Urteil des BGH vom 18.12.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 80/12
Verkündet am:
18. Dezember 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 536 Abs. 1 Satz 1
a) Dass eine dem vertragsgemäßen Zustand der Mietsache entsprechende Hei-
zungs- und Belüftungsanlage hohe Energiekosten verursacht, ist bei der Beurtei-
lung, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, nicht von Bedeutung, wenn die Anlage
dem bei der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen technischen Standard ent-
spricht und fehlerfrei arbeitet.
b) Auch bei einem gewerblichen Mietverhältnis lässt sich aus dem Wirtschaftlich-
keitsgebot ein Anspruch des Mieters auf Modernisierung einer vorhandenen und
den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Heizungsanlage nicht ableiten
(im Anschluss an BGH Urteil vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR 261/06 - NJW 2008,
142).
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2013 - XII ZR 80/12 - KG Berlin
LG Berlin
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammerge-
richts in Berlin vom 21. Mai 2012 wird auf Kosten der Beklagten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten rückständige Miete.
Die Parteien schlossen im Februar 2007 einen Mietvertrag über Gewer-
beräume in einem Gebäude, das schon zu DDR-Zeiten errichtet worden war.
Vor der Übernahme der Mieträume wurde das Gebäude von der Klägerin um-
fassend saniert, wobei die bereits vorhandene Fernwärme-Heizungsanlage und
das vorhandene Belüftungssystem, die nur zentral eingestellt werden können,
unverändert beibehalten wurden.
Die Beklagte minderte die Miete für die Monate Juni 2010 und August bis
November 2010. Sie begründete dies damit, die Heizungs- und Belüftungsanla-
ge sei im Hinblick auf den geringen Publikumsverkehr in ihren Geschäftsräu-
men überdimensioniert und könne zudem nicht individuell und bedarfsgerecht
eingestellt werden. Deshalb könne die Anlage nicht wirtschaftlich betrieben
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werden. Außerdem sei im Rahmen der Sanierungsarbeiten kein ausreichender
Wärmeschutz geschaffen worden.
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung einer von der Be-
klagten hilfsweise erklärten Aufrechnung überwiegend stattgegeben. Die Beru-
fung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte
mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat seine in ZMR 2012, 858 ff. veröffentlichte Ent-
scheidung wie folgt begründet:
Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete für
die Monate Juni und August bis November 2010, weil die Miete nicht gemindert
sei. Die in den Mieträumen vorhandene Heizungs- und Belüftungsanlage sei
nicht mit einem Mangel im Sinne von § 536 BGB behaftet.
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Mangel vorliege, seien
die Vereinbarungen der Parteien und nicht in erster Linie die Einhaltung be-
stimmter technischer Normen. Das Landgericht habe im unstreitigen Tatbe-
stand des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es zwischen den Parteien
hinsichtlich der technischen Gebäudeausstattung keine Vereinbarung gegeben
habe. Fehlten - wie hier - ausdrückliche Parteiabreden zur Beschaffenheit der
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Mietsache, so sei jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen
Normen geschuldet.
Dass die streitgegenständlichen Räume unangemessene Temperaturen
aufwiesen, bzw. zu heiß oder zu kalt seien, werde von der Beklagten nicht
schlüssig vorgetragen.
Die Beklagte beanstande die Unwirtschaftlichkeit der von der Klägerin
eingebauten Heizungs- und Lüftungsanlage, weil diese nicht individuell zu be-
dienen bzw. einzustellen und daher eine bedarfsgerechte Einstellung in den
einzelnen Stockwerken nicht möglich sei und die Anlage lediglich durch einen
Techniker und nicht vom Personal der Beklagten eingestellt werden könne.
Dieser Vortrag der Beklagten sei widersprüchlich. Wenn eine nur zentral durch
einen Techniker zu bedienende Anlage dem Stand der Technik entspreche,
also die maßgeblichen technischen Normen eingehalten würden, weiche dies
nicht zugleich von dem ab, was im Mindestmaß als allgemeiner Standard vo-
rausgesetzt werde, bzw. nach Treu und Glauben von einer Heizungsanlage
erwartet werden könne.
Von einem Mangel könne nur dann ausgegangen werden, wenn eine
solche Anlage überhaupt nicht zu regulieren wäre. Die streitgegenständliche
Heizungs- und Belüftungsanlage sei aber regulierbar. Wenn sie aufgrund ihrer
Komplexität nur durch einen Techniker zu regulieren sein sollte, stelle dies kei-
nen Mangel dar, sofern die Anlage - wie hier - dem Stand der Technik entspre-
che.
