Urteil des BPatG vom 16.06.2010

BPatG: stand der technik, patentanspruch, gerät, frequenzband, neuheit, daten, bildschirm, begriff, schwellenwert, anzeige

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
5 Ni 28/09 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
16. Juni 2010
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 601 554
(DE 593 08 281)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlungen vom 25. November 2009 und vom 16. Juni 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Schuster, die Richterin Püschel sowie die Richter
Dipl.-Phys. Dr. Hartung, Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Ing. Kleinschmidt
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 601 554 wird dadurch teilweise für
nichtig erklärt, dass
a) die Patentansprüche 1 und 2 folgende Fassung erhalten:
1. Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur au-
tomatischen Senderprogrammierung, die in einer
durch Betätigung einer Taste des Fernbedienungs-
gebers ausgelösten ersten Suchlaufbetriebsart be-
treibbar ist, bei der alle Fernsehkanäle automatisch
nacheinander nach empfangbaren Sendersignalen
abgesucht werden und Informationen über alle ermit-
telten Sender im Senderspeicher des Fernsehemp-
dadurch gekenn-
zeichnet
Senderprogrammierung weiterhin in einer zweiten
Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der die beste-
hende Belegung des Senderspeichers erhalten bleibt
und Informationen über neu ermittelte Sender in wei-
teren Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt
werden, wobei die zweite Suchlaufbetriebsart durch
Betätigung einer Taste des Fernbedienungsgebers
- 3 -
ausgelöst wird, welche sich von der Taste unter-
scheidet, mittels der die erste Suchlaufbetriebsart
ausgelöst wird.
dadurch
gekennzeichnet
Senders auf einer Anzeige signalisiert wird.
b) die Patentansprüche 5 und 6 für nichtig erklärt werden.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/3 und
die Beklagte 2/3.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreck-
bar.
T a t b e s t a n d
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 8. Dezember 1993 unter Inan-
spruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 41 761 vom
11. Dezember 1992 angemeldeten und mit Wirkung auch für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents 0 601 554 (Streitpatent), das ein
"Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur automatischen Senderprogram-
mierung" betrifft und beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer
593 08 281 geführt wird. Das Streitpatent umfasst 6 Patentansprüche, von denen
die Patentansprüche 1, 2, 5 und 6 mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden.
Diese haben in der Verfahrenssprache Deutsch folgenden Wortlaut:
- 4 -
"1. Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur automati-
schen Senderprogrammierung, die in einer ersten Suchlaufbe-
triebsart betreibbar ist, bei der alle Fernsehkanäle automatisch
nacheinander nach empfangbaren Sendersignalen abgesucht
werden und Informationen über alle ermittelten Sender im
Senderspeicher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt wer-
dadurch gekennzeichnet
tomatischen Senderprogrammierung weiterhin in einer zweiten
Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der die bestehende Be-
legung des Senderspeichers erhalten bleibt und Informationen
über neu ermittelte Sender in weiteren Speicherplätzen des
Senderspeichers abgelegt werden.
2.
dadurch gekenn-
zeichnet
Anzeige signalisiert wird.
5.
Fernsehempfangsgerät nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge-
kennzeichnet, dass die zweite Suchlaufbetriebsart mittels der
Bedieneinheit des Fernsehempfangsgerätes auslösbar ist.
6.
dadurch gekenn-
zeichnet
Bildschirm signalisiert wird."
Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des
Streitpatents sei im angegriffenen Umfang gegenüber dem Stand der Technik
nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit. Letzteres gelte auch für die Anspruchsfassungen nach den ge-
stellten Hilfsanträgen der Beklagten, wobei insoweit zudem deren Zulässigkeit ge-
rügt werde, da u. a. Merkmale enthalten seien, die den jeweiligen Anspruch unklar
machten.
- 5 -
Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
D1
Europäische Patentanmeldung EP 0 389 012 A1
D2
Deutsche Offenlegungsschrift DE 31 04 845 A1
D3
Deutsche Patentschrift DE 38 35 870 C1 und
D4
Abstract Japanische Patentanmeldung JP 62137912 A.
Der Senat hat darüber hinaus die Parteien mit Schreiben vom 29. Oktober 2009
auf folgende, auch schon in der Beschreibung des Streitpatents gewürdigte Druck-
schrift hingewiesen:
E3 LERCH, Dietmar: ATS euro plus - Keine Probleme mit der
Sendersuche. In: Funkschau, Nr. 22 vom 16. Oktober 1992,
Seiten 44-46.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 0 601 554 mit Wirkung für das Ho-
heitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner An-
sprüche 1, 2, 5 (rückbezogen auf 1), 5 (rückbezogen auf 2), 6 für
nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent
mit den Hilfsanträgen 1 bis 6 vom 17. Dezember 2009 - in dieser
Reihenfolge, mit der Maßgabe, dass die nicht angegriffenen erteil-
ten Patentansprüche 3 und 4 unverändert bleiben. Die erteilten
Unteransprüche 5 und 6 werden im Rahmen der Hilfsanträge nicht
mehr verteidigt.
