Urteil des BGH vom 23.09.2015

Unterbringung, Fortdauer, Gewalt, Gefahr

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X I I Z B 2 9 1 / 1 5
vom
23. September 2015
in der Unterbringungssache
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Der Antrag des Betroffenen auf Verfahrenskostenhilfe für die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 2015 wird abgelehnt.
Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Betroffenen hat keine hinrei-
chende Aussicht auf Erfolg (§ 76 Abs. 1 FamFG iVm § 114 Satz 1 ZPO).
Durchgreifende Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Das Beschwerdegericht
hat die Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der Fortdauer seiner
öffentlich-rechtlichen Unterbringung um weitere zwei Jahre zu Recht zurückge-
wiesen und dabei zutreffend das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen
des § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PsychKG NRW angenommen.
Die weitere Unterbringung ist auch in Anbetracht des Umstands, dass
der Betroffene bereits seit dem Jahr 1995 wegen Fremdgefährdung öffentlich-
rechtlich untergebracht ist, verhältnismäßig. Nach den tatrichterlichen Feststel-
lungen geht von dem Betroffenen nach wie vor die akute und damit hochgradi-
ge Gefahr für Leben, Leib sowie sexuelle Selbstbestimmung und mithin höchst-
rangige Rechtsgüter anderer aus. Er hat vor Strafhaft und Unterbringung
schwerste Gewalt- und Sexualdelikte begangen und dabei eine hohe Rückfall-
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frequenz an den Tag gelegt. Diese Taten hatten keinerlei Beziehungsbezug,
sondern trafen willkürlich ausgesuchte, ihm gänzlich fremde Opfer. Der Be-
troffene hat weiterhin Gewaltphantasien sowie sexuell sadistische Phantasien.
Außerhalb des geschlossenen Bereichs würde sich seine - insbesondere sexu-
elle - Gewaltbereitschaft steigern und es wäre jederzeit damit zu rechnen, dass
er Gewalttaten, insbesondere sexuelle Gewalttaten, ausführt. Bei Anlegung des
rechtlichen Maßstabs, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtspre-
chung zur Verhältnismäßigkeit einer lang andauernden Unterbringung oder Si-
cherungsverwahrung entwickelt hat (vgl. etwa BVerfG Beschlüsse vom 26. No-
vember 2014 - 2 BvR 713/12 - juris Rn. 15 ff. und vom 20. November 2014
- 2 BvR 2774/12 - juris Rn. 33 ff. mwN; vgl. auch BVerfG Beschluss vom
14. März 2014 - 2 BvR 2168/13 - juris Rn. 11 f. mwN), ist die Fortdauer der mit
der Unterbringung verbundenen Freiheitsentziehung - auch unter Berücksichti-
gung des aufgrund der Dauer der bereits verstrichenen Unterbringungszeit
ganz erheblichen Gewichts des Freiheitsanspruchs des Betroffenen - im Rah-
men der Verhältnismäßigkeitsprüfung verhältnismäßig. Auch der hier nachhalti-
ge Einfluss des Freiheitsanspruchs führt zu keiner anderen Beurteilung, weil es
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mit Blick auf die Art der von dem Betroffenen drohenden Taten sowie deren
Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die
Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar ist, den Betroffe-
nen in die Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfG Beschluss vom 26. November
2014 - 2 BvR 713/12 - juris Rn. 18 mwN). Angesichts der vom Betroffenen in
Freiheit ausgehenden hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexual-
straftaten bleibt vorliegend die Fortdauer seiner Unterbringung als einzige Ent-
scheidungsalternative.
Dose
Klinkhammer
Günter
Botur
Guhling
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.05.2015 - 98 XIV 2304 L -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.06.2015 - 25 T 393/15 -