Urteil des BPatG vom 10.07.2014

Stand der Technik, Stift, Druck, Öffentlichkeit

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
12 W (pat) 18/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
10. Juli 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend die Patentanmeldung 10 2011 054 959.5
hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 unter Mitwirkung des Richters
Dipl.-Ing. Sandkämper als Vorsitzenden, der Richterin Bayer sowie der Richter
Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die beiden Beschwerdeführer (1) und (2) sind zusammen mit dem weiteren Ver-
fahrensbeteiligten (3) gemeinsam Anmelder der am 31. Oktober 2011 beim
Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der
Bezeichnung
„Dosiervorrichtung zum handgesteuerten Dosieren
eines lichtaushärtenden Materials und Set“.
- 3 -
In der Anhörung am 4. Februar 2013 hat die Prüfungsstelle für Klasse B65D des
Deutschen Patent- und Markenamts den Hauptantrag der Anmelder aufgrund § 48
PatG zurückgewiesen und ein Patent gemäß dem in der Anhörung eingereichten
Hilfsantrag erteilt.
Gegen diesen Beschluss der Prüfungsstelle mit dortiger Zurückweisung des
Hauptantrags richtet sich die am 22. März 2013 eingelegte Beschwerde der
Anmelder (1) und (2).
Die beiden Beschwerdeführer sind gemäß dem Beschwerdeschriftsatz der Auf-
fassung, dass - entgegen den Entscheidungsgründen der Prüfungsstelle - der
Gegenstand nach Hauptantrag vom 4. Februar 2013 nicht unzulässig erweitert sei
(§ 38 PatG). Darüber hinaus sei der Gegenstand auch neu (§ 3 PatG).
Die ordnungsgemäß geladenen drei Anmelder sind zur mündlichen Verhandlung
nicht erschienen.
Mit ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 22. März 2013 beantragten die beiden
Beschwerdeführer sinngemäß,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B65D des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 4. Februar 2013 aufzuheben und
das Patent auf Grundlage der folgenden Patentansprüche zu
erteilen:
- Patentanspruch 1, eingegangen am 30. Januar 2013,
Patentansprüche 2 bis 18 vom Anmeldetag.
- 4 -
Der geltende Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 4. Februar 2013 und in der
Fassung der Eingabe vom 30. Januar 2013 lautet:
In der mündlichen Verhandlung wurde vom Senat mit der Anmeldung DE 10 2010
DE 10 2010 060 422 A1 (D4),
ausschließlich hinsichtlich Neuheit zu berücksichtigender Stand der Technik
eingeführt.
Wegen des Wortlauts der jeweils unmittelbar oder mittelbar auf den Anspruch 1
rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akten-
inhalt verwiesen.
II.
1)
hat jedoch keinen Erfolg, denn der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist nicht
neu (§ 3 PatG).
- 5 -
Für Herrn O…, K… Straße in E… (Italien), der nach
§ 25 Abs. 1 PatG einen Inlandsvertreter ben
ötigt, sind B… & Partner
Patentanwälte PartG mbB weiterhin Inlandsvertreter, da die Beendigung der
Bestellung als Inlandsvertreter erst wirksam wird, wenn neben der Beendigung der
Bestellung mit der Eingabe vom 28. Mai 2014 auch die Bestellung eines anderen
Vertreters gegenüber dem Patentgericht angezeigt wird (§ 25 Abs. 4 PatG). Dies
ist nicht erfolgt. Im Übrigen können sich die Anmelder als notwendige
Streitgenossen gegenseitig vertreten (§ 62 Abs. 1 ZPO, § 97 Abs. 2 Nr. 2 PatG).
2)
1M0
Dosiervorrichtung (100)
1M1
mit lichtaushärtendem Material,
1M2
zum handgesteuerten Dosieren des in der Dosiervorrichtung (100)
enthaltenen lichtaushärtenden Materials,
aufweisend
1M3
- wenigstens ein zumindest in Abschnitten hiervon verformbares
Reservoir (1),
1M3.1
in welchem das lichtaushärtende Material vorliegt;
1M4
- weiterhin eine Dosiereinrichtung (3) zum Ausbringen des
lichtaushärtenden Materials.