- 6 -
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber
der erteilten Fassung unterstrichen):
"1. Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur automati-
schen Senderprogrammierung, die in einer zur Erfassung aller
empfangbaren Sender vorgesehenen ersten Suchlaufbetriebs-
art betreibbar ist, bei der alle Fernsehkanäle automatisch
nacheinander nach empfangbaren Sendersignalen abgesucht
werden und Informationen über alle ermittelten Sender im
Senderspeicher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt wer-
dadurch gekennzeichnet
tomatischen Senderprogrammierung weiterhin in einer zweiten
Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der die bestehende Be-
legung des Senderspeichers erhalten bleibt und Informationen
über neu ermittelte Sender in weiteren Speicherplätzen des
Senderspeichers abgelegt werden."
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber
der erteilten Fassung unterstrichen):
"1. Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur automati-
schen Senderprogrammierung, die in einer zur Erfassung aller
empfangbaren Sender vorgesehenen ersten Suchlaufbetriebs-
art betreibbar ist, bei der alle Fernsehkanäle automatisch
nacheinander nach empfangbaren Sendersignalen abgesucht
werden und Informationen über alle ermittelten Sender im
Senderspeicher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt wer-
dadurch gekennzeichnet
tomatischen Senderprogrammierung weiterhin in einer zweiten
Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der die bestehende Be-
legung des Senderspeichers erhalten bleibt und Informationen
über neu ermittelte Sender in weiteren Speicherplätzen des
- 7 -
Senderspeichers abgelegt werden, wobei die zweite Suchlauf-
betriebsart mittels der Bedieneinheit des Fernsehempfangsge-
rätes auslösbar ist."
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber
der erteilten Fassung unterstrichen):
"1. Fernsehempfangsgerät mit einer Vorrichtung zur automati-
schen Senderprogrammierung, die in einer durch Betätigung
einer Taste des Fernbedienungsgebers ausgelösten ersten
Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der alle Fernsehkanäle
automatisch nacheinander nach empfangbaren Sendersigna-
len abgesucht werden und Informationen über alle ermittelten
Sender im Senderspeicher des Fernsehempfangsgerätes ab-
dadurch gekennzeichnet
tung zur automatischen Senderprogrammierung weiterhin in
einer zweiten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist, bei der die
bestehende Belegung des Senderspeichers erhalten bleibt
und Informationen über neu ermittelte Sender in weiteren
Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt werden, wobei
die zweite Suchlaufbetriebsart durch Betätigung einer Taste
des Fernbedienungsgebers ausgelöst wird, welche sich von
der Taste unterscheidet, mittels der die erste Suchlaufbe-
triebsart ausgelöst wird."
An den Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 schließt sich jeweils ein
Patentanspruch 2 an, der in seinem Wortlaut dem erteilten Patentanspruch 2 ent-
spricht. Wegen des Wortlauts der Hilfsanträge 4 bis 6 wird auf den Schriftsatz der
Beklagten vom 18. Dezember 2009 Bezug genommen.
- 8 -
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält
den Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem entgegen gehaltenen Stand
der Technik für patentfähig, zumindest in einer der verteidigten beschränkten Fas-
sungen vom 17. Dezember 2009. Die in der ersten mündlichen Verhandlung vom
25. November 2009 gestellten Hilfsanträge 1 bis 3 verfolgt sie dagegen, wie sie in
der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2010 klargestellt hat, nicht mehr weiter.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage erweist sich als teilweise begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeits-
grund mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138
Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ) führt zur Nichtigerklärung des Streitpa-
tents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, soweit
dieses über die Fassung gemäß dem Hilfsantrag 3 der Patentinhaberin hinaus-
geht. In der erteilten Fassung und der Fassung gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2
ist das Streitpatent, soweit es angegriffen ist, nicht patentfähig.
I. Zur erteilten Fassung des Streitpatents (Hauptantrag)
1.
tomatischen Senderprogrammierung.
Die Streitpatentschrift schildert eingangs die aus der Zeitschrift "Funkschau",
1992, Heft 22, Seiten 44-46 (E3) und den veröffentlichten europäischen Patentan-
meldungen
EP 0 512 618 A2,
EP 0 438 694 A1,
EP 0 437 731 A1
und
EP 0 432 736 A1 bekannte Vorgehensweise bei der automatischen Senderpro-
grammierung alle Fernsehkanäle nach empfangbaren Fernsehsendern schrittwei-
se abzusuchen. Dazu würden beispielsweise die von der Empfangsantenne gelie-
ferten hochfrequenten Fernsehsignale im Tuner des Fernsehempfängers einem
Mischer zugeführt und dort in eine Zwischenfrequenzlage umgesetzt. Dies ge-
schehe unter Verwendung eines Oszillators, dessen Ausgangssignal einem Teiler
mit einstellbarem Teilungsverhältnis zugeführt werde. Dieses Teilungsverhältnis
- 9 -
werde von einem Mikrocomputer des Fernsehempfängers derart vorgegeben,
dass ein schrittweises Durchsuchen aller Fernsehkanäle beispielsweise in Schrit-
ten von 1 MHz erfolge. Während dieses schrittweisen Durchsuchens aller Fern-
sehkanäle nach empfangbaren Sendern werde in einer an den Ausgang des Tu-
ners angeschlossenen Auswertungsschaltung ständig überprüft, ob das Aus-
gangssignal des Tuners einen vorgegebenen Mindestsignalpegel überschreite
oder nicht. Sei das der Fall, dann liege ein empfangbarer Sender vor und das zu-
gehörige Teilungsverhältnis für das Ausgangssignal des Oszillators werde an ei-
nem freien Speicherplatz des Senderspeichers des Fernsehempfängers abgelegt.
