Urteil des BGH vom 10.07.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V I I Z R 5 5 / 1 3
Verkündet am:
10. Juli 2014
Anderer,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 633, 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281; HOAI (1996) § 15
a) Der mit der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) beauftragte Architekt hat
den Besteller hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens vollstän-
dig und richtig zu beraten. Verletzt der Architekt diese Pflicht und erklärt sich der
Besteller aus diesem Grund damit einverstanden, dass der Architekt ein anderes
Gebäude als das ursprünglich gewollte plant, ist der Architekt dem Besteller zum
Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB verpflichtet. Der
Schaden besteht in diesem Fall darin, dass der Besteller Aufwendungen für ein
Gebäude tätigt, das er ohne die mangelhafte Planungsleistung des Architekten
nicht hätte errichten lassen.
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b) Ein Mangel der Werkleistung liegt vor, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte
Beschaffenheit aufweist. Dabei ist die Beachtung der allgemein anerkannten Re-
geln der Technik, sofern nicht ein anderer Standard vereinbart worden ist, als
Mindeststandard geschuldet (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. März 2013
- VII ZR 134/12, BauR 2013, 952).
c) Die Kausalität zwischen einem Überwachungsfehler des Architekten, der zu einem
Mangel des Bauwerks geführt hat, und dem Schaden, der dem Besteller in Gestalt
der zur Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen entsteht, ist nach objek-
tiven Kriterien zu beurteilen. Sind die vom Besteller ergriffenen Maßnahmen zur
Beseitigung des Mangels objektiv erforderlich, kommt es nicht darauf an, ob der
Besteller den Mangel vor Ausführung der Mängelbeseitigung erkannt hat.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - VII ZR 55/13 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juli 2014 durch den Richter Dr. Eick, die Richterin Safari Chabestari,
die Richter Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Graßnack
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 31. Januar 2013 im Kos-
tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklag-
ten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem gekün-
digten Architektenvertrag.
Der Kläger ist Innenarchitekt. Mit schriftlichem Architektenvertrag vom
16. Mai 2008 beauftragte der Beklagte den Kläger mit der Planung eines
Wohnhauses mit Garage und Geräteraum, das im Stil eines "Toskanahauses"
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zweigeschossig ausgeführt werden sollte. Der Kläger wurde mit den Leistungs-
phasen 1 bis 8 gemäß HOAI beauftragt. Das Wohnhaus wurde bis zum Dach-
stuhl errichtet. Nachdem es zwischen den Parteien zu Differenzen gekommen
war, kündigte der Beklagte den Architektenvertrag am 8. Dezember 2008 frist-
los mit der Begründung, der Kläger habe verschwiegen, dass er nicht Architekt,
sondern Innenarchitekt sei. Der Beklagte ließ den Rohbau wegen Mängeln im
Mai 2009 vollständig abreißen.
Der Kläger fordert restliches Honorar in H
öhe von 15.125,16 €. Der Be-
klagte macht mit der Widerklage einen Schadensersatzanspruch wegen der ihm
im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Abbruch des Hauses entstan-
denen Kosten
in Höhe von 74.000,03 € geltend. Das Landgericht hat dem Klä-
ger ein Hono
rar für erbrachte Leistungen in Höhe von 10.980,74 € zuerkannt
und im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
den Kläger auf die Berufung des Beklagten zur Zahlung von
3.000 € verurteilt
und im Übrigen dessen Berufung zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen
Klageabweisungsantrag und den mit der Widerklage geltend gemachten Zah-
lungsantrag in dem vom Berufungsgericht zurückgewiesenen Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit dieses
zum Nachteil des Beklagten entschieden hat.
