und Fig. 5),
jeweils gemäß Offenlegungsschrift,
hilfsweise mit folgenden Unterlagen:
Patentanspruch 1 gemäß der Eingabe vom 7. Mai 2015,
Patentansprüche 2 bis 8 gemäß den ursprünglichen Unterlagen,
Beschreibung
und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3, Fig. 4a bis Fig. 4d und Fig. 5),
jeweils gemäß Offenlegungsschrift.
Der ursprünglich eingereichte und nach Hauptantrag geltende Anspruch 1 lautet:
Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe, mit mindestens einem
Zylinder (1) und einem darin hin- und herbewegbaren Kolben (2),
wobei der Kolben (2) über einen daran in einem ersten
Anlenkpunkt (3) angelenkten ersten Pleuel (P1) mit einem um eine
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Schwenkhebelachse (6) schwenkbaren Schwenkhebel (5) an
einem ersten Angriffspunkt (4) schwenkbeweglich verbunden ist,
wobei ein an einer Kurbelwelle (7) in einem zweiten Anlenkpunkt
(9) angelenkter zweiter Pleuel (P2) schwenkbeweglich mit dem
Schwenkhebel (5) an einem zweiten Angriffspunkt (11) verbunden
ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Zylinder (1) bezüglich des Schwenkhebels (5) so angeordnet
ist, dass bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben (2) eine den
ersten Anlenkpunkt (3) mit dem ersten Angriffspunkt (4) ver-
bindende gedachte erste Linie (L1) mit einer den ersten (4) mit
dem zweiten Angriffspunkt (11) verbindenden gedachten zweiten
Linie (L2) einen ersten Winkel α zwischen 0 und 90° bildet.
Der nach Hilfsantrag geltende Anspruch 1 lautet (Ergänzungen unterstrichen):
Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe, mit mindestens einem
Zylinder (1) und einem darin hin- und herbewegbaren Kolben (2),
wobei der Kolben (2) über einen daran in einem ersten Anlenk-
punkt (3) angelenkten ersten Pleuel (P1) mit einem um eine
Schwenkhebelachse (6) schwenkbaren Schwenkhebel (5) an ei-
nem ersten Angriffspunkt (4) schwenkbeweglich verbunden ist,
wobei ein an einer Kurbelwelle (7) in einem zweiten Anlenk-
punkt (9) eines Kurbelwellenzapfens (10) angelenkter zweiter
Pleuel (P2) schwenkbeweglich mit dem Schwenkhebel (5) an
einem zweiten Angriffspunkt (11) verbunden ist,
- 5 -
dadurch gekennzeichnet, dass
der Zylinder (1) bezüglich des Schwenkhebels (5) so angeordnet
ist, dass bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben (2) eine den
ersten Anlenkpunkt (3) mit dem ersten Angriffspunkt (4) ver-
bindende gedachte erste Linie (L1) mit einer den ersten (4) mit
dem zweiten Angriffspunkt (11) verbindenden gedachten zweiten
Linie (L2)
einen ersten Winkel α zwischen 0 und 90° bildet,
und dass die Bewegungen des Kolbens (2) und der Kurbelwelle
um etwa 180° versetzt sind, so dass bei am oberen Totpunkt
befindlichen Kolben (2) sich der Kurbelwellenzapfen (10) der
Kurbelwelle (7) im Bewegungsstrang des Kurbelgetriebes in einer
vom Kolben (2) entferntesten Position befindet.
Die Ansprüche 2 bis 8 sind unmittelbar bzw. mittelbar auf den jeweiligen An-
spruch 1 rückbezogen.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind als Stand der
Technik unter anderem die folgenden Druckschriften berücksichtigt worden:
D1)
DE 10 2005 061 282 B4
D2)
DE 30 30 615 C2
D3)
DE 601 21 487 T2
D4)
WO 2004 061 270 A1
Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzel-
heiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
1) Die zulässige Beschwerde führt teilweise zum Erfolg, da der Gegenstand des
Anspruchs 1 nach Hilfsantrag sich als patentfähig erweist.
