Urteil des BPatG vom 08.01.2009

BPatG (mobiltelefon, elektronischer zahlungsverkehr, patentanspruch, gutschein, produkt, immaterielles gut, patentfähige erfindung, erfindung, patentschutz, gegenstand)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 61/07
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. Januar 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 027 191.7-53
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2009 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch sowie des Richters Dipl.-Ing. Prasch,
der Richterin Eder und des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Einrichtung zum Abwickeln des Verkaufsvorganges insbesondere eines
immateriellen Gutes und Gutschein für diese Abwicklung mittels der Einrichtung"
ist am 3. Juni 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 Q des Deutschen Patent- und
Markenamts durch Beschluss vom 19. April 2007 mit der Begründung zurückge-
wiesen, dass der Gegenstand des geltenden Patentbegehrens gemäß § 1 PatG
dem Patentschutz nicht zugänglich sei.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt; er beantragt:
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent
mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 - 10, überreicht in der münd-
lichen Verhandlung, Beschreibung und Figuren wie Offenlegungsschrift,
wobei in der Beschreibung Kapitel [0003] ersetzt wird durch den Einschub
vom 8. Januar 2009, sowie einer neuen Bezeichnung vom 8. Januar 2009,
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gemäß Hilfsantrag mit Patentansprüchen 1 - 3, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung, ursprünglichen Patentansprüchen 4 - 6 wie Offenle-
gungsschrift, wobei statt des Wortes "Einrichtung" jeweils "Gutschein" zu
setzen ist, noch anzupassender Beschreibung und Figuren wie Hauptan-
trag.
Der Anmelder regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Falle einer
negativen Entscheidung an.
Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"Einrichtung zum Transfer eines, in einem Gutschein (V) mittels einer Pro-
dukt-Abrufinformation (Rid) repräsentierten, immateriellen Gutes (P)
durch Übermitteln eines Datensatzes in das Mobiltelefon (Terminal CT)
eines Kunden (C), der diese Abrufinformation (Rid) mittels seines Mobilte-
lefons (Terminal CT), vorzugsweise per SMS, unter Angabe seiner Tele-
fonnummer (Kundenkennung Cid) an einen Rechner (HC) übermittelt hat,
dessen Telefonnummer (Zugangsinformation Hid) mit der Abrufinformation
(Rid) auf einem Feld (F1) des Gutscheins (V) angeordnet ist,
dessen Seriennummer (Vid) in einem Zuordnungsspeicher (HTVP) des
Rechners (HC) dieser Abrufinformation (Rid) zugeordnet ist,
wobei ferner im Rechner (HC) ein Vergleicher (VCV) für eine, einer Abruf-
information (Rid) zugeordnete, noch nicht gesperrte Seriennummer (Vid)
und zum Abruf des dieser Abrufinformation (Rid) zugeordneten Gutes (P)
aus einem Produktspeicher (HTP)
unter Sperren dieser Seriennummer (Vid) vorgesehen ist."
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:
"Verwendung eines durch äquidistante parallele Knicklinien (F) in aufei-
nanderfolgende Felder (F1 - F4) unterteilten Gutscheins (V),
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von denen die beiden äußeren Felder (F1, F4) auf derselben Oberfläche
einerseits, nach seinem Zusammenfalten sichtbar, mit einer Seriennum-
mer (Vid) samt Produktinformationen (EAN)
und andererseits, nach dem Zusammenfalten unsichtbar, mit einer
Zugangsinformation (Hid) sowie mit einer Abrufinformation (Rid) bedruckt
sind, welch letztere (Rid) dazu bestimmt ist, mittels eines Mobiltelefons
(Terminal CT), vorzugsweise per SMS, unter Angabe seiner Telefonnum-
mer (Kundenkennung Cid) einen Rechner (HC) unter der Zugangsinforma-
tion (Hid) anzuwählen und dadurch ein durch die Abrufinformation (Rid)
repräsentiertes immaterielles Gut (P) an das Mobiltelefon (Terminal CT)
mit seiner Telefonnummer (Kundenkennung Cid) zu übermitteln, wobei
diese Abrufinformation (Rid) in einem Zuordnungsspeicher (HTVP) beim
Rechner (HC) der Seriennummer (Vid) dieses Gutscheins (V) zugeordnet
ist und mit Aufruf dieser Abrufinformation (Rid) gegen deren erneuten Auf-
ruf gesperrt wird."
Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Anmelder an, dass Anspruch 1 nach
Hauptantrag auf die konkrete technische Ausgestaltung einer Einrichtung gerichtet
sei, die wenigstens ein Mobiltelefon und einen Rechner umfasse. Zwar spielten
kaufmännische Überlegungen im Hintergrund eine Rolle, vorrangig gehe es aber
um den Einsatz eines Mobiltelefons, der bestimmte technische Vorgänge auslöse,
bspw. die Sperrung eines Datensatzes.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag sei auf die Verwendung eines Gutscheins gerichtet.
Dabei komme es nicht auf die Faltung des Gutscheins an, sondern auf dessen
Einsatz beim Erwerb des immateriellen Gutes. Deshalb sei anzuerkennen, dass
der Gegenstand des Patentbegehrens in den beantragten Fassungen auf techni-
schem Gebiet liege und patentfähig sei.
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II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand
des nachgesuchten Patents keine patentfähige Erfindung ist (§§ 1, 4 PatG).
1.
In der Beschreibungseinleitung der Anmeldung wird ausgeführt, dass sich
der Handel mit materiellen Gütern des täglichen Bedarfs im Alltag komplikations-
los abwickeln lasse, indem ein Händler das Gut anbiete und es dem Kunden
gegen Barzahlung aushändige. Nicht so problemlos sei hingegen die Kaufabwick-
lung bei immateriellen Gütern, etwa von Melodien oder anderen Informationen, die
ein Händler bspw. im Internet zum Verkauf anbiete. Denn diese seien nicht gegen
den Kaufpreis gegenständlich aushändigbar. Als der Anmeldung zugrunde lie-
gende Problemstellung wird in der geltenden Fassung der Beschreibung die
Angabe einer computerbasierten Einrichtung genannt, mittels derer ein von einem
Kunden bei einem Händler aus einer Vielzahl angebotener immaterieller Güter
ausgewähltes Produkt an diesen Kunden für eine Nutzung auf seinem Mobiltele-
fon übermittelbar ist (vgl. Einschub zwischen Absatz [0002] und Abs. [0003] der
Beschreibung vom 8. Januar 2009).
Als Fachmann, der mit der Lösung derartiger Problemstellungen betraut wird, ist
ein Wirtschaftsinformatiker anzusehen, der über mehrjährige praktische Berufser-
fahrung auf dem Gebiet der computergestützten Verkaufssysteme verfügt. Über
besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Hardware von Datenverarbeitungsan-
lagen muss der Fachmann, entgegen der Ansicht des Anmelders, nicht verfügen.
2.
Zum Hauptantrag:
2.1
Dieser Fachmann entnimmt dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, dass
der Kunde für den Erwerb eines immaterielles Gutes, bspw. eines Datensatzes für
den Klingelton ELISE (vgl. S. 4, Abs. 3 der Beschreibung) bei einem Händler
einen Gutschein materiell erwerben muss. Auf Feld 1 dieses Gutscheines ist die
Produkt-Abrufinformation (Rid) des gewünschten Gutes und die Telefonnummer
(Zugangsinformation Hid) eines (Host-)Rechners aufgebracht. Um in den Genuss
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des immateriellen Gutes zu kommen, muss der Kunde mit seinem Mobiltele-
fon (CT) den Rechner unter der auf dem Gutschein angegebenen Telefonnum-
mer (Hid) anwählen und die Produkt-Abrufinformation (Rid) an den Rechner sen-
den, bspw. per SMS. Durch Übermittlung dieser Informationen, die auch die Tele-
fonnummer (Cid) des Mobiltelefons umfassen, wird der Rechner in die Lage ver-
setzt, das gewünschte immaterielle Gut aus einem Produktspeicher (HTP) auszu-
wählen und an das Mobiltelefon des Kunden zu transferieren.
Um einen wiederholten (unbezahlten) Abruf des Gutes zu verhindern, schlägt der
Anspruch 1 weitere Maßnahmen vor, nämlich dass der an den Rechner übertra-
genen Produkt-Abrufinformation (Rid) mittels eines Zuordnungsspeichers (HTVP)
eine Seriennummer (Vid) zugeordnet wird. Diese Zuordnung ist, wie in S. 4, Abs. 4
der Beschreibung erläutert, singulär, d. h. einer Produkt-Abrufinformation ist genau
eine Seriennummer zugeordnet. Ein Transfer des gewünschten immateriellen
Gutes an das Mobiltelefon des Kunden erfolgt erst, wenn die der Produkt-Abrufin-
formation zugeordnete Seriennummer nicht gesperrt ist. Zugleich mit dem Trans-
fer des Gutes wird die der Produkt-Abrufinformation entsprechende Seriennummer
gesperrt. Damit wird ein erneuter Abruf des Gutes unter der bereits verwendeten
Produkt-Abrufinformation unterbunden, wie auf S. 2, letzter Abs. der Beschreibung
erläutert.
