Urteil des BGH vom 07.12.2010

Leitsatzentscheidung zu Treu Und Glauben, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Gegenleistung, Bausparvertrag, Agb

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 3/10 Verkündet
am:
7. Dezember 2010
Weber,
Justizamtsinspektorin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 307 Bl
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bausparkasse enthaltene Klausel
"Mit Abschluss des Bausparvertrages wird eine Abschlussgebühr von 1% der
Bausparsumme fällig. Eingehende Zahlungen werden zunächst auf die Ab-
schlussgebühr angerechnet. Die Abschlussgebühr wird nicht - auch nicht an-
teilig - zurückbezahlt oder herabgesetzt, wenn der Bausparvertrag gekündigt,
die Bausparsumme ermäßigt oder das Bauspardarlehen nicht voll in Anspruch
genommen wird."
hält der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr.
Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr.
Ellenberger und
Dr. Matthias
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2009 wird auf sei-
ne Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt nach seiner Satzung
Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4
UKlaG eingetragen. Die beklagte Bausparkasse verwendet gegenüber ihren
Kunden Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge (ABB), die unter ande-
rem folgende Klausel enthalten:
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" § 1 Vertragsschluss/Abschlussgebühr/Wahl der Tarifvariante
[…]
(3) Mit Abschluss des Bausparvertrages wird eine Abschlussgebühr von
1% der Bausparsumme fällig. Eingehende Zahlungen werden zunächst
auf die Abschlussgebühr angerechnet. Die Abschlussgebühr wird nicht
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- auch nicht anteilig - zurückbezahlt oder herabgesetzt, wenn der Bau-
sparvertrag gekündigt, die Bausparsumme ermäßigt oder das Bauspar-
darlehen nicht voll in Anspruch genommen wird."
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Der Kläger ist der Ansicht, diese Klausel sei unwirksam, weil sie einer In-
haltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalte. Mit der Unterlassungsklage
nach § 1 UKlaG begehrt er die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen,
diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Privatkunden zu verwenden
oder sich darauf zu berufen. Zudem verlangt er von der Beklagten die Erstat-
tung der Abmahnkosten in Höhe von 200 € nebst Zinsen.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Be-
rufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren
weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2010, 705 ff. veröffentlicht ist,
hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
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Der erhobene Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG stehe dem Klä-
ger nicht zu, da die angegriffene Klausel nicht nach §§ 307 bis 309 BGB un-
wirksam sei.
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1. Die Klausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle. Dieser sei sie zwar
nicht schon im Hinblick darauf entzogen, dass die BaFin das Tarifwerk der Be-
klagten im Ganzen geprüft und genehmigt habe. Sie enthalte jedoch eine
Preisabrede, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen
sei, und keine kontrollfähige Preisnebenabrede.
Die Abschlussgebühr sei Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegen-
leistungen des Bausparvertrages. Mit ihr übernehme der Bausparer einen in
Bezug auf die vertragliche Hauptleistung der Bausparkasse kalkulierten Teil
seiner vertraglichen Hauptleistung. Sie gelte nicht eine von der Bausparkasse
gesetzlich geschuldete Nebenleistung ab, sondern sei unstreitig in der internen
Kalkulation der Beklagten dazu bestimmt, die Kosten für die Außendienstmitar-
beiter zu decken, die mit der Kundenwerbung anfielen. Diese Kosten seien Teil
der allgemeinen Betriebskosten und somit Gegenstand der Preiskalkulation.
Dies trage letztlich auch der Kläger selbst vor, indem er ausführe, die Beklagte
müsse ansonsten ihr kalkulatorisches Gefüge aus Guthabenzinsen, Zuteilungs-
verfahren und Darlehenszinsen neu ausrichten.
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2. Darüber hinaus halte die Klausel einer Inhaltskontrolle aber auch
stand. Sie sei weder intransparent, noch mit wesentlichen Grundgedanken ei-
ner gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), noch
benachteilige sie die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu
und Glauben unangemessen.
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Die Klausel entspreche dem auch für Preisklauseln geltenden Transpa-
renzgebot. Das Vorbringen des Klägers, dem Kunden werde vom Bausparbera-
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ter nicht offen gelegt, dass mit den Abschlussprämien der Vertrieb am Laufen
gehalten werde, was der Bundesgerichtshof mehrfach beanstandet habe (BGH,
Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07), verkenne den Unterschied der diesem
Urteil zugrunde liegenden Fallkonstellation. Zwischen der Beklagten und ihren
Kunden bestehe kein Rechtsverhältnis, das einem Beratungsvertrag vergleich-
bar sei. Die Beklagte befinde sich auch nicht in einem ähnlichen Interessenkon-
flikt und weise zudem die zu zahlende Abschlussgebühr offen aus. Soweit der
Kläger beanstande, dass Kosten in die Abschlussgebühr ausgelagert würden,
befasse er sich mit einer Fernwirkung der angegriffenen Klausel, welche deren
Transparenz nicht beeinträchtige. Der Umstand, dass die Abschlussgebühr nur
anteilig in den Effektivzins des Bauspardarlehens eingerechnet werde, möge
die Richtigkeit der Angabe dieses Zinssatzes betreffen. Diese greife die Klage
aber nicht an; zumal auch eine falsche Zinsberechnung nicht dazu führe, dass
der Kunde die aus der Klausel erwachsende Zahlungspflicht in Höhe von 1%
der Bausparsumme nicht durchschauen könne.
