Urteil des BGH vom 30.01.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 158/10
Verkündet am:
30. Januar 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1603
Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für eine zusätzliche Al-
tersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung sind unterhaltsrechtlich nicht
berücksichtigungsfähig, wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind an-
dernfalls nicht aufgebracht werden kann.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 158/10 - OLG Brandenburg
AG Frankfurt/Oder
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Weber-Monecke, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. November
2010 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
Die am 11. Januar 2006 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklag-
ten. Sie lebt bei ihrer Mutter.
Der Beklagte ist erwerbstätig; er bewohnt seit dem 17. Mai 2010 mit sei-
ner Lebensgefährtin eine gemeinsame Wohnung.
Die Klägerin hat den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Zahlung
von Unterhalt für die Zeit ab November 2009 in Anspruch genommen. Der Be-
klagte ist der Klage entgegengetreten. Er hält sich mit Rücksicht auf die ihm
entstehenden berufsbedingten Aufwendungen sowie wegen seiner Leistungen
für eine zusätzliche Altersversorgung sowie eine Zahnbehandlungskosten be-
treffende zusätzliche Krankenversicherung nicht für leistungsfähig.
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Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von mo-
natlichem Unterhalt in Höhe von 130
€ ab November 2009 verurteilt. Dagegen
hat der Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin
beantragt, das Urteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass der Unterhalt
bis einschließlich September 2010 an das Jobcenter Frankfurt/Oder gezahlt
werde. Das Berufungsgericht hat der Berufung teilweise stattgegeben und den
Beklagten verurteilt, für November und Dezember 2009 monatlich 104
€, für
Januar bis Mai 2010 monatlich 111
€ und ab September 2010 monatlich 130 €,
zahlbar bis einschließlich September 2010 an das Jobcenter und im Übrigen an
die Klägerin, zu zahlen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Be-
klagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-
sentlichen ausgeführt:
Auf Seiten der Klägerin bestehe jedenfalls ein Unterhaltsbedarf in Höhe
des Mindestunterhalts von monatlich 281
€ bis Dezember 2009 und von monat-
lich 317
€ ab Januar 2010. Nach bedarfsdeckender Anrechnung des hälftigen
Kindergeldes verbleibe ein ungedeckter Bedarf von monatlich 199
€ in den Mo-
naten November und Dezember 2009 und von monatlich 225
€ ab Januar 2010.
Der Beklagte sei allerdings nur eingeschränkt leistungsfähig. Ausweislich der
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vorgelegten Lohnbescheinigungen habe er 2009 ein durchschnittliches monatli-
ches Nettoeinkommen von 1.041
€ erzielt. Für 2010 sei von einem durchschnitt-
lichen monatlichen Nettoeinkommen von 1.048
€ auszugehen. Berufsbedingte
Aufwendungen (Fahrtkosten zur Arbeitsstelle) seien mit monatlich 37
€ in Ab-
zug zu bringen. Eine (fiktive) Steuererstattung sei nicht zu berücksichtigen. Eine
solche könne in nennenswertem Umfang nur auf der Berücksichtigung be-
schränkt abzugsfähiger Sonderausgaben/Vorsorgeaufwendungen beruhen. Da
solche unterhaltsrechtlich aber nicht anzuerkennen seien, erscheine es unbillig,
dem Beklagten fiktiv eine ohnehin nur geringfügige Steuererstattung zuzurech-
nen.
Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung seien nicht vom
Einkommen des Beklagten in Abzug zu bringen. Eine - wie hier - bestehende
gesteigerte Unterhaltspflicht erlege Eltern vor allem auf, das Existenzminimum
des Kindes sicherzustellen. Die besonderen Anforderungen, die insoweit an
den Unterhaltsschuldner gestellt würden, beträfen nicht nur die Pflicht zur ge-
steigerten Ausnutzung der Arbeitskraft. Vielmehr ergäben sich hieraus auch
Auswirkungen auf die Frage, welche finanziellen Belastungen des Unterhalts-
schuldners bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien.
