Urteil des BGH vom 27.03.2014

BGH: erpressung, zahlungsaufforderung, flucht, versuch, zusage, alkohol, anhörung, rüge, marihuana

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 S t R 1 0 3 / 1 4
vom
27. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerde-
führers und des Generalbundesanwalts am 27. März 2014 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen
großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom
11. November 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter (besonders)
schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet-
zung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dessen auf die Rüge der
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat Erfolg.
Der Schuldspruch hat keinen Bestand.
1. Der Angeklagte erwarb für den Geschädigten auftragsgemäß auf ei-
gene Rechnung sechs Gramm Marihuana für 50 € sowie Alkohol und Zigaret-
ten für 30 €. Die Zusage, dem Angeklagten diese Auslagen zu erstatten, hielt
der Geschädigte nicht ein. Bei einem zufälligen Treffen verlangte der Angeklag-
te die Zahlung. Der Geschädigte erklärte indes, er schulde dem Angeklagten
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nichts. Hierauf zog der Angeklagte ein Messer hervor, wiederholte seine
Zahlungsaufforderung und stach gezielt gegen den Bauch des Geschädigten.
Dieser konnte das Messer abwehren und erlitt deshalb lediglich eine Schnittver-
letzung an der rechten Hand sowie eine oberflächliche Schnittwunde im
Bauchbereich. "Der Angeklagte flüchtete."
2. Dies trägt in zweifacher Hinsicht nicht die Verurteilung des Angeklag-
ten auch wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
(§§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).
a) Schon die nach diesen Vorschriften erforderliche finale Verknüpfung
der verübten Gewalthandlung mit der erstrebten Vermögensverfügung (vgl. zu-
letzt BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 422/12, juris Rn. 8) ist
nicht hinreichend belegt. Der Angeklagte stach unvermittelt zu und flüchtete
danach. Welche Zwangswirkung auf den Geschädigten von dem Einsatz des
Messers ausgehen sollte, lässt das Landgericht offen. Zwar verband der Ange-
klagte das Zustechen mit einer weiteren Zahlungsaufforderung. Allein dies be-
legt aber angesichts der sofortigen Flucht nicht hinreichend, dass der Ange-
klagte den Geschädigten etwa in Angst vor weiteren körperlichen Misshandlun-
gen versetzen und hierdurch zur Zahlung veranlassen wollte.
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b) Von seinem Ansatz her wäre das Landgericht überdies zu einer Aus-
einandersetzung damit gehalten gewesen, ob der fliehende Angeklagte frei-
willig die weitere Ausführung der Tat aufgab und so strafbefreiend vom Versuch
der besonders schweren räuberischen Erpressung zurücktrat (§ 24 Abs. 1 Satz
1 StGB). Was den Angeklagten zur Flucht bewog und welche Vorstellungen er
dabei in Bezug auf die weitere Durchsetzung der von ihm erhobenen Zah-
lungsansprüche hatte, ist nicht festgestellt.
Becker Pfister Hubert
Mayer Gericke
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