Urteil des BPatG vom 28.10.2004

BPatG (stand der technik, bundesrepublik deutschland, folge, fachmann, daten, aufzeichnung, anzahl, gegenstand, auslegung, bezug)

BPatG 253
9.72
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 31/03 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
28. Oktober 2004
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 397 238
(= DE 690 23 692)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Meinhardt sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Kraus, Gutermuth, Dipl.-
Ing. Prasch und Dipl.-Ing. Schuster
für Recht erkannt
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. Mai 1990 unter Inanspruch-
nahme der Priorität der niederländischen Patentanmeldung NL 8901145 vom
8. Mai 1989 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland
erteilten europäischen Patents 0 397 238 (Streitpatent). Das in der Verfahrens-
sprache Englisch veröffentlichte Streitpatent, das beim Deutschen Patent- und
Markenamt unter der Nummer 690 23 692 geführt wird, betrifft ein „Informations-
aufzeichnungssystem, Aufzeichnungsverfahren und Aufzeichnungsträger zur An-
wendung in einem derartigen Informationsaufzeichnungssystem“. Es umfasst
14 Ansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 14 in der deutschen Über-
setzung gemäß der Patentschrift DE 690 23 692 T 2 folgenden Wortlaut haben:
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"1. Informationsaufzeichnungssystem mit einem Aufzeichnungsträger (1) einer
beschreibbaren Art,mit einer vorgeformten Spur (4), in der ein eine Folge von
Codes (12) umfassendes Hilfssignal mit Hilfe einer vorgebildeten Spurmodulation
aufgezeichnet ist, wobei die Codes Adressencodes (AC) umfassen, die die
Adressen der Spurabschnitte spezifizieren, in denen die genannten
Adressencodes (AC) aufgezeichnet sind, und eine Aufzeichnungseinrichtung zum
Aufzeichnen von Information in der mit der Spurmodulation versehenen Spur (4),
wobei die Aufzeichnungseinrichtung Lesemittel (82, 86, 88) zum Lesen des
Hilfssignals enthält,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Folge von Codes auch Hilfscodes (HC) enthält, die von den
Adressencodes unterschieden werden können, und wobei die Folge
erhalten werden kann, indem in einer Folge von Adressencodes mit
aufeinanderfolgenden Adreßwerten eine Anzahl der genannten Ad-
ressencodes durch Hilfscodes ersetzt werden,
wobei die Aufzeichnungseinrichtung Mittel (93, 94, 95, 96, 97) zur
selektiven Entnahme der Adressencodes (AC) und der Hilfscodes
(HC) aus dem Hilfssignal umfaßt, wobei die Hilfscodes Steuerungs-
daten zur Steuerung des Aufzeichnungsprozesses umfassen und
die Aufzeichnungseinrichtung zur Steuerung des Aufzeichnungs-
prozesses in Abhängigkeit von den entnommenen Hilfscodes (HC)
eingerichtet ist.
14. Aufzeichnungsträger mit allen Aufzeichnungsträgermerkmalen
nach einem der Ansprüche 1 bis 13."
Bezüglich der Ansprüche 2 bis 13, die als solche ebenso wenig wie Anspruch 1
angegriffen sind, wird auf die Übersetzung der europäischen Patentschrift
(DE 690 23 692 T2) Bezug genommen.
Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des
Streitpatents sei hinsichtlich des nach Anspruch 14 geschützten Aufzeichnungs-
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trägers gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, be-
ruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es sei dem Fachmann
nicht zuzumuten, sich die „Aufzeichnungsträgermerkmale“ aus den Ansprüchen 1
bis 13 herauszusuchen, insoweit nicht eindeutig zuzuordnende Merkmale seien
bei der Prüfung der Schutzfähigkeit nicht zu berücksichtigen.
Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
N3
N4:
N6:
N7:
N8:
N9:
N10:
N11:
N13:
N14:
N16:
N17:
N18:
N19:
N20:
N21:
N22:
- 5 -
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 397 238 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang des Patentan-
spruchs 14 mit sämtlichen Rückbezügen für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den
Gegenstand des Anspruchs 14 des Streitpatents für patentfähig. Zur Stützung ih-
res Vorbringens bezieht sie sich auf zwei von ihr beauftragte Gutachten von Prof.
S… ( Anlagen WA1 und WA2 ).
Entscheidungsgründe:
Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nich-
tigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig,
in der Sache jedoch unbegründet.