2) Der geltende Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag lässt sich wie folgt
gliedern
(Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag unterstrichen):
M1
Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe,
mit mindestens einem Zylinder (1)
und einem darin hin- und herbewegbaren Kolben (2),
M2
wobei der Kolben (2)
über einen daran in einem ersten Anlenkpunkt (3) angelenkten
ersten Pleuel (P1)
mit einem
um eine Schwenkhebelachse (6) schwenkbaren
Schwenkhebel (5)
an einem ersten Angriffspunkt (4)
schwenkbeweglich verbunden ist,
M3
wobei ein
an einer Kurbelwelle (7)
in einem zweiten Anlenkpunkt (9) eines Kurbelwellen-
zapfens (10)
angelenkter
zweiter Pleuel (P2)
schwenkbeweglich mit dem Schwenkhebel (5)
an einem zweiten Angriffspunkt (11)
verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
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M4
der Zylinder (1) bezüglich des Schwenkhebels (5) so angeordnet ist,
dass bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben (2)
eine
den ersten Anlenkpunkt (3) mit dem ersten Angriffspunkt (4)
verbindende gedachte erste Linie (L1)
mit einer
den ersten (4) mit dem zweiten Angriffspunkt (11) verbindenden
gedachten zweiten Linie (L2)
einen ersten Winkel α zwischen 0 und 90° bildet,
H5
und dass die Bewegungen des Kolbens (2) und der Kurbelwelle
um etwa 180° versetzt sind,
so dass bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben (2)
sich der Kurbelwellenzapfen (10) der Kurbelwelle (7)
im Bewegungsstrang des Kurbelgetriebes
in einer vom Kolben (2) entferntesten Position befindet.
3) Als Fachmann ist vorliegend ein Maschinenbauingenieur der Fachrichtung
Brennkraftmaschinen mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung zuständig,
der beispielsweise bei einem Automobilhersteller im Bereich der Motorenvor-
entwicklung tätig sein kann.
4) Nach dem Verständnis dieses Fachmanns geht die Anmeldung von einer
Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe aus, die gemäß dem zweiten Absatz der
Beschreibung aus der Entgegenhaltung D1 bekannt ist. Nachfolgend ist daher die
Figur 1 der D1 wiedergegeben:
- 8 -
Anders als bei herkömmlichen Kurbelgetrieben, bei denen ein Pleuel mit seinem
ersten Anlenkpunkt am Kolben und mit seinem zweiten Anlenkpunkt am
Kurbelwellenzapfen angelenkt ist, sind bei dem aus der D1 bekannten Kur-
belgetriebe zwei Pleuel vorgesehen. Das erste Pleuel 4 ist mit seinem ersten
Anlenkpunkt 9a am Kolben 2 und andererseits an einem ersten Angriffspunkt 10a
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eines Schwenkhebels 6 angelenkt. Das zweite Pleuel 5 ist einerseits an einem
zweiten Angriffspunkt 11a desselben Schwenkhebels 6 und mit seinem zweiten
Anlenkpunkt 17a am Kurbelwellenzapfen der Kurbelwelle 7 angelenkt.
Die Figur 1 der D1 zeigt das Kurbelgetriebe mit am oberen Totpunkt befindlichen
Kolben 2. Dies ist daran erkennbar, dass das zweite Pleuel 5 und die Kurbel-
wangen der Kurbelwelle 3 in einer gestreckten Position zueinander liegen.
M1
kraftmaschine gemäß D1 soll weiter verbessert werden.
Dazu soll nach dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 nach Hauptantrag
M4)
dass (bezogen auf die oben wiedergegebene Figur 1 der Entgegenhaltung D1) bei
am oberen Totpunkt befindlichen Kolben 2 der Winkel
α zwischen der Linie 9a-10a
und der Linie 10a-11a zwischen 0 und 90° beträgt.
Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist zusätzlich ange-
H5
etwa 180° versetzt sein sollen. Der Beschreibung, siehe Abs. 0010 der Offen-
legungsschrift, ist dazu zu entnehmen, dass die Angabe „um etwa 180° versetzt“
im Vergleich zum Stand der Technik, d. h. im Vergleich zu den Bewegungen des
Kolbens und der Kurbelwelle eines herkömmlichen Kurbelgetriebes, zu verstehen
ist.
Bei diesem dem Fachmann geläufigen Kurbelgetriebe bewegen Kolben und
Kurbelwelle sich gleichläufig.
Wenn sich daher der Kolben des herkömmlichen Kurbelgetriebes an seinem
oberen Totpunkt befindet, so befindet sich auch der Kurbelwellenzapfen in seiner
obersten Lage. Pleuel und Kurbelwangen liegen dabei in einer gestreckten
Position.
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Wenn sich dagegen der Kolben des herkömmlichen Kurbelgetriebes in seinem
unteren Totpunkt befindet, so befindet sich auch der Kurbelwellenzapfen in seiner
untersten Lage. Pleuel und Kurbelwangen liegen dabei in einer sich über-
deckenden Position.