Insoweit vermittelt der Anspruch 1 in nachvollziehbarer Weise, wie von einem
Mobiltelefon durch Eingabe von auf einem Gutschein aufgebrachten Informationen
der Transfer eines immaterielles Gutes in Form eines Datensatzes von einem
Rechner an das Mobiltelefon veranlasst und ein mehrmaliger Abruf unterbunden
werden kann.
2.2
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist formal auf eine Einrichtung
zum Transfer eines immateriellen Gutes in Form eines Datensatzes gerichtet.
Objektiv gesehen ist aber nicht die konkrete Ausgestaltung der Einrichtung zum
Transfer von Datensätzen Gegenstand des Anspruchs, sondern eine Folge von
Verfahrensschritten, die von der Einrichtung durchgeführt werden muss, um den
Kunden auf die Eingabe der auf dem Gutschein aufgebrachten Produkt-Abrufinfor-
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mation und der Zugangsinformation hin in den Genuss des gewünschten imma-
teriellen Gutes kommen zu lassen. Weiterhin umfasst der Anspruch Verfahrens-
schritte, die dazu dienen, den mehrmaligen Abruf des immateriellen Gutes zu
unterbinden.
Letztlich wird mit dem Anspruch Schutz für ein System beansprucht, mit dem unter
Zuhilfenahme von technischen Mitteln (Rechner, Mobiltelefon) ein Verkaufsvor-
gang abgewickelt werden kann (vgl. ursprüngliche Bezeichnung der Anmeldung).
2.3
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist dem Patentschutz nicht
zugänglich, weil er keine Erfindung i. S. d. § 1 PatG ist.
2.3.1 Die Anmelderin hat zunächst geltend gemacht, dass gemäß dem
Anspruch 1 der Rechner als Steuerungselement zu sehen sei, das die Erlangung
des immateriellen Guts abhängig von Informationen steuere, und auch eine
Datenübertragung zwischen dem Mobiltelefon und dem Rechner stattfinde. Schon
deshalb sei der Patentanspruch 1 als auf technischem Gebiet liegend anzuerken-
nen.
Dieser Argumentation wäre zu folgen, wenn das aus Rechner und Mobiltelefon
bestehende System nach dem Patentanspruch 1 nach Art einer Prozesssteuerung
in den Ablauf eines technischen Prozesses eingriffe. Der vorliegende Anspruch
lehrt aber nicht die Steuerung eines technischen Prozesses, wie dies bspw.
Gegenstand der BGH-Entscheidung "Antiblockiersystem" (vgl. GRUR 1980, 849)
war, sondern den Ablauf eines Verkaufsvorgangs. Der Anspruch 1 lehrt auch nicht
die Auswertung von Daten, die aus einem technischen Prozess von Messeinrich-
tungen oder Wandlern anfallen und bei der ein für einen Benutzer bestimmtes
Resultat in Form einer Anzeige berechnet wird (vgl. BGH in GRUR 1992, 430
- Tauchcomputer). Es trifft offensichtlich auch nicht zu, dass der im Anspruch 1
enthaltene Lösungsvorschlag einen Zwischenschritt in einem Herstellungs- oder
anderen technischen Prozess betrifft und deshalb von technischen Überlegungen
getragen ist (vgl. BGH in GRUR 2000, 498 - Logikverifikation). Wäre die Einrich-
tung bzw. das System nach dem Patentanspruch 1 einer der aufgezeigten Fall-
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gruppen zuzuordnen, so wäre der technische Charakter des Anspruchs ohne wei-
teres anzuerkennen. Nachdem aber keiner dieser Fälle zutrifft, erweist sich das
Argument der Anmelderin, dass nach dem vorliegenden Anspruch der Rechner
einen technischen Prozess steuere, als nicht stichhaltig.
2.3.2 Der Patentanspruch 1 lehrt die Abwicklung eines (an sich nichttechnischen)
Verkaufsvorgangs unter Zuhilfenahme von technischen Mitteln.