I.
1. Mit der Nichtigkeitsklage wird allein der Anspruch 14 des Streitpatents ange-
griffen, der auf einen Aufzeichnungsträger gerichtet ist, der über alle Aufzeich-
nungsträgermerkmale nach einem der auf Informationsaufzeichnungssysteme
gerichteten Ansprüche 1 bis 12 oder dem auf eine Aufzeichnungseinrichtung ge-
richteten Anspruch 13 verfügen soll.
- 6 -
Für den angegriffenen Anspruch 14 ergibt sich unter Berücksichtigung des Rück-
bezugs auf den Anspruch 1 in deutscher Sprache folgende Fassung, wobei die
Gliederung ergänzt ist:
1) Aufzeichnungsträger einer beschreibbaren Art mit einer vorgeformten
Spur,
2) in der ein eine Folge von Codes umfassendes Hilfssignal mit Hilfe einer
vorgebildeten Spurmodulation aufgezeichnet ist,
3) wobei die Codes Adressencodes umfassen, die die Adressen der Spur-
abschnitte spezifizieren, in denen die genannten Adressencodes aufge-
zeichnet sind,
4) die Folge von Codes auch Hilfscodes enthält, die von den Adressenco-
des unterschieden werden können,
5) und wobei die Folge erhalten werden kann, indem in einer Folge von Ad-
ressencodes mit aufeinanderfolgenden Adresswerten eine Anzahl der ge-
nannten Adressencodes durch Hilfscodes ersetzt werden,
6) wobei die Hilfscodes Steuerungsdaten zur Steuerung des Aufzeich-
nungsprozesses umfassen.
In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents wird ausgeführt, dass es ein In-
formationsaufzeichnungssystem, ein Aufzeichnungsverfahren und einen Aufzeich-
nungsträger zur Anwendung in einem Informationsaufzeichnungssystem betrifft,
wie sie aus der niederländischen Patentanmeldung NL 8700655 A oder der ent-
sprechenden EP 0 265 984 A bekannt sind. Das bekannte System soll sich zum
Aufzeichnen von CD-Audio-Signalen eignen, und der hierzu verwendete Aufzeich-
nungsträger über eine vorgeformte Spur verfügen. Damit ein Aufzeichnungsträger
den CD-Standard erfüllt, wird es als wünschenswert angesehen, dass die radialen
- 7 -
Positionen des Anlaufgebietes, des Programmgebietes und die Gesamtspieldauer
des Aufzeichnungsträgers vor dem Aufzeichnungsvorgang bekannt sind. Zu die-
sem Zweck wird bei dem bekannten Aufzeichnungsträger die vorgeformte Spur
mit einer periodischen Spurmodulation versehen, die mit einem digitalen Positi-
onsinformationssignal moduliert ist, das die radiale Position angibt (vgl S 1, Z 1 -
24 der Übersetzung iVm Figuren 1c und 1d des Streitpatents), die gleichbedeu-
tend mit einer Adresse ist.
Entsprechend diesem Stand der Technik bezieht sich der Anspruch 14 mit seinen
Merkmalen 1) bis 3) auf einen Aufzeichnungsträger der beschreibbaren Art mit ei-
ner vorgeformten Spur, in der mit Hilfe einer vorgebildeten Spurmodulation ein
Hilfssignal aufgezeichnet ist, das eine Folge von Codes umfasst, wobei diese Co-
des Adressencodes umfassen, die die Adressen der jeweiligen Spurabschnitte
spezifizieren, dh Positionsinformationssignale enthalten.
Weiterhin wird in der Einleitung des Streitpatents erläutert, dass es vorteilhaft ist,
vor dem Beschreiben eines Aufzeichnungsträgers außer den (Adress- bzw Positi-
ons-) Daten auch weitere Steuerungsdaten zu kennen, da bspw zum Aufzeichnen
auf Aufzeichnungsträgern mit unterschiedlichen Schreibmaterialien unterschiedli-
che Schreibenergien erforderlich sind. Als dem Streitpatent zugrundeliegende
Aufgabe wird deshalb die Schaffung eines Systems genannt, bei dem die zum
Aufzeichnen erforderlichen Steuerungsdaten auf einfache Weise erhalten werden
können (vgl S 1, Z 25 - S 2, Z 5 der Übersetzung des Streitpatents).