Der Angabe des Merkmals H5, dass Bewegungen des Kolbens und der Kurbel-
welle hierzu um etwa 180° versetzt sein sollen, entnimmt der Fachmann daher:
Wenn beim erfindungsgemäßen Kurbelgetriebe der Kolben sich an seinem oberen
Totpunkt befindet, so soll der Kurbelwellenzapfen sich in seiner untersten Lage
befinden, in der Pleuel und Kurbelwangen sich überdecken.
Die hier verwendeten Formulierungen „oben“ und „unten“ setzen voraus, dass die
Kurbelwelle unten und der Kolben oben, über der Kurbelwelle, angeordnet ist.
Diese Betrachtungsweise „oben/unten“ ist bei dem erfindungsgemäßen Kurbel-
getriebe aufgrund der Umlenkung am Schwenkhebel nicht ohne weiteres möglich.
Im Merkmal H5 ist daher für das erfindungsgemäße Kurbelgetriebe die Position
des Kurbelwellenzapfens (10) bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben (2) als
die „vom Kolben (2) entfernteste Position“ beschrieben. Diese Position identifiziert
der Fachmann als diejenige, die de
r „untersten Lage“ des Kurbelwellenzapfens
beim herkömmlichen Kurbelgetriebe entspricht, und die - unabhängig davon, ob
die Kurbelwelle „oben“ oder „unten“ angeordnet ist - daran zu erkennen ist, dass
das zweite Pleuel und die Kurbelwangen sich überdecken.
5) Die geltenden Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsantrag sind zulässig.
Die Anspruch 1 nach Hauptantrag entspricht dem ursprünglich eingereichten
Anspruch 1. Das Merkmal M5 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist ursprünglich
offenbart im zweiten Absatz auf Seite 3 der Anmeldung (Abs. 0010 der Offen-
legungsschrift), die zusätzliche Angabe im Merkmal M3 ergibt sich aus Seite 5,
Zeilen 22 bis 23, der ursprünglichen Anmeldung (Abs. 0024 der Offenlegungs-
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schrift). Die nach Haupt- wie auch Hilfsantrag geltenden Ansprüche 2 bis 8
entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 8.
6) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich für den
Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG).
Die Entgegenhaltung D1 offenbart eine Brennkraftmaschine mit Kurbelgetriebe
entsprechend den Merkmalen M1 bis M3 des Oberbegriffs.
Der im Merkmal M4 angegebene Winkel
α beträgt bei dem in den Figuren
dargestellten Ausführungsbeispiel dagegen ca. 140° - siehe in der oben wieder-
gegebenen Figur 1 der D1 mit am oberen Totpunkt befindlichem Kolben 2 den
Winkel zwischen der Linie 9a-10a und der Linie 10a-11a. Das entspricht nicht dem
im Merkmal M4 angegebenen Wert von 0 bis 90°.
Jedoch ist die Offenbarung der D1 nicht auf das in den Figuren dargestellte
Ausführungsbeispiel beschränkt. Vielmehr lehrt die Beschreibung auch Variations-
möglichkeiten. So ist im Absatz 0016 der D1 angegeben, dass ein „Zwi-
schenwinkel 38“ (in der oben wiedergegebenen Figur der Winkel zwischen der
Linie 10a-8a und der Linie 8a-11a), der beim dargestellten Ausführungsbeispiel
45° beträgt, zwischen 20° und 340° liegen kann. Weiter entnimmt der Fachmann
dem Absatz 0016, dass der verbleibende Abstand von je 20° bis zu einem
Zwischenwinkel von 0° bzw. 360° sich daraus ergibt, dass das am ersten
Angriffspunkt 10a angeordnete Lager 46 und das am zweiten Angriffspunkt 11a
angeordnete Lager 47 nebeneinander Platz finden müssen. Für das in den
Figuren dargestellte Ausführungsbeispiel ist der gewählte Zwischenwinkel von 45°
erkennbar der kleinstmögliche, sonst würden die hier mit großem Durchmesser
ausgeführten Lager 46 und 47 aneinander stoßen. Umgekehrt ergibt sich daraus
für den Fachmann unmittelbar, dass mit diesen Lagern 46 und 47 auch der
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größtmögliche Zwischenwinkel nicht 360° - 20° = 340° beträgt, sondern 360° - 45°
= 315°.