Ein Mietmangel ergebe sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beklag-
ten, die von ihr zu tragenden Kosten für die Heizung und der Energieverlust
seien erheblich. Eine verlustreich arbeitende Heizung stelle per se keinen zur
Minderung führenden Mangel der Mietsache dar. Der Kostenaspekt sei für den
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Begriff des Sachmangels irrelevant. Selbst außergewöhnlich hohe Heizkosten
stellten als solche keinen Fehler der Mietsache dar. Nur wenn diese hohen
Heizkosten auf einem Fehler der Heizungsanlage beruhten, könne ein Mangel
der Mietsache vorliegen. Ob ein Fehler der Heizungsanlage vorliege, sei aber
nach dem Stand der Technik zur Zeit des Einbaus der Heizungsanlage zu beur-
teilen. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten entspreche die Heizungs- und
Belüftungsanlage dem damaligen Stand der Technik, so dass von einer Man-
gelhaftigkeit der Heizungs- und Belüftungsanlage nicht ausgegangen werden
könne.
Es könne auch nicht der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düs-
seldorf gefolgt werden, wonach der Vermieter nach Treu und Glauben und der
Verkehrssitte verpflichtet sei, dem Mieter eine wirtschaftlich arbeitende Hei-
zungsanlage bereitzustellen. Der Mieter habe grundsätzlich einen Anspruch auf
eine Heizung, die den vertraglichen Vereinbarungen oder aber, falls eine aus-
drückliche Vereinbarung fehle, dem Stand der Technik entspreche. Da die Hei-
zungs- und Belüftungsanlage vorliegend diesen Anforderungen genüge, liege
ein Mangel nicht vor.
Der von der Beklagten beanstandete mangelnde Wärmeschutz stelle
ebenfalls keinen Mietmangel im Sinne von § 536 BGB dar.
Der Mieter einer Wohnung oder von Gewerberäumen könne nach der
allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten
Räume einen Standard aufweisen, welcher der üblichen Ausstattung vergleich-
barer Wohnungen bzw. Gewerberäume entspreche. Hierbei seien insbesondere
das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes zu berücksichtigen. Bei
einem Altbau könne ein Mieter nicht erwarten, dass die Wärmedämmung des
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Hauses den bei Vertragsschluss geltenden Maßstäben für Neubauten entspre-
che.
Das streitgegenständliche Gebäude sei zu DDR-Zeiten errichtet worden,
so dass die Beklagte ohne eine gesonderte Vereinbarung nicht habe erwarten
können, dass die Wände den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für den
Wärmeschutz geltenden Standard aufweisen. In den Anlagen, die Bestandteil
des Mietvertrages geworden seien, werde geregelt, dass bei den tragenden
Außenwänden keine bauliche Maßnahme erforderlich sei. Die Position "Au-
ßenwandbekleidung außen" unter 1.5 der Anlage 2 enthalte den Vermerk "ggfs
zusätzliche Wärmeschutzmaßnahmen gemäß EnEV-Nachweis". Dieser Ver-
merk könne unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um ein zu
DDR-Zeiten errichtetes Gebäude handele und die Außenwände daher vor dem
Umbau unter keinen Umständen den Wärmeschutz gemäß EnEV-Nachweis
aufweisen konnten, nur die Bedeutung haben, dass ein solcher Wärmeschutz
dann erfolgen werde, wenn er erforderlich sei, um eine Baugenehmigung bzw.
Bauabnahme zu erhalten. Wie dem von der Klägerin zu den Akten gereichten
Energiesparnachweis zu entnehmen sei, erfüllten drei der im Kellergeschoss
befindlichen Außenwände nicht die DIN nach 4108-2:2003-7. Dies sei aber
ausweislich der Ausführungen in der Energiebilanz deshalb nicht maßgebend,
weil davon keine Sozialräume betroffen seien, so dass der mangelnde Wärme-
schutz einer Baugenehmigung bzw. Bauabnahme nicht im Wege gestanden
habe.