Auch wenn man die Klausel als Preisnebenabrede qualifiziere, weiche
sie in keiner zur Unwirksamkeit führenden Weise von einer gesetzlichen Be-
stimmung ab.
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Zwar stelle jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen,
die sich nicht auf eine dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrach-
te Leistung beziehe, sondern Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten
oder die Verfolgung eigener Zwecke abwälze, eine Abweichung von Rechtsvor-
schriften dar. Die Beklagte versuche mit der streitgegenständlichen Klausel
auch, Aufwendungen für ihre eigenen Zwecke abzuwälzen, weil sie neue Bau-
sparverträge zur Förderung ihres eigenen Unternehmens abschließe und ihre
Kunden hiervon nur mittelbar profitierten.
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Dieser rein vertragsrechtlichen Betrachtung stehe aber gegenüber, dass
der Gesetzgeber in mehreren Normen - § 6 Abs. 8 Satz 2 PAngV (seit Neufas-
sung mit Gesetz vom 24. Juli 2010 nunmehr § 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV),
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 VVG, § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG, § 1 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 1a,
Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AltZertG - die Abschlussgebühren, namentlich auch im
Bausparwesen, als typische Vertragsgestaltung zumindest vorausgesetzt und
so zu erkennen gegeben habe, dass er sie billige. Die Abschlussgebühr gleich-
wohl auf der vertraglichen Ebene als Abweichung von einem gesetzlichen Leit-
bild anzusehen, wäre mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht
vereinbar.
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Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden durch die angegriffe-
ne Vertragsklausel jenseits der Gesetzesabweichung sei im Hinblick auf das
Gesamtgefüge des Bausparsystems ebenfalls zu verneinen.
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II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis
stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
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Das Berufungsgericht hat zwar gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO
auf die tatsächlichen Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug
genommen, die die Klausel irrtümlich ohne das Wort "nicht" vor der Parenthese
wiedergibt. Es hat seiner Beurteilung aber, wie seinen Ausführungen eindeutig
zu entnehmen ist, die richtige Fassung der Klausel zugrunde gelegt. In Bezug
auf diese Fassung hat es einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß
§ 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG zu Recht verneint, weil die Klausel in
§ 1 Abs. 3 der ABB der Beklagten nicht gemäß § 307 BGB unwirksam ist.
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1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich
bei der beanstandeten Klausel um eine vorformulierte Allgemeine Geschäftsbe-
dingung (§ 305 Abs. 1 BGB) handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
nicht bereits deshalb entzogen ist, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht (BaFin) das gesamte Tarifwerk der Beklagten geprüft und ge-
nehmigt hat. Die Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparver-
trages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben, können die
materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB
beeinflussen. Die Spezialkontrolle der Allgemeinen Bausparbedingungen durch
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß §§ 3, 8, 9 Bauspar-
kassengesetz (BSpkG), die auf die Berücksichtigung dieser Besonderheiten
ausgerichtet ist, rechtfertigt aber keine Einschränkung der Kontrollfähigkeit nach
§ 307 Abs. 3 BGB (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1991 - XI ZR 72/90, WM 1991,
1452, 1454 und vom 5. November 1991 - XI ZR 246/90, WM 1991, 2055
Baums in Festschrift Nobbe, 2009, S. 815, 839 f.; Fuchs in Ulmer/Brandner/
Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Vorb. v. § 307 BGB Rn. 96; Haertlein/Thümmler,
ZIP 2009, 1197, 1201; MünchKommBGB/Kieninger, 5. Aufl., Vorbemerkung
§ 307 Rn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., Überbl. v. § 305 Rn. 19;
Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2006, Vorbem. zu §§ 307-309 Rn. 13).
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Entgegen einer jüngst im Schrifttum vertretenen Ansicht (Edelmann in
Münscher/Grziwotz/Lang/Krepold, Praktikerhandbuch Baufinanzierung, 3. Aufl.,
Rn. 48 f.; Hoeren in Festschrift Graf von Westphalen, 2010, S. 331, 347 ff.;
Stoffels, BKR 2010, 359, 363 f.), auf die sich die Revisionserwiderung stützt,
kann die Kontrollfreiheit der bausparrechtlichen Abschlussgebühr nicht damit
begründet werden, dass die BaFin einen Bauspartarif nur dann genehmige,
wenn dieser eine solche Abschlussgebühr vorsehe, so dass den Bausparkas-
sen insoweit kein Gestaltungsspielraum verbleibe. Zwar ist nach der Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs eine behördlich genehmigte Entgeltklausel
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dann der Inhaltskontrolle entzogen, wenn Aufsicht und Genehmigung die ab-
schließende und verbindliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Vertrags-
beteiligten bezwecken und somit der privatautonome Gestaltungsspielraum des
Verwenders beseitigt ist (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04, WM
2007, 1623 Rn. 15). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Nach den Feststellungen
des Landgerichts, die das Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO in Bezug genommen hat, kann aufgrund der im Verfahren eingeholten
Stellungnahme der BaFin nicht mehr davon ausgegangen werden, dass diese
auch heute noch die Genehmigung eines Bauspartarifs zwingend von der Er-
hebung einer Abschlussgebühr abhängig macht. Vielmehr verzichtet sie in Ab-
weichung von der früheren Praxis darauf, von vornherein feststehende Tarif-
merkmale - wie eine Abschlussgebühr - als Mindestbedingungen einzufordern,
sondern stellt davon unabhängig eine Analyse an, ob sich der Tarif als dauer-
haft tragfähig erweist. Auch sonst ist die Fallkonstellation des Urteils vom
24. Mai 2007 mit der hier vorliegenden nicht vergleichbar. Die dieser Entschei-
dung zugrunde liegende Genehmigung eines Tarifs für die Gewährung eines
Netzzugangs durch die damalige Regulierungsbehörde für Telekommunikation
und Post (jetzt: Bundesnetzagentur) hebt den Gestaltungsspielraum der Ver-
tragsschließenden in der Weise auf, dass die Vereinbarung abweichender Ent-
gelte mit der Maßgabe unwirksam ist, dass an die Stelle des vereinbarten das
genehmigte Entgelt tritt (BGH aaO). Eine solche Reichweite hat die Genehmi-
gung eines Bauspartarifs seitens der BaFin nicht.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass die
Regelung des § 1 Abs. 3 der ABB der Beklagten nicht wegen Verstoßes gegen
das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, das unab-
hängig davon Anwendung findet, ob die Klausel auch in sonstiger Hinsicht einer
Inhaltskontrolle zugänglich ist (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB).
