Urteil des BGH vom 03.07.2014

BGH: wiedereinsetzung in den vorigen stand, verlängerung der frist, gesetzliche frist, fax, verschulden, zustellung, erbrecht, belastung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
A n w Z ( B r f g ) 1 7 / 1 4
vom
3. Juli 2014
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Befugnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterinnen Roggenbuck und Lohmann sowie die
Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Kau
am 3. Juli 2014
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des An-
trags auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nord-
rhein-Westfalen vom 22. November 2013 wird als unzulässig ver-
worfen.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500
€ fest-
gesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12. Juni 2013 die Befugnis des Klä-
gers zum Führen der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" widerrufen. Die
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hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof am 22. November 2013
abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 21. Januar 2014 zugestellt worden.
Am 21. Februar 2014 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt und
am 20. März 2014 beim Anwaltsgerichtshof wegen seiner "aktuellen beruflichen
Belastung" einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung des Zulas-
sungsantrags bis zum 31. März 2014 gestellt. Am 1. April 2014 hat er beim
Bundesgerichtshof die Verlängerung der Frist bis zum 14. April 2014 und vor-
sorglich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung
hat er ausgeführt, dass er für zehn Tage wegen einer schweren, hochfiebrigen
Grippe überraschend krankheitsbedingt ausgefallen und erst heute wieder ein-
satzfähig sei. Mit Schreiben des Vorsitzenden vom 31. März 2014 ist der Kläger
darauf hingewiesen worden, dass die Antragsbegründungsfrist verstrichen sei
und deshalb Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags bestünden. Mit
Schriftsatz vom 25. April 2014 hat der Kläger den Zulassungsantrag begründet.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 112e Satz 2
BRAO i.V.m. § 124a Abs. 5 Satz 1, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig
zu verwerfen, da der Kläger die Antragsbegründungsfrist versäumt hat. Diese
beträgt nach § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwei Mo-
nate und beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils, die hier am
21. Januar 2014 erfolgte. Die Frist ist damit am 21. März 2014 abgelaufen.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt ohne Erfolg.
Gemäß § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 60 Abs. 1, § 125 Abs. 1 Satz 1
VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand
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ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die
Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im
Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
Daran fehlt es hier.
Der Kläger war nach seinen Angaben die zehn Tage vor dem 1. April
2014 arbeitsunfähig erkrankt, mithin vom 22. bis zum 31. März 2014. Am
22. März 2014 war aber die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags be-
reits abgelaufen. Gegen eine Erkrankung des Klägers während der Frist zur
Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung spricht auch, dass er sei-
nen am 20. März 2014 um 14.59 Uhr per Fax dem Anwaltsgerichtshof über-
sandten Fristverlängerungsantrag nicht auf eine Erkrankung gestützt hat.
3. Abgesehen davon hätte der Antrag auf Zulassung der Berufung auch
im Falle seiner Zulässigkeit keinen Erfolg. Das Vorbringen des Klägers ist nicht
geeignet, die Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs schlüssig in Frage zu stel-
len und insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 112e Satz 2
BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen. Für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten ist infolge des ab 1. September
2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des be-
hördlichen Verfahrens - hier Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2013 - abzu-
stellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem
Verfahren auf Neuerteilung der Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeich-
nung vorbehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10,
BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m.
§ 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Kayser
Roggenbuck
Lohmann
Stüer
Kau
Vorinstanzen:
AGH Hamm, Entscheidung vom 22.11.2013 - 1 AGH 26/13 -
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