Urteil des BGH vom 18.07.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 29/12
vom
18. Juli 2013
in der Zwangsverwaltungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZVG § 9 Nr. 2
Beteiligter wird auch der Eigentumsprätendent schon durch formlose Anmeldung sei-
ner Rechte. Sein Eigentum kann er aber nicht schon durch die Anmeldung, sondern
nur wahren, indem er es in der in § 37 Nr. 5 ZVG beschriebenen Form geltend
macht.
ZVG § 150 Abs. 1
Die Auswahl des Zwangsverwalters kann im Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur
auf Ermessensfehler überprüft werden.
BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 - V ZB 29/12 - LG Gera
AG Rudolstadt
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2013 durch die Vorsit-
zende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-
Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Gera vom 19. Januar 2012 wird auf Kosten des
Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
5.000 €.
Gründe:
I.
Die Gläubigerin erwarb aus ehemaligem Volkseigentum einen Porzellan-
betrieb in L. und betrieb ihn zunächst selbst. Zum Zwecke eines Verkaufs
des Betriebs gründete sie unter anderem die heutige Schuldnerin, in welche sie
die Grundstücke des Porzellanbetriebs einbrachte. Ihren Anteil an der Schuld-
nerin übertrug sie zu 94,9% gegen einen Kaufpreis von aufgerundet 1,4 Mio. €
an den Geschäftsführer der heutigen Komplementärin der Schuldnerin. Sie
stundete ihm den Kaufpreis und erhielt dafür mehrere vollstreckbare Grund-
schulden an den Betriebsgrundstücken. Der Porzellanbetrieb selbst wurde im
Ergebnis von einer Betriebsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH über-
nommen, an die Anlagen, Maschinen und fertige Ware verkauft wurden. Über
das Vermögen dieser Betriebsgesellschaft wurde am 20. Januar 2010 das In-
solvenzverfahren eröffnet; der Beteiligte zu 3 wurde zum Insolvenzverwalter
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bestellt. Am 30. April 2010 beantragte die Gläubigerin die Anordnung der
Zwangsverwaltung der Grundstücke der Schuldnerin und schlug vor, den Betei-
ligten zu 4 zum Zwangsverwalter zu bestellen.
Dem Antrag hat das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 12. Mai
2010 entsprochen. Die Erinnerung des Beteiligten zu 3, mit welcher dieser gel-
tend machte, der Zwangsverwalter sei nicht unabhängig und verletze seine
Pflichten, hat es mangels Beschwerdebefugnis zurückgewiesen. Die sofortige
Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde möchte der Beteiligte zu 3 weiterhin die Aufhebung der Be-
stellung des Beteiligten zu 4 zum Zwangsverwalter erreichen.
II.
Das Beschwerdegericht geht von der Beschwerdebefugnis des Beteilig-
ten zu 3 aus, hält die sofortige Beschwerde aber für unbegründet. Die Ent-
scheidung des Vollstreckungsgerichts sei nur auf Ermessensfehler hin zu über-
prüfen. Solche lägen nicht vor. Zwar sei der Beteiligte zu 4 für den Geschäfts-
führer der Komplementärin der Schuldnerin im Rahmen des Insolvenzverfah-
rens über das Vermögen der Betriebsgesellschaft tätig gewesen. Diese Tätig-
keit habe aber nicht über den Beginn der Zwangsverwaltung hinaus angedauert
und kein Bestellungshindernis dargestellt. Die verschiedenen zwischen dem
Beteiligten zu 3 und dem Beteiligten zu 4 als Zwangsverwalter geführten recht-
lichen Auseinandersetzungen beruhten auf unterschiedlichen Bewertungen
dessen, was zur Insolvenzmasse einerseits und zur Zwangsverwaltungsmasse
andererseits gehöre. Sie seien zudem zugunsten des Beteiligten zu 4 ausge-
gangen.
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III.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Die Rechtsmittel des Beteiligten zu 3 sind nicht nur statthaft, sondern
auch sonst zulässig. Der Beteiligte zu 3 ist, wie das Beschwerdegericht zutref-
fend erkannt hat, erinnerungs- und beschwerdebefugt, weil er im Sinne von
§ 146 i.V.m. § 9 Nr. 2 ZVG an dem Zwangsverwaltungsverfahren beteiligt ist.