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a) Danach ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehal-
ten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durch-
schaubar darzustellen und dabei auch die wirtschaftlichen Nachteile einer Re-
gelung für die Gegenseite so deutlich zu machen, wie dies nach den Umstän-
den gefordert werden kann (BGH, Urteile vom 28. Januar 2003 - XI ZR 156/02,
BGHZ 153, 344, 352, vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210,
213 f. und vom 15. April 2010 - Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237 Rn. 25). Diesen
Anforderungen genügt die Klausel. Wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht,
werden sowohl die Zahlungspflicht des Kunden als auch die Verrechnungswei-
se eingehender Zahlungen unmissverständlich dargestellt. Ferner wird dem
Kunden klar vor Augen geführt, dass im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung
keine (anteilige) Erstattung erfolgt.
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b) Weitergehende Informationen können nicht verlangt werden. Anders
als die Revision meint, ist eine Bausparkasse aus Gründen der Transparenz
nicht verpflichtet, offen zu legen, dass sie mit der Abschlussgebühr intern die
Kosten des Vertriebs deckt (Frey/Schindele, ZfIR 2010, 176, 177; Krepold, BKR
2010, 108, 109).
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Der Regelungsgehalt der Klausel (Höhe des Entgelts, Verrechnungswei-
se, Ausschluss einer Rückerstattung) ist auch ohne diese Information aus sich
heraus klar verständlich. Das Transparenzgebot führt nicht dazu, dass der
Klauselverwender interne Kalkulationsgrundlagen offenbaren muss. Wer über
seine Zahlungspflicht hinreichend deutlich informiert wird, braucht nicht auch
darüber aufgeklärt zu werden, welche Tätigkeiten und Aufwendungen die Ge-
genseite der Bemessung ihrer Forderung zugrunde gelegt hat. Auch über die
rechtliche Einordnung seiner Zahlungspflichten muss der Kunde, dem die Vor-
aussetzungen und die Höhe der Zahlungspflicht verdeutlicht wurden, nicht un-
terrichtet werden (BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - XI ZR 156/02, BGHZ 153,
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344, 352 f.). Soweit die Revision meint, damit könne der Kunde nicht erkennen,
dass die Beklagte für die vereinnahmte Abschlussgebühr keine vertraglich ge-
schuldete Gegenleistung erbringe, vermag dies die Intransparenz der Klausel
nicht zu begründen. Die kundenbelastenden Folgen der Entgeltregelung wer-
den dadurch nicht verschleiert. Diese Frage ist vielmehr erst im Rahmen der
Prüfung der inhaltlichen Kontrollfähigkeit (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) der Rege-
lung von Bedeutung.
Zu Unrecht leitet die Revision eine entsprechende Offenlegungspflicht
aus der Rechtsprechung des Senats zur Aufklärungspflicht von beratenden
Banken über erhaltene Rückvergütungen beim Vertrieb von Fondsbeteiligungen
(Urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 ff., vom
12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 18 und vom 27. Oktober
2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31; Beschluss vom 20. Januar 2009
- XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f.) ab. Wie das Berufungsgericht zutref-
fend ausgeführt hat, ist die Sach- und Interessenlage der diesen Entscheidun-
gen zugrunde liegenden Fallkonstellation mit der vorliegenden nicht vergleich-
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c) Ohne Erfolg macht die Revision des Weiteren geltend, die Regelung
sei deshalb intransparent, weil die Aufspaltung des Gesamtentgelts in eine Ab-
schlussgebühr und Darlehenszinsen es dem Kunden unmöglich mache, die zu
erwartenden Gesamtkosten einer Bausparfinanzierung zu ermitteln, was die
Vergleichbarkeit mit anderen Spar- und Finanzierungsmodellen verhindere. Un-
abhängig davon, ob die Vergleichbarkeit durch die - alternativ mögliche - Ein-
rechnung der Kosten in die Spar- und Darlehenszinsen verbessert würde, kann
dies keinen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB begründen. Das Transpa-
renzgebot hat, wie die erstinstanzliche Entscheidung (LG Heilbronn, WM 2009,
603, 607) zutreffend ausgeführt hat, nur zum Ziel, dem Kunden des Verwenders
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die Pflichten und wirtschaftlichen Nachteile der entsprechenden Regelung zu
verdeutlichen, bezweckt darüber hinaus jedoch nicht, eine höhere Markttrans-
parenz im Sinne der besseren wirtschaftlichen Vergleichbarkeit zu anderen Fi-
nanzierungsmodellen herzustellen (OLG Hamm, WM 2010, 702, 704; Haertlein/
Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1203; Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 1.10).