Ferner würden - falls vorhanden - aus dem Fernsehtextdatenstrom des Senders
Daten, die einer Kurzbezeichnung des Senders entsprächen, extrahiert und eben-
falls am genannten Speicherplatz abgelegt. Danach werde der Suchvorgang so-
lange fortgesetzt, bis alle empfangbaren Sender erfasst und die zugehörigen Da-
ten im Senderspeicher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt seien.
Diese Vorgehensweise ist nach dem Vortrag der Patentinhaberin in den mündli-
chen Verhandlungen mit dem Nachteil behaftet, dass der Senderspeicher am Be-
ginn der automatischen Senderprogrammierung zunächst gelöscht werde, um die
für die Speicherung freien Speicherplätze bereitzustellen. Damit würden die vom
Benutzer in der Vergangenheit vorgenommenen Einstellungen - mitunter unge-
wollt - verloren gehen. Der Benutzer würde auf diese Weise auch keine Informa-
tion darüber erhalten, ob seit der letzten automatischen Senderprogrammierung
neue empfangbare Fernsehsender den Sendebetrieb aufgenommen haben oder
nicht.
Demgegenüber soll durch das Streitpatent ein Fernsehempfangsgerät angegeben
werden, bei dem der Inhalt des Senderspeichers den aktuellen Empfangsverhält-
nissen besser angepasst ist.
Patentanspruch 1 schlägt dazu ein Fernsehempfangsgerät vor, bei dem neben der
eingangs geschilderten bekannten (ersten) Suchlaufbetriebsart eine weitere (zwei-
te) Suchlaufbetriebsart vorgesehen ist, bei der die bestehende Belegung des Sen-
- 10 -
derspeichers erhalten bleibt und Informationen über neu ermittelte Sender in wei-
teren Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt werden. Die Anspruchs-
merkmale lassen sich wie folgt gliedern:
1.
Fernsehempfangsgerät mit
1.1 einer Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung,
2.
die in einer ersten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
2.1 bei der alle Fernsehkanäle automatisch nacheinander nach
empfangbaren Sendersignalen abgesucht werden
2.2 und Informationen über alle ermittelten Sender im Senderspei-
cher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt werden,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t
3.
die Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung
weiterhin in einer zweiten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
3.1 bei der die bestehende Belegung des Senderspeichers erhal-
ten bleibt
3.2 und Informationen über neu ermittelte Sender in weiteren
Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt werden.
Eine solche Lehre richtet sich ihrem Inhalt nach an mit der Entwicklung von Sen-
derprogrammierungen herkömmlicherweise betraute Entwicklungsingenieure im
Bereich der Fernsehtechnik. Diese verfügen regelmäßig über einen Fachhoch-
schulabschluss auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik und mehrjährige Berufser-
fahrung im Bereich der Entwicklung von Komfortfunktionen für Fernsehempfangs-
geräte.
Der Senat legt zugrunde, dass ein (Merkmal 1) ein Gerät
zum Empfang von Fernsehsignalen, unabhängig von der Empfangsart (Satelliten-
empfang, Kabel, terrestrisch) und dem dabei verwendeten Frequenzbereich, ist.
Insofern sind von dem Begriff unter anderem sowohl herkömmliche Fernsehgeräte
als auch mit einem Tuner ausgestattete Videorekorder umfasst.
- 11 -
Soweit im Anspruch 1 angegeben ist, dass "" abgesucht wer-
den (Merkmal 2.1), geht der Senat davon aus, dass darunter eine vollständige Su-
che nach Fernsehkanälen in dem gerätetechnisch bedingten Empfangsbereich zu
verstehen ist. Ihre Grenze findet die Suche zumindest in dem durch das Gerät
empfangbaren Frequenzbereich. Es wäre abwegig anzunehmen, das beanspruch-
te Fernsehempfangsgerät müsse eine unendliche Empfangsbandbreite aufweisen,
um tatsächlich alle denkbaren Fernsehkanäle absuchen zu können.
