Urteil des BPatG vom 26.07.2001

BPatG: stand der technik, patentinhaber, firma, fig, vorbenutzung, erfindung, kunststoff, montage, patentanwalt, patentfähigkeit

BPatG 253
9.72
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 15/00
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
26. Juli 2001
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das deutsche Patent DE 197 24 404
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Meinhardt
sowie
die
Richter
Dipl.-Ing. Dr. Henkel,
Gutermuth,
Dipl.-Phys. Skribanowitz Ph.D./M.I.T. Cambridge und Richter k.A. Dipl.-Ing. Harrer
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von DM 15.000,-- vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents 197 24 404 (Streit-
patent), das am 10. Juni 1997 angemeldet worden ist und ein Lamellenfenster
betrifft. Das Streitpatent umfaßt 8 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1
folgenden Wortlaut hat:
"1. Lamellenfenster mit einem rechteckigen Rahmen, der ein
oberes und ein unteres Querteil und zwei Seitenteile auf-
weist, die jeweils aus einem äußeren und einem inneren
Profilstab aus Metall und wärmeisolierenden Stäben beste-
hen, durch welche die Profilstäbe miteinander verbunden
sind, mit mehreren, in dem Rahmen jeweils um eine hori-
zontale Achse drehbar gelagerte Lamellen, die in eine
Schließstellung, in der die Mittelebenen der Lamellen im
- 3 -
wesentlichen in einer Ebene liegen, und in eine Offenstel-
lung schwenkbar sind, in der die Mittelebenen der Lamellen
im wesentlichen parallel zueinander ausgerichtet sind, und
mit einer an einem Seitenteil des Rahmens angebrachten
Betätigungsvorrichtung zum Bewegen der Lamellen, die ein
Getriebe aufweist, das die Lamellen miteinander verbindet
dadurch
net
- die Lamellen (6) einen rechteckigen Lamellenrah-
men (7) mit einem oberen Querteil (10) und einem unte-
ren Querteil (9) und zwei Seitenteilen (11, 12) haben,
die jeweils aus einem äußeren und einem inneren Pro-
filstab (54, 55, 56) aus Metall und die Profilstäbe mitein-
ander verbindenden, wärmeisolierenden Stegen (62,
63) bestehen und auf ihren einander zugekehrten Sei-
ten eine Ausnehmung zur Aufnahme einer wärmeisolie-
renden Scheibe (8) haben,
- die Profilstäbe (56) der Seitenteile (11, 12) der
Lamellenrahmen (7) den gleichen Querschnitt haben
und in symmetrischer Anordnung durch Stege (63) glei-
chen Querschnitts verbunden sind,
- die Profilstäbe (53) der Seitenteile (4, 5) des Rah-
mens (1) den gleichen Querschnitt haben und in sym-
metrischer Anordnung durch Stege (61) gleichen Quer-
schnitts verbunden sind,
- die Querteile (2, 3) des Rahmens (1) einander glei-
chen und die Querteile (9, 10) der Lamellenrahmen (7)
einander gleichen und die Profilstäbe (51, 52 bzw. 54,
55) der Querteile (2, 3, 9, 10) jeweils durch zwei gleiche
Stege (60 bzw. 61) verbunden sind."
- 4 -
Wegen der Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streit-
patents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu,
beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Lamellenfenster, wie sie in Anspruch 1 beschrieben sind, seien durch die Klägerin
vor dem 10. Juni 1997 ohne Geheimhaltungsverpflichtung mit dem Prospekt
"EuroLam - Ideen aus Metall und Glas" (Anlage K3) angeboten worden. Weiter
bezieht sich die Klägerin auf die Angaben in einem Telefax vom 13. Mai 1997 an
die Firma MBE Metallbau Eisenach GmbH (Anlage K4) und 13 gleichlautende
Schreiben vom 27. Mai bzw 28. Mai 1997 an verschiedene Firmen (Anlage K5).