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3. Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Revision jedoch die Annahme
des Berufungsgerichts, bei der angegriffenen Klausel handele es sich um eine
Preisabrede, die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen
sei. Unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB ist davon
auszugehen, dass die Bausparer mit der Abschlussgebühr keine vertraglich
geschuldete Gegenleistung der Beklagten abgelten, so dass die Regelung einer
Inhaltskontrolle unterworfen ist.
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. § 307 Abs. 3
Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB auf sol-
che Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese
ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen nach der Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs weder Klauseln, die unmittelbar den Preis
der vertraglichen Hauptleistung regeln, noch solche, die das Entgelt für eine
rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen
(BGH, Urteile vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 30, vom
18. Mai 1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 382 f., vom 30. November 2004
- XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 190 f., vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08,
BGHZ 180, 257 Rn. 16 mwN). Hat die Regelung hingegen kein Entgelt für eine
Leistung, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird,
zum Gegenstand, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allge-
meine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätig-
keiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so ist sie kontrollfä-
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hig (BGH, Urteile vom 30. November 1993 - XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254, 260,
vom 15. Juli 1997 - XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261, 264 und 266, vom
14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 31, vom 18. Mai 1999
- XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 382 f. und 388 f., vom 30. November 2004
- XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 190 f., vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08,
BGHZ 180, 257 Rn. 16 und vom 17. September 2009 - Xa ZR 40/08, WM 2009,
2398 Rn. 15 mwN). Solche (Preis-)Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3
Satz 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen.
Entgegen einer von der Revisionserwiderung angeführten Literaturan-
sicht (Bitter, ZIP 2008, 2155, 2158; Frey, ZfIR 2009, 424, 425; Frey/Schindele,
ZfIR 2010, 176, 177; Habersack, WM 2008, 1857, 1860; Pieroth/Hartmann, WM
2009, 677, 681 f.; Stoffels, BKR 2010, 359, 365; ähnlich Hoeren, EWiR 2009,
261, 262) ist eine Entgeltklausel hingegen nicht bereits deshalb kontrollfrei, weil
dem Kunden das Entgelt bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinrei-
chend klar vor Augen geführt wird, so dass davon ausgegangen werden kann,
dass er es bei seiner Abschlussentscheidung berücksichtigt hat. Lässt eine
Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den Kunden hinrei-
chend deutlich erkennen, so wahrt sie damit - wie oben (unter II. 2. a) darge-
legt - zwar die Anforderungen des Transparenzgebotes gemäß § 307 Abs. 1
Satz 2 BGB (BGH, Urteile vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137,
143 und vom 9. Mai 2001 - IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 f.). Dies allein
lässt jedoch weder die Möglichkeit noch das Bedürfnis, die Klausel darüber hin-
aus einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
zu unterziehen, entfallen. Dieses Bedürfnis besteht allein deshalb, weil der
Kunde - auch wenn er eine Klausel zur Kenntnis genommen hat - bei Allgemei-
nen Geschäftsbedingungen auf die inhaltliche Ausgestaltung der Regelungen
keinen Einfluss nehmen kann.
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b) Nach diesen Maßstäben hält die Annahme des Berufungsgerichts, bei
der Abschlussgebühr handele es sich deshalb um eine kontrollfreie Preisabre-
de, weil sie in der internen Kalkulation der Beklagten dazu bestimmt sei, die
Kosten der Außendienstmitarbeiter zu decken, die als allgemeine Betriebskos-
ten Gegenstand der Preiskalkulation seien, revisionsrechtlicher Prüfung nicht
stand. Allein der Umstand, dass die Beklagte ohne Vereinnahmung der Ab-
schlussgebühr das kalkulatorische Gefüge aus Guthabenzinsen, Zuteilungsver-
fahren und Darlehenszinsen neu ausrichten müsste, kann, wie die Revision zu
Recht vorbringt, die Kontrollfreiheit einer Entgeltklausel nicht begründen. Dies
macht die Abschlussgebühr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
noch nicht zu einem Teil des Gefüges aus Leistungen und Gegenleistungen
des Bausparvertrages (so auch Bülow, WuB IV C. § 307 BGB 3.10). Entschei-
dend hierfür ist allein, ob es sich bei der vereinnahmten Abschlussgebühr um
die Festlegung des Preises für eine von der Beklagten angebotene vertragliche
Leistung handelt. Hierzu hat das Berufungsgericht indes keine Feststellungen
getroffen.
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c) Ob die angegriffene Entgeltklausel eine solche Preisabrede beinhaltet,
ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat wegen der offensichtlichen Ver-
wendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus selbst
vornehmen kann (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163,
321, 323 f., vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 20 und vom
29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, WM 2010, 1451 Rn. 28, zur Veröffentlichung in
BGHZ vorgesehen). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objek-
tiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständi-
gen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regel-
mäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnis-
möglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind
(st. Rspr., siehe nur Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244
29
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Rn. 19, vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 11 und vom
28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 21). Zweifel bei der Ausle-
gung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Be-
tracht bleiben dabei nur solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch
denkbar, praktisch aber fern liegend und nicht ernstlich in Betracht zu ziehen
sind (BGH, Urteile vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01, BGHZ 152, 262, 265
und vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 11 mwN).
aa) Die Auslegung der Regelung zur Abschlussgebühr führt zu keinem
eindeutigen Ergebnis.