Ebenso kann der Begriff, dass "" (Merk-
mal 2.2), nur dahingehend verstanden werden, dass nicht schlechthin alle Sender
abgelegt werden, sondern nur diejenigen Sender, die bestimmten Auswahlkriterien
entsprechen. Ob ein Sender ermittelt werden kann, ist dabei keine absolute Eigen-
schaft eines an einem bestimmten Ort detektierbaren Signals, sondern ergibt sich
für den Fachmann, jedenfalls dann, wenn es um die Empfangbarkeit eines Sen-
ders im Zusammenhang mit einem Empfangsgerät geht, erst aus den Signaleigen-
schaften und den Geräteeigenschaften des empfangenden Geräts gemeinsam. Ei-
nerseits wirken sich Signalpegel und Signalqualität am Empfangsort auf die Emp-
fangbarkeit aus. Andererseits ist ein Signal erst dadurch empfangbar, dass der
Empfänger entsprechend hierfür eingerichtet ist. Dies setzt Vorkehrungen am
Empfangsgerät voraus, wie das Vorhandensein einer Antenne entsprechender
Bandbreite und Ausrichtung sowie die Fähigkeit des Tuners, das Signal verarbei-
ten zu können, insbesondere zu demodulieren, zu decodieren und für die Wieder-
gabe aufzubereiten. Wenn ein Empfangsgerät bestimmte Geräteparameter auf-
weist, ist es in der Lage, bestimmte Sender zu empfangen und andere nicht. Nur
die Signale, die das Gerät mit einer entsprechenden Einstellung empfangen kann,
sind für dieses Gerät empfangbar, d. h. ermittelbar. Beispielsweise kann ein Sen-
der, der in einer bei der Suche nicht unterstützten Fernsehnorm sendet, nicht als
"ermittelt" angesehen werden und wird infolgedessen auch nicht abgespeichert.
Eine weitere Grenze findet das Abspeichern in der systembedingt endlichen Auf-
nahmekapazität des Senderspeichers; ist der Senderspeicher vollständig gefüllt,
können weitere aufgefundene Sender nicht abgespeichert werden.
- 12 -
Unter einer " (Merkmale 2, 3) versteht der Fachmann die Art
und Weise, wie der Suchlauf durchgeführt wird. Die Suchlaufbetriebsart kann
durch diverse Parameter beschrieben werden, wie z. B.
- die Reihenfolge des Absuchens des Frequenzbandes,
- die Kriterien, nach denen das Empfangssignal bewertet wird,
- das Speichermanagement, beispielsweise die Verwendung be-
stimmter Speicherbereiche und die Reihenfolge der Belegung
von Speicherplätzen,
- den Zeitpunkt des Beginns des Suchlaufs,
- die Art des Starts (automatisch, manuell).
Schließlich legt der Senat den Anspruch dahingehend aus, dass mit der Angabe
"" (Merkmal 3.2) diejenigen in dem Suchlauf aufgefundenen
Sender gemeint sind, zu denen im Senderspeicher noch keine Informationen hin-
terlegt sind.
2.
zum Stand der Technik.
Der Aufsatz von LERCH in der Zeitschrift "Funkschau" (Druckschrift E3) be-
schreibt das System "ATS euro plus" von Siemens, mit dem Fernsehempfangsge-
räte und Videorecorder automatisch programmiert werden können, wobei hier ins-
besondere auch die wiederholte Programmierung bei einem Standortwechsel an-
gesprochen ist (Seite 44, 1. Absatz; Merkmale 1, 1.1). Dazu wird eine Standort-
wahl vorgenommen und der Suchlauf gestartet (Seite 46, linke Spalte, vorletz-
ter Absatz). Hierzu wird ein TV-Standard eingestellt, für Deutschland z. B. PAL,
und länderspezifisch ein Senderkanalbereich abgesucht, für Deutschland bei-
spielsweise "das normale Raster und der Sonderkanalbereich" (Seite 46, lin-
ke Spalte, letzter Absatz). Der Fachmann versteht die Angabe "das normale Ras-
ter und der Sonderkanalbereich" ausgehend von seinem Fachwissen dahinge-
hend, dass damit alle (physischen) Fernsehkanäle nacheinander nach empfang-
- 13 -
baren Sendern abgesucht werden (Seite 46, rechte Spalte, 2. Absatz; Merk-
mal 2.1).
Das Frequenzband wird nach empfangbaren Sendern abgesucht. Die Informatio-
nen über die gefundenen Sender werden der Reihe nach in einer TV-Sender-Ta-
belle, mithin in einem Senderspeicher aufgelistet, d. h. abgelegt (Seite 46, rech-
te Spalte, 2. Absatz; Merkmal 2.2). Abschließend kann eine nach vorgegebenen
Prioritätenlisten organisierte Sortierung der gespeicherten Sender erfolgen (eben-
da). Dies stellt eine bestimmte Betriebsart des Suchlaufs dar.
Wenn als Standort "Frankreich" gewählt wurde, erfolgt die Sendersuche in zwei
Durchläufen. In einem ersten Sendersuchlauf wird nur nach Secam-L-Sendern
und in einem zweiten Sendersuchlauf wird nur nach Pal-Sendern gesucht (Sei-
te 46, rechte Spalte, 1. Absatz). Die Informationen über die dabei ermittelten Sen-
der werden für beide Suchläufe in der TV-Sender-Tabelle, d. h. im Senderspei-
cher, abgelegt (Merkmale 2.2, 3.2). Das Fernsehempfangsgerät wird insoweit in
zwei Suchlaufbetriebsarten betrieben (Merkmale 2, 3). Die erste Suchlaufbetriebs-
art ist dadurch charakterisiert, dass bei ihr alle Fernsehkanäle nacheinander nach
empfangbaren Sendersignalen von Secam-L-Sendern abgesucht werden und die
Informationen über die ermittelten Sender im Senderspeicher abgelegt werden
(Merkmale 2, 2.1, 2.2). Die zweite Suchlaufbetriebsart unterscheidet sich davon
dadurch, dass alle Fernsehkanäle nacheinander nach empfangbaren Sendersig-
nalen von Pal-Sendern abgesucht werden. Bei der zweiten Suchlaufbetriebsart
werden die dann "neu" ermittelten Sender im Senderspeicher abgelegt (Merk-
mal 3.2). Dass es sich bei den ermittelten Sendern um solche handelt, die "neu er-
mittelt" wurden, ist offensichtlich, denn im zweiten Suchlauf werden ausschließlich
Pal-Sender gefunden, die wegen der abweichenden Fernsehnorm im ersten Such-
lauf, der nur Secam-L-Sender ermittelt, eben gerade nicht gefunden werden konn-
ten. Insoweit sind die gefundenen Pal-Sender "neu" ermittelt.
