Urteil des BGH vom 06.04.2016

Rechtliches Gehör, Stand der Technik, Brand, Kunststoff

ECLI:DE:BGH:2016:060416BVIIZR16.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 16/15
vom
6. April 2016
in dem Rechtsstreit
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2016 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Prof. Dr. Jurgeleit und die
Richterinnen Graßnack, Sacher und Wimmer
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der
Revision wird stattgegeben.
Das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart
vom 29. Dezember 2014 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgeho-
ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 4.338.513,76
im Verhältnis zur Klägerin zu 1:
1.392.040,60 €
zur Klägerin zu 2:
480.
014,00 €
zum Kläger zu 3:
288.008,40 €
zur Klägerin zu 4:
120.003,50 €
zur Klägerin zu 5:
60.001,75 €
zur Klägerin zu 6:
60.001,75 €
zur Klägerin zu 7:
1.938.443,76 €
(Zahlungsantrag
: 1.796.666,76 € + Feststellung: 141.777 €)
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Gründe:
I.
Die klagenden Versicherer, die Kläger zu 1 bis 6, nehmen die Beklagte
aus übergegangenem Recht, die Klägerin zu 7 nimmt die Beklagte aus eigenem
Recht wegen eines Brandes an einem von der Beklagten an die Klägerin zu 7
gelieferten Diffusionssystem auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 7, die E. GmbH, (im Folgenden
nur: Klägerin zu 7) bestellte am 15. Januar 1998 das streitgegenständliche Dif-
fusionssystem zu einem Preis von netto 1.260.000 DM. Dabei sollten die tech-
nischen Änderungen, die an einem anderen System vorgenommen worden wa-
ren, eingearbeitet werden. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 bestätigte die
Beklagte den Auftrag. Dem Vertrag lagen "Ergänzende Bedingungen" zugrun-
de, die unter eine Garantie für die einwandfreie Funktion
der Anlage von 12 Monaten vorsahen. Die Anlage wurde nach einem Probelauf
in der Zeit vom 28. August bis zum 30. November 1998 am 1. Dezember 1998
abgenommen. Die Klägerin zu 7 änderte das Diffusionssystem dahingehend ab,
dass ein Hahnensystem eingebaut und der obere Teil der Tür des Diffusions-
schranks abgesägt wurde.
Am 8. Dezember 2001 kam es zu einem Brand in dem Diffusionssystem,
bei dem dieses vollständig zerstört wurde. Es kam darüber hinaus zu einer Be-
triebsunterbrechung bei der Klägerin zu 7. Die Reparatur bzw. der Wiederauf-
bau des Diffusionssystems wurde von der Beklagten durchgeführt. Sie stellte
der Klägerin zu 7 hierfür einen Betrag in Höhe von 141.777 € netto in Rech-
nung, dessen Bezahlung jedoch abgelehnt wurde.
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Die Klägerin zu 7 fordert von der Beklagten den Ersatz von restlichen
Reparaturkosten in Höhe von 296.666,76 € sowie eines Betriebsunterbre-
chungsschadens in Höhe des von ihr zu tragenden Eigenanteils von
1.500.000
€, mithin die Zahlung von 1.796.666,76 €, sowie die Feststellung,
dass der Beklagten kein Werklohnanspruch in Höhe von 141.777 € zusteht. Die
Kläger zu 1 bis 6 verlangen aus übergegangenem Recht den Ersatz der von
ihnen jeweils übernommenen Anteile des eingetretenen Betriebsunterbre-
chungsschadens im Umfang von insgesamt 2.400.070 €.
Nachdem ein vom Landgericht am 2. März 2012 erlassenes Grundurteil
auf die Berufung der Beklagten durch Urteil des Berufungsgerichts vom
14. Februar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Ent-
scheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden war, hat dieses mit
Teil- und Grundurteil vom 14. Februar 2014 der negativen Feststellungsklage
der Klägerin zu 7 stattgegeben und die Klageanträge im Übrigen dem Grunde
nach für gerechtfertigt erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten
ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen,
wogegen sich die Beschwerde der Beklagten richtet. Sie will weiterhin die Ab-
weisung der Klage erreichen.
II.
1. Das Berufungsgericht führt aus, das Landgericht sei zu Recht zu dem
Ergebnis gelangt, dass die Kläger, hiervon die Kläger zu 1 bis 6 aus abgetrete-
nem Recht, von der Beklagten aus positiver Forderungsverletzung dem Grunde
nach die zur Behebung der Schäden an dem verbrannten Diffusionssystem er-
forderlichen Kosten und den Betriebsausfallschaden ersetzt verlangen könnten.