Zur Lösung dieser Aufgabenstellung wird mit den Merkmalen 4) bis 6) vorgeschla-
gen, in der Folge von auf die vorgeformte Spur aufmodulierten (Adressen-) Codes
mit aufeinanderfolgenden Adresswerten eine Anzahl von Adressencodes durch
Hilfscodes zu ersetzen, die Steuerungsdaten zur Steuerung des Aufzeichnungs-
prozesses enthalten. Diese Hilfscodes sollen derart beschaffen sein, dass sie von
den Adressencodes unterschieden werden können.
Ein Ausführungsbeispiel für die auf der vorgeformten Spur des Aufzeichnungsträ-
gers aufgezeichnete Abfolge von Adressencodes und Hilfscodes ist in Figur 7 iVm
S 6, Z 16 bis 22 der Beschreibung dargestellt.
- 8 -
Mit den in der Anspruchsfassung angegebenen Maßnahmen gelingt ohne Zweifel
eine einfache Gewinnung der Steuerungsdaten, die zur korrekten Steuerung eines
Aufzeichnungsvorgangs auf dem Aufzeichnungsträgers erforderlich sind. Es be-
darf hierzu lediglich der Auswertung der neben den Adresscodes aufgebrachten
Steuerungsdaten auf der vorgeformten Spur durch eine Aufzeichnungseinrichtung.
2. Die Klägerin führt gegen den Anspruch 14 zunächst an, dass dieser Anspruch
wegen seiner Rückbeziehung auf die vorhergehenden, auf ein Informationsauf-
zeichnungssystem oder eine Aufzeichnungseinrichtung gerichteten Ansprüche 1
bis 13 keinen klar umrissenen Schutzgegenstand erkennen lasse. Im vorliegenden
Fall müsse sich ein Leser die Merkmale des Anspruchs aus Ansprüchen mit un-
terschiedlicher Gattung zusammensuchen. Dies widerspreche Art 69 EPÜ, der
voraussetze, dass der Schutzbereich von Ansprüchen eindeutig erkennbar sei.
Die Patentinhaberin trage die Verantwortung für eine unklare Formulierung ihrer
Ansprüche und müsse daher auch die Rechtsfolgen tragen. Im Extremfall gesehen
"schrumpfe" der Inhalt des Anspruchs 14 auf einen Aufzeichnungsträger ohne
weitere Merkmale, dem folglich die Neuheit fehle.
Nach Art 69 Abs 1 EPÜ wird der Schutzbereich des europäischen Patents durch
den Inhalt der Patentansprüche bestimmt. Der Bundesgerichtshof hat in ständiger
Rechtsprechung Grundsätze für die Auslegung eines europäischen Patents entwi-
ckelt (vgl BGH in GRUR 1999, 909-914 -Spannschraube-). Danach ist bei der
Auslegung eines europäischen Patents nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf
den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patent-
schrift dem Fachmann vermittelt. Die Auslegung dient nicht nur zur Behebung et-
waiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der
in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der
Bedeutung und der Tragweite der Erfindung. Für die Beurteilung entscheidend ist
dabei die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns (vgl Leitsatz
1 und S 911, rechte Spalte aaO).
- 9 -
Es ist der Klägerin zuzubilligen, dass die Merkmale des auf einen Aufzeichnungs-
träger gerichteten Anspruchs 14 nicht durch einfache Hinzufügung der Merkmale
der in Bezug genommenen Ansprüche 1 bis 13 ermittelt werden können, wie dies
bei Rückbezug auf Ansprüche mit demselben Gattungsbegriff die Regel ist ist.
Denn im vorliegenden Fall erfolgt die Rückbeziehung auf Ansprüche, die entweder
auf ein Informationsaufzeichnungssystem, bestehend aus einer Aufzeichnungsein-
richtung und einem Aufzeichnungsträger, oder nur auf eine Aufzeichnungsein-
richtung gerichtet sind und die deshalb auch Merkmale enthalten, mit denen der
Aufzeichnungsträger nicht weitergebildet wird. Insofern ist, wie die Klägerin aus-
führt, eine gewisse intellektuelle Leistung erforderlich, um den Gegenstand des
Anspruchs 14 bzw der durch die verschiedenen in Bezug genommenen Ansprü-
che zu berücksichtigenden Anspruchsvarianten zu ermitteln.