Eine Vereinbarung, dass sämtliche Außenwände der zum Zeitpunkt des
Umbaus maßgeblichen DIN-Norm angepasst werden sollten, ergebe sich auch
nicht aus der mit der Überschrift "Baubeschreibung Neubauanforderungen" ver-
sehenen Anlage 3 zum Mietvertrag. Dass nicht sämtliche Gebäudeteile neu
gebaut werden sollten, folge bereits aus der Anlage 1 zum Mietvertrag, in der
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ausdrücklich festgehalten worden sei, welche Bauteile ohne Veränderung bei-
behalten, welche ausgebessert bzw. überarbeitet und welche abgebrochen und
neu gebaut werden sollten. Aus der in der Anlage 3 enthaltenen, mit der Über-
schrift “Wände” versehenen Regelung, wonach die Umfassungswände der
Mieteinheit entsprechend den Anforderungen aus Brandschutz, Wärmeschutz,
Schallschutz und statischen Erfordernissen als Mauerwerk-, Stahlbeton oder
GK-Wände errichtet werden sollten, könne die Beklagte nicht herleiten, dass
auch die tragenden Außenwände an die aktuellen Wärmeschutz-Normen ange-
passt werden sollten. Diese sollten nämlich - wie dargelegt - entsprechend der
in der Anlage 1 enthaltenen Regelung nicht neu errichtet, sondern in ihrem Zu-
stand belassen werden. Die in der Anlage 3 bezüglich der Wände enthaltene
Regelung könne sich folglich nur auf die nichttragenden Außenwände und die
tragenden und nichttragenden Innenwände beziehen, die ausweislich der Anla-
ge 1 teilweise neu errichtet werden sollten.
Soweit die Beklagte vortrage, dass die Höhe der Umbaukosten von 3 Mil-
lionen Euro dafür spreche, dass die Umbaumaßnahmen grundlegender Natur
gewesen seien und das Gebäude auf den Stand eines Neubaus bringen sollten,
sei ihr Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Allein aus der Höhe der Baukos-
ten könne nicht auf einen bestimmten allgemeinen Standard geschlossen wer-
den.
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II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand. Zu Recht
hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines Mangels der Mietsache im Sinne
des § 536 BGB verneint.
1. Ein Mangel der Mietsache ist nur dann anzunehmen, wenn die "Ist-
Beschaffenheit" des Mietobjekts von der "Soll-Beschaffenheit" der Mietsache
abweicht. Es sind allein die Vertragsparteien, die durch die Festlegung des dem
Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs bestimmen, welchen
Soll-Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter
aufweisen muss. Ist keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getrof-
fen, muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft wer-
den, was der Vermieter schuldet bzw. welchen Standard der Mieter aufgrund
des Vertrages vom Vermieter verlangen kann (vgl. Senatsurteile vom 10. Mai
2006 - XII ZR 23/04 - NZM 2006, 582, 583 und vom 7. Juni 2006 - XII ZR
34/04 - NZM 2006, 626, 627). Dabei ist nach der Verkehrsanschauung der bei
der Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (BGH Urteil vom
5. Juni 2013 - VIII ZR 287/12 - NZM 2013, 575 Rn. 15 mwN).
Die Beurteilung, ob eine Abweichung der Mietsache von der vereinbarten
Sollbeschaffenheit den vertragsgemäßen Mietgebrauch mehr als nur unwesent-
lich beeinträchtigt und welche Minderung des Mietzinses ein solcher Mangel
gegebenenfalls rechtfertigt, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisi-
onsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter die Sollbeschaffenheit zutref-
fend beurteilt hat, den Begriff des Mangels nicht verkannt hat und auf entspre-
chende Rüge hin auch, ob seiner Beurteilung verfahrensfehlerfrei getroffene
Feststellungen zugrunde liegen (Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - XII ZR
1/07 - NJW 2009, 664 Rn. 13).
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2. Unter Beachtung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht zu Recht
einen zur Minderung der Miete führenden Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1 BGB verneint.
a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen
des Berufungsgerichts haben die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages kei-
ne ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich der technischen Gebäudeausstat-
tung getroffen. Hiergegen erinnert auch die Revision nichts.