Da in den Figuren lediglich eine Ausführungsform mit dem kleinstmöglichen
Zwischenwinkel von 45° dargestellt ist, hat der Fachmann Anlass, sich zu
vergegenwärtigen, wie das Kurbelgetriebe aussähe, wenn der Zwischenwinkel auf
315° vergrößert würde. Er dreht dazu den zweiten Anlenkpunkt 11a mit dem Lager
47 gegen den Uhrzeigersinn um die Schwenkhebelachse 8a, bis das Lager 47
sich oben rechts neben dem Lager 46 befindet.
Aus der Vorgabe des Abs. 0016 der D1, dass sich bei einer Veränderung des
Zwischenwinkels die kinematischen Eigenschaften des Getriebes nicht verändern
sollen, ergibt sich für ihn, dass dabei auch die Position der Kurbelwelle 7
entsprechend mitgedreht werden muss. Dabei entsteht zunächst eine Über-
schneidung der Kurbelwelle 7 mit dem ersten Pleuel 4.
Aufgrund der weiteren Anregung der D1, Abs. 0051 bis 0053, dass nämlich auch
die Längen der Pleuel und der Schwenkhebelradien variiert werden können,
gelangt der Fachmann jedoch im Rahmen seines fachmännischen Handelns zu
einem überschneidungsfrei funktionierenden Kurbeltrieb mit großem Zwischen-
winkel. Er verlängert dazu das zweite Pleuel 5 soweit, dass die Kurbelwelle 7 in
den Bereich links des ersten Pleuels 4 gelangt. Er verlängert weiter das erste
Pleuel 4 soweit, dass der Kolben 2 auf dem Weg vom oberen zum unteren
Totpunkt nicht mit dem zweiten Pleuel 5 kollidiert. Bei dem dabei entstehenden
Kurbelgetriebe ergibt sich ein Winkel α zwischen der Linie 9a-10a und der Linie
10a-11a, der etwas kleiner als 90° ist, der also entsprechend dem Merkmal M4
zwischen 0 und 90° beträgt.
Der Fachmann gelangt so durch eine fachmännische Umsetzung der Lehre der
D1 ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Haupt-
antrag.
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7) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ergibt sich für den Fach-
mann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG).
Um nun zu einer Brennkraftmaschine mit einem Kurbelgetriebe zu gelangen, das
auch noch das Merkmal H5 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag aufweist, wonach
die Bewegungen des Kolbens und der Kurbelwelle um etwa 180° versetzt sein
sollen, müsste der Fachmann ausgehend von der D1 zusätzlich zu den zum
Anspruch 1 nach Hauptantrag angegebenen Schritten noch eine Umkehr der
Bewegungsrichtung zwischen Kolben und Kurbelwelle erreichen.
Dies wäre möglich, indem das zweite Pleuel 5 ausgehend vom Lager 47 von links
nach rechts geklappt und weiter die Kurbelwelle 7 entsprechend von links nach
rechts zum nun dort liegenden Ende des zweiten Pleuels 5 verschoben wird, so
dass nun das zweite Pleuel und die Kurbelwangen sich überdecken, also in den
Worten des Merkmals H5 „bei am oberen Totpunkt befindlichen Kolben sich der
Kurbelwellenzapfen der Kurbelwelle […] in einer vom Kolben entferntesten
Position befindet“. Jedoch fehlt für einen solchen Schritt eine Anregung aus der
D1.
Der weitere im Verfahren befindliche Stand der Technik liegt weiter ab und kann
hierzu ebenfalls keine Anregung geben. Die Druckschriften D2 und D3, siehe
jeweils die Figur 1, offenbaren Kurbelgetriebe, die weder das Merkmal M4 noch
das Merkmal M5 offenbaren oder nahelegen.
Die D4 offenbart unter anderem ein Kurbelgetriebe mit zwei an einem Kurbel-
wellenzapfen angelenkten Kolben, siehe z. B. die Figur 8. Für den rechten der
beiden Kolben gilt dabei entsprechend dem Merkmal H5, dass die Bewegungen
dieses Kolbens 214a und der Kurbelwelle um etwa 180° versetzt sind.
Es ist jedoch nicht erkennbar, wie der Fachmann ausgehend von der D4 allein
oder in Zusammenschau mit den anderen im Verfahren befindlichen Druck-
schriften zu einem Kurbelgetriebe gelangen könnte, das außerdem auch das
Merkmal M4 aufweist.
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8) Die Unteransprüche 2 bis 8 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der
Brennkraftmaschine gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag. Sie sind daher ebenfalls
gewährbar.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Ganzenmüller
Bayer
Schlenk
Krüger
Me