Da für die Auslegung der Ansprüche die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet
tätigen Fachmanns zugrunde zu legen ist, kann der Schutzbereich des Anspruchs
14 jedoch nicht als unklar oder nicht eindeutig erkannt werden.
Als Fachmann für die Auslegung des Streitpatents ist ein Ingenieur der Nachrich-
tentechnik anzusehen, der über mehrjährige praktische Berufserfahrung auf dem
Gebiet der optischen Datenspeicherung verfügt.
Dieser Fachmann wird der Patentschrift jedenfalls entnehmen, dass es des Zu-
sammenwirkens der Komponenten des Informationsaufzeichnungssystems, näm-
lich der Aufzeichnungseinrichtung und des Aufzeichnungsträgers bedarf, um eine
Aufzeichnung durchführen zu können und auch die zur korrekten Durchführung
der Aufzeichnung erforderlichen Steuerungsdaten auf die gewünschte einfache
Weise zu erhalten. Wegen seiner Kenntnis des Zusammenhangs von auf dem
Aufzeichnungsträger aufgebrachten Hilfscodes und deren Auswertung durch die
Aufzeichnungseinrichtung kann der Fachmann die Merkmale, die der Ausbildung
des Aufzeichnungsträgers dienen, ohne weiteres von denen trennen, die der Aus-
bildung der Aufzeichnungseinrichtung dienen. So wird er bspw das durch Bezug
auf den Anspruch 1 in Betracht kommende Merkmal, dass die Aufzeichnungsein-
richtung Lesemittel zum Lesen des Hilfssignals enthält, nicht als Eigenschaft des
- 10 -
Aufzeichnungsträgers erkennen und entsprechend nicht dem Aufzeichnungsträger
als Merkmal zuordnen. Der Inhalt des Anspruchs 14 mit den fallweise in Bezug
genommenen Ansprüchen 1 bis 13 ist für den Fachmann daher klar erkennbar.
Für diese Auffassung spricht auch die von der Klägerin selbst als Anlage N5 ein-
gereichte Merkmalsanalyse des Anspruchs 14 unter Rückbezug auf den Anspruch
1. Diese Analyse nennt, abgesehen von sprachlichen Modifikationen, die gleichen
Merkmale wie die eingangs aufgeführte Fassung oder auch die von der Beklagten
als Anlage B1 eingereichte Fassung.
II.
1. Der Gegenstand des Anspruchs 14 war zum Prioritätszeitpunkt neu (Art 54
EPÜ).
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass ein Aufzeichnungsträger mit den sich
aus dem Anspruch 14 unter Rückbezug auf den Anspruch 1 ergebenden Merk-
malen durch die Ausführungen in der JP 61-24 39 74 A, von der sie den Abstrakt
(=N10) und eine Übersetzung (=N11) eingereicht hat, vorweggenommen sei.
Gegenstand der 1986 veröffentlichten JP 61-24 39 74 A ist ein Aufzeichnungsträ-
ger (Datenträger, Platte), der so gestaltet werden soll, dass Vorrichtungen zum
Aufzeichnen oder Wiedergeben automatisch eine Unterscheidung zwischen Auf-
zeichnungsträgern verschiedener Art und die Auswahl optimaler Bedingungen für
die Wiedergabe vornehmen können (vgl S 2, Z 30 - S 3, Z 4 der N11). Die Lösung
dieser Aufgabenstellung gelingt gemäß dem Anspruch 1 dieser Druckschrift da-
durch, dass Daten über die Aufzeichnungs- und/oder Wiedergabebedingungen
vorab auf dem Aufzeichnungsträger gespeichert werden. Auf S 4, Z 29 - S 5, Z 20
der N11 ist hierzu erläuternd ausgeführt, dass derartige Daten bspw Informationen
über die Laserleistung zum Aufzeichnen und zur Wiedergabe umfassen können
und eine Vorrichtung zum Aufzeichnen und Wiedergeben ansprechend auf diese
Informationen die Laserleistung für eine Aufzeichnung bemisst. Der bekannte Auf-
zeichnungsträger enthält hierzu einen Bereich 7, in dem derartige Informationen
- 11 -
über die Aufzeichnungs- und Wiedergabebedingungen des Aufzeichnungsträgers
als Datensignale vorabgespeichert sind und einen weiteren Bereich 3, der für die
(Nutz-) Datenaufzeichnung vorgesehen ist (vgl S 4, Z 4 - 11 iVm Figuren 1 und 4).