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(1) Gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BSpkG erwirbt der Bausparer nach
Leistung seiner Spareinlagen in das zweckgebundene Vermögen einen
Rechtsanspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens
aus dieser Zuteilungsmasse. Entsprechend diesem Vertragsinhalt kann die
Klausel - wie die Revisionserwiderung im Anschluss an eine in der instanzge-
richtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Ansicht (OLG Hamm,
WM 2010, 702, 703; LG Hamburg, WM 2009, 1315, 1316 f.; Batereau, WuB IV
C. § 307 BGB 3.09; Edelmann in Münscher/Grziwotz/Lang/Krepold, Praktiker-
handbuch Baufinanzierung, 3. Aufl., Rn. 52; Frey, ZfIR 2009, 424, 425; Bülow,
WuB IV C. § 307 BGB 3.10; Frey/Schindele, ZfIR 2010, 176, 178; Haertlein/
Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1199, 1202 und EWiR 2010, 71, 72; Krepold, BKR
2010, 108, 110; Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 1.10; Stoffels, BKR 2010, 359,
365; Wallner, BB 2009, 1152, 1153) meint - so verstanden werden, dass der
Bausparer die Abschlussgebühr als "Eintrittgebühr" für seine Aufnahme in die
"Bausparergemeinschaft" zahlt, mit der er bereits die Option erwirbt, später ein
Darlehen ohne Rücksicht auf die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt zu einem
schon bei Abschluss des Bausparvertrages festgelegten, besonders günstigen
Zinssatz zu erhalten. Dass für die Inanspruchnahme des Darlehens Zinsen zu
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entrichten sind, macht es nicht unmöglich, in der Abschlussgebühr ein zusätzli-
ches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung zu sehen (Nobbe, WuB IV C. § 307
BGB 1.10). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass
der Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges
grundsätzlich frei ist, also das Entgelt für seine Leistung auch in mehrere Preis-
bestandteile aufteilen kann (BGH, Urteile vom 19.
November 1991
- X ZR 63/90, BGHZ 116, 117, 120 f., vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96,
BGHZ 137, 27, 30 und vom 8. Oktober 1998 - III ZR 278/97, WM 1998, 2432,
2434).
Anders als die Revision meint, verbietet sich ein solches Verständnis
nicht deshalb, weil die Abschlussgebühr unabhängig davon anfällt, ob der Bau-
sparer im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses die Zuteilungsvorausset-
zungen des Bauspardarlehens überhaupt erfüllt. Nach dieser - möglichen - Aus-
legung zahlt der Bausparer die Abschlussgebühr nämlich dafür, dass die Be-
klagte sich bereits mit dem Vertragsabschluss endgültig gebunden hat, ihm
- wenn auch im Hinblick auf einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmten
Zuteilungstermin (vgl. § 4 Abs. 5 BSpkG) - ein Bauspardarlehen zu feststehen-
den Konditionen auszuzahlen. Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der
rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag bereits mit
dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen wird (Mülbert/Schmitz
in FS Horn (2006), S. 777, 778 f.; MünchKommBGB/K. P. Berger, 5. Aufl., Vor
§ 488 Rn. 28; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkas-
senverordnung, 5. Aufl., § 1 Anm. 13), oder ob man annimmt, dass der Bau-
sparvertrag im Sinne eines Vorvertrages nur einen Anspruch auf Abschluss ei-
nes späteren Darlehensvertrages begründet (Haertlein/Thümmler, ZIP 2009,
1197, 1198 f.; Pfeiffer in Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-
Klauselwerke, Allgemeine Bausparbedingungen (Stand: April 2001) Rn. 10), hat
die Beklagte ihren Kunden jedenfalls bereits bei Abschluss des Bausparvertra-
32
- 16 -
ges eine entsprechende Anwartschaft verschafft. Damit hat sie ihre vertraglich
geschuldete Leistung, die nach diesem Klauselverständnis mit der Abschluss-
gebühr abgegolten werden soll, unabhängig davon erbracht, ob der Bauspar-
kunde von dieser Option im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses
Gebrauch macht.
33
Diese Auslegung des § 1 Abs. 3 der ABB der Beklagten ist jedoch nicht
zwingend. Auch wenn dem Bausparkunden mit der Einräumung der Darlehens-
option bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Leistung erbracht
wird, fehlen weitere Anhaltspunkte dafür, dass gerade diese Leistung mit der
Abschlussgebühr gesondert abgegolten werden soll. In der - wenig aussage-
kräftigen - Bezeichnung als "Abschlussgebühr" kommt dies jedenfalls nicht zum
Ausdruck.