In Hinsicht auf derartige Verfahren, die der Abwicklung eines im Rahmen wirt-
schaftlicher Betätigung liegenden Geschäfts mittels Computer dienen, hat der
Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Elektronischer Zahlungsverkehr" festge-
stellt, dass die Erteilung eines Patents hierfür nur in Betracht kommt, "wenn der
Patentanspruch über den Vorschlag hinaus, für die Abwicklung des Geschäfts
Computer als Mittel zur Verarbeitung verfahrensrelevanter Daten einzusetzen,
weitere Anweisungen enthält, denen ein konkretes technisches Problem zugrunde
liegt, sodass bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit eine Aussage darüber
möglich ist, ob eine Bereicherung der Technik vorliegt, die einen Patentschutz
rechtfertigt" (vgl. GRUR 2004, 667, Leitsatz). Wie unter II. 3. a) dieser Entschei-
dung weiter ausgeführt, kann einem solchen Verfahren auch nicht schon deshalb
Patentfähigkeit zugebilligt werden, weil "mehrere Computer als Mittel zur Verarbei-
tung verfahrensrelevanter Daten" eingesetzt werden, d. h. mehrere über ein Netz
kommunizierende Computer.
Im vorliegenden Fall kommt zwar neben dem Rechner ein Mobiltelefon zum Ein-
satz. Aber allein in dem Umstand, dass an Stelle eines Computers ein Mobiltele-
fon zur Abwicklung eines Geschäfts verwendet wird, sieht der Senat keinen
Anlass, von den grundsätzlichen Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu com-
puterimplementierten Geschäftsabläufen abzuweichen. Denn aus technischer
Sicht stellt sich ein (mikroprozessorgesteuertes) Mobiltelefon als netzwerkfähiger
Computer dar, wenn auch mit spezieller Ausprägung hinsichtlich Funktionen und
Größe.
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Die Einrichtung bzw. das System nach Patentanspruch 1 kann sonach nur dann
als dem Patentschutz grundsätzlich zugängliche Erfindung anerkannt werden,
wenn der Anspruch (weitere) Anweisungen enthält, denen ein konkretes techni-
sches Problem zugrunde liegt, das es möglich macht, bei der Prüfung auf erfinde-
rische Tätigkeit eine Aussage darüber zu treffen, ob eine Bereicherung der Tech-
nik vorliegt, die den Patentschutz rechtfertigt (vgl. a. a. O. II. 3. a)).
An solchen Anweisungen mangelt es dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
aber. Denn der zwischen Mobiltelefon und Rechner stattfindende Informationsaus-
tausch umfasst nur Schritte, die für die aus kaufmännischer Sicht korrekte Abwick-
lung des Verkaufs erforderlich sind. Hierzu sind auch die Schritte für die Zuord-
nung einer Seriennummer zu der Abrufnummer und der Vergleich der Seriennum-
mer auf einen bereits erfolgten Abruf zu zählen. Denn diese Schritte dienen ledig-
lich dazu, den wiederholten Abruf eines Gutes ohne Erwerb eines neuen Gut-
scheins zu unterbinden. Aus technischen Gründen sind sie nicht erforderlich.
Schließlich finden sich im Anspruch auch keine Anweisungen, die anderweitig eine
technische Ausgestaltung des zur Verkaufsabwicklung verwendeten Computers
oder Mobiltelefons zum Inhalt haben. In dem zur Vorratshaltung der immateriellen
Güter verwendeten "Produktspeicher" und dem zur Verwaltung der Güter dienen-
den "Zuordnungsspeicher" können nur übliche Speicher eines Rechners erkannt
werden. Eine technische Ausgestaltung dieser Speicher ist nicht ersichtlich und
auch nicht erforderlich. Insgesamt können in den im Anspruch genannten Einrich-
tungen nur Rechner erkannt werden, die ihrer Bestimmung gemäß zur Speiche-
rung und Verarbeitung von Informationen ausgestattet sind.
Die Anweisungen des Anspruchs 1 stellen sich sonach lediglich als in computer-
gerechte Anweisungen gekleidete Lehre für eine Verkaufsabwicklung dar. Darüber
hinausgehende Anweisungen, die es möglich machen, bei der Prüfung auf erfin-
derische Tätigkeit eine Aussage darüber zu treffen, ob eine Bereicherung der
Technik vorliegt, sind im Patentanspruch 1 nicht enthalten. Anweisungen dieser
Art konnten auch vom Anmelder nicht aufgezeigt werden.
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Die Einrichtung nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher nicht als
dem Patentschutz zugängliche Erfindung i. S. d. § 1 PatG anzuerkennen.
2.4
Dem Anspruch 1 ist ein Patentanspruch 7 nebengeordnet, der auf einen
Gutschein gerichtet ist, der zur Anwendung bei der Einrichtung nach einem der
vorangehenden Ansprüche gerichtet ist. Hinsichtlich der Patentfähigkeit dieses
Anspruchs wird auf die folgenden Ausführungen zum Hilfsantrag verwiesen.
