Urteil des BGH vom 24.03.2015

Rechtfertigung, Eigenhändig, Befangenheit, Zwangsvollstreckung, Beamter

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZB 91/14
vom
24. März 2015
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
beschlossen:
Das gegen "den Senatsvorsitzenden" gerichtete Ablehnungsge-
such des Beklagten vom 20. Februar 2015 wird als unzulässig
verworfen.
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des
10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
7. November 2014 wird auf seine Kosten als unzulässig verwor-
fen.
Beschwerdewert: 10.480,06 €.
Gründe:
1. Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung
über das Ablehnungsgesuch berufen. Bei eindeutig unzulässigen oder rechts-
missbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der
weiteren Mitwirkung nicht gehindert (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012
- VII ZA 15/11, juris Rn. 1 mwN). Das ist hier der Fall.
a) Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn seine Begründung aus
den darin genannten rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung des Ablehnungs-
gesuchs völlig ungeeignet ist. Ein in dieser Weise begründetes Ablehnungsge-
such steht rechtlich einer Richterablehnung gleich, die überhaupt keine Be-
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gründung aufweist. In diesem Sinne völlig ungeeignet ist eine Begründung,
wenn sie die angebliche Befangenheit ohne nähere Prüfung und losgelöst von
den konkreten Umständen des Einzelfalls von vornherein nicht zu belegen ver-
mag, wenn also für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Ge-
genstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten des abgelehnten Richters
selbst entbehrlich ist, weil es dazu einer näheren Betrachtung der Umstände
des Einzelfalls nicht bedarf (BGH, Beschluss vom 20. April 2011 - I ZB 41/09,
juris Rn. 3 f. mwN). So verhält es sich im Streitfall.
b) Das zudem nicht näher personifizierte Ablehnungsgesuch des Beklag-
ten, der am 22. Dezember 2014 ohne Beifügung weiterer Unterlagen eigenhän-
dig eine Rechtsbeschwerdeschrift gegen den seine ebenfalls eigenhändig ein-
gelegte Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss des Berufungsge-
richts eingereicht hatte, beschränkt sich in seinem der Polemik entkleideten
Kern auf den Vorwurf, "der Vorsitzende" habe offensichtlich begründete Anträge
auf Einstellung der Zwangsvollstreckung, Verlängerung der Beschwerdebe-
gründungsfrist sowie auf eine gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klä-
gerin auszusprechende Anordnung, einen Nachweis der Berechtigung zur Pro-
zessführung vorzulegen, missachtet, indem er einen dazu weder zuständigen
noch fachlich kompetenten Rechtspfleger damit betraut habe, ihn - den Beklag-
ten als "Volljuristen" - auf die Unzulässigkeit seines Rechtsmittels hinzuweisen,
anstatt die gebotene Entscheidung über die gestellten Anträge herbeizuführen,
zumindest aber nichts unternommen habe, um dieses rechtsprechungsverei-
telnde Verhalten der Justizverwaltung zu verhindern. Diese Vorwürfe sind zur
Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet.
Die Senatsvorsitzende war bis zum Eingang des Schreibens des Beklag-
ten vom 20. Februar 2015 mit der Sache nicht befasst. Eine sofortige sachliche
Befassung mit der eingelegten Rechtsbeschwerde und der damit verbundenen
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weiteren Anträge war angesichts der auf der Hand liegenden Unzulässigkeit
des eingelegten Rechtsmittels ersichtlich auch nicht veranlasst. Denn eine - wie
hier - bei dem Bundesgerichtshof einzulegende Rechtsbeschwerde unterliegt
dem in § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO geregelten Anwaltszwang, dessen verfassungs-
rechtliche Unbedenklichkeit seit langem geklärt ist (BVerfG, WM 2011, 989
mwN); ein von der Partei gleichwohl eigenhändig eingelegtes Rechtsmittel stellt
deshalb nach allgemeiner Auffassung keine wirksame Prozesshandlung dar
(vgl. BGH, Urteile vom 1. März 1984 - IX ZR 33/83, BGHZ 90, 249, 252 f.; vom
7. Juni 1990 - III ZR 142/89, BGHZ 111, 339, 342; vom 3. März 2004 - IV ZR
458/02, NJW-RR 2004, 755 unter 2 a; BAG, NJW 2014, 247, 248). Das gilt in
gleicher Weise für den mit der Rechtsmitteleinlegung verbundenen Fristverlän-
gerungsantrag (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. November 2013 - II ZB 17/12,
WM 2014, 422 Rn. 22 mwN; vom 30. September 2008 - VIII ZB 63/08, WuM
2008, 678 Rn. 9; vom 22. Oktober 1997 - VIII ZB 32/97, NJW 1998, 1155 unter
II 1 a bb) und den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (vgl. BGH,
Beschlüsse vom 22. Februar 2012 - XI ZA 12/11, MDR 2012, 1432 Rn. 2; vom
12. August 2009 - XII ZA 30/09, juris Rn. 3; vom 6. Mai 2004 - V ZA 4/04, NJW-
RR 2004, 936 unter II 1). Die vom Beklagten zum Gegenstand seines Befan-
genheitsantrages gemachten Verfahrensweise ist mithin zur Rechtfertigung des
Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet, da sie angesichts der Entbehrlichkeit
jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten
des abgelehnten Richters selbst eine Befangenheit von vornherein nicht zu be-
legen vermag.
Nichts anderes gilt für die Vorbefassung des Rechtspflegers im Rahmen
einer vorzunehmenden Formalienprüfung. Denn nach dem seit jeher bei dem
Bundesgerichtshof bestehenden Geschäftsgang ist dem Rechtspfleger in seiner
Eigenschaft als Beamter des gehobenen Dienstes (vgl. § 27 Abs. 2 RPflG) ge-
mäß dem Geschäftsverteilungsplan für die Rechtspflegeraufgaben beim Bun-
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desgerichtshof und für die Beamtinnen, Beamten und Tarifbeschäftigten der
Geschäftsstelle sowie den gehobenen Dienst bei den Senaten unter anderem
die Aufgabe der Formalienprüfung bei Rechtsmitteleinlegung und Rechtsmittel-
begründung sowie eine damit verbundene Führung des Schriftverkehrs mit den
Beteiligten übertragen. Woraus sich durch diese (Vor-)Befassung vor einer ei-
genen Prüfung der Fragen durch den Senat eine Befangenheit der Senatsvor-
sitzenden ergeben sollte, ist gleichermaßen unerfindlich.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu
verwerfen, weil sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt eingelegt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO, vgl. BGH, Be-
schlüsse vom 21. März 2002 - IX ZB 18/02, ZIP 2002, 1003 unter II 2; vom
4. Februar 2015 - I ZB 118/14, juris Rn. 1). Damit erübrigt sich zugleich eine
Entscheidung über den Einstellungsantrag, da mit der Verwerfung der Be-
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schwerde feststeht, dass die für den Einstellungsantrag erforderliche Erfolgs-
aussicht des Rechtsmittels nicht gegeben ist.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 15.11.2013 - 3 O 255/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 07.11.2014 - 10 U 234/13 -