a) Eine Beteiligung an dem Verfahren nach § 9 Nr. 1 ZVG scheidet aller-
dings aus. Als dinglich Berechtigte sind an dem vorliegenden Zwangsverwal-
tungsverfahren, soweit hier von Interesse, nur die Gläubigerin und die Vollstre-
ckungsschuldnerin beteiligt, nicht aber die von dem Beteiligten zu 3 repräsen-
tierte Insolvenzschuldnerin. Diese mag Kommanditistin der Vollstreckungs-
schuldnerin sein. Dadurch wird sie aber weder selbst an dem zwangsverwalte-
ten Grundstück dinglich berechtigt noch sonst Verfahrensbeteiligte.
b) Der Beteiligte zu 3 ist jedoch nach § 9 Nr. 2 ZVG kraft Anmeldung an
dem Verfahren beteiligt. Das ergibt sich zwar nicht mehr aus dem früheren
Mietverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beteiligten zu 2 als
Vollstreckungsschuldnerin, weil es vor der Anordnung der Zwangsverwaltung
beendet war. Der Beteiligte zu 3 ist aber deshalb im Sinne von § 9 Nr. 2 ZVG
an dem Zwangsverwaltungsverfahren beteiligt, weil er Eigentum an dem
Grundstückszubehör und damit ein Recht angemeldet hat, das der Zwangsver-
waltung teilweise, nämlich hinsichtlich der Nutzung auch des Zubehörs, entge-
gensteht.
aa) Der Beteiligte zu 3 hat zwar die Eigentumsrechte der Insolvenz-
schuldnerin nicht förmlich angemeldet und die Zubehörstücke, die er für die In-
solvenzmasse in Anspruch nimmt, nicht im Einzelnen aufgeführt. Das war aber
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auch nicht erforderlich. Die Anmeldung bedarf keiner besonderen Form (Senat,
Urteil vom 30. Mai 1956 - V ZR 200/54, BGHZ 21, 30, 32 sowie Beschlüsse
vom 5. Oktober 2006 - V ZB 2/06, NJW-RR 2007, 165, 166 Rn. 15 und vom
7. Oktober 2010 - V ZB 37/10, NJW-RR 2011, 233, 234 Rn. 24; Stöber, ZVG,
20. Aufl., § 9 Rn. 4.1; Rellermeyer in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/
Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 9 Rn. 21). Es genügt, wenn der Beteiligte
Rechtsgrund und Rang seines Anspruchs angibt (Senat, Urteil vom 30. Mai
1956 - V ZR 200/54, BGHZ 21, 30, 33). Bei einem Eigentumsprätendenten er-
fordert dies ein Berufen auf sein Eigentum und die Angabe, woran das Eigen-
tum bestehen soll. Dazu müssen die betroffenen Vermögensgegenstände nicht
im Einzelnen angegeben werden. Es genügt, wenn sie so beschrieben werden,
dass dem Vollstreckungsgericht eine Prüfung möglich ist. Eine solche Anmel-
dung von Rechten kann entsprechend § 97 Abs. 2 ZVG auch in der Erinne-
rungsschrift erfolgen. Die Erinnerungsschrift des Beteiligten zu 3 genügt diesen
Anforderungen. Aus ihr ergibt sich, dass er den größten Teil des Grundstücks-
zubehörs für sich beansprucht. Weitere Einzelheiten müssen erst dargelegt
werden, wenn Glaubhaftmachung nach § 9 Nr. 2 ZVG aE verlangt wird (dazu:
Senat, Beschluss vom 6. Juni 2013 - V ZB 7/12, WM 2013, 1359, 1361 Rn. 18),
was hier nicht geschehen ist.
bb) Der Beteiligte zu 3 musste für die Anmeldung seiner Rechte keine
Widerspruchsklage nach § 771 ZPO erheben und auch weder ein Urteil in der
Hauptsache noch eine einstweilige Anordnung nach § 771 Abs. 3, § 769 ZPO
erwirken. Zu solchen Maßnahmen sind Eigentumsprätendenten wie der Betei-
ligte zu 3 zwar nach § 37 Nr. 5 ZVG in der Bestimmung des Versteigerungster-
mins aufzufordern. Sie sind aber nicht schon für die Anmeldung, sondern erst
für die Geltendmachung der Rechte erforderlich. Nach § 55 Abs. 2 ZVG er-
streckt sich die Versteigerung des Grundstücks nämlich auch auf Zubehörstü-
cke, für das Dritte wie der Beteiligte zu 3 Eigentumsrechte angemeldet haben,
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es sei denn, dass sie ihre Rechte nach Maßgabe des § 37 Nr. 5 ZVG geltend
gemacht haben. Nur so kann auch ein Nutzungsverlust in der Zwangsverwal-
tung, um die es hier geht, vermieden werden. Von dieser Geltendmachung ist
die Anmeldung der Rechte zu unterscheiden. Sie genügt zwar nicht, um einen
Rechtsverlust oder eine Rechtsbeeinträchtigung zu verhindern, verschafft dem
Inhaber solcher Rechte aber die Stellung als Verfahrensbeteiligter (Steiner/
Teufel, ZVG, 9. Aufl., § 37 Rn. 81).