Die Konstruktionszeichnung "Lamellenfenster, System EuroLam TGL 2001" (An-
lage K6) vom 17. März 1997 sei mit Schreiben der Klägerin vom 16. April 1997
(Anlage K7) an die Firma Schüco International KG freigegeben worden. Daraus
ergebe sich, daß die Kenntnis solcher Lamellenfenster, wie sie im Streitpatent
beansprucht würden, von einer größeren Anzahl von Fachleuten vor dem Anmel-
detag erlangt werden konnte.
Unabhängig hiervon mangele es dem Patentgegenstand im Hinblick auf die vor-
veröffentlichten Druckschriften
DE 40 30 627 A1 (Anlage K8) und
DE 27 12 956 A1 (Anlage K9)
auch an einer erfinderischen Tätigkeit.
Schließlich ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen K6, K7 und einer weiteren
Konstruktionszeichnung K10 sowie den Dokumenten K11 bis K19, daß der
Gegenstand des Streitpatents der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Herrn
Hommer widerrechtlich entnommen worden sei und der Nichtigkeitsklage auch
deshalb stattzugeben sei.
- 5 -
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 197 24 404 für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das
Streitpatent für patentfähig. Das Streitpatent beruhe auf einer Entwicklung des
Beklagten. Herr H… sei nur nach außen für die geplante Gesellschaft aufge-
treten. Gegen eine widerrechtliche Entnahme spreche auch ein Vergleich der
Patentanmeldung DE 198 06 123 (Anlage B1) der Klägerin mit dem Gebrauchs-
muster 296 11 074.4 des Beklagten (Anlage K17).
Entscheidungsgründe:
Die Klage, mit der die in § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 und 3 PatG vorgesehe-
nen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der widerrechtlichen
Entnahme geltend gemacht werden, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
I.
Es ist der Klägerin nicht gelungen, den Senat vom Vorliegen des Nichtigkeitsgrun-
des der mangelnden Patentfähigkeit zu überzeugen.
1.
Das Streitpatent betrifft ein Lamellenfenster mit den Merkmalen aus dem
Oberbegriff des Anspruchs 1.
- 6 -
Dem Streitpatentgegenstand liegt sinngemäß die Aufgabe zugrunde, ein Lamel-
lenfenster mit wärmeisolierenden Mitteln zwischen den außen- und den innenlie-
genden Rahmenteilen zu schaffen, das sich durch einen geringen Herstellauf-
wand, eine einfache Montage und gute Funktionseigenschaften auszeichnet.
Gelöst wird diese Aufgabe mit den Merkmalen des Anspruchs 1, der folgender-
maßen gegliedert sein kann:
1.1
Lamellenfenster mit einem rechteckigen Rahmen,
1.2
wobei der Rahmen ein oberes und ein unteres Querteil und zwei Seitenteile
aufweist, die jeweils aus einem äußeren und einem inneren Profilstab aus
Metall und wärmeisolierenden Stegen bestehen, durch welche die Profil-
stäbe miteinander verbunden sind,
1.3
mit mehreren, in dem Rahmen jeweils um eine horizontale Achse drehbar
gelagerten Lamellen, die in eine Schließstellung, in der die Mittelebenen der
Lamellen im wesentlichen in einer Ebene liegen, und in eine Offenstellung
schwenkbar sind, in der die Mittelebenen der Lamellen im wesentlichen
parallel zueinander ausgerichtet sind,
1.4
mit einer an einem Seitenteil des Rahmens angebrachten Betätigungsvor-
richtung zum Bewegen der Lamellen,
1.5
wobei die Betätigungsvorrichtung ein Getriebe aufweist, das die Lamellen
miteinander verbindet und ihre Bewegung synchronisiert,
1.6
wobei die Lamellen einen rechteckigen Lamellenrahmen mit einem oberen
Querteil und einem unteren Querteil und zwei Seitenteilen haben,
1.7
wobei die Teile des Lamellenrahmens jeweils aus einem äußeren und inne-
ren Profilstab aus Metall und die Profilstäbe miteinander verbindenden, wär-
meisolierenden Stegen bestehen und auf ihren einander zugekehrten Sei-
ten eine Ausnehmung zur Aufnahme einer wärmeisolierenden Scheibe
haben,
1.8
wobei die Profilstäbe der Seitenteile der Lamellenrahmen den gleichen
Querschnitt haben und in symmetrischer Anordnung durch Stege gleichen
Querschnitts verbunden sind,
- 7 -
1.9
wobei die Profilstäbe der Seitenteile des Rahmens den gleichen Quer-
schnitt haben und in symmetrischer Anordnung durch Stege gleichen Quer-
schnitts verbunden sind,
1.10 wobei die Querteile des Rahmens einander gleichen und die Querteile der
Lamellenrahmen einander gleichen und die Profilstäbe der Querteile jeweils
durch zwei gleiche Stege verbunden sind.
