Urteil des BGH vom 13.04.2016

Leitsatzentscheidung zu Zustand der Mietsache, Mietvertrag, Sachmangel, Minderung

ECLI:DE:BGH:2016:130416UVIIIZR198.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 198/15
Verkündet am:
13. April 2016
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 536 Abs. 1 Satz 1
Zur Mietminderung im Falle der Entwendung einer mitvermieteten, später auf
Wunsch des Mieters vereinbarungsgemäß ausgelagerten Einbauküche.
BGH, Urteil vom 13. April 2016 - VIII ZR 198/15 - LG Berlin
AG Berlin-Pankow/Weißensee
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2016 durch die Richterin Dr. Fetzer als Vorsitzende, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 63
des Landgerichts Berlin vom 4. August 2015 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts
Pankow/Weißensee vom 15. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung der Beklagten in Berlin, die
bauseits mit einer Einbauküche ausgestattet war. Nach einer gleichzeitig mit
dem Mietvertrag vom 26. März 1997 geschlossenen Zusatzvereinbarung hatte
die Klägerin eine Gesamtmiete in Höhe von 964,72 DM zu zahlen, wovon ein
Betrag in Höhe von 34,64 DM (17,71
€) auf die Einbauküche entfiel.
Im Jahr 2010 bat die Klägerin, die Einbauküche durch eine eigene Kü-
cheneinrichtung ersetzen zu dürfen. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom
22. März 2010 ihr Einverständnis, das sie an verschiedene Bedingungen knüpf-
te. In dem genannten Schreiben heißt es unter anderem:
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"4. Sämtliche durch die Veränderung freiwerdenden Bauteile bzw. Ein-
richtungsgegenstände der Grundausstattung der Wohnung sind von
Ihnen so aufzubewahren und zu warten, dass sie in gebrauchsfähi-
gem Zustand erhalten bleiben.
5. Für alle im Zusammenhang mit der genehmigten Maßnahme eintre-
tenden Schäden sowie für den Verlust oder Beschädigung der ge-
mäß Ziffer 4 aufzubewahrenden Teile sind Sie haftpflichtig.
[…]
7. Bei Beendigung des Mietverhältnisses sind Sie v
erpflichtet, […] auf
unser Verlangen den ursprünglichen bauseitigen Zustand so recht-
zeitig auf Ihre Kosten wiederherzustellen, dass keine Verzögerung
in der Neuvermietung der Wohnung eintritt."
Das Schreiben schließt mit der Erklärung ab: "Wenn Sie von dieser Ge-
nehmigung Gebrauch machen, so erkennen Sie die vorgenannten Bedingungen
an."
Die Klägerin lagerte die ausgebauten Küchenteile in dem zur Mietwoh-
nung gehörenden Kellerraum, wo sie am 9. Februar 2014 entwendet wurden.
Die Versicherung der Klägerin zahlte einen Entschädigungsbetrag von 2.790
für die Küche, der der Beklagten zufloss. Die Klägerin ist der Auffassung, dass
sie den in der Zusatzvereinbarung vom 26. März 1997 für die Nutzung der Ein-
bauküche der Beklagten vorgesehenen Betrag, den sie mit 15,59
€ errechnet,
so lange nicht mehr entrichten müsse, als ihr diese oder eine gleichwertige Kü-
che nicht von der Beklagten zur Verfügung gestellt werde.
Das Amtsgericht hat die auf Feststellung einer Mietminderung um monat-
lich 15,59
€ seit dem 1. August 2014 und auf Rückzahlung von 77,95 € für den
Zeitraum von März bis Juli 2014 gerichtete Klage abgewiesen. Mit ihrer Beru-
fung hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Miete ab 1. März 2014
um
15,59 € gemindert sei. Diesem Begehren hat das Landgericht entsprochen.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Die Klägerin habe gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein
berechtigtes Interesse an der Feststellung der von ihr geltend gemachten Min-
derung, da ansonsten das Auflaufen eines kündigungsrelevanten Zahlungs-
rückstands drohe.