Insoweit sei es geboten, der Sicherung des Mindestunterhalts des minderjähri-
gen Kindes Vorrang vor dem Interesse des Unterhaltsschuldners einzuräumen,
zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Soweit der Mindestunterhalt des Kin-
des nicht sichergestellt sei, sei dieses regelmäßig auf ergänzende Sozialleis-
tungen angewiesen. Demgegenüber habe der zeitweise Verzicht auf eine zu-
sätzliche Altersvorsorge nicht zwingend zur Folge, dass der Unterhaltsschuld-
ner seinerseits im Alter sozialleistungsbedürftig werde. Seine Einbuße bestehe
darin, dass er seinen Lebensstandard im Alter nicht unbedingt aufrechterhalten
könne. Im Hinblick darauf sei eine zusätzliche Altersversorgung nicht berück-
sichtigungsfähig, solange der Unterhaltspflichtige nicht in der Lage sei, den
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Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind zu zahlen. Dasselbe gelte hin-
sichtlich der privaten Zusatzkrankenversicherung. Auch insoweit müssten die
Interessen des Unterhaltsschuldners hinter denjenigen des Kindes zurückste-
hen.
Danach errechne sich ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von
1.004
€ (1.041 € abzüglich 37 €) für 2009 und von 1.011 € (1.048 € abzüglich
37
€) ab Januar 2010. Dieses Einkommen sei für den Kindesunterhalt einzuset-
zen, soweit es den notwendigen Selbstbehalt des Beklagten übersteige, der
grundsätzlich 900
€ betrage. Für die Zeit ab 17. Mai 2010 sei allerdings von
einem reduzierten Selbstbehalt auszugehen, da der Beklagte seitdem mit sei-
ner Lebensgefährtin zusammenlebe. Die hierdurch eintretende Haushaltser-
sparnis sei mit 25 % anzusetzen, wobei auf jeden Partner 12,5 % entfielen. Von
einer hinreichenden Leistungsfähigkeit der Lebensgefährtin sei auszugehen.
Unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von zunächst 900
€ und ab Juni
2010 von 788
€ (900 € abzüglich 12,5 %) errechne sich der ausgeurteilte Un-
terhalt. Für die Zeit bis zur mündlichen Verhandlung sei der Unterhalt nach § 33
Abs. 2 SGB II auf das Jobcenter als Leistungsträger übergegangen. Deshalb
sei der rückständige Unterhalt entsprechend dem Klagebegehren bis Septem-
ber 2010 an dieses und der laufende Unterhalt ab Oktober 2010 an die Klägerin
zu zahlen.
II.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor die-
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sem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November
2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
1. Das Berufungsgericht hat den Bedarf der Klägerin zutreffend in Höhe
des Mindestunterhalts (§ 1612 a BGB) mit monatlich 281
€ bis Dezember 2009
und mit monatlich 317
€ ab Januar 2010 angesetzt und hierauf gemäß § 1612 b
Abs. 1 Nr. 1 BGB das hälftige Kindergeld angerechnet. Es verbleibt mithin ein
ungedeckter Bedarf von monatlich 199
€ für November und Dezember 2009
und von monatlich 225
€ ab Januar 2010.
2. Die Ermittlung des Einkommens des Beklagten begegnet ebenfalls
keinen Bedenken und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Dass das
Berufungsgericht von der Zurechnung eines fiktiven Steuererstattungsbetrages
abgesehen hat, ist für den Beklagten günstig, steht mit der Rechtsprechung des
Senats aber auch in Einklang. Danach mindern Aufwendungen des Unterhalts-
pflichtigen, die unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig sind, sein unter-
haltsrelevantes Einkommen nicht, andererseits bleibt auch die aufgrund der
Aufwendungen erzielte Steuerersparnis außer Betracht, weil sie ohne die Auf-
wendungen nicht einträte (Senatsurteile vom 19. Februar 2003 - XII ZR 19/01 -
FamRZ 2003, 741, 743; vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987,
36, 37 und vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - FamRZ 1987, 46, 48). Da
die Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge des Beklagten unterhalts-
rechtlich nicht anzuerkennen sind (s. unter 3), hat demgemäß auch eine darauf
beruhende (hier: fiktive) Steuererstattung außer Ansatz zu bleiben.