b) Die Parteien haben jedoch in Ziffer 1. 3. des Mietvertrages die als An-
lage 2 bezeichnete Baubeschreibung der Vermieterin vom 14. August 2006 und
die als Anlage 3 bezeichnete Mieterbaubeschreibung vom 22. November 2004
zum Inhalt des Mietvertrages und zur Grundlage für den Umbau und die Aus-
stattung des Mietgegenstands gemacht. Aus beiden Anlagen ergeben sich zwar
keine ausdrücklichen Vereinbarungen über die technische Ausstattung des Mie-
tobjekts. Sie enthalten jedoch Angaben, die im Rahmen der durch Auslegung
zu ermittelnden Soll-Beschaffenheit des Mietobjekts herangezogen werden
können. So ist in Ziffer 2.2 der Anlage 2 (Wärmeversorgungsanlagen) die Wie-
derverwendung der vorhandenen Fernwärmestation und eine Grundbeheizung
über statische Heizflächen in den Randbereichen und in den Büros und Sozial-
räumen vorgesehen. Die weitere Nutzung der vorhandenen Lüftungsanlage mit
einem 6-fachen Luftwechsel ergibt sich aus Ziffer 2.3 der Anlage 2. In der
Mieterbaubeschreibung (Anlage 3) wird hinsichtlich der Heizung nur verlangt,
dass die Zuluft während der Heizperiode bis zu einer Außentemperatur von ca.
18 Grad Celsius zentral erwärmt und im Mietbereich zur Verfügung gestellt
wird. Darüber hinaus sollte vom Vermieter ein separater Anschluss für die Ver-
sorgung der Sozialräume und des Büros gestellt werden, um in diesen Räumen
eine Innentemperatur von bis zu 21 Grad Celsius zu erreichen.
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Durch diese zum Vertragsinhalt gewordenen Angaben in den Anlagen 2
und 3 wird der von der Klägerin geschuldete Standard in Bezug auf die Hei-
zungs- und Belüftungsanlage beschrieben. Dass die vorhandene Anlage diesen
Anforderungen nicht genügt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und
wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Sie räumt selbst ein, dass mit der
installierten Anlage ihre Geschäftsräume ausreichend beheizt und belüftet wer-
den können.
c) Soweit die Revision den zur Minderung der Miete führenden Mangel in
der Unwirtschaftlichkeit des Betriebs der Heizungs- und Belüftungsanlage sieht,
kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass der unwirtschaft-
liche Betrieb einer technisch fehlerfreien Heizungsanlage einen Mangel i.S.v.
§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen könne (OLG Düsseldorf WuM 1984, 54 f.;
MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 536 Rn. 8; Eisenschmid in Schmidt-
Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 536 BGB Rn. 231). Überwiegend wird das Vorlie-
gen eines Mangels jedoch verneint (KG ZMR 2008, 892, 893 und WuM 2005,
774; Staudinger/Emmerich BGB [2011] § 536 Rn. 15; Bamberger/Roth/Ehlert
BGB 3. Aufl. § 536 Rn. 59; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 536
BGB Rn. 34; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraum-
miete 3. Aufl. Kap. III.B Rn. 1305; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete
10. Aufl. § 536 BGB Rn. 8; Langenberg Betriebs- und Heizkostenrecht 6. Aufl.
II. Rn. 53; Sternel Mietrecht aktuell 4. Aufl. Rn. VIII 63). Jedenfalls im vorliegen-
den Fall ist der letztgenannten Auffassung zu folgen.
bb) Die Heizungs- und Belüftungsanlage war zum Zeitpunkt des Ver-
tragsschlusses bereits installiert und sollte im Rahmen der vorzunehmenden
Sanierungsarbeiten an dem Mietobjekt auch nicht verändert werden. Der Be-
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klagten war dieser Umstand bekannt, weil er sich aus der dem Mietvertrag bei-
gefügten Anlage 2 ergibt. Durch den Abschluss des Mietvertrages hat sie diese
technische Ausstattung des Gebäudes als vertragsgemäßen Zustand der Miet-
sache akzeptiert. Feststellungen, dass die Heizungs- und Belüftungsanlage
nicht dem maßgeblichen technischen Standard bei der Errichtung des Gebäu-
des entspricht, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dies wird von der Be-
klagten auch nicht behauptet. Dass die dem vertragsgemäßen Zustand der
Mietsache entsprechende Heizungs- und Belüftungsanlage im Vergleich zu an-
deren Geschäftsräumen der Beklagten hohe Energiekosten verursacht, ist bei
der Beurteilung, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, nicht von Bedeutung,
wenn die Anlage - wie hier - dem bei der Errichtung des Gebäudes maßgebli-
chen technischen Standard entspricht und fehlerfrei arbeitet. Insbesondere lässt
sich in diesem Fall ein Mangel der Mietsache nicht damit begründen, dass bei