Die Klage sei auch begründet. Die von der Klägerin geschuldete Miete
sei aufgrund des Abhandenkommens der Einbauküche gemäß § 536 Abs. 1
BGB um 15,59
€ gemindert. Es liege ein Sachmangel vor, weil es hierdurch an
der vereinbarten Beschaffenheit der Mietsache fehle. Die Beklagte habe sich im
Mietvertrag beziehungsweise in der hierzu getroffenen Zusatzvereinbarung ver-
pflichtet, der Klägerin eine Einbauküche im Küchenraum der Wohnung zur Ver-
fügung zu stellen. Die Vereinbarung vom 22. März 2010, mit der die Beklagte
der Klägerin gestattet habe, eine eigene Küche einzubauen und die Einbaukü-
che der Beklagten an anderer Stelle auf eigenes Risiko zu lagern, habe an die-
ser Verpflichtung nichts geändert. Denn die Beklagte habe der Klägerin die Kü-
che weiterhin zur Nutzung überlassen müssen, wenn auch nicht mehr im Kü-
chenraum der Mietwohnung.
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Es liege auch eine Gebrauchsbeeinträchtigung vor, die die Nutzbarkeit
der Wohnung erheblich einschränke. Dass die Klägerin die Wohnung mit einer
eigenen Küche ausgestattet habe und sich der Verlust der ausgebauten Küche
deshalb tatsächlich nicht nachteilig auswirke, sei nicht maßgeblich.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Miete für
die Wohnung der Klägerin ist nicht wegen eines Sachmangels gemindert (§ 536
Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Das Berufungsgericht hat die unter den Parteien
getroffene Vereinbarung vom 22. März 2010 rechtsfehlerhaft ausgelegt und in-
folgedessen der hinsichtlich einer Einbauküche geschuldeten Gebrauchsge-
währungspflicht der Beklagten (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB) einen unzutreffenden
Inhalt beigemessen.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht ein berechtigtes Interesse (§ 256
Abs. 1 ZPO) der Klägerin an der Feststellung einer Mietminderung und somit
die Zulässigkeit der Klage bejaht. Dies greifen Revision und Revisionserwide-
rung auch nicht an.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil ein Sachmangel nicht vorliegt
und die Miete deshalb nicht gemindert ist.
a) Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes
gemindert, wenn die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit
zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert. Ein derarti-
ger Mangel, der dem Mieter sowohl ein Recht zur Mietminderung (§ 536 Abs. 1
BGB) als auch einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 Satz 2
BGB) gewährt, setzt eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächli-
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chen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand
voraus. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinba-
rungen der Mietvertragsparteien (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 23. Septem-
ber 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 11; vom 19. Dezember 2012
- VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680 Rn. 8; vom 29. April 2015 - VIII ZR 197/14,
BGHZ 205, 177 Rn. 18).
b) Mit Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht die zwischen
den Parteien getroffenen Absprachen über den vertraglich vorausgesetzten Zu-
stand der Mietsache rechtsfehlerhaft ausgelegt hat (§§ 133, 157 BGB). Zwar ist
dem Berufungsgericht, anders als die Revision meint, nicht anzulasten, dass es
bereits den Inhalt der Zusatzvereinbarung vom 26. März 1997 rechtsfehlerhaft
beurteilt hat. Jedoch hat es zu Unrecht angenommen, die von der Beklagten
nach dem ursprünglichen Mietvertrag nebst Zusatzvereinbarung geschuldete
Verpflichtung zur Ausstattung der Mietwohnung mit der bauseits vorhandenen
Einbauküche habe durch die im Genehmigungsschreiben der Beklagten gestell-
ten und von der Klägerin akzeptierten Bedingungen keine maßgeblichen Ände-
rungen erfahren.
aa) Die Auslegung einer Individualvereinbarung - wie hier der Zusatzver-
einbarung zum Mietvertrag vom 26. März 1997 nebst der Änderungsregelung
vom 22. März 2010 - durch den Tatrichter ist vom Revisionsgericht nur einge-
schränkt daraufhin überprüfbar, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Aus-
legungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind,
wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Ausle-
gung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl.