Der für die eigentliche (Nutz-) Datenaufzeichnung bestimmte Bereich 3 weist eine
(durchgehende) vorgeformte Spur (Führungsrinne 4a, vgl S 3, Z 30 - S 4, Z 3 iVm
Figur 4) auf, in der die aufzuzeichnenden (Nutz-) Daten entweder in Form von Pits
oder durch Entfernen der magnetisierbaren Schicht aufgezeichnet werden (vgl S
4, Z 6 - 11). Diese vorgeformte Spur bzw Führungsrinne weist jedenfalls in diesem
Bereich keine Spurmodulation im Sinne des Streitpatents auf (vgl hierzu Figur 4,
Bereich 3) und kann folglich dort auch keine Adressencodes oder Hilfscodes mit
Steuerungsdaten tragen, so dass jedenfalls Merkmal 2) des Anspruchs 14 nicht
erfüllt ist.
Die Klägerin wendet hiergegen ein, dass in der JP 61-24 39 74 A Merkmal 2) des
Anspruchs durchaus verwirklicht sei, da die genannte Datenaufzeichnung eine
vorgebildete Spurmodulation darstelle. Dieses Argument greift schon deshalb
nicht, weil der bekannte Aufzeichnungsträger im Bereich 7 eine solche "Modula-
tion" erst nach erfolgter (Nutz-) Datenaufzeichnung aufweisen würde. Im Gegen-
satz hierzu ist bei dem Aufzeichnungsträger nach dem Anspruch 14 die Spurmo-
dulation vorgeformt, dh bereits vor einer (Nutz-) Datenaufzeichnung vorhanden.
Letztlich besteht der prinzipielle Unterschied zwischen dem Aufzeichnungsträger
nach der N 11 und dem des Streitpatents darin, dass bei jenem die Steuerungs-
informationen in einem vom eigentlichen Datenaufzeichnungsbereich 7 getrennten
Bereich 3 des Aufzeichnungsträgers und als Datenaufzeichnung aufgebracht sind,
während bei diesem die Adress- und Steuerungsinformationen in abwechselnder
Folge (vgl Merkmal 5) des Anspruchs 14) über die gesamte Spur des Aufzeich-
nungsträgers und als Spurmodulation vorgeformt sind, so dass sie schon vor einer
Aufzeichnung der (Nutz-) Daten in jeder Kopfposition verfügbar sind.
Dass die sich auf die Aufzeichnungs- und Wiedergabebedingungen beziehenden
Daten auch in anderen Bereichen als dem Bereich, in dem mit dem Auslesen von
Daten begonnen wird, vorabgespeichert werden können, wie die Klägerin ausführt
und wie auf S 8, Z 10 - 13 der N 11 erläutert, widerspricht dem nicht. Denn in je-
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dem Fall ist davon auszugehen, dass es sich um einen (getrennten) Bereich für
Steuerungsinformationen handelt, der nicht mehr zur Aufzeichnung von (Nutz-)
Daten verwendet werden kann.
Zu einer anderen Bewertung der Neuheit des Aufzeichnungsträgers nach dem
Anspruch 14 mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 geben auch die weiteren ent-
gegengehaltenen Druckschriften keinen Anlass.
Die auf S 4, Z 11 der Patentschrift zitierte N3 mit Übersetzung N4 ist nachveröf-
fentlicht. Sie beschreibt, wie die vorveröffentlichte N 13, einen Aufzeichnungsträ-
ger mit einer vorgeformten Spur, die mit Positionsinformationssignalen moduliert
ist, ohne einen Hinweis auf eine Modulation mit Steuerungsdaten zu enthalten. Die
ebenfalls nachveröffentlichte N 19 befasst sich mit der Steuerung der Drehzahl
des Aufzeichnungsträgers und enthält ebenfalls keinen Hinweis auf eine Modula-
tion der vorgeformten Spur mit Steuerungsdaten.
Unter den übrigen von der Klägerin entgegengehaltenen Druckschriften zeigt
keine einen Aufzeichnungsträger mit allen Merkmalen des angegriffenen An-
spruchs 14 mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1, so dass anzuerkennen ist,
dass dem Aufzeichnungsträger nach dem Anspruch 14 Neuheit zukommt.
2. Der Aufzeichnungsträger nach dem Anspruch 14 beruht auch auf erfinderischer
Tätigkeit (Art 56 EPÜ).