Mit dieser Konstruktion wird ein möglichst hoher Anteil an Gleichteilen unter
Berücksichtigung einer hohen Wärmeisolierung, also aufgabengemäß ein geringer
Herstellaufwand, eine einfache Montage und gute Funktionseigenschaften
erreicht. Alle Rahmenteile aus Metall sind nämlich durch Stege (60 - 63) aus
Kunststoff zwischen den außenliegenden und den innenliegenden Profilstä-
ben (51 - 56) der Rahmenteile wärmeisoliert. Sowohl die jeweils diagonal gegen-
überliegenden zwei Profilstäbe der Querteile des Fensterrahmens als auch die
entsprechenden zwei Profilstäbe der Lamellenrahmen sind jeweils im Querschnitt
gleich, was nur vier unterschiedliche Profilstäbe ergibt. Die äußeren und inneren
Profilstäbe der Seitenteile sowohl des Fensterrahmens als auch der Lamellenrah-
men sind ebenfalls gleich, was nur zwei weitere, also insgesamt nur sechs im
Querschnitt unterschiedliche Profilstäbe ergibt. Auch alle Stege 62, 63 zwischen
den außen- und innenliegenden Profilstäben der Lamellenfenster sind im Quer-
schnitt gleich, ausgenommen derjenige zur Aufnahme des Lagerzapfens 21, was
mit diesem nur zwei unterschiedliche Stege ergibt. Alle Stege 60 der Querteile des
Fensterrahmens sind gleich, was eine weitere Stegform ergibt. Alle Stege 61 der
Seitenteile des Fensterrahmens sind gleich, ausgenommen derjenige zur Auf-
nahme des Lagerzapfens 21, was mit diesem zwei weitere, also insgesamt nur
fünf im Querschnitt unterschiedliche Stege ergibt.
2.
Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, daß der Gegenstand
neu
- 8 -
Die nächstkommende DE 40 30 627 A1 (K8) betrifft ein Lamellenfenster mit einem
Fensterrahmen mit äußeren und inneren Profilstäben, zwischen denen wärmeiso-
lierende Stege angeordnet sind, und mit schwenkbaren Lamellen mit einer Betäti-
gungsvorrichtung, die ein Getriebe zur synchronen Bewegung aller Lamellen auf-
weist. Damit zeigt K8 zwar unstrittig die den Oberbegriff des Anspruchs 1 bilden-
den Merkmale 1.1-1.5 sowie auch Merkmal 1.9, gleiche Profilstäbe und Stege der
Seitenteile des Fensterrahmens, s Fig 2, 11–13. Jedoch sind die Merkmale 1.6 u
1.10, soweit sie die Querteile der Lamellenrahmen betreffen, nicht aus K8
bekannt, weil dort die Lamellen 20 nur seitliche Lamellenhalterungen 22, aber kei-
nen umlaufenden Rechteckrahmen mit oberen und unteren Querteilen haben, s
Fig 2 - 4 mit zugehöriger Beschreibung. Auch fehlt die Symmetrie der Profilstäbe
nach den Merkmalen 1.8 u 1.9. Eine Wärmeisolierung der Lamellen durch zwi-
schen den äußeren und inneren Profilstäben angeordnete Stege ist in K8 nur für
die undurchsichtigen Metall-Lamellen nach Fig 5 gezeigt, nicht jedoch für die
durchsichtigen Fenster-Lamellen aus Kunststoff nach Fig 2 - 4. Diese Maßnahmen
führen den Fachmann, einen Maschinenbau-Techniker oder Fachhochschulinge-
nieur mit einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen im Fensterbau, insbeson-
dere von Lamellenfenstern davon weg, auch bei durchsichtigen Fenster-Lamellen
patentgemäß einen umlaufenden Rahmen vorzusehen, der darüber hinaus aus
isolierten und für die Seitenteile symmetrischen Profilstäben besteht. Ausgehend
von K8 bedurfte es also mangels entsprechender Hinweise einer erfinderischen
Tätigkeit, um zum Streitgegenstand zu gelangen.