Der Vertrag sei als Werklieferungsvertrag über nicht vertretbare Sachen zu qua-
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lifizieren, auf welchen gemäß § 651 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a.F. Werk-
vertragsrecht Anwendung finde. Zu Recht sei das Landgericht weiter davon
ausgegangen, dass es sich bei den verfolgten Zahlungsansprüchen der Kläger
um solche aus positiver Vertragsverletzung handele, welche nicht verjährt sei-
en.
Das Landgericht habe das Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend da-
hingehend gewürdigt, dass nach den - in sich schlüssigen und nachvollziehba-
ren - Ausführungen des Sachverständigen D. der streitgegenständliche Brand
dadurch entstanden sei, dass austretender Wasserstoff an die sich in der Um-
gebung des Bubblers befindlichen Zündquellen gelangt sei; insoweit habe die
von der Beklagten ausgeführte Konstruktion nicht den Brandschutzbestimmun-
gen entsprochen. Auch die weitere Würdigung des Landgerichts, der zufolge
die von der Klägerin zu 7 unstreitig durchgeführten Änderungen - Einbau eines
Hahnensystems und Absägen des oberen Teils der Tür des Diffusions-
schranks - auf die Brandursache keinen Einfluss gehabt hätten, sei rechtlich
nicht zu beanstanden. Insbesondere habe die Klägerin zu 7 - wie die nach er-
folgter Zurückverweisung des Rechtsstreits durchgeführten Zeugenvernehmun-
gen ergeben hätten - zwischen Abnahme und Brand keine weiteren Änderun-
gen am Diffusionssystem vorgenommen. Allein die Tatsache, dass sich auf den
nach dem Brand gefertigten Lichtbildern im Bereich des Bubblers "undefinierba-
re Gegenstände" fänden, welche im Ursprungszustand nicht vorhanden gewe-
sen seien, lasse keinen zwingenden Rückschluss auf eine technische Änderung
zu. Denn es sei ohne weiteres möglich, dass solche Gegenstände als Brand-
schrott infolge der Löscharbeiten an diesen Ort gelangt seien.
Der Sachverständige D. habe bei seiner ergänzenden Anhörung im Ter-
min vom 18. Dezember 2014 die sich aus den von der Beklagten vorgelegten
Privatgutachten ergebenden Kernaussagen - in Übereinstimmung mit seinen
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bisherigen gutachterlichen Ausführungen - in schlüssiger und in sich nachvoll-
ziehbarer Weise widerlegt. Vor diesem Hintergrund sei die Einholung eines
gänzlich neuen Sachverständigengutachtens nicht veranlasst, da die Voraus-
setzungen des § 412 Abs. 1 ZPO nicht gegeben seien.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten führt gemäß § 544
Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverwei-
sung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Beschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht sich nicht hin-
reichend mit den Einwendungen der von der Beklagten hinzugezogenen Privat-
sachverständigen auseinandergesetzt und damit das Recht der Beklagten auf
Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungser-
heblicher Weise verletzt hat.
a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt vor, wenn sich aus den
Umständen klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist,
entscheidungserhebliche Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen
und in Erwägung zu ziehen. Das ist der Fall, wenn das Gericht zu einer Frage,
die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Partei-
vortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (BGH, Beschluss
vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, BauR 2010, 931 Rn. 8; BVerfG, NJW
2009, 1584 Rn. 14; NJW-RR 1995, 1033, 1034, juris Rn. 21). Zwar muss sich
das Gericht nicht mit jedem von einer Partei vorgebrachten Gesichtspunkt aus-
einandersetzen. Das Gericht verstößt jedoch gegen das Recht einer Partei auf
rechtliches Gehör, wenn es im Urteil nicht zu erkennen gibt, dass es den Streit
zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und dem von der Partei beauf-
tragten Privatgutachter sorgfältig und kritisch gewürdigt und die Streitpunkte
zumindest mit dem gerichtlichen Sachverständigen erörtert hat. Das Gericht
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muss mit einleuchtender und logisch nachvollziehbarer Begründung einer der
Auffassungen den Vorzug geben. Die Entscheidungsgründe müssen zudem
erkennen lassen, dass eine Auseinandersetzung mit den Einwendungen statt-
gefunden hat, die sich aus dem Privatgutachten ergeben (vgl. BGH, Beschluss
vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 557/15, NJW 2016, 639 Rn. 5 f.; Beschluss
vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, aaO Rn. 9 m.w.N.).
b) Die Begründung des Berufungsurteils trägt diesen Anforderungen
nicht hinreichend Rechnung. Das Berufungsgericht hat zwar im Hinblick auf von
ihm formulierte Kernaussagen der von der Beklagten beigebrachten Privatgut-
achten eine Anhörung des Sachverständigen D. angeordnet. Die Entschei-
dungsgründe lassen jedoch nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht mit
den nachfolgend benannten Einwendungen der