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Leistungen des Beklagten für
eine zusätzliche Altersversorgung nicht als abzugsfähig anerkannt.
a) Grundsätzlich bestehen allerdings keine Bedenken, Aufwendungen für
eine zusätzliche Altersversorgung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Denn
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durch die aus dem Erwerbseinkommen abzuführenden Beiträge zur gesetzli-
chen Rentenversicherung kann eine angemessene Altersversorgung nicht mehr
erreicht werden. Der Senat hat deshalb beim Ehegatten- und Kindesunterhalt
grundsätzlich Aufwendungen bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des
Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersversorgung angesehen (Senats-
urteil BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1821).
b) Ob dem Unterhaltspflichtigen allerdings auch dann zuzubilligen ist, zu-
sätzlichen Vorsorgeaufwand zu betreiben, wenn er einem minderjährigen Kind
gesteigert unterhaltspflichtig ist und dessen Mindestunterhalt nicht aufbringen
kann, hat der Senat bisher nicht entschieden. Die Frage ist, wie das Berufungs-
gericht ausgeführt hat, unter Berücksichtigung der besonderen gesetzlichen
Wertungen zu beantworten.
Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksich-
tigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung sei-
nes eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die
sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren min-
derjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren
Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sogenann-
te gesteigerte Unterhaltspflicht). Dies beruht auf ihrer besonderen Verantwor-
tung für den angemessenen, nicht nur den notwendigen Unterhalt ihrer Kinder
(Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis
8. Aufl. § 2 Rn. 366). Für die Eltern besteht deshalb eine besondere Verpflich-
tung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltspflichtige eine
mögliche und ihm zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei
gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtspre-
chung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare
Einkünfte berücksichtigt werden (Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011,
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1041 Rn. 29 und vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 - FamRZ 2009, 314
Rn. 20).
Die besonderen Anforderungen, die an gesteigert unterhaltspflichtige El-
tern gestellt werden, betreffen aber nicht nur die Ausnutzung der Arbeitskraft,
sondern auch einen eventuellen Verzicht, der ihnen im Ausgabenbereich zuzu-
muten ist. Ob eine Verpflichtung unterhaltsrechtlich als abzugsfähig anzuerken-
nen ist, muss deshalb im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung
beurteilt werden. Dabei kommt es insbesondere auf den Zweck der Verbindlich-
keit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhalts-
pflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände an
(Senatsurteile vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798 und
vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 658).
c) Bei der gebotenen Abwägung fällt in erster Linie ins Gewicht, dass es
wesentliche Aufgabe des barunterhaltspflichtigen Elternteils ist, das Existenz-
minimum seines minderjährigen Kindes sicherzustellen. Diesem ist - im Gegen-
satz zu Erwachsenen - wegen seines Alters von vornherein die Möglichkeit
verschlossen, durch eigene Anstrengungen zur Deckung seines notwendigen
Lebensbedarfs
beizutragen
(Senatsurteil
vom
15. November
1995
- XII ZR 231/94 - FamRZ 1996, 345, 346 f. mwN). Demgegenüber kommt der
zusätzlichen Altersversorgung des Unterhaltspflichtigen keine vergleichbare
Dringlichkeit zu. Dass der Beklagte im Alter sein Existenzminimum nicht wird
decken können, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Re-
vision dies angreift. Der 1967 geborene Beklagte hat im Übrigen in der Vergan-
genheit bereits zusätzlich für sein Alter vorgesorgt und kann diese Vorsorge
auch fortsetzen, wenn die gesteigerte Unterhaltspflicht nicht mehr besteht. Da
er eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen hat, begegnet es
grundsätzlich keinen Schwierigkeiten, diese für einige Zeit ruhend zu stellen.