Die außerdem von der Klägerin aufgegriffene DE 27 12 956 A1 (K9) betrifft kein
Lamellenfenster, sondern beschreibt nur symmetrische Verbundprofile, die im
Fenster- und Türbau Verwendung finden. Konkrete Hinweise zur Gestaltung von
Lamellenfenstern fehlen. Die aus K9 ableitbaren Kenntnisse über symmetrisch
gestaltete und wärmeisolierte Profile geben dem Fachmann keine Veranlassung
zu einem Lamellenfenster gemäß dem Streitpatent.
Eine Kombination von K8 mit K9 könnte allenfalls Hinweise für eine symmetrische
Profilgestaltung gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.9 geben.
- 9 -
Gegenüber K8 u K9 ist das Streitpatent daher neu und erfinderisch, weil zumin-
dest die Merkmale 1.6 und 1.10 daraus nicht herleitbar sind.
3.
Der dem Senat als offenkundige Vorbenutzung von der Klägerin vorgelegte
Prospekt "EuroLam - Ideen aus Metall und Glas" (K3) umfaßt 17 Seiten. Auf den
beiden, dem Streitgegenstand nächstkommenden Seiten (S 12, 13) mit der
Bezeichnung "Lamellenfenster Rahmen und Flügel isoliert geschlossen" bzw
"...offen" sind sechs Zeichnungen als Ansicht und Schnitte durch die Quer- und
Seitenteile von Fenster- und Lamellenrahmen eines Lamellenfensters mit drei
Lamellen dargestellt. Die Zeichnungen sind eher schemenhaft ausgeführt. Mit den
Ziffern 1 - 7 ist die Zuordnung der Zeichnungen untereinander erleichtert. Eine
Erläuterung zu diesen Zeichnungen ist dem Prospekt nicht zu entnehmen. Der
Textteil des Prospekts befaßt sich nur mit allgemeinen Hinweisen auf "thermische
Trennung von Rahmen- und Flügelprofilen", s S 4, "überlappendes Umfassungs-
profil innen und außen", s S 8, und Antriebsteile für die Betätigung, s S 3, 6, 8 und
9, ohne konkrete Zuordnung zu den Zeichnungen.
Unter diesen Bedingungen kann der Fachmann den Zeichnungen ein Lamellen-
fenster mit drei, in einem rechteckigen Hauptrahmen (s "1, 4, 5, 6") gelagerten und
um eine horizontale Achse in eine Schließ- und eine Offenstellung schwenkbaren
Lamellen (s "5, 6") mit Quer- und Seitenteilen (s "7") und mit irgendeiner Art von
Betätigungsteilen (s "6") entnehmen. Damit sind die Merkmale 1.1, 1.2 (erster
Teil), 1.3 und 1.4 des Anspruchs 1 aus K3 entnehmbar.