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Aufzeichnungsträger nach dem An-
spruch 14 dem Fachmann durch eine gemeinsame Betrachtung der EP 0 265 695
A2 (=N13) mit der N 11 nahegelegt sei.
Hierzu führt sie zutreffend aus, dass der in der N 13 beschriebene Aufzeich-
nungsträger entsprechend den Merkmalen 1) bis 3) des Anspruchs 14 von der be-
schreibbaren Art (recording medium) ist und eine vorgeformte Spur (guide groove,
pregroove) aufweist, auf der mit Hilfe einer vorgebildeten Spurmodulation
(wobbled in radial direction) ein Hilfssignal aufgezeichnet ist, das Adressencodes
- 13 -
(second signal, absolute time code) umfasst, die die Spurabschnitte spezifizieren,
in denen die Adressencodes aufgezeichnet sind (vgl Ansprüche 1, 3, 7, Sp 4, Z 3 -
14 der N 13). Auf diese Weise gelingt es, bei dem dort beschriebenen Aufzeich-
nungsträger an jeder Stelle eine Positionsinformation (über die Position des des
Lese- Schreibkopfes) zu gewinnen, ohne dass ein gesonderter Positionsdetektor
erforderlich wäre oder die Datenredundanz (durch Verringerung des zur Datenauf-
zeichnung zur Verfügung stehenden Bereiches) erhöht würde (vgl Sp 2, Z 20 – 27
der N 13).
Der Aufzeichnungsträger nach dem Anspruch 14 mit den Merkmalen gemäß An-
spruch 1 unterscheidet sich von dem aus der D 13 bekannten Aufzeichnungsträ-
ger jedoch hinsichtlich der Merkmale 4) bis 6), also dadurch, dass in der Folge von
auf der vorgeformten Spur aufmodulierten Adresscodes mit aufeinanderfolgenden
Adresswerten eine Anzahl der Adresscodes durch Hilfscodes ersetzt sind, die
Steuerungsdaten zur Steuerung des Aufzeichnungsprozesses umfassen.
Die Klägerin vertritt hierzu die Ansicht, dass eine solche Ersetzung einer Anzahl
von Adresscodes bzw "absolute time codes" durch Hilfscodes, die Steuerungsda-
ten umfassen, aus Sp 2, Z 23/24 der N 13 angeregt sei. In dieser Textstelle wird,
ebenso wie in Sp 10, Z 46 – 55, ausgeführt, dass an Stelle der Adresscodes bzw
"absolute time codes" auch andere Informationen (another information signal) auf
der vorgeformten Spur aufgezeichnet werden können. Bei Kenntnis der aus der
N11 bekannten Aufzeichnung von Steuerungsdaten habe es daher für den Fach-
mann nahegelegen, eine Anzahl der Adresscodes durch Hilfscodes mit Steue-
rungsdaten zu ersetzen.
Der Fachmann wird jedoch durch die Ausführungen in der N 13 selbst davon ab-
gehalten, die auf der vorgeformten Spur aufmodulierten Adresscodes bzw "abso-
lute time codes" durch andere Informationen zu ersetzen, die sich nicht auf die
momentane Position (des Kopfes) beziehen. Denn gemäß der in der N 13 ange-
gebenen Aufgabenstellung ist es ausdrücklicher Zweck dieser Druckschrift, die
Position des Lesekopfes (optical head) auf dem Aufzeichnungsträger (optical disk)
aus dem reproduzierten Kopflesesignal (reproduced signal) zu gewinnen, ohne
- 14 -
dass dazu ein gesonderter Positionsdetektor wie bspw ein Potentiometer erforder-
lich ist, der die radiale Kopfposition angibt (vgl Sp 1, Z 51 – 54 und Sp 2, Z 20 –
27). Würde der Fachmann bei der N 13 die auf der Spur aufmodulierten Ad-
resscodes bzw "absolute time codes" durch Informationen ersetzen, aus denen
nicht auf die radiale Position des Kopfes geschlossen werden kann, so entfiele
damit zugleich die Lösung der gestellten Aufgabe. Aus diesem Grund wird der
Fachmann davon abgehalten, unter den in der N 13 angegebenen "anderen" In-
formationen beliebige andere Informationen zu verstehen, sondern nur solche in
Betracht ziehen, die repräsentativ für die radiale Position sind, dh eine Adresse
angeben. In Sp 10, Z 46 – 51 der N 13 selbst wird hierzu neben dem "time code of
the CD format" auf das bei Bildaufzeichnungsträgern verwendete SMPTE-Format
hingewiesen.