3)
Maschinenbaus (FH) mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion
von Dosiervorrichtungen.
4)
nach dem Anmeldezeitpunkt der vorliegenden Patentanmeldung 10 2011 054
DE 10 2010 060 422 A1 (D4)
Wegen ihres älteren Zeitrangs (8. November 2010) gilt diese Anmeldung jedoch
als Stand der Technik. Sie ist dabei ausschließlich hinsichtlich der zu beur-
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teilenden Neuheit zu berücksichtigen (vgl. § 4 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1
PatG).
5)
4. Februar 2013) unzulässig erweitert ist, denn sein Gegenstand ist gegenüber
dem vom Senat in der Verhandlung eingeführten Stand der Technik nach der
D4 (DE 10 2010
060 422 A1)
Die Fig. 5 der D4 zeigt - in Verbindung mit der dazugehörigen Beschrei-
bung - folgenden neuheitsschädlichen Stift (Bezugszeichen 500) mit sämtlichen
Merkmalen des Anspruchs 1:
D4 (DE 10 2010 060 422 A1), dortige Fig. 5
Merkmal 1M0
Anspruchs 1.
Nach D4, Abs. [0136] enthält dieser Stift 500 auch ein Reservoir 510 für das
Merkmal 1M1
- 7 -
D4, Abs.
[0138] offenbart: „Im Bereich der Fingerauflage 530 ist das Gehäuse 540
weicher oder flexibler als das übrige Gehäuse 540. Dadurch kann mit den Fingern
Druck über die Fingerauflage 530 auf das Gehäuse 540 und damit Druck auf das
innenliegende Reservoir 510 ausgeübt werden. Durch diesen Druck erfolgt eine
Komprimierung des Reservoirs 510 im mittleren und hinteren geschlossenen Teil
des Reservoirs 510. Dadurch wird das lichtaushärtende Material 120 aus dem
Reservoir 510 durch die Austrittsöffnung oder Reservoiröffnung 515 aus dem
Stift
Merkmal
1M3
Merkmal 1M3.1
vor) aufgezeigt.
Merkmals 1M4
diese Düse 560 ebenfalls Bestandteil des Stiftes 500 als Dosiervorrichtung ist und
diese Düse 560 zum anspruchsgemäßen Ausbringen des lichtaushärtenden
Materials dient (D4, Abs. [0139], Z. 9-
11: „Mit dieser Düse 560 kann das zu
applizierende, lichtaushärtende Material 120 entsprechend dem Düsenöffnungs-
quer
schnitt fein dosiert werden.“).
Merkmals 1M2
„handgesteuerten Dosieren des in der Dosiervorrichtung (100) enthaltenen licht-
aushärtenden Materials“ geeignet sein muss, erfüllt der Stift 500. Mittels des
weicheren und flexibleren Bereichs der Fingerauflage 530 des Gehäuses 540
kann durch die Finger, und damit handgesteuert, Druck auf dortiges, das licht-
aushärtende Material 120 enthaltende Reservoir 510 ausgeübt werden (s. D4,
Abs. [0138], [0139]). Dadurch und wegen der Abgabe über die Düse 560 kann das
lichtaushärtende Material somit wie anspruchsgemäß handgesteuert dosiert
werden.
- 8 -
6)
bis 18 nach dem geltenden Hauptantrag als einzigem Antrag teilen das Schicksal
des Anspruchs
1 (BGH X ZB 18/95 “Elektrisches Speicherheizgerät”).
7)
sowie der DE 10 2009 012 272 A1 (D5) bei Abwesenheit der Verfahrensbeteiligten
verletzt nicht das rechtliche Gehör. Denn wer freiwillig zu einer mündlichen
Verhandlung nicht erscheint, muss mit einer Änderung der Entscheidungs-
grundlage rechnen. Möglich ist dabei auch die Nennung neuer Entgegenhaltungen
(vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, Einl. Rdn. 279, 280e).
III. Rechtsmittelbelehrung
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Sandkämper
Bayer
Krüger
Ausfelder
Me