BGH, Urteile vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13, BGHZ 202, 39 Rn. 42; vom
15. Oktober 2014 - XII ZR 111/12, WM 2014, 2280 Rn. 38; vom 3. Dezember
2014 - VIII ZR 224/13, NZM 2015, 79 Rn. 37; jeweils mwN; vom 10. Juni 2015
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- VIII ZR 99/14, NJW 2015, 2324 Rn. 13). Ein derartiger Rechtsfehler fällt dem
Berufungsgericht hier zur Last.
bb) Allerdings ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung
der Zusatzvereinbarung vom 26. März 1997 nicht zu beanstanden. Denn an-
ders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht den Inhalt dieser Verein-
barung nicht dahin ausgelegt, dass nur die reine Überlassung der beschriebe-
nen Einbauküche, nicht dagegen auch deren betriebsbereiter Einbau geschul-
det gewesen sei. Das Berufungsgericht ist vielmehr davon ausgegangen, dass
Gegenstand der Zusatzvereinbarung die sich im Küchenraum der Wohnung
befindliche funktionstüchtige Einbauküche war, die im Rahmen der der Beklag-
ten "obliegenden Instandsetzungspflicht gegebenenfalls auch durch eine neue
[Küche] zu ersetzen" gewesen wäre.
cc) Jedoch widerspricht - wie die Revision mit Recht rügt - die Auslegung
des Inhalts der am 22. März 2010 zwischen den Parteien getroffenen Abspra-
chen bezüglich der von der Klägerin angemieteten Einbauküche der Beklagten
durch das Berufungsgericht allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen.
(1) Im Ansatzpunkt ist das Berufungsgericht noch zutreffend davon aus-
gegangen, dass die im Schreiben der Beklagten vom 22. März 2010 genannten
Bedingungen für den von der Klägerin gewünschten Austausch der Küche In-
halt des Mietvertrags geworden sind. Denn die Beklagte hat diese Bedingungen
zumindest stillschweigend akzeptiert, indem sie im Anschluss an das genannte
Schreiben die Küche der Beklagten ausgebaut und eine eigene Kücheneinrich-
tung eingebaut hat. Die Beklagte hat durch den in dem genannten Schreiben
abschließend erteilten Hinweis, "wenn Sie von dieser Genehmigung Gebrauch
machen, so erkennen Sie die vorgenannten Bedingungen an", auf den Zugang
einer Annahmeerklärung ausdrücklich verzichtet (§ 151 Satz 1 BGB).
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(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Mietvertrag
durch die Vereinbarung vom 22. März 2010 jedoch in der Weise geändert wor-
den, dass die Verpflichtung der Beklagten, die Wohnung mit einer Einbauküche
auszustatten, zumindest für den Zeitraum, in dem die Klägerin eine von ihr an-
geschaffte Kücheneinrichtung nutzt, entfallen ist.
(a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen bildet der von den Partei-
en gewählte Wortlaut einer Vereinbarung und der diesem zu entnehmende ob-
jektiv erklärte Parteiwille den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vor-
zunehmenden Auslegung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 2014
- XII ZR 111/12, aaO Rn. 48; vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, NJW-RR
2015, 243 Rn. 15; Beschluss vom 11. November 2014 - VIII ZR 302/13, NJW
2015, 409 Rn. 11). Weiter sind nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen ins-
besondere der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck und die Interessenlage
der Parteien zu beachten, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinn-
gehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteile vom
11. Oktober 2012 - IX ZR 30/10, WM 2012, 2144 Rn. 11 mwN; vom
13. November 2014 - IX ZR 277/13, WM 2015, 186 Rn. 8).
(b) Gegen diese Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht mit
seiner Auslegung, die bisherigen Vereinbarungen seien nur insoweit abgeän-
dert worden, als die Einbauküche sich nicht mehr im Küchenraum der angemie-
teten Wohnung befinden, sondern anderweitig sorgfältig gelagert werden müs-
se, in mehrfacher Hinsicht verstoßen. Zum einen widerspricht eine solche Deu-
tung bereits dem Wortlaut der Vereinbarung vom 22. März 2010. Zum anderen
verstößt die Auslegung des Berufungsgerichts gegen den Grundsatz der nach
beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. hierzu Senatsurteile
vom 24. Mai 2000 - VIII ZR 329/98, WM 2000, 1648 unter II 2 b mwN; vom
13. März 2013 - VIII ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn. 15).Die der Vereinbarung
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vom 22. März 2010 beizulegende Auslegung kann der Senat selbst vornehmen,
da insoweit keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (vgl. Senatsurteil vom