- 14 -
Ausgehend von dem selbstverständlichen Wunsch, dass mit Hilfe der beiden
Suchläufe alle empfangbaren Sender im Senderspeicher abgelegt werden sollen,
also sowohl Secam-L-Sender als auch Pal-Sender, ist für den Fachmann offen-
sichtlich und zwingend, dass im zweiten Suchlauf, d. h. im Rahmen der zweiten
Suchlaufsbetriebsart, die aus dem ersten Suchlauf gewonnene Belegung des Sen-
derspeichers erhalten bleibt (Merkmal 3.1). Dies ergibt sich zur Überzeugung des
Senats auch aus der Formulierung in der Druckschrift E3, dass die gefundenen
Sender "jedenfalls", also auch bei der zweistufigen Suche im Fall der Standortwahl
Frankreich, "der Reihe nach in einer TV-Sender-Tabelle aufgelistet" werden (Sei-
te 46, rechte Spalte, 2. Absatz).
Ersichtlich ist ein Gegenstand mit allen Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 aus
der Druckschrift E3 bekannt. Dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs
mangelt es folglich an der für die Patentierung erforderlichen Neuheit (Art. 52
EPÜ).
3.
Streitpatent keinen Bestand haben, nachdem auch ein eigenständiger erfinderi-
scher Gehalt der angegriffenen abhängigen Ansprüche 2, 5 und 6 weder geltend
gemacht wurde, noch für den Senat ersichtlich ist (BGH, Urteil vom
12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport).
II. Zum Hilfsantrag 1
1.
und 2 ist zulässig. Soweit durch die Wörter "zur Erfassung aller empfangbaren
Sender vorgesehenen" deutlich gemacht wird, dass die erste Suchlaufbetriebsart
der Erfassung aller empfangbarer Sender dient, steht dies in Übereinstimmung mit
der Patentschrift (Spalte 2, Zeilen 55-57) und ist in dieser Form auch ursprünglich
offenbart (Seite 5, 1. Absatz, letzter Satz der Anmeldeunterlagen). Der Fachmann
versteht die dort enthaltene Angabe
- 15 -
"Danach wird der Suchvorgang solange fortgesetzt, bis alle emp-
fangbaren Sender erfasst und die zugehörigen Daten im Sender-
speicher 4 des Fernsehempfangsgerätes abgelegt sind."
in der nunmehr beanspruchten Weise.
Allerdings führt die zusätzliche Angabe "zur Erfassung aller empfangbaren Sender
vorgesehenen" zu keiner sachlichen Änderung des Patentanspruchs 1 gegenüber
der erteilten Fassung, insbesondere zu keiner Einschränkung des Gegenstandes.
Die zusätzliche Angabe erschöpft sich nämlich in einer Wiederholung der in den
Merkmalen 2.1 und 2.2 angegebenen Lehre, wonach einerseits alle Fernsehkanä-
le abgesucht werden und andererseits alle ermittelten Sender abgelegt werden.
Damit wird bereits eine Erfassung aller empfangbaren Sender erreicht.
2.
diesen Umständen genauso wie dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1
an der erforderlichen Neuheit gegenüber dem Aufsatz von LERCH (E3). Selbst
wenn man zugunsten der Patentinhaberin unterstellt, die zusätzlichen Wörter "zur
Erfassung aller empfangbaren Sender vorgesehenen" würden eine Beschränkung
bewirken, so ist auch dieses Merkmal aus dem Aufsatz von LERCH bekannt. Im
ersten Suchlauf des "ATS euro plus"-Systems gemäß der Druckschrift E3 wird
nach der Standortauswahl "Frankreich" zunächst für den ersten Suchlauf automa-
tisch der TV-Standard "Secam-L" eingestellt. Empfangbar im Sinne der oben ge-
nannten Auslegung des Begriffs der Empfangbarkeit sind für das Gerät dann nur
Sender, die in dieser Norm ausstrahlen und die weiteren Filterkriterien, wie z. B.
das Überschreiten eines Signalpegelschwellenwertes, erfüllen. Im ersten Suchlauf
werden aber auch alle diese Sender erfasst, wie oben unter I. dargelegt.
3.
der auf ihn rückbezogene Patentanspruch 2.