einer anders konzipierten und daher wirtschaftlicher arbeitenden Heizungsanla-
ge geringere Kosten anfallen würden (Staudinger/Emmerich BGB [2011] § 536
Rn.15; Bamberger/Roth/Ehlert BGB 3. Aufl. § 536 Rn. 59). Würde der im Ver-
gleich mit einer modernen Heizungsanlage unwirtschaftliche Betrieb der bei
Vertragsschluss vorhandenen Anlage zu einem Mangel führen, wäre der Ver-
mieter gehalten, um seinen Pflichten aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB nachzu-
kommen, die Anlage technisch so zu verändern, dass ein wirtschaftlicher Be-
trieb gewährleistet wird. Dadurch würde jedoch eine vom Gesetz nicht vorgese-
hene Modernisierungspflicht des Vermieters begründet, auf die der Mieter kei-
nen Anspruch hat (vgl. BGH Urteile vom 5. Juni 2013 - VIII ZR 287/12 - NJW
2013, 2417 Rn. 22 und vom 14. September 2011 - VIII ZR 10/11 - NJW-RR
2012, 262 Rn. 10; Staudinger/Emmerich BGB [2011] § 536 Rn. 15; Bamber-
ger/Roth/Ehlert BGB 3. Aufl. § 536 Rn. 59; Blank in Blank/Börstinghaus Miete
3. Aufl. § 536 BGB Rn. 34). Auch das für das Wohnraummietrecht in § 556
Abs. 3 Satz 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot führt zu keiner anderen
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Beurteilung (zum Wirtschaftlichkeitsgebot im Gewerberaummietrecht vgl. Se-
natsurteil vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 11 mwN). Da-
nach kann die Unwirtschaftlichkeit einer technisch fehlerfrei arbeitenden Hei-
zungsanlage zwar bei der Abrechnung der entstandenen Heizkosten von Be-
deutung sein. Ein Anspruch des Mieters auf Modernisierung einer vorhandenen
und den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Heizungsanlage lässt
sich hieraus jedoch nicht ableiten (BGH Urteil vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR
261/06 - NJW 2008, 142 Rn. 18). Dies gilt auch für den Bereich der Gewerbe-
raummiete (Staudinger/Emmerich BGB [2011] § 536 Rn. 15).
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Revision ange-
führten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (WuM 1984, 54). So-
weit dort eine unwirtschaftlich arbeitende Heizungsanlage als Sachmangel i.S.v.
§ 536 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bewertet worden ist, handelt es sich um eine
Einzelfallentscheidung, die auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. Die
Heizungsanlage war im Hinblick auf Größe und Nutzung einer Mietwohnung um
60 % zu groß ausgelegt und verbrauchte daher über 70 % mehr Brennstoff als
eine für die Beheizung der Wohnung ausreichende Anlage. Im Hinblick auf die-
se außergewöhnlich große Überdimensionierung der Heizungsanlage und den
damit verbundenen erheblichen Energiemehrverbrauch hat das Oberlandesge-
richt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte für
diesen konkreten Einzelfall einen Mangel der Mietsache bejaht. Im hier zu ent-
scheidenden Fall hat das Berufungsgericht eine solche Überdimensionierung
der Heizungs- und Belüftungsanlage jedoch gerade nicht festgestellt. Die Revi-
sion macht insoweit auch nur geltend, dass im Hinblick auf den konkret von ihr
ausgeübten Geschäftsbetrieb mit einer nur geringen Anzahl an Kunden die An-
lage kostengünstiger betrieben werden könnte. Dass aufgrund des geringen
Publikumsverkehrs in den Geschäftsräumen der Beklagten bei einer anderen
technischen Gestaltung der Heizungs- und Belüftungsanlage nur geringere
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Energiekosten aufgewendet werden müssten, ändert jedoch nichts daran, dass
die vorhandene Anlage der vertraglichen Beschaffenheit der Mietsache ent-
spricht und daher keinen Mangel der Mietsache begründen kann. Die Beklagte
kann sich daher zur Begründung eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
BGB nicht auf die von ihr behauptete Unwirtschaftlichkeit der Heizungs- und
Belüftungsanlage berufen.
d) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich eine Mangelhaf-
tigkeit der Mietsache auch nicht daraus, dass die Heizungs- und Belüftungsan-
lage nicht individuell zu bedienen bzw. einzustellen ist.
Wie sich aus der dem Mietvertrag beigefügten Anlage 2 ergibt, die Be-
standteil des Vertrages geworden ist (Ziff. 1. 3. des Mietvertrages vom
16. Februar 1997), sollte die bei Vertragsschluss bereits vorhandene Heizungs-
und Belüftungsanlage ohne bauliche Veränderungen weiter verwendet werden.