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Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist die Honorarordnung für Archi-
tekten und Ingenieure in der Fassung der 5. Änderungsverordnung (BGBl. 1995
I S. 1174, berichtigt BGBl. 1996 I S. 51) anwendbar.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, ein Schadensersatzanspruch
wegen der im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Rückbau des Ge-
bäudes angefallenen Kosten stehe dem Beklagten nicht zu, weil dieser nicht
habe beweisen können, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen derart
mangelhaft gewesen seien, dass nur noch ein Abriss des Gebäudes in Betracht
gekommen sei. Soweit sich der Beklagte darauf berufe, dass in der Sohlplatte
und im Fundament keine ausreichende Bewehrung enthalten gewesen sei, sei
dies für den Abriss des Gebäudes tatsächlich nicht ursächlich gewesen. Denn
der Beklagte habe diesen Mangel erst nach dem Abriss festgestellt. Nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme stehe ferner nicht fest, dass die Bodenplatte mit
einer unzureichenden Bewehrung ausgeführt worden sei. Darüber hinaus stelle
die Planung des "Toskanahauses", selbst wenn der Vortrag des Beklagten zu-
treffen sollte, dass der Kläger ihn auf Nachfrage nicht über die Möglichkeit einer
eingeschossigen Bauweise informiert und er nur aus diesem Grunde der Errich-
tung eines "Toskanahauses" zugestimmt habe, keine mangelhafte Leistung des
Klägers dar. Eine Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der vertraglich ver-
einbarten Soll-Beschaffenheit liege nicht vor. Soweit der Beklagte behaupte,
dass der Kläger ihn über die Möglichkeit einer eingeschossigen Bauweise ge-
täuscht habe, könne zwar der Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt sein.
Insoweit habe der Beklagte den Architektenvertrag jedoch nicht innerhalb der
gesetzlichen Frist angefochten.
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II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Rechtsfehlerhaft hält das Berufungsgericht das Vorbringen des Be-
klagten für unerheblich, der Kläger habe ihn darüber getäuscht, dass eine ein-
geschossige Bauweise in dem Baugebiet nicht zu verwirklichen gewesen sei
und er sich nur aus diesem Grund mit der vom Kläger vorgeschlagenen zwei-
geschossigen Bauweise einverstanden erklärt habe. Trifft dieses Vorbringen zu,
wovon im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten auszugehen ist, steht
dem Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen der im
Zusammenhang mit der Planung, Errichtung und dem Abriss des Gebäudes
aufgewendeten Kosten gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB zu. Zu einem
solchen Schadensersatzanspruch kann auch eine fehlerhafte Grundlagenermitt-
lung führen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - VII ZR 4/12, BauR 2013, 1472
Rn. 16 = NZBau 2013, 515; Korbion in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI,
8. Aufl., § 33 Rn. 75).
a) Die vom Kläger erbrachte Planungsleistung war mangelhaft. Nach den
getroffenen Feststellungen war der Kläger unter anderem mit der Grundla-
genermittlung beauftragt. Die Grundlagenermittlung schließt eine Beratung zum
gesamten Leistungsbedarf ein (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 HOAI). Dabei sollen die
Probleme, die sich aus der Bauaufgabe, den Planungsanforderungen und den
Zielvorstellungen des Bestellers ergeben, untersucht, analysiert und geklärt
werden. Dazu gehört das Abfragen und Besprechen der Wünsche, Vorstellun-
gen und Forderungen des Bestellers (BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - VII ZR
4/12, aaO Rn. 16; Koeble in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 15 Rn. 15;
Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., Teil 12
Rn. 404; Neuenfeld, NZBau 2000, 405, 406; zu § 33 HOAI 2009 i.V.m.
Anlage 11 siehe Koeble in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 11. Aufl., § 33 Rn. 28 f.).
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Der Architekt hat den Besteller dabei über die Genehmigungsfähigkeit des in
Aussicht genommenen Bauvorhabens vollständig und richtig zu informieren.
Verletzt der Architekt diese Pflicht und erklärt sich der Besteller aus diesem
Grund damit einverstanden, dass der Architekt ein anderes Gebäude als das
ursprünglich gewollte plant, ist der Architekt dem Besteller zum Schadensersatz
gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB verpflichtet. Entgegen der Auffas-
sung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch des Bestellers
nicht mit Hinweis darauf abgelehnt werden, dass das geplante Gebäude dem
im Vertrag vereinbarten entspricht und insoweit eine Abweichung der Ist- von
der Soll-Beschaffenheit nicht vorliegt. Stimmt der Besteller der Planung eines
Gebäudes mit einer bestimmten Bauweise nur deswegen zu, weil er aufgrund
einer falschen Auskunft des Architekten davon ausgeht, das von ihm ursprüng-
lich gewollte Haus sei nicht genehmigungsfähig, ist die Planungsleistung des
Architekten mangelhaft. Der Schaden besteht in diesem Fall darin, dass der
Besteller Aufwendungen für ein Gebäude tätigt, das er ohne die mangelhafte
Grundlagenermittlung des Architekten und die darauf beruhende Planung nicht
hätte errichten lassen. Der Besteller kann als Schadensersatz vom Architekten
diejenigen Kosten erstattet verlangen, die ursächlich auf die mangelhafte Pla-
nungsleistung zurückzuführen sind. Hierzu gehören neben dem an den Archi-
tekten gezahlten Honorar und den aufgewendeten Baukosten auch die Kosten,
die der Besteller zur Beseitigung des von ihm ursprünglich nicht gewollten Ge-
bäudes aufwendet. Ein noch nicht erfüllter Honoraranspruch des Architekten
entfällt.
b) Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbrin-
gen des Beklagten hat dieser ein zweigeschossiges "Toskanahaus" nur deswe-
gen errichten lassen, weil der Kläger ihn auf Nachfrage unzutreffend dahin in-
formiert hatte, dass ein eingeschossiges Haus in dem Baugebiet nicht geneh-
migungsfähig sei. Dem Beklagten steht daher dem Grunde nach ein Schadens-
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ersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB in Höhe der Kosten
zu, die er im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Ausführung des Bau-
vertrags sowie dem Abriss des Gebäudes aufgewendet hat. Der Kläger kann
von dem Beklagten ferner kein Honorar für die von ihm bis zur Kündigung er-
brachten Leistungen beanspruchen, weil diese infolge der mangelhaften Pla-
nungsleistung für den Beklagten ohne Wert gewesen sind. Einer Fristsetzung
zur Beseitigung des Mangels der Architektenleistung bedurfte es nicht, weil sich
der Mangel bereits in der Bauausführung verwirklicht hatte (vgl. BGH, Urteil
vom 8. Juli 2010 - VII ZR 171/08, BauR 2010, 1778 Rn. 11 = NZBau 2010, 768;
Urteil vom 11. Oktober 2007 - VII ZR 65/06, BauR 2007, 2083, 2084 = NZBau
2008, 187 m.w.N.).
c) Unerheblich ist, ob der Beklagte den Architektenvertrag rechtzeitig
wegen arglistiger Täuschung angefochten hat. Es kann dahinstehen, ob eine
Anfechtung des Architektenvertrags hinsichtlich der Beauftragung des Klägers
mit Planungsleistungen zur Genehmigungsplanung eines zweigeschossigen
"Toskanahauses", die auf der fehlerhaften Grundlagenermittlung des Klägers
beruhten, überhaupt rechtlich wirksam hätte erklärt werden können. Denn der
Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen einer mangelhaften Planungs-
leistung des Architekten besteht grundsätzlich neben der Möglichkeit, den Ver-
trag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten. Ein auf eine
mangelhafte Planungsleistung des Architekten gestützter Schadensersatzan-
spruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Getäuschte den Vertrag nicht
innerhalb der Frist des § 124 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung ange-
fochten hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239
Rn. 30; Urteil vom 24. Oktober 1996 - IX ZR 4/96, NJW 1997, 254 m.w.N.).
d) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es auch nicht darauf an, ob
der Beklagte an dem teilweise errichteten Bauwerk noch Interesse hat. Denn
der dem Beklagten entstandene Schaden beruht darauf, dass er aufgrund einer
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vom Kläger zu vertretenden mangelhaften Grundlagenermittlung ein zweige-
schossiges "Toskanahaus" hat errichten lassen. Die im Zusammenhang hiermit
aufgewendeten Kosten stellen einen vom Architekten zu ersetzenden Vermö-
gensschaden des Bestellers dar, ohne dass es darauf ankommt, ob die Bauleis-
tung vollständig oder nur teilweise erbracht worden ist.
2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit zum
Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Es ist insoweit aufzuheben und
die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-
richt zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderlichen
Feststellungen zu treffen.
III.
Falls es danach noch auf die vom Beklagten behaupteten Mängel der
vom Kläger geschuldeten Überwachungsleistungen ankommen sollte, weist der
Senat auf Folgendes hin:
Dem Beklagten kann nach seinem Vorbringen der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch auch wegen vom Kläger zu vertretender Mängel bei
der Überwachung der Bauleistungen gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB
zustehen. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Sohlplatte entgegen
der Planung des Statikers lediglich mit Stahlfaserbeton ausgeführt worden ist
und ob dem Kläger hinsichtlich der Ausführung des Tragwerks die Bauüberwa-
chung übertragen worden war. Davon ist für das Revisionsverfahren zugunsten
des Beklagten daher auszugehen.
Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dann die Annahme des Berufungsge-
richts, eine dem Kläger insoweit zur Last fallende unzureichende Überwachung
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der Bauausführung habe nicht zu einem Mangel des Bauwerks geführt. Soweit
das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachver-
ständigen F. davon ausgehen will, dass eine mit den allgemein anerkannten
Regeln der Technik nicht im Einklang stehende Ausführung der Bodenplatte mit
Stahlfaserbeton nicht stets einen Mangel darstellt, sondern eine solche Bauaus-
führung im Einzelfall als ordnungsgemäß angesehen werden kann, ist dem
nicht zu folgen. Ein Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vertraglich verein-
barte Beschaffenheit aufweist. Es ist anzunehmen, dass die Beachtung der all-
gemein anerkannten Regeln der Technik, sofern nicht ein anderer Standard
vereinbart worden ist, als Mindeststandard geschuldet ist. Entspricht die Werk-
leistung dem nicht, liegt ein Werkmangel vor (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013
- VII ZR 134/12, BauR 2013, 952 Rn. 9 = NZBau 2013, 295; Urteil vom 21. April
2011 - VII ZR 130/10, NZBau 2011, 415 Rn. 11; Urteil vom 14. Mai 1998
- VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16, 19 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat keine
Feststellungen dazu getroffen, dass hinsichtlich der Ausführung des Bauwerks
ein gegenüber dem üblichen Standard geringerer Qualitätsstandard vereinbart
worden ist. Danach ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht haltbar, eine
nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechende Ausfüh-
rung der Sohlplatte stelle keinen Mangel des Gebäudes dar.
Der Mangel ist auch erheblich. Da sich der in einer fehlerhaften Überwa-
chung der Ausführung der Bodenplatte liegende Mangel der Architektenleistung
nach Errichtung des Rohbaus bereits im Bauwerk verkörpert hat und ohne Be-
seitigung des Bauwerks nicht behoben werden kann, steht dem Besteller we-
gen dieses Mangels gegen den Architekten ein Schadensersatzanspruch ge-
mäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB zu, ohne dass es einer Fristsetzung
wegen des Mangels bedarf. Dieser Anspruch ist auf Ersatz der für die Errich-
tung des Gebäudes und für dessen Abriss aufgewendeten Kosten gerichtet. Die
für die Errichtung des Gebäudes angefallenen Kosten sind, wenn das Gebäude
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zur Beseitigung eines Mangels abgebrochen werden muss, als nutzlose Auf-
wendungen erstattungsfähig. Der Beklagte kann zudem die Leistung des Archi-
tekten insgesamt als für ihn unbrauchbar zurückweisen und braucht hierfür kei-
ne Vergütung zu entrichten (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1982 - VII ZR
128/81, BGHZ 83, 181, 186; Urteil vom 9. Dezember 1971 - VII ZR 211/69,
BauR 1972, 185, 187 m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat danach gegebenenfalls Feststellungen dazu zu
treffen, ob die Sohlplatte entgegen der Tragwerksplanung und den allgemein
anerkannten Regeln der Technik lediglich mit Stahlfaserbeton errichtet worden
ist. Es hat, soweit danach von einer mangelhaften Bewehrung der Sohlplatte
auszugehen ist, außerdem zu prüfen, ob dem Kläger hinsichtlich der Ausfüh-
rung des Tragwerks die Bauüberwachung übertragen worden war.
Ist danach anzunehmen, dass der Kläger in Bezug auf eine mangelhafte
Ausführung der Sohlplatte des Gebäudes seine Pflicht zur Bauüberwachung
verletzt hat, kann der Schadensersatzanspruch des Beklagten nicht mit der
Begründung abgelehnt werden, es fehle an der Ursächlichkeit der Mangelhaf-
tigkeit der Sohlplatte für die vom Beklagten aufgewendeten Kosten, weil der
Beklagte diesen Mangel erst nach Abriss des Gebäudes festgestellt habe. Die
Kausalität zwischen einem Überwachungsfehler des Architekten, der zu einem
Mangel des Bauwerks geführt hat, und dem Schaden, der dem Besteller in Ge-
stalt der zur Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen entsteht, ist nach
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objektiven Kriterien zu beurteilen. Sind die vom Besteller ergriffenen Maßnah-
men zur Beseitigung des Mangels objektiv erforderlich, kommt es nicht darauf
an, ob der Besteller den Mangel vor der Ausführung der Mängelbeseitigung er-
kannt hat.
Eick
Safari Chabestari
Kartzke
Jurgeleit
Graßnack
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 06.02.2012 - 2 O 2408/10 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 31.01.2013 - 8 U 31/12 -