(2) Ebenso vertretbar ist die Auslegung der Revision, nach der die Ab-
schlussgebühr nicht zur Abgeltung einer konkreten vertraglichen Gegenleistung
der Beklagten erhoben wird (so auch noch Nobbe, WM 2008, 185, 193, anders
nunmehr in WuB IV C. § 307 BGB 1.10; in dieser Richtung auch BFH, BStBl II
1998, 381 f.; Meyer/Brach, BB 1996, 2345, 2349 f.). Nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts deckt die Beklagte mit der Abschlussgebühr die Kosten
der Außendienstmitarbeiter, die mit der Kundenwerbung anfallen. Die kontinu-
ierliche Werbung von Neukunden stellt indes keine Gegenleistung der Beklag-
ten dar, die diese auf rechtsgeschäftlicher Grundlage an den beitretenden Bau-
sparer zu erbringen hätte (aA OLG Hamm, WM 2010, 702, 703; LG Hamburg
WM 2009, 1315, 1317; Frey, ZfIR 2009, 424, 425; Frey/Schindele, ZfIR 2010,
176, 178). Richtig ist zwar, dass ein stetiges Neukundengeschäft auch im Inte-
resse des Bausparers liegt, da das Bauspardarlehen nur aus den Mitteln zuge-
teilt werden kann, die durch die Spar- und Tilgungsleistungen der anderen Bau-
sparer erwirtschaftet werden, so dass sich die Wartezeit bis zur Zuteilung des
34
- 17 -
Darlehens bei entsprechend hohem Mittelzufluss durch Anwerbung neuer Bau-
sparer verkürzt (Batereau, WuB IV C. § 307 BGB 3.09; Baums in Festschrift
Nobbe, 2009, S. 815, 834 f.; Haertlein/Thümmler, ZIP 2009, 1197, 1199;
Krepold, BKR 2010, 108, 110; Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz
und Bausparkassenverordnung, 5. Aufl., Einleitung IV.). Diese Abhängigkeit
macht aus der Neukundenwerbung jedoch keine vertragliche Leistung der
Bausparkasse gegenüber ihren einzelnen Kunden, auf deren Erbringung diese
dann folgerichtig auch einen rechtlichen Anspruch hätten. Eine entsprechende
vertragliche Einigung lässt sich dem Bausparvertrag nicht entnehmen. Auch
wenn der kontinuierliche Abschluss neuer Bausparverträge in diesem Sinne
"Geschäftsgrundlage" des kollektiven Bausparmodells ist, ist er damit noch
nicht in den vertraglichen Leistungsaustausch einbezogen (Lentz, BKR 2009,
214 und BB 2010, 598, 599).
bb) Bei einer solchen Sachlage ist zugunsten des Bausparkunden die zu-
letzt genannte Auslegung des § 1 Abs. 3 der ABB, nach der die Gebühr ohne
eine vertragliche Gegenleistung der Beklagten deren Vertriebskosten abgelten
soll, maßgeblich. Sind zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, so
kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung (BGH,
Urteile vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 19, vom 5. Mai
2010 - III ZR 209/09, WM 2010, 1161 Rn. 14, zur Veröffentlichung in BGHZ vor-
gesehen, und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, WM 2010, 1451 Rn. 31, zur
Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Danach gehen die Zweifel, ob mit der
Abschlussgebühr die mit dem Eintritt in die Bauspargemeinschaft verschaffte
Darlehensoption abgegolten werden soll, zu Lasten der Beklagten als Verwen-
derin der Klausel. Für die Kunden ist ein Verständnis günstiger, dass die Klau-
sel nicht als kontrollfreie Preisabrede erscheinen lässt, sondern den Weg zu
einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB eröffnet.
35
- 18 -
4. Die angegriffene Klausel hält - wie das Berufungsgericht zu Recht an-
genommen hat - mit dem Verständnis als Preisnebenabrede einer Inhaltskon-
trolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB allerdings stand. Dies entspricht auch der
fast einhelligen Ansicht in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im
Schrifttum (OLG Hamm, WM 2010, 702, 704 f.; LG Hamburg, WM 2009, 1315,
1317; Edelmann in Münscher/Grziwotz/Lang/Krepold, Praktikerhandbuch Baufi-
nanzierung, 3. Aufl., Rn. 55 f.; Frey, ZfIR 2009, 424, 425; Frey/Schindele, ZfIR
2010, 176, 178; Habersack, WM 2008, 1857, 1861 f.; Haertlein/Thümmler, ZIP
2009, 1197, 1203; Hoeren in FS Graf von Westphalen, 2010, S. 331, 350 f.;
Krepold, BKR 2010, 108, 110 f.; Lentz, BKR 2009, 214; aA wohl Strube, ZIP
2008, 2153 ff.). Die von der Revision dagegen erhobenen Einwände greifen
nicht durch.
36
a) Die Klausel ist nicht mit wesentlichen gesetzlichen Grundprinzipien
unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
37
aa) Zweifelhaft ist allerdings, ob sich dies - wie das Berufungsgericht
gemeint hat - bereits daraus ergibt, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber in
verschiedenen Vorschriften zu erkennen gegeben habe, dass er eine Regelung
der Abschlussgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie die ange-
griffene Klausel beinhalte, als typische Vertragsgestaltung voraussetze und
damit auch sachlich billige.
38
Keine der angeführten Vorschriften - § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG, § 6 Abs. 7
Satz 2 Preisangabenverordnung (PAngV), § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, Abs. 1a,
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz
(AltZertG), § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG - regelt das Recht zu einer Entgelterhe-
bung. Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG spricht nur allgemein von "Ge-
bühren" und § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG bezieht sich nicht auf Bausparverträ-
39
- 19 -
ge, sondern regelt Informationspflichten über Abschluss- und Vertriebskosten
bei Lebensversicherungen. Die Vorschrift des § 6 Abs. 7 Satz 2 PAngV, nach
der die Abschlussgebühren anteilig bei der Berechnung des effektiven Jahres-
zinses zu berücksichtigen sind, regelt - wie die Revision mit Recht geltend
macht - als formelles Preisrecht gerade nicht die Zulässigkeit von bestimmten
Preisen, sondern allein die Art und Weise der Preisangabe im Verkehr (Köhler
in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., PAngV Vorbemerkungen Rn. 1). In den
effektiven Jahreszins sind diese Kosten schon deshalb einzubeziehen, weil sie
- ob berechtigt oder unberechtigt - vom Kunden tatsächlich verlangt werden
(Bülow, WuB IV C. § 307 BGB 3.10). Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1
Nr. 8, Abs. 1a, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AltZertG, die sich damit befasst
unter welchen Voraussetzungen Bauspartarife als staatlich geförderte Alters-
vorsorge zertifiziert werden können, sieht hierfür - anders als § 1 Abs. 3 der
ABB der Beklagten - grundsätzlich eine Verteilung der Abschlusskosten über
die ersten fünf Vertragsjahre vor.