2. Das Beschwerdegericht nimmt weiter zutreffend an, dass die Ent-
scheidung des Vollstreckungsgerichts über die Auswahl des Zwangsverwalters
nicht vollständig, sondern nur darauf überprüfbar ist, ob das Vollstreckungsge-
richt sein Auswahlermessen pflichtgemäß ausgeübt hat.
a) Richtig ist zwar, dass das Beschwerdegericht im Beschwerdeverfah-
ren nach § 571 Abs. 2 ZPO neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zu berück-
sichtigen und deshalb eine neue eigene vollständige Sachentscheidung zu tref-
fen hat. Bei der Überprüfung der Auswahl des Zwangsverwalters ist es aber
anders.
b) Gegenstand dieses Verfahrens sind grundsätzlich nur Ermessensfeh-
ler des Vollstreckungsgerichts.
aa) Dass die Überprüfung der Auswahl des Zwangsverwalters durch das
Vollstreckung nur in diesem Umfang durch das Beschwerdegericht zu überprü-
fen ist, ist nicht umstritten (LG Rostock, Rpfleger 2001, 40, 41; Böttcher/Keller,
ZVG, 5. Aufl., § 150 Rn. 6; Engels in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/
Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 150 Rn. 28.1; Löhnig/Bäuerle, ZVG, § 150 Rn. 5;
Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 150 Rn. 3.5) und nach Ansicht des Senats auch zu-
treffend. Diese Rechtsfolge lässt sich aber nicht aus dem Umstand ableiten,
dass mit der gegen die Auswahlentscheidung gegebenen Vollstreckungserinne-
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rung nur Einwendungen gegen die „Art und Weise der Zwangsvollstreckung“
geltend gemacht werden können (so aber offenbar LG Rostock, Rpfleger 2001,
40, 41). Für den Umfang der Prüfung der Auswahlentscheidung kann es nicht
entscheidend darauf ankommen, ob nur die Auswahl oder auch die Entschei-
dung angefochten wird, in deren Rahmen sie erfolgt, nämlich die Anordnung
der Zwangsverwaltung oder die isolierte nachträgliche Bestellung eines
Zwangsverwalters.
bb) Die beschränkte Überprüfung der Auswahlentscheidung des Voll-
streckungsgerichts folgt vielmehr unmittelbar aus § 150 Abs. 1 ZVG. Diese
Norm überträgt die Bestellung des Zwangsverwalters und damit auch dessen
Auswahl dem Vollstreckungsgericht. Die Auswahl des Zwangsverwalters ist
aber keine in jeder Hinsicht gebundene Entscheidung. Sie erfordert vielmehr in
dem gesetzlichen Rahmen eine Wertung. Das Gesetz räumt dem Vollstre-
ckungsgericht mit der Übertragung der Auswahlentscheidung zwangsläufig
auch den für diese Auswahl notwendigen Ermessensspielraum ein. Deswegen
kann die Auswahl nicht vollständig, sondern grundsätzlich nur darauf überprüft
werden, ob das Vollstreckungsgericht die Grenzen seines Ermessensspiel-
raums eingehalten hat.
3. Eine Überschreitung der Grenzen seines Ermessens durch das Voll-
streckungsgericht verneint das Beschwerdegericht zu Recht.
a) Dem Vollstreckungsgericht ist kein Fehler bei der Sachverhaltsaufklä-
rung unterlaufen. Es durfte bei der Anordnung der Zwangsverwaltung von dem
Sachverhalt ausgehen, den ihm die Gläubigerin unterbreitet hatte. Weitere Er-
mittlungen hatte es nur anzustellen, soweit dieser Sachverhalt dazu Anlass gab.
Das war nicht der Fall. Nach den - von dem Beteiligten zu 3 nicht in Abrede ge-
stellten - Angaben der Gläubigerin betreute der Beteiligte zu 4 seinerzeit rund
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70 Zwangsverwaltungsverfahren in dem Raum E. und M. und war mit
den besonderen Gegebenheiten am Porzellanstandort L. vertraut. Er ver-
sprach danach die für seine Auswahl nach § 1 Abs. 2 ZwVwV erforderliche Ge-
schäftserfahrung und erschien auch sonst als Zwangsverwalter der Grundstü-
cke der Besitzgesellschaft eines Porzellanverarbeitungsbetriebs geeignet. Dass
und in welcher Richtung das Vollstreckungsgericht Anlass gehabt hätte, vor der
Bestellung des Zwangsverwalters weitere Sachaufklärung zu betreiben, ist nicht
ersichtlich.
b) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Vollstreckungsgericht in den
von dem Beteiligten zu 3 in seiner Erinnerung aufgezeigten Gesichtspunkten
keinen Grund zu einer Änderung seiner Entscheidung gesehen hat.
aa) Das Vollstreckungsgericht musste diesen Gesichtspunkten allerdings
bei seiner Entscheidung über die Abhilfe nachgehen und prüfen, ob sie Veran-
lassung für eine Änderung seiner Auswahlentscheidung gaben. Das ist hier ge-
schehen. Denn das Vollstreckungsgericht hat sich mit diesen Gesichtspunkten
in seiner Abhilfeentscheidung hilfsweise befasst und einen Anlass für eine ab-
weichende Beurteilung verneint. Diese Entscheidung ist von dem Beschwerde-
gericht zu Recht nicht beanstandet worden.
bb) Unter Berücksichtigung der Angaben des Beteiligten zu 3 stand der
Auswahl des Beteiligten zu 4 als Zwangsverwalter nicht eine fehlende Unab-
hängigkeit entgegen.
Der in Aussicht genommene Zwangsverwalter muss zwar die Gewähr
dafür bieten, seine Aufgabe unabhängig von den Interessen der Verfahrensbe-
teiligten und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend zu erfüllen. Das ist
grundsätzlich ausgeschlossen, wenn sich der vorgesehene Zwangsverwalter in
einer rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zu einem Beteiligten des
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Zwangsverwaltungsverfahrens befindet (Senat, Beschluss vom 14. April 2005
- V ZB 15/05, NJW-RR 2005, 1299, 1300). Ein Beispiel wäre der Zwangsver-
walter, der gleichzeitig Steuerberater des Schuldners ist (LG Bonn, MDR 1964,
768). Eine solche Beziehung bestand hier bei Anordnung der Zwangsverwal-
tung aber nicht mehr. Der Beteiligte zu 4 hatte allerdings vor seiner Bestellung
zum Zwangsverwalter den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der
Schuldnerin in seiner Eigenschaft als damaliger Geschäftsführer der Insolvenz-
schuldnerin in dem Insolvenzverfahren vertreten. Diese Mandate waren indes-
sen vor der Bestellung des Beteiligten zu 4 zum Zwangsverwalter beendet. Sie
betrafen mit dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Betriebsgesell-
schaft thematisch nicht die anstehende Zwangsverwaltung der Grundstücke der
Schuldnerin und hatten auch keine inhaltlichen Auswirkungen hierauf. Der we-
sentliche Streitpunkt bei der Abwicklung der Zwangsverwaltung war schon nach
dem Bericht des Beteiligten zu 4 über die Inbesitznahme der Grundstücke die
Zuordnung des Grundstückszubehörs zur Zwangsverwaltungsmasse einerseits
oder zur Insolvenzmasse andererseits. Darüber können weder der Beteiligte zu
3 als Insolvenzverwalter noch der Beteiligte zu 4 als Zwangsverwalter nach Be-
lieben entscheiden. Entscheidend ist, wem dieses Zubehör nach der gesetzli-
chen Regelung in § 1120 BGB zugeordnet ist, was, wenn Gewissheit hierüber
nicht zu erlangen ist, gerichtlich geklärt werden muss. Sowohl der Beteiligte zu
3 als auch der Beteiligte zu 4 müssten eine Haftung wegen Verletzung ihrer
Amtspflichten befürchten, gäben sie Zubehör ungerechtfertigt frei. Von einer
Verwertung oder Nutzung des Grundstückszubehörs profitieren die Gläubiger
des Zwangsverwaltungsverfahrens oder die Gläubiger im Insolvenzverfahren,
nicht aber der Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin. Deshalb ist
nichts dafür ersichtlich, dass sich die frühere Vertretung des Geschäftsführers
der Vollstreckungsschuldnerin durch den Beteiligten zu 4 im Insolvenzverfahren
auf die Zwangsverwaltung auswirken könnte.
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cc) Aus der Vertretung des Geschäftsführers der Komplementärin der
Vollstreckungsschuldnerin als damaligem Geschäftsführer der Insolvenzschuld-
nerin, dem Streit zwischen den Beteiligten zu 3 und 4 über das Zubehör der
zwangsverwalteten Grundstücke und der fehlenden Ortsansässigkeit des Betei-
ligten zu 4 lassen sich entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 3 keine Anhalts-
punkte für ein kollusives Zusammenwirken der Gläubigerin und der Vollstre-
ckungsschuldnerin zum Nachteil der insolventen Betriebsgesellschaft ableiten.