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Gegenteiliges ist jedenfalls nicht festgestellt worden. Bei dieser Sachlage kann
eine zusätzliche Altersversorgung des gesteigert unterhaltspflichtigen Eltern-
teils, der zur Zahlung des Mindestunterhalts für sein minderjähriges Kind nicht
in der Lage ist, nicht anerkannt werden, weil die Interessen des Kindes gewich-
tiger sind als diejenigen des Elternteils (ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 2006,
1685, 1686; Wendl/Klinkhammer aaO § 2 Rn. 383; Botur in Büte/Poppen/
Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1603 Rn. 50; Büttner/Niepmann/Schwamb Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 11. Aufl. Rn. 1029; anders für den
Fall einer vom Arbeitgeber mitfinanzierten betrieblichen Altersversorgung: KG
KGR 2009, 299).
d) Soweit die Revision demgegenüber einen Vorrang der zusätzlichen Al-
tersversorgung geltend macht und ihre Auffassung auf § 851 c ZPO stützt, steht
diese Bestimmung der vorstehenden Würdigung nicht entgegen. Nach § 851 c
Abs. 2 Satz 1 ZPO kann der Schuldner nach seinem Lebensalter gestaffelt jähr-
lich einen bestimmten Betrag auf der Grundlage eines nach § 851 c Abs. 1 ZPO
abgeschlossenen privaten Altersrentenvertrages pfändungsfrei ansammeln. Ein
weitergehender Schutz, der auch das Einkommen des Schuldners erfasst, das
zum Aufbau der privaten Altersversorgung eingesetzt wird, und nicht nur das
angesparte Vermögen, ist der Regelung aber nicht zu entnehmen. Zwar könnte
der Wortlaut des § 851 c Abs. 2 ZPO, nach dem der Schuldner unabhängig von
seinem Lebensalter einen bestimmten Betrag pro Jahr "unpfändbar ansam-
meln" kann, dafür sprechen, dass auch die Einkünfte des Schuldners, die dieser
einsetzt, um eine geschützte Altersvorsorge im Sinne des § 851 c Abs. 1 ZPO
aufzubauen, pfändungsfrei bleiben müssen. Nach der Entstehungsgeschichte
des § 851 c ZPO kommt jedoch eine entsprechende Auslegung der Vorschrift
nicht in Betracht (BGH Beschluss vom 12. Mai 2011 - IX ZB 181/10 - NJW-RR
2011, 1617, 1618 Rn. 7 f. unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/886, S. 7, 10).
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4. Aus den zur zusätzlichen Altersversorgung angestellten Erwägungen
ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, die pri-
vate Krankenzusatzversicherung des Beklagten sei nicht berücksichtigungsfä-
hig. Solange das Existenzminimum der Klägerin nicht gesichert ist, müssen
Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils, die nicht zwin-
gend erforderlich sind, zurückstehen. Dem Beklagten ist insoweit zuzumuten,
sich mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu begnügen.
5. Das Berufungsgericht hat den notwendigen Selbstbehalt des Beklag-
ten für die Zeit ab Juni 2010 herabgesetzt, weil er seit Mai 2010 mit seiner Le-
bensgefährtin eine gemeinsame Wohnung bewohnt. Die Berücksichtigung einer
solchen - durch Synergieeffekte eintretenden - Haushaltsersparnis entspricht
der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 9. Januar 2008
- XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.) und wird auch von der Revision
nicht angegriffen. Der Senat bemisst die Haushaltsersparnis der Höhe nach
allerdings nicht mit 12,5 %, sondern nur mit 10 % (Senatsurteil BGHZ 186, 350
= FamRZ 2010, 1535 Rn. 44 f.). Dieser geringere Betrag wirkt sich auf den
ausgeurteilten Unterhalt indessen nicht aus. Bei einem bereinigten Nettoein-
kommen von 1.011
€ kann der Betrag von 130 € monatlich jedenfalls ohne Be-
einträchtigung des um die Haushaltsersparnis reduzierten Selbstbehalts aufge-
bracht werden.
6. Danach schuldet der Beklagte der Klägerin Unterhalt in der ausgeur-
teilten Höhe; sein notwendiger Selbstbehalt ist jeweils gewahrt. Der Unterhalt ist
bis einschließlich September 2010 entsprechend dem Berufungsantrag der
Klägerin an das Jobcenter zu zahlen, da der Anspruch insoweit nach § 33
Abs. 1 SGB II in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung auf den Sozi-
alleistungsträger übergegangen ist. Die Voraussetzungen des Anspruchsüber-
gangs (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 22/10 - FamRZ
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2012, 956 Rn. 32 ff.) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch
dagegen erinnert die Revision nichts.
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Weber-Monecke
Günter
Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
AG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 10.11.2009 - 5.2 F 28/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 09.11.2010 - 10 UF 173/09 -