Nicht zu entnehmen ist hingegen der genaue dreiteilige Aufbau der Rahmenteile
der Fenster- oder Lamellenrahmen - insbesondere nicht in der Art, daß der Fach-
mann aus diesem Prospekt die Lehre ziehen könnte, möglichst viele Gleichteile
vorzusehen. Er vermag ohne retrospektive Betrachtungsweise aus K3 nicht zu
erkennen, daß die Rahmenteile sowohl des Fenster- als auch des Lamellenrah-
mens aus jeweils einem äußeren und inneren Profilstab aus Metall und die Profil-
stäbe miteinander verbindenden, wärmeisolierenden Stegen bestehen (M 1.2 u
1.7),
- 10 -
daß die Profilstäbe der Seitenteile beider Rahmen jeweils gleichen Querschnitt
haben und symmetrisch durch gleiche Stege verbunden sind (M 1.8 und 1.9),
daß die Querteile der Fenster- und Lamellenrahmen jeweils einander gleichen und
ihre Profilstäbe durch zwei gleiche Stege verbunden sind (M 1.10) und,
daß zur Betätigung ein besonderes Getriebe vorgesehen ist (M 1.5).
Dafür sind die Zeichnungen ohne erläuternden Beschreibung, ohne Teilebezeich-
nung und ohne korrekte Linienführung, zB Schraffur, zu ungenau, so daß schon
eine sichere Identifizierung der verschiedenen Einzelteile oder gar ihre Prüfung
auf Gleichheit oder Symmetrie zumindest erschwert, wenn nicht sogar verhindert
ist. Auch ansonsten gibt es in K3 keinen Hinweis für den Fachmann, ausgehend
vom bekannten Lamellenfenster nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, die kenn-
zeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents vorzusehen. Die allge-
meinen Hinweise im Textteil von K3 auf eine Wärmeisolierung, s S 4, und Betäti-
gungsteile, s S 3, 6, 8 und 9, genügen dafür nicht.
Aus diesen Gründen ist für den Fachmann aus K3 die patentgemäße Lehre nicht
zu entnehmen, so daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber K3 neu und
auch erfinderisch ist. Daher hat das Streitpatent gegenüber dem im Prospekt nach
K3 dargelegten Lamellenfenster Bestand.
Soweit die Klägerin Zeugenbeweis zu der von ihr behaupteten offenkundigen Vor-
benutzung angeboten hat, war dieser nicht zu erheben, da über den Inhalt des
Prospekts K3 hinausgehende Informationen nach der Erklärung von Ernst
Hommer bei den Angeboten nicht erfolgten. Selbst bei einer Unterstellung einer
Prospektverteilung gemäß Anlage K3 (die, worauf der Beklagte hingewiesen hat,
auf der letzten Seite einen bruchstückhaften Zeitvermerk aufweist, der als
"Stand 6/97" gelesen werden kann) vor dem 10. Juni 1997 und der Richtigkeit der
wieteren Angaben der Klägerin zu K4/K5 konnte der Fachmann daraus die patent-
gemäße Lehre nicht entnehmen, wie oben dargelegt wurde.
- 11 -
4.
Bei den Anlagen K6 und K10 hatte der Senat keine Veranlassung zur Annah-
me, daß die von Herrn H… beauftragten Konstruktionszeichnungen der
Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangt wären. Insoweit lag kein Beweisantritt vor und
üblicherweise dürfen derartige Zeichnungen keinesfalls ohne Zustimmung des
Auftraggebers an Dritte weitergegeben werden (vgl Busse/Keukenschrijver, PatG
5. Aufl, § 3 Rdnr 56, 59).
II.
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, der Patentgegenstand sei dem Erfinder,
ihrem Geschäftsführer H…, widerrechtlich entnommen worden, war
schon fraglich, ob dies mit ihrem Vortrag zur offenkundigen Vorbenutzung verein-
bar ist, da aus dem Stand der Technik eine widerrechtliche Entnahme nicht mög-
lich ist. Nachdem der Senat eine offenkundige Vorbenutzung des Streitgegenstan-
des aber nicht erkennen kann, ist die behauptete widerrechtliche Entnahme zu
prüfen.