- 16 -
III. Zum Hilfsantrag 2
1.
gliedern:
1.
Fernsehempfangsgerät mit
1.1 einer Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung,
2’
die in einer zur Erfassung aller empfangbaren Sender vorge-
sehenen ersten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
2.1 bei der alle Fernsehkanäle automatisch nacheinander nach
empfangbaren Sendersignalen abgesucht werden
2.2 und Informationen über alle ermittelten Sender im Senderspei-
cher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt werden,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t
3.
die Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung
weiterhin in einer zweiten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
3.1 bei der die bestehende Belegung des Senderspeichers erhal-
ten bleibt
3.2 und Informationen über neu ermittelte Sender in weiteren
Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt werden,
3.3 wobei die zweite Suchlaufbetriebsart mittels der Bedieneinheit
des Fernsehempfangsgerätes auslösbar ist.
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 wird durch die Aufnahme des
Merkmals des auf ihn rückbezogenen erteilten und auch ursprünglich angemelde-
ten Unteranspruchs 5 (jetzt: Merkmal 3.3) in zulässiger Weise beschränkt. Die
Aufnahme der Angabe "zur Erfassung aller empfangbaren Sender vorgesehenen"
im Merkmal 2’ ist aus den unter II. genannten Gründen ohne Wirkung.
2.
satz von LERCH (E3) bekannten Stand der Technik nicht neu. Denn der Fach-
mann entnimmt der Druckschrift E3, dass die Senderprogrammierung mit Hilfe ei-
- 17 -
nes Tastendrucks auf der Fernbedienung eingeleitet wird, indem zunächst ein Me-
nü auf den Bildschirm geholt wird (Seite 46, linke Spalte, Absatz oberhalb und un-
terhalb des Zwischenüberschrift "Mit Menü geht alles schneller"). Die Fernbedie-
nung stellt eine Bedieneinheit des Fernsehempfangsgerätes dar, so dass der sich
anschließende Sendersuchlauf letztendlich durch die Bedieneinheit auslösbar ist.
Dadurch, dass im Falle der Auswahl des Standorts "Frankreich" die beiden Such-
läufe, d. h. der Suchlauf in der ersten und in der zweiten Suchlaufbetriebsart, auto-
matisch nacheinander ausgeführt werden, ist schließlich auch die zweite Suchlauf-
betriebsart durch die Bedieneinheit (Fernbedienung) auslösbar (Merkmal 3.3).
Mithin fehlt es dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 an
der erforderlichen Neuheit.
3.
der auf ihn rückbezogene Patentanspruch 2.
IV. Zum Hilfsantrag 3
1.
gliedern:
1.
Fernsehempfangsgerät mit
1.1 einer Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung,
2’’ die in einer durch Betätigung einer Taste des Fernbedienungs-
gebers ausgelösten ersten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
2.1 bei der alle Fernsehkanäle automatisch nacheinander nach
empfangbaren Sendersignalen abgesucht werden
2.2 und Informationen über alle ermittelten Sender im Senderspei-
cher des Fernsehempfangsgerätes abgelegt werden,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t
3.
die Vorrichtung zur automatischen Senderprogrammierung
weiterhin in einer zweiten Suchlaufbetriebsart betreibbar ist,
- 18 -
3.1 bei der die bestehende Belegung des Senderspeichers erhal-
ten bleibt
3.2 und Informationen über neu ermittelte Sender in weiteren
Speicherplätzen des Senderspeichers abgelegt werden,
3.4 wobei die zweite Suchlaufbetriebsart durch Betätigung einer
Taste des Fernbedienungsgebers ausgelöst wird, welche sich
von der Taste unterscheidet, mittels der die erste Suchlaufbe-
triebsart ausgelöst wird.
2.
dass einschränkend angegeben ist, dass die erste Suchlaufbetriebsart durch Betä-
tigung einer Taste des Fernbedienungsgebers ausgelöst wird und die zweite
Suchlaufbetriebsart durch Betätigung einer Taste des Fernbedienungsgebers aus-
gelöst wird, welche sich von der Taste unterscheidet, mittels der die erste Such-
laufbetriebsart ausgelöst wird. Die hinzugefügten Merkmale sind der Patentschrift
(Spalte 2, Zeilen 29-31; Spalte 3, Zeilen 40-44) und der ursprünglichen Anmel-
dung (Seite 4, Zeilen 12-13; Seite 7, Zeilen 1-4) als zur Erfindung gehörig zu ent-
nehmen.
Im Wesen sind für die Auslösung der beiden Suchlaufbetriebsarten zwei unter-
schiedliche Tasten auf dem Fernbedienungsgeber vorgesehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bedurfte es nicht der Aufnahme weiterer
Merkmale, die in dem ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispiel im Zusam-
menhang mit dem Merkmal 3.4 beschrieben worden sind, weil sich aus der Erfin-
dungsbeschreibung zweifelsfrei ergibt, dass das Merkmal 3.4 auch ohne die weite-
ren, in dem Ausführungsbeispiel angegebenen Merkmale vorgesehen sein können
(BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Dreh-
momentübertragungseinrichtung).
