Urteil des BGH vom 19.07.2013

BGH: nummer, grundstück, grundbuchamt, umbuchung, hypothek, unrichtigkeit, auswechslung, einweisung, gbv, zwangsvollstreckung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 159/12
vom
19. Juli 2013
in der Grundbuchsache
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2013 durch die
Vorsitzende
Richterin
Dr. Stresemann,
die
Richter
Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 2012 wird
auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
3.000 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind als Miteigentümer je zur ideellen Hälfte
des im Grundbuch von H. Blatt 571 unter der laufenden Nummer 1 des
Bestandsverzeichnisses aufgeführten Flurstücks 42/1 der Flur 6 eingetragen.
Dieses war in ein Flurbereinigungsverfahren einbezogen. Nach dem Flurberei-
nigungsplan erfolgte keine Landabfindung der Beteiligten zu 2 und 3 im Grund-
buchbezirk H. . Die in Abteilung III des Grundbuchs unter der laufenden
Nummer 4 eingetragene Briefgrundschuld über 18.000
€ zugunsten der W.
Bank eG ist zu löschen.
Der Flurbereinigungsplan ist unanfechtbar. Die Beteiligte zu 1 ordnete
seine Ausführung an. Als Zeitpunkt des neuen Rechtszustands setzte sie den
3. August 2010 fest.
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Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 ersuchte die Beteiligte zu 1 das Grund-
buchamt um die Berichtigung des Grundbuchs entsprechend der im Flurberei-
nigungsplan getroffenen Regelungen. Das Grundbuchamt hat im Wege einer
Zwischenverfügung die beantragte Löschung von der Vorlage des Grund-
schuldbriefs für das in Abt. III Nr. 4 eingetragene Recht abhängig gemacht. Der
dagegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat es nicht abgeholfen.
Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der zugelas-
senen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 das Eintragungsersuchen
weiter.
II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1,
§ 42 Satz 1 GBO die Vorlage des Grundschuldbriefs notwendig, da die Lö-
schung in den Spalten 8 - 10 der Abteilung III unter der Nummer der eingetra-
genen Grundschuld zu vermerken sei. Darauf, ob es sich um eine rechtsän-
dernde oder nur berichtigende Eintragung handele, komme es nicht an. Es ge-
nüge, dass sie dazu bestimmt sei, über die dingliche Rechtslage Auskunft zu
geben. Davon sei hier auszugehen, da das betroffene Grundstück nicht mehr
den Belastungsgegenstand bilde. Das Eintragungsersuchen ersetze nicht das
Erfordernis der Briefvorlage.
III.
Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige
(§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Be-
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schwerdegericht die Auffassung des Grundbuchamts bestätigt, dass für die be-
antragte Löschung die Vorlage des Grundschuldbriefs erforderlich ist.
1. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO ist der Grundschuldbrief
vorzulegen, wenn eine Eintragung bei einer Briefgrundschuld erfolgen soll. Ein-
tragungen „bei einer Grundschuld“ sind solche Eintragungen, die in der Abtei-
lung III des Grundbuchs unter der Nummer erfolgen, unter der die Grundschuld
eingetragen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eintragung rechtsbegrün-
dend oder rechtsbezeugend ist, auf Bewilligung, Unrichtigkeitsnachweis oder
Zwangsvollstreckung beruht, auf Antrag, auf Ersuchen oder von Amts wegen
vorzunehmen ist, endgültigen oder vorläufigen Charakter hat, ob der Grund-
schuldgläubiger von der Eintragung betroffen oder begünstigt oder ob sie für ihn
rechtlich neutral ist, und ob die Eintragung auf dem Brief vermerkt wird oder
nicht. Keine Eintragungen im Sinn von § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO
sind dagegen solche, die zwar materiell auf die Grundschuld einwirken, aber
grundbuchmäßig ihre Eintragung in Abteilung III nicht berühren. Dasselbe gilt
für die Verlautbarung von Tatsachen wie die identitätswahrende Namensände-
rung des Berechtigten, die Richtig- und Klarstellung ungenauer Eintragungs-
vermerke, Umstellungen von Grundpfandrechten auf Euro seit dem 31. Dezem-
ber 2001, Vermerke über das Bestehen oder Erlöschen anderer Mithaftstellen,
die nur infolge von Umbuchungen angebracht werden, die Einweisung eines
anderen Rechts in einen bei der Hypothek oder Grundschuld bereits eingetra-
genen vorbehaltenen Rang und die Umbuchung des belasteten Grundbesitzes
auf ein anderes Grundbuchblatt (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 - V ZB
160/12, FGPrax 2013, 98, 99 Rn. 7).
2. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht davon aus, dass das
Eintragungsersuchen der Beteiligten zu 1 gemäß § 79 FlurbG eine nach § 41
Abs. 1 Satz 1, § 42 Satz 1 GBO erforderliche Briefvorlage nicht ersetzt. Auch im
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Grundbuchberichtigungsverfahren aufgrund eines Ersuchens gemäß § 79
FlurbG ist die Flurbereinigungsbehörde zur Vorlage von Hypotheken- und
Grundschuldbriefen verpflichtet, wenn Eintragungen bei den verbrieften Rech-
ten in Abteilung III des Grundbuchs notwendig sind. Erfolgen die berichtigenden
Eintragungen dagegen nur im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs, besteht
keine Pflicht zur Briefvorlage (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 - V ZB
160/12, FGPrax 2013, 98, 99 f. Rn. 11 ff.).
3. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht auch an, dass es sich bei
der für die Erledigung des Löschungsersuchens notwendigen Eintragung um
eine Eintragung bei der Grundschuld im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1, § 42
Satz 1 GBO handelt.
a) In dem Flurbereinigungsverfahren tritt mit dem in der Anordnung der
Ausführung des unanfechtbaren Flurbereinigungsplans durch die Flurbereini-
gungsbehörde genannten Zeitpunkt der neue Rechtszustand entsprechend den
Festlegungen in dem Bereinigungsplan ein (§ 61 Satz 2 FlurbG). Die Rechtsän-
derungen vollziehen sich außerhalb des Grundbuchs. Das Ersuchen der Flurbe-
reinigungsbehörde um Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch
(§ 79 FlurbG) dient somit der Grundbuchberichtigung. Zusammen mit den sons-
tigen Unterlagen (§ 80 FlurbG) ersetzt es den Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1
GBO), Eintragungsbewilligungen (§ 19 GBO), eventuell notwendige Zustim-
mungen Dritter und den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22
Abs. 1 GBO (Senat, Beschluss vom 7. Februar 2013 - V ZB 160/12, FGPrax
2013, 98, 99 Rn. 9).
b) Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1 sind für die Löschung der
Grundschuld nicht lediglich Veränderungen im Bestandsverzeichnis des Grund-
buchs vorzunehmen. Das Eintragungsersuchen der Beteiligten zu 1 ist auf die
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Löschung der in Abteilung III unter der laufenden Nummer 4 eingetragenen
Briefgrundschuld gerichtet. Das belastete Grundstück bildet damit nicht mehr
den Belastungsgegenstand der Grundschuld. Dies ist gemäß § 10 Abs. 7 und 8
GBV in den Spalten 8 - 10 der Abteilung III unter der Nummer der eingetrage-
nen Grundschuld (sowie auf dem Grundschuldbrief, § 62 Abs. 1, § 70 Abs. 1
GBO) zu vermerken. Soweit die Beteiligte zu 1 unter Bezugnahme auf Ent-
scheidungen des Landgerichts Mannheim vom 22. Oktober 2006 (6 T 46/06)
und des Landgerichts Mosbach vom 20. Januar 2006 (1 T 95/05) meint, der
Grundschuldbrief müsse nicht vorgelegt werden, weil gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1
FlurbG die Landabfindung hinsichtlich der Rechte an dem alten Grundstück und
der dieses Grundstück betreffenden Rechtsverhältnisse an die Stelle des alten
Grundstücks trete, verkennt sie, dass es im vorliegenden Fall - anders als in
dem der Senatsentscheidung vom 7. Februar 2013 (V ZB 160/12, FGPrax
2013, 98 ff.) zugrundeliegenden Fall - nicht um eine nur im Bestandsverzeichnis
zu verzeichnende Auswechslung des betroffenen Grundstücks als Haftungsob-
jekt geht. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind für das hier betroffene Grundstück
nicht durch ein Ersatzgrundstück abgefunden worden, an dem sich die Grund-
schuld gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG fortgesetzt hätte.
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IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 1, 84 FamFG. Die Festsetzung des
Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth
Brückner
Vorinstanzen:
AG Korbach, Entscheidung vom 21.03.2012 - HN-571-8 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 16.07.2012 - 20 W 176/12 -
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