9. Oktober 2013 - VIII ZR 22/13, WuM 2013, 734 Rn. 11).
(aa) In dem detailliert gefassten Genehmigungsschreiben vom 22. März
2010, dessen Inhalt die Klägerin akzeptiert hat, ist allein die Rede von einer
Verpflichtung der Klägerin zu einer sachgerechten Aufbewahrung der ausge-
bauten Küche (Ziffer 4), nicht aber davon, dass diese befugt sein sollte, die für
den Küchenraum der angemieteten Wohnung infolge des Einbaus einer eige-
nen Kücheneinrichtung derzeit nicht benötigte Einbauküche der Beklagten in
dieser Zeit weiter zu nutzen, etwa als im Kellerraum befindlicher Stauraum zur
Lagerung von Sachen. Damit gibt schon der Wortlaut der im Genehmigungs-
schreiben von der Beklagten formulierten und von der Klägerin akzeptierten
Vorgaben nichts dafür her, dass der Klägerin die Berechtigung hätte erhalten
bleiben sollen, die von ihr für den Küchenraum - zumindest derzeit - nicht benö-
tigte Einbauküche der Beklagten auf andere Weise beziehungsweise an ande-
rer Stelle zu nutzen, und demzufolge die Beklagte hätte verpflichtet sein sollen,
auch für diese Zeitspanne eine im Kellerraum lagernde, funktionsfähige Ein-
bauküche zu stellen.
(bb) Gegen die Auslegung des Berufungsgerichts spricht auch die bei-
derseitige Interessenlage, die ihren Ausdruck in dem Genehmigungsschreiben
vom 22. März 2010 gefunden hat.
An einer wie auch immer gearteten Nutzung der ausgebauten und im
Kellerraum gelagerten Küche hatte die Klägerin infolge der von ihr neu ange-
schafften Kücheneinrichtung kein nennenswertes Interesse. Vielmehr kon-
zentrierte sich ihr Interesse darauf, die bauseits vorhandene Küche entfernen
und künftig durch eine Küchenausstattung eigener Wahl ersetzen zu dürfen.
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Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass sie daneben noch ein Nutzungsinteresse
an der ausgebauten Kücheneinrichtung gehabt hätte, sind weder vom Beru-
fungsgericht festgestellt noch der Vereinbarung vom 22. März 2010 zu entneh-
men und auch sonst nicht ersichtlich. Die in dem - von der Klägerin akzeptier-
ten - Genehmigungsschreiben vom 22. März 2010 geforderte sachgerechte La-
gerung der ausgebauten Küche diente erkennbar allein dem Interesse der Be-
klagten, die sich die Möglichkeit erhalten wollte, nach Beendigung des Mietver-
hältnisses mit der Klägerin die Wohnung erneut mit der Einbauküche ausgestat-
tet anbieten zu können (vgl. Ziffer 7 des Genehmigungsschreibens). Daran än-
dert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbrin-
gen die im Keller gelagerte Küche zur Unterbringung insbesondere von Winter-
kleidung und einer Zeltausrüstung verwendet hat.
Das Interesse der Beklagten ging ersichtlich dahin, einerseits der Kläge-
rin deren Wunsch, eine eigene Küche einzubauen, zu erfüllen, andererseits
aber durch die Genehmigung dieser Maßnahme keine rechtlichen oder wirt-
schaftlichen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Dies kommt in der der Klä-
gerin zugewiesenen Verantwortlichkeit für eine sachgerechte Lagerung der ur-
sprünglichen Kücheneinrichtung und deren Eintrittspflicht für eventuelle Schä-
den oder den Verlust der Küchenteile zum Ausdruck. Weiter lässt sich dieses
Interesse aus dem Umstand ableiten, dass die Parteien die Miethöhe anlässlich
der Vereinbarung vom 22. März 2010 nicht um den Anteil, der auf die Nutzung
der bislang von der Beklagten gestellten Kücheneinrichtung entfiel, gekürzt ha-
ben und die Klägerin auch nach dem Ausbau der Küche der Beklagten die ver-
einbarte Gesamtmiete unverändert weiter gezahlt hat.