Im übrigen legt eine Zusammenschau der beiden Druckschriften den Aufzeich-
nungsträger nach dem Patentanspruchs 14 mit den Merkmalen gemäß
Anspruch 1 auch deshalb nicht nahe, weil dieser entsprechend den Merkmalen 4)
und 5) nicht lediglich eine Ersetzung der Adresscodes durch Steuerungsdaten
lehrt, sondern eine Abfolge von Adresscodes und Hilfscodes mit Steuerungsdaten.
Dies hat letztlich seinen Grund darin, dass, wie auf S 13, Z 9 - 27 der Patentschrift
ausgeführt, die Aufzeichnungseinrichtung mit einer Zählerschaltung 97
ausgestattet ist, die es ermöglicht, den aktuellen Wert des Adresscodes auch
dann zutreffend zu ermitteln, wenn in die Folge der Adresscodes gerade ein
Hilfscode eingefügt ist. Für eine solche Abfolge findet sich aber in beiden
abgehandelten Druckschriften keine Anregung.
Der Aufzeichnungsträger nach dem Anspruch 14 mit den Merkmalen gemäß An-
spruch 1 ist dem Fachmann sonach entgegen der Auffassung der Klägerin auch
durch eine gemeinsame Betrachtung der JP 61-24 39 74 A (N 10, N11) und der
EP 0 265 695 A2 (N13) nicht nahegelegt.
Zu einer anderen Beurteilung der Schutzfähigkeit geben die weiteren von der Klä-
gerin aufgegriffenen Druckschriften auch dann keinen Anlass, wenn an Stelle der
von der Klägerin genannten nachveröffentlichten N 6/7 und der N 8/9 die entspre-
- 15 -
chenden vorveröffentlichten EP 0 288 114 A1 und EP 0 265 849 A1 zugrunde ge-
legt werden:
Bei dem in der EP 0 288 114 A1 (bzw der N6/7) beschriebenen Aufzeichnungs-
system wird die Unterscheidung von Aufzeichnungsträgern mit unterschiedlichen
Typen von Aufzeichnungsschichten dadurch ermöglicht, dass auf den Aufzeich-
nungsträger eine Einstellinformation (adjustment information) aufgebracht werden,
die den Typ der Aufzeichnungsschicht angeben. Wie aus Anspruch 9 hervorgeht,
wird diese Einstellinformation (nur) in einem vorbestimmten Bereich der vorge-
formten Spur aufgebracht.
Auch bei dem in der EP 0 265 849 A1 (bzw N8/9) beschriebenen Aufzeichnungs-
träger wird eine solche Einstellinformation (control information) nur in einem be-
stimmten Bereich (designated region on the recording medium, vgl Anspruch 6)
des Aufzeichnungsträgers aufgebracht, der sich von dem Bereich unterscheidet,
der der Aufzeichnung von (Nutz-) Daten dient.
Die N 16/20 beschreibt einen Aufzeichnungsträger, der zwei unterschiedliche Be-
reiche aufweist, nämlich einen, in dem Daten nur gelesen werden und einen in
dem auch aufgezeichnet werden kann. Zwischen diesen Bereichen ist eine Um-
schaltung der Lese- bzw Schreibenergie erforderlich, was durch ein "data field
identification flag" bewirkt wird (vgl Anspruch 1).
Die N 17/21 beschreibt einen Aufzeichnungsträger, der eine vorgeformte Spur
aufweist, in der eine Adressinformation aufgebracht ist. Eine Anregung in Hinsicht
auf das Aufbringen von Steuerungsinformationen findet sich dort nicht.
Die N 18/22 befasst sich mit der Spurnachführung des Kopfes im Anlauf- und
Auslaufbereich (lead- in, lead-out signal region) eines Aufzeichnungsträgers und
vermag dem Fachmann sonach keine Anregung in Hinsicht auf die im Anspruch
14 angegebene Ausbildung eines Aufzeichnungsträgers zu geben.
Der mit der Nichtigkeitsklage angegriffene Patentanspruch 14 hat sonach mit
sämtlichen Rückbezügen Bestand.
- 16 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO,
der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709
ZPO.
Meinhardt Dr.
Kraus
Gutermuth
Prasch
Schuster
Pr