Ein Nachweis ist aber nicht gelungen. Der Patentinhaber hat ebenso wie Ernst
Hommer behauptet, die Entwicklung des wesentlichen Kerns der Erfindung
stamme jeweils von ihm. Beide haben unstreitig zunächst eine gemeinsame
Patentanmeldung geplant und zu diesem Zweck eine Besprechung mit Patentan-
walt Haar durchgeführt. Ebenso ist unstreitig, daß nach außen, zB bei der Beauf-
tragung von Konstruktionszeichnungen zur Profilherstellung und Anbahnung spä-
terer Geschäftsbeziehungen, H… tätig sein sollte, weil der Patentinha-
ber damals in einer Firma beschäftigt war, die als Konkurrent in Frage kam. Aus-
gehend hiervon sind drei Möglichkeiten denkbar, wer im Erfindungsbesitz war,
nämlich H… oder der Patentinhaber alleine oder, wofür eine Reihe von
Indizien sprechen, beide gemeinsam. Wenn zwei Personen zu einem Patentan-
walt gehen, um eine gemeinsame Patentanmeldung zu veranlassen, spricht das
dafür, daß sie zu diesem Zeitpunkt gemeinsam im Besitz der Erfindung sind (vgl
Busse/Schwendy, PatG 5. Aufl, § 21 Rdnr 49/51), was eine widerrechtliche Ent-
nahme ausschließen würde. Gemeinsamer Erfindungsbesitz beruht in der Regel
- 12 -
auf einer gemeinsamen Erfindung, soweit nicht andere Gründe den Erfinder ver-
anlassen, einem Nichterfinder Mitbesitz einzuräumen. Hierzu vom Gericht befragt,
hat H… erklärt, Grund sei gewesen, daß der Patentinhaber verspro-
chen habe, ein in seinem Besitz befindliches Patent in die zu gründende gemein-
same Firma einzubringen. Es habe dieses Patent jedoch nicht gegeben. Daß
allein die (leicht nachprüfbare) Behauptung, "ein Patent zu besitzen", neben dem
Gebrauchsmuster 296 11 074.4 für H… ausreichender Anlaß gewesen
sein könnte, dem Patentinhaber eine gemeinsame Anmeldung für die von ihm
gemachten Erfindung vorzuschlagen, obwohl hinsichtlich einer gemeinsamen
Geschäftstätigkeit noch keine Klarheit bestand, vermag nicht zu überzeugen,
zumal nach Erklärung von Herrn H… trotz Absichtserklärungen des Patentin-
habers "kein Geld gekommen sei". Die für einen Erfindungsbesitz von
H… sprechenden Indizien (Benennung als Auftraggeber "Architekt/Bauherr"
auf K10 bzw als System EuroLam auf K6 und die Rückleitung der Zeichnungsun-
terlagen nach dem Zerwürfnis (K16)) können daher den Senat nicht von einem
alleinigen Erfindungsbesitz H… vor oder während der gemeinsamen
Aktivitäten mit dem Patentinhaber überzeugen, insbesondere unter dem Aspekt,
daß ein nachvollziehbarer Grund bestand, den Patentinhaber nach außen nicht
auftreten zu lassen. Da Zeichnungen oder Skizzen üblicherweise nicht "gemein-
sam" erstellt werden, hat der Senat auch davon abgesehen, dem Angebot
H… nachzukommen, nach von ihm erstellten älteren Zeichnungen bzw
Skizzen zu forschen. Derartige ältere Zeichnungen wären ebenfalls kein Beweis
für eine widerrechtliche Entnahme, solange Zweifel an einem alleinigen
Erfindungsbesitz H… nicht ausgeräumt sind. Demzufolge kann sich
auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin von H… nicht erfolgreich auf
eine widerrechtliche Entnahme als Nichtigkeitsgrund stützen.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO,
der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709
ZPO.
Meinhardt
Dr. Henkel
Gutermuth
Skribanowitz
Harrer
Fa