(cc) In Anbetracht der beschriebenen Interessenlage und des Wortlauts
der Vereinbarung vom 22. März 2010 ist diese dahin auszulegen, dass die Par-
teien hierdurch die mietvertragliche Gebrauchsgewährungspflicht der Beklagten
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dahin abgeändert haben, dass diese ab dem Ausbau der von ihr gestellten Ein-
bauküche jedenfalls so lange nicht die Stellung der ursprünglich eingebauten
Kücheneinrichtung oder einer Ersatzküche schuldete, als die Klägerin die Woh-
nung selbst mit einer Küche ausgestattet und damit keinen Bedarf für eine (wei-
tere) Küche hatte. Das Abhandenkommen der im Keller eingelagerten Küche
hat deshalb - jedenfalls bislang - nicht zu einer Abweichung der Ist-
Beschaffenheit der Mietsache von der Soll-Beschaffenheit geführt, so dass ein
zur Minderung der Miete führender Sachmangel (§ 536 Abs. 1 BGB) nicht vor-
liegt. Ob die Gebrauchsgewährungspflicht der Beklagten wieder "aufleben"
würde, wenn die Klägerin die eigene Küche aus der Wohnung entfernte oder
diese unterginge, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Fall nicht vorliegt.
3. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung verhältsich die
Beklagte auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB), wenn sie den von der Versicherung
der Klägerin gezahlten Betrag in Höhe von 2.790
€ für die Küche behält, ohne
derzeiteine neue Küche anzuschaffen und gleichwohl auf der Zahlung der für
die Küchennutzung vereinbarten Miete besteht. Die Beklagtemacht lediglich die
ihr aus verschiedenen rechtlichen Gründen zustehenden Ansprüche geltend
und "kassiert" insoweit nicht doppelt. Die Revisionserwiderung, die dies anders
sieht, verkennt, dass der von der Versicherung der Klägerin geleistete Entschä-
digungsbetrag allein als geldwerter Ausgleich (§ 249 Abs. 2 BGB) für den der
Beklagten als Eigentümerin und Vermieterin der im Keller aufbewahrten
Küchenteile entstandenen Schaden bestimmt war. Diese Ersatzleistung, die
wirtschaftlich an die Stelle der im Keller gelagerten Kücheneinrichtung getreten
ist, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob die Klägerin für die abhanden gekom-
mene Kücheneinrichtung Miete zu zahlen hat.
Denn die Mietzahlungspflicht beurteilt sich ausschließlich nach den von
den Parteien getroffenen Absprachen, also nach der Genehmigungsvereinba-
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rung vom 22. März 2010. Danach blieb die Höhe der Miete unberührt von dem
Umstand, dass während der Nutzungszeit der neu eingebauten Küche die Klä-
gerin kein nennenswertes Interesse an einer Nutzung der im Keller gelagerten
Kücheneinrichtung der Beklagten mehr hatte. Die vereinbarte Gesamtmiete ist
damit - zumindest für den genannten Zeitraum - für eine Wohnung ohne eine
von der Beklagten als Vermieterin gestellte Einbauküche zu zahlen. Folglich
ändert sich an der Zahlungspflicht der Klägerin auch nichts dadurch, dass sich
die von der Klägerin derzeit nicht benötigte Kücheneinrichtung nicht mehr im
Kellerraum befindet.
Die Sichtweise der Revisionserwiderung, die der Beklagten nur dann ei-
nen Anspruch auf Zahlung von 15,59
€ monatlich zugestehen will, wenn diese
den Entschädigungsbetrag für die Anschaffung einer Ersatzküche verwendet,
liefe darauf hinaus, die Beklagte zu zwingen, allein zum Zwecke der Einlage-
rung in einem Kellerraum eine neue Kücheneinrichtung anzuschaffen, für die
die Klägern derzeit keinen Bedarf hätte.
III.
Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand; es ist aufzu-
heben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil wei-
tere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung
reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung der Klä-
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gerin gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts. Das Fehlen der Ein-
bauküche im Keller führt nicht zur Minderung der Miete.
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Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 15.10.2014 - 2 C 231/14 -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.08.2015 - 63 S 378/14 -