Auch aus der von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang
angeführten Vorschrift des § 46 Satz 2 Nr. 3 Prüfungsberichtsverordnung
(PrüfbV) kann nicht ohne weiteres eine inhaltliche Billigung abgeleitet werden.
Der Umstand, dass in einem Prüfbericht, der die geschäftliche Entwicklung ei-
ner Bausparkasse darstellen soll, bezogen auf das Neukundengeschäft die Ver-
träge anzugeben sind, die bereits vor vollständiger Zahlung der Abschlussge-
bühr wieder storniert wurden, erklärt sich ebenfalls allein aus der wirtschaftli-
chen Bedeutung des Sachverhalts, die unabhängig davon gegeben ist, ob die
Abschlussgebühr zu Recht oder zu Unrecht eingefordert worden ist.
40
Letztlich bedarf dies jedoch keiner Entscheidung, weil die streitgegen-
ständliche Regelung aus anderen Gründen nicht in den Anwendungsbereich
des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB fällt.
41
- 20 -
bb) Anders als die Revision meint - und offenbar auch das Berufungsge-
richt angenommen hat - ergibt sich bereits aus der besonderen Systematik des
kollektiven Bausparens, dass die Umlegung der Vertriebskosten, wie sie
§ 1 Abs. 3 der ABB der Beklagten regelt, nicht von wesentlichen Grundprinzi-
pien des dispositiven Rechts abweicht.
42
43
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgelte in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, denen keine vertragliche Gegenleistung
des Verwenders zugrunde liegt, dann mit wesentlichen Grundgedanken des
dispositiven Rechts unvereinbar, wenn der Verwender damit Aufwand für Tätig-
keiten auf den Kunden abwälzt, zu denen er gesetzlich oder aufgrund einer ver-
traglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die er vorwiegend in eigenem Inte-
resse vornimmt, ohne dabei eine Dienstleistung an den Kunden zu erbringen.
Hierfür anfallender Aufwand ist nach dem gesetzlichen Leitbild nicht gesondert
zu entgelten (BGH, Urteile vom 21. Oktober 1997 - XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43,
46
f., vom 18.
Mai 1999 -
XI
ZR
219/98, BGHZ 141, 380, 385
f., vom
13. Februar 2001 - XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377, 380 f., vom 30. November
2004 - XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189, 193 und vom 21.
April 2009
- XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 21).
(2) Bei der angegriffenen Klausel handelt es sich - ausgehend davon,
dass die Abschlussgebühr keine Eintrittsgebühr, sondern eine Vertriebsgebühr
ist - nicht um eine solche - regelmäßig - unzulässige Entgeltregelung.
44
Gegenüber ihren Kunden sind Bausparkassen nicht rechtlich verpflichtet,
andere Neukunden anzuwerben, ohne dafür eine besondere Vergütung verlan-
gen zu können. Dies ergibt sich weder aus einer gesetzlichen Vorschrift, noch
aus den geschlossenen Bausparverträgen. Vernachlässigt die Bausparkasse
das Neukundengeschäft und verlängern sich die Wartezeiten bis zur Zuteilung
45
- 21 -
unangemessen, so kann dies vielmehr Anlass für ein aufsichtsbehördliches
Einschreiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BSpkG sein.
46
Soweit die Revision gestützt auf die Erwägungen des Berufungsgerichts
meint, die Erhebung der Abschlussgebühr sei deshalb mit wesentlichen gesetz-
lichen Grundgedanken nicht zu vereinbaren, weil die gewinnorientiert tätige Be-
klagte mit der Neukundenwerbung allein ihr eigenes Interesse, Gewinne zu er-
zielen, verfolge, greift diese Betrachtung zu kurz. Eine solche Sichtweise ließe
die Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und
den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben und die die materiellen
Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB beeinflussen kön-
nen (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1991 - XI ZR 72/90, WM 1991, 1452, 1454),
unberücksichtigt. Beim Bausparen kommt ein stetiges Neukundengeschäft - an-
ders als in einem bilateralen Austauschvertrag - gerade nicht nur dem Unter-
nehmer zu Gute, sondern unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft, so dass
die Bausparkassen mit dieser durch die Abschlussgebühr zu vergütenden Tä-
tigkeit auch kollektive Gesamtinteressen wahrnehmen. Dies ergibt sich daraus,
dass die Zuteilung der zinsgünstigen Bauspardarlehen nur aus den Mitteln er-
folgen kann, die durch die Einlage-, Zins- und Tilgungsleistungen anderer Bau-
sparer erwirtschaftet werden. Dabei verzichtet der Bausparer in diesem ge-
schlossenen System zunächst auf einen marktüblichen Einlagezins, um dann
später nach Zuteilung der Bausparsumme von einem günstigen
- marktunabhängigen - Darlehenszins zu profitieren (Baums in FS Nobbe,
2009, S. 815, 834; Habersack, WM 2008, 1857, 1858; Krepold, BKR 2010, 108,
109). Aus der Begrenzung der Zuteilungsmittel ergibt sich jedoch andererseits
auch das dem Bauspargeschäft innewohnende strukturelle Risiko. Die
Bausparkassen können sich nicht verpflichten, die Darlehen zu einem bestimm-
ten Zeitpunkt auszuzahlen (§ 4 Abs. 5 BSpkG). Vielmehr kann eine (zeitnahe)
Zuteilung nur dann erfolgen, wenn dem Bausparkollektiv fortlaufend neue Mittel
- 22 -
zugeführt werden, indem neue Kunden Einlageleistungen übernehmen (Baums
aaO, S. 834 f.; Hoeren in FS Graf von Westphalen, 2010, S. 331, 336; Krepold
aaO, S. 110). Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte Zuteilung der Bauspar-
summe ist dadurch unmittelbar mit der Entwicklung der zur Verfügung stehen-
den Zuteilungsmittel verknüpft, so dass es dem gesetzlichen Leitbild des Bau-
sparens nicht widerspricht, wenn die Kosten, die für die Anwerbung neuer Kun-
den anfallen, von den neu in die Gemeinschaft eintretenden Bausparern zu tra-
gen sind.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die
Bausparkunden durch die Umlegung der Vertriebskosten auch nicht entgegen
den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden
(§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt auch dann, wenn - wie nach § 1 Abs. 3 der
ABB der Beklagten - im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung bzw. Her-
absetzung der Bausparsumme keine (anteilige) Rückerstattung der Gebühr er-
folgt.