Die von der Klägerin geschuldete Anlage beschränkt sich dadurch auf den Zu-
stand, den die Anlage zu diesem Zeitpunkt aufwies einschließlich der vorhan-
denen Regelungstechnik. Das Berufungsgericht hat weder festgestellt, dass die
zu diesem Zeitpunkt bestehende Regelungstechnik nicht dem Stand der Tech-
nik für eine Fernwärmeanlage entsprach noch hat die Beklagte hierzu entspre-
chenden Vortrag gehalten. Unter diesen Voraussetzungen kann die Beklagte
nicht damit gehört werden, die Anlage sei mangelhaft, weil sie nicht individuell
regulierbar sei. Die Anlage entspricht dem Zustand, in dem die Beklagte die
Mieträume angemietet hat. Auch hier würde die Annahme eines Mangels dazu
führen, dass der Vermieter die Anlage umbauen lassen müsste, um aus der
Sicht der Beklagten die Mangelfreiheit der Mietsache herzustellen. Dies käme
wiederum einer Modernisierungsmaßnahme gleich, die der Vermieter nicht
schuldet, wenn die Anlage zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes dem
technischen Standard entsprach.
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e) Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass
auch der von der Beklagten beanstandete mangelnde Wärmeschutz an den
Außenwänden des Gebäudes nicht zu einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1
Satz Alt. 1 BGB führt.
aa) Die Revision vertritt hierzu die Auffassung, der Mieter von Wohn-
oder Gewerberäumen könne nach der Verkehrsanschauung erwarten, dass die
von ihm angemieteten Räume einen Standard aufwiesen, welcher der üblichen
Ausstattung vergleichbarer Wohnungen bzw. Gewerberäumen entspräche. Das
Berufungsgericht habe zu Unrecht darauf abgestellt, dass das streitgegenständ-
liche Gebäude zu DDR-Zeiten errichtet worden sei und die Beklagte daher ohne
gesonderte Vereinbarung nicht habe erwarten können, dass die Wände den bei
Vertragsschluss geltenden Standard in Bezug auf Wärmeschutz aufwiesen.
Das Berufungsgericht habe verkannt, dass aufgrund der umfangreichen Sanie-
rung des Gebäudes nicht auf den Standard im Zeitpunkt der Errichtung des
Gebäudes habe abgestellt werden dürfen. Deshalb seien die einschlägigen
DIN-Normen einzuhalten gewesen, was nach dem Vortrag der Beklagten nicht
der Fall gewesen sei.
bb) Damit kann die Revision nicht durchdringen. Es trifft zwar zu, dass
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei einem älteren Ge-
bäude die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags geltenden techni-
schen Standards für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit einer Mietsache maß-
geblich sein können. Dies gilt aber nur, wenn der Vermieter bauliche Verände-
rungen an der Mietsache vornimmt, die einem Neubau oder einer grundlegen-
den Veränderung des Gebäudes gleichkommen (vgl. BGH Urteile vom 5. Juni
2013 - VIII ZR 287/12 - NJW 2013, 2417 Rn. 28; vom 17. Juni 2009 - VIII ZR
131/08 - NJW 2009, 2441 Rn. 11 und vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 355/03 -
NJW 2005, 218, 219 jeweils zum Trittschallschutz in Mietwohnungen). Diese
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Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Bereits aus der Anlage 2 zum Miet-
vertrag, die gemäß Ziffer 1. 3. des Mietvertrags Vertragsbestandteil geworden
ist, ergibt sich, dass bei der anstehenden Sanierung des Gebäudes an den Au-
ßenwänden keine baulichen Maßnahmen vorgenommen werden sollten. Zu-
sätzliche Wärmeschutzmaßnahmen an der Außenwandbekleidung sind in der
Baubeschreibung nur vorgesehen, falls sie für den EnEV-Nachweis erforderlich
sein sollten. Die dem Mietvertrag beigefügte Mieterbaubeschreibung sieht einen
den Anforderungen entsprechenden Wärmeschutz auch nur für neu errichtete
Umfassungswände der Mieteinheit vor. Im Hinblick auf diesen Inhalt des Miet-
vertrages ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte keinen
Wärmeschutz an den Außenwänden beanspruchen kann, der den bei Ab-
schluss des Mietvertrages geltenden DIN-Normen entspricht, revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Dose
Schilling
Günter
Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.09.2011 - 32 O 615/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2012 - 8 U 217/11 -