- 19 -
Die hinzugefügten Merkmale sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch hin-
reichend klar, da sie vom Fachmann ohne Weiteres dahingehend verstanden wer-
den, die beiden unterschiedlichen Tasten vorzusehen und diese auf dem Fernbe-
dienungsgeber, also nicht unmittelbar am Fernsehempfangsgerät, anzuordnen.
3.
genannten oder sonst zu berücksichtigenden Druckschriften entnommen werden.
a)
zur Auslösung der beiden Suchlaufbetriebsarten, mithin einerseits der Suche nach
Secam-L-Sendern und andererseits die Suche nach Pal-Sendern, nichts offenbart,
denn bei der Lösung gemäß der Druckschrift E3 folgen die beiden Suchläufe stets
automatisch unmittelbar aufeinander. Die Druckschrift E3 liefert insbesondere
auch keinerlei Anregung, die Suche nach Secam-L-Sendern und Pal-Sendern
voneinander unabhängig auszuführen, z. B. zu frei wählbaren Zeiten, nacheinan-
der auszulösen, und in diesem Zusammenhang getrennte Tasten zur Auslösung
vorzusehen. Es ist nämlich gerade das Ziel der Lehre der Druckschrift E3, die Be-
dienung möglichst komfortabel zu gestalten und die gegenüber anderen Fernseh-
systemen bestehenden Besonderheiten des französischen Fernsehsystems
selbsttätig zu berücksichtigen, indem zwei Suchläufe automatisch unmittelbar auf-
einanderfolgend mit dem spezifisch französischen Kanalraster durchgeführt wer-
den (vgl. Seite 46, linke Spalte unten bis rechte Spalte oben).
b)
und Fernsehsignale mit einem programmierbaren Senderspeicher offenbart, bei
dem ebenfalls zwei Suchlaufbetriebsarten vorgesehen sind und insbesondere bei
der zweiten Suchlaufbetriebsart die sich aus der ersten Suchlaufbetriebsart erge-
bende Senderspeicherbelegung erhalten bleibt. Die beiden getrennt ablaufenden
Suchlaufbetriebsarten werden jedoch nach einer Speicherbankselektion durch ein
und dieselbe Taste ausgelöst.
- 20 -
Im Einzelnen ist aus der Druckschrift D1 ein Rundfunkempfänger (Merkmal 1) be-
kannt, der über Mittel zur automatischen Senderprogrammierung mit Hilfe eines
automatischen Sendersuchlaufs verfügt (Spalte 4, Zeilen 8-10; Spalte 7, Zei-
len 3-8; Merkmal 1.1). Der Rundfunkempfänger kann in mehreren Frequenzbän-
dern empfangen (AM, FM), wobei ein Umschalter (band selection switch 132; Fi-
gur 1) zur Einstellung des gewünschten Frequenzbandes vorgesehen ist. Der
Senderspeicher ist in zwei Speicherbänke (memory bank 111, 112; Figur 1) und
diese in Speicherbereiche (memory block 1111, 1112, 1121, 1122; Figur 1) einge-
teilt, die über einen Umschalter (memory bank selection switch 133; Figur 1) ange-
sprochen werden können. Für die Senderprogrammierung sind vom Benutzer zu-
nächst mittels der entsprechenden Umschalter (band selection switch 132, me-
mory bank selection switch 133) das gewünschte Frequenzband und die zu bele-
gende Speicherbank auszuwählen. Sodann wird durch Druck auf eine Taste AST
(programming key 131; Spalte 6, Zeilen 14-16) das zuvor ausgewählte Frequenz-
band nach empfangbaren Sendern abgesucht und für den Fall, dass die Signal-
stärke eines empfangenen Senders einen bestimmten Schwellenwert überschrei-
tet, dieser Sender in dem zuvor bestimmten Speicherbereich (Spalte 4, Zei-
len 16-25; Spalte 5, Zeilen 32-39) abgespeichert, indem ein die Oszillatorfrequenz
charakterisierender Wert im Speicher abgelegt wird (Spalte 7, Zeilen 8-16; Spal-
te 5, Zeilen 25-32; Merkmale 2’’, 2.1, 2.2). Dabei ist zwar in der Druckschrift D1
nicht explizit angegeben, ob nur freie Speicherplätze belegt werden oder die Bele-
gung von einem ersten Speicherplatz aus beginnt. Der Suchlauf wird jedoch so-
lange wiederholt, bis alle Speicherplätze des zuvor ausgewählten Speicherbe-
reichs gefüllt sind (Spalte 7, Zeilen 16-18). Ist das gesamte Frequenzband abge-
sucht, ohne dass alle Speicherplätze gefüllt worden sind, wird der Suchlauf noch-
mals mit einem niedrigeren Schwellenwert gestartet (Spalte 7, Zeilen 18-22). Die-
ses Verhalten der Mittel zur automatischen Senderprogrammierung in Hinblick auf
die Speicherung in der ersten Speicherbank stellt eine durch Tastenbetätigung
ausgelöste erste Suchlaufbetriebsart dar (Merkmal 2’’). Die Mittel zur automati-
schen Senderprogrammierung können aber auch in einer "zweiten Suchlaufbe-
triebsart" benutzt werden, die sich von der ersten dadurch unterscheidet, dass die
neu gefundenen Sender in einer anderen Speicherbank (memory bank) abgespei-
- 21 -
chert werden (Spalte 4, Zeilen 12-24; Spalte 5, Zeilen 32-39; Merkmale 3, 3.2).