(1) Der Streit um das Grundstückszubehör beruht auf den durch die
rechtliche Situation vorgegebenen unterschiedlichen rechtlichen Interessen der
Vollstreckungsschuldnerin und der Gläubigerin einerseits sowie der Insolvenz-
schuldnerin andererseits und der gegenläufigen Aufgabenstellung der Beteilig-
ten zu 3 und zu 4. Die Grundschulden der Gläubigerin an den Grundstücken
der Vollstreckungsschuldnerin erstrecken sich nach § 1120, § 1192 Abs. 1 BGB
auf das Grundstückszubehör, das wiederum zum Vermögen der Betriebsgesell-
schaft gehören und einen wesentlichen Teil der Insolvenzmasse ausmachen
kann. Deren Erhalt und Mehrung ist die wesentliche Aufgabe des Beteiligten zu
3 als Insolvenzverwalter, wohingegen der Beteiligte zu 4 die diesem Ziel entge-
genlaufende Aufgabe hat, die Zwangsverwaltungsmasse zu sichern und aus ihr
den größtmöglichen Nutzen für die Gläubiger (und die Schuldnerin) zu erzielen.
An diesem durch die unterschiedlichen Aufgaben vorbestimmten Interessenge-
gensatz änderte sich nichts, wenn das Vollstreckungsgericht statt des Beteilig-
ten zu 4 einen anderen Zwangsverwalter bestellte. Dieser handelte pflichtwidrig,
gäbe er Zubehör, auf das sich die Grundschulden erstrecken, auf Wunsch des
Beteiligten zu 3 frei.
(2) Dass der Beteiligte zu 4 nicht in L. ansässig ist, sondern in E. ,
besagt für ein kollusives Zusammenwirken der Gläubigerin und der Vollstre-
ckungsschuldnerin ebenfalls nichts. Einen hinreichend erfahrenen Zwangsver-
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walter konnte das Vollstreckungsgericht im Zweifel nicht in dem kleinen Ort
L. , in dem die Grundstücke liegen, sondern eher in einer der nächstgele-
genen größeren Städte finden, etwa in E. , wo der Beteiligte zu 4 ansässig
ist, oder in Er. , wo der Beteiligte zu 3 seine Kanzlei hat.
dd) Anlass zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Beteiligten zu 4 ergab
der Vortrag des Beteiligten zu 3 nicht. Er zeigt nur, dass sich der Beteiligte zu 4
mit Erfolg gegen eine aus seiner Sicht sachlich nicht gerechtfertigte Schmäle-
rung der Zwangsverwaltungsmasse durch den Beteiligten zu 3 gewehrt und
damit seine Aufgaben pflichtgemäß wahrgenommen hat.
ee) Zweifel an der Eignung des Beteiligten zu 4 ergaben sich schließlich
auch nicht aus dem Umstand, dass er dem Vollstreckungsgericht nicht mitge-
teilt hat, dass er vor seiner Bestellung zum Zwangsverwalter den Geschäftsfüh-
rer der Komplementärin der Schuldnerin in seiner Eigenschaft als Geschäftsfüh-
rer der Insolvenzschuldnerin vertreten hat. Diesen Vorgang musste er nicht mit-
teilen, weil er nicht die Gefahr einer Interessenkollision begründete. Relevant
war für das Zwangsverwaltungsverfahren nur, dass der Beteiligte zu 3 An-
spruch auf große Teile des Grundstückszubehörs erhob. Dazu hat der Beteiligte
zu 4 in seinem Bericht über die Inbesitznahme ausführlich vorgetragen.
4. Aus den vorgenannten Gründen hatte das Vollstreckungsgericht auch
keine Veranlassung zu aufsichtlichen Maßnahmen oder zu einer Ablösung des
Beteiligten zu 4 von seinem Amt als Zwangsverwalter.
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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Diese Norm ist hier
anwendbar, weil sich die Beteiligten bei dem Streit um die Auswahl des
Zwangsverwalters ähnlich wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegen-
überstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170,
378, 381 f. Rn. 7 f.). Den Gegenstandswert hat der Senat gemäß § 48 Abs. 1
Satz 1 GKG, § 3 ZPO nach dem Interesse des Beteiligten zu 3 an der Aus-
wechslung des Zwangsverwalters geschätzt.
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
AG Rudolstadt, Entscheidung vom 26.05.2011 - L 22/10 -
LG Gera, Entscheidung vom 19.01.2012 - 5 T 313/11 -
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