47
aa) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Ge-
schäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene
Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne
von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Un-
angemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspart-
ners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemei-
nen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteile
vom 15. April 2010 - Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237 Rn. 18, vom 27. Mai 2010
- VII ZR 165/09, WM 2010, 1215 Rn. 23 und vom 23. September 2010
- III ZR 21/10 Rn. 12 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt). Dabei kann inner-
halb kollektiver Vertragssysteme ein zu berücksichtigender Umstand darin be-
48
- 23 -
stehen, dass der Verwender die Gesamtinteressen des Kollektivs wahrzuneh-
men hat, hinter denen die Interessen einzelner gegebenenfalls zurückzutreten
haben (Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rn. 135;
Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 307 Rn. 12; Wolf in Wolf/Lindacher/
Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 307 Rn. 171; vgl. auch BGH, Urteil vom
12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 314).
bb) Die dabei erforderliche Interessenabwägung führt zum Ergebnis,
dass die Beklagte durch die in § 1 Abs. 3 ihrer ABB geregelte laufzeitunabhän-
gige Umlegung der Vertriebskosten ihre Kunden nicht unangemessen benach-
teiligt. Dass die Gewinnung neuer Kunden auch im Interesse der Bausparge-
meinschaft liegt, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Sie meint jedoch, die
gleichgerichteten Interessen der Beklagten und ihrer Bestandskunden einer-
seits müssten gegen die Interessen der Neukunden andererseits abgewogen
werden, denen die Abschlussgebühr in Rechnung gestellt werde und in deren
Interesse es gerade nicht liege, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses belastet zu
werden. Dies trifft nicht zu. Ein solcher Interessengegensatz zwischen "Be-
standskunden" und "Neukunden" ist nicht gegeben. Auch die Neukunden betei-
ligen sich mit Abschluss des Bausparvertrages an der Gemeinschaft der Bau-
sparer, um von den Vorteilen des kollektiven Zwecksparens zu profitieren. Da-
mit unterwerfen sie sich bereits in diesem Zeitpunkt auch der gemeinschaftli-
chen Bindung. Diesem kollektiven Systemzweck des Bausparens entspricht
eine Regelung, die - wie die streitgegenständliche - die Kosten der Akquisition
neuer Kunden durch eine gesonderte Gebühr beim Vertragsschluss deckt. Zum
einen ist so gewährleistet, dass das - notwendige - stetige Neukundengeschäft
von der aktuellen Ertragslage der Bausparkassen unabhängig finanziert werden
kann, und macht es für diese unattraktiv, ihre Vertriebstätigkeit einzuschränken,
um zu Lasten der Bausparer kurzfristig eigene Gewinne zu optimieren. Zum
anderen stellt die bei Vertragsabschluss zu zahlende laufzeitunabhängige Ab-
49
- 24 -
schlussgebühr sicher, dass der für das Bausparmodell notwendige Neuzugang
an Bausparverträgen auch von allen Mitgliedern der Gemeinschaft nach Maß-
gabe der von ihnen bei Abschluss des Bausparvertrages festgelegten Bauspar-
summe, nach der sich die Höhe des günstigen Bauspardarlehens richtet,
gleichmäßig getragen wird. Die von der Revision präferierte Alternative, die
Kosten des Vertriebs durch eine entsprechende Zinsfestlegung in der Anspar-
und Darlehensphase (Absenkung der Sparzinsen, Erhöhung der Darlehenszin-
sen) laufzeitabhängig umzulegen, würde hingegen zu Lasten der Gemeinschaft
allein die Kunden bevorzugen, die den Vertrag vorzeitig beenden und damit
entsprechend weniger Mittel zur Verfügung gestellt haben, aus denen eine Zu-
teilung erfolgen kann. Solche gegen den ursprünglichen Vertragszweck gerich-
teten Individualinteressen können die Unangemessenheit der Klausel nicht be-
gründen.
Wiechers
Joeres
Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 12.03.2009 - 6 O 341/08 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 03.12.2009 - 2 U 30/09 -