Diese zweite Speicherbank ist insbesondere für die Abspeicherung von Sendern
auf Reisen gedacht, wobei die in der ersten Speicherbank gespeicherten Sender,
die in der Heimatregion empfangbar sind und gespeichert wurden, unangetastet
bleiben, damit sie nach der Rückkehr zum Heimatort wieder zur Verfügung stehen
(Spalte 2, Zeilen 39-51; Spalte 4, Zeilen 18-24; Spalte 5, Zeilen 32-39; Merk-
mal 3.1). Die zweite Suchlaufbetriebsart wird durch die Betätigung derselben Tas-
te AST (programming key 131; Figur 1) ausgelöst, die zum Auslösen der erster
Suchlaufbetriebsart verwendet wurde.
Die Druckschrift liefert keine Veranlassung und keine Anregung dafür, von diesem
Vorgehen abzuweichen und für die Auslösung der zweiten Suchlaufbetriebsart ei-
ne weitere Taste vorzusehen, die sich von der vorgenannten Taste unterscheidet,
mit der die erste Suchlaufbetriebsart ausgelöst wird. Dies würde nämlich eine
Dopplung der letztendlich den Suchlauf auslösenden Tasten AST erfordern, was
für den Fachmann fernliegt, wenn er die für einen mobilen Rundfunkempfänger,
z. B. ein Autoradio, typischen engen Platzverhältnisse in Betracht zieht und be-
rücksichtigt, dass die Bedienungseinheit sich dadurch noch unübersichtlicher ge-
stalten würde. Es fehlt auch an einer Anregung, weil der Fachmann stets bemüht
ist, eine möglichst kostengünstige Bauart zu finden und dabei mit möglichst weni-
gen Bauteilen auszukommen. Eine zusätzliche Taste vorzusehen, würde nicht in
ein solches Konzept passen.
Man könnte lediglich in Erwägung ziehen, die Speicherbank-Selektionstaste (me-
mory bank selection switch 133) als Auslösetaste für die zweite Suchlaufbetriebs-
art vorsehen. Eine solche Erwägung wird der Fachmann jedoch verwerfen, weil
die Speicherbank-Selektion auch unabhängig von den Speichersuchläufen erfor-
derlich ist, nämlich im Zusammenhang mit der Auswahl der aus dem Speicher
auszulesenden Informationen.
- 22 -
c)
spruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht näher als die genannten Druckschriften E3
und D1 und liefert ebenso wenig eine Anregung, die beiden Suchlaufbetriebsarten
durch separate Tasten auszulösen.
Auch eine Zusammenschau der im Verfahren befindlichen Druckschriften führt
hier nicht weiter, da es jedenfalls weiter an den beiden unterschiedlichen Tasten
für die Auslösung der beiden Suchlaufsbetriebsarten fehlt. Das Fernsehempfangs-
gerät gemäß Patentanspruch 1 beruht demzufolge auf einer erfinderischen Tätig-
keit.
d)
funktionell unter bestimmten Bedingungen, z. B. bei der Erstinbetriebnahme des
Gerätes, praktisch ein und dieselbe Funktion ausführen. Gegenstand des An-
spruchs ist ein Gerät, das durch gegenständliche Merkmale definiert ist. Sind die-
se Merkmale im Stand der Technik - selbst bei Funktionsgleichheit mehrerer Merk-
male - nicht vorbekannt oder nahegelegt, kann der Patentschutz nicht versagt blei-
ben.
Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass ein Fernsehgerät
mit allen beanspruchten Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3
im Stand der Technik offenbart oder durch ihn nahegelegt wäre. Insbesondere
fehlt es im nachgewiesenen Stand der Technik an der Offenbarung bzw. Anre-
gung zweier Tasten auf dem Fernbedienungsgeber. Gerade bei der von der Klä-
gerin angenommenen Funktionsgleichheit der Suchlaufbetriebsarten würde es für
den Fachmann fernliegen, zu deren Auslösung zwei unterschiedliche Tasten vor-
zusehen, die noch dazu Teil ein und des selben Fernbedienungsgebers sind.
e)
gemäß Hilfsantrag 3 ist auch mit Rückbezug auf den beschränkt verteidigten Pa-
tentanspruch 1 patentfähig.
- 23 -
V.
Rahmen des Hilfsantrags 3 nicht verteidigten Patentansprüche 5 und 6 waren oh-
ne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (BGHZ 170, 215 - Carvediol II
m. w. N.). Auf die weiteren Hilfsanträge 4 bis 6 kommt es unter diesen Umständen
nicht an.
Bei den nicht angegriffenen nachgeordneten Patentansprüchen 3 und 4 bleibt es
im Übrigen bei ihrer Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fas-
sung.
VI.
Satz 1 ZPO, da das Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien in diesem Verhältnis
zueinander zu bewerten ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Schuster
Püschel
Dr. Hartung
Gottstein
Kleinschmidt