Dem Antrag auf Erteilung eines Patents gemäß dem Hauptantrag konnte bereits
deshalb nicht gefolgt werden, weil die Einrichtung nach Patentanspruch 1 nicht als
dem Patentschutz zugängliche Erfindung anerkannt werden konnte. Denn über
einen Antrag kann nur einheitlich befunden werden (vgl. BGH in GRUR 1997, 120
- Speicherheizgerät).
3.
Zum Hilfsantrag:
3.1
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist auf die Verwendung eines Gut-
scheins gerichtet, der durch äquidistante parallele Knicklinien in Felder unterteilt
ist, die so gefaltet werden, dass Seriennummer und Produktinformation sichtbar
und Zugangsinformation und Abrufinformation unsichtbar sind. Durch weitere
Anweisungen im Anspruch wird der Ablauf des Verkaufsvorgangs ausgehend von
den auf dem Gutschein aufgedruckten Informationen mit Hilfe von Mobiltelefon
und Rechner in Bezug genommen, wie er zum Anspruch 1 nach Hauptantrag
erläutert wurde.
Der Anmelder führt hierzu aus, dass es bei dieser Anspruchsfassung nicht auf
eine bestimmte Faltung des Gutscheins ankomme, sondern auf dessen Verwen-
dung zur Übermittlung des immateriellen Gutes.
3.2
Auch in der Verwendung eines Gutscheins nach Patentanspruch 1 gemäß
dem Hilfsantrag kann keine auf technischem Gebiet liegende Erfindung erkannt
werden. Dieser Anspruch fügt dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag zwar hinzu,
dass für die Abwicklung des Geschäfts ein Gutschein verwendet werden soll, auf
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den Informationen, die für die Durchführung des Geschäfts erforderlich sind, so
aufgedruckt sind, dass sie nach Faltung entweder sichtbar oder unsichtbar sind.
Die Faltung und Anordnung der aufgedruckten Informationen ergibt sich jedoch
nicht aus technischen Gründen, sondern aus dem geschäftlichen Zweck des Gut-
scheins. Denn zur Abwicklung des Geschäfts muss der Gutschein einerseits offen
erkennbar zeigen, welches Gut der Kunde damit erwirbt (Seriennummer, Produkt-
information); andererseits dürfen die für den Abruf des immateriellen Gutes erfor-
derlichen Informationen (Abrufinformation, Zugangsinformation) aber erst nach
Aufreißen des gefalteten Gutscheins sichtbar sein. Andernfalls könnte der Kunde
ohne Erwerb des Gutscheins, nur durch Eingabe von offen sichtbaren Informa-
tionen in den Genuss des Gutes kommen, was dem geschäftlichen Zweck zuwider
liefe.
Deshalb kann auch in der Anweisung zur Faltung und zum Aufdruck des Gut-
scheins keine (weitere) Anweisung erkannt werden, der ein konkretes technisches
Problem zugrunde liegt, das bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit eine Aus-
sage darüber zulässt, ob eine Bereicherung der Technik vorliegt.
Nachdem sich, wie zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt, auch in den
übrigen Anweisungen dieses Anspruchs keine solchen technischen Anweisungen
finden, sondern nur solche, die der Abwicklung eines Geschäfts mit Computern
dienen, kann in dieser Fassung des Anspruchs 1 ebenfalls keine technische Erfin-
dung erkannt werden.
Die Beschwerde des Anmelders war daher zurückzuweisen.
4.
Der Anmelder hat angeregt, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof
zuzulassen. Er führt an, dass sich der vorliegend zu bewertende Sachverhalt
grundsätzlich von denen unterscheide, über die höchstrichterliche Entscheidungen
vorlägen.
Nach § 100 PatG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage
grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert.
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Zu der Patentfähigkeit von Verfahren, die der Abwicklung eines Geschäfts mittels
eines Computers dienen, hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung
"Elektronischer Zahlungsverkehr" Stellung genommen. Einen grundsätzlichen
Unterschied zu dem dort dargestellten Sachverhalt, der Anlass dazu gäbe, von
dieser Entscheidung abzuweichen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der
Anmelder konnte auch keine Rechtsprechung aufzeigen, die der zitierten Ent-
scheidung widerspricht. Der Anregung des Anmelders auf Zulassung der Rechts-
beschwerde war daher nicht zu folgen.
Dr. Fritsch
Prasch
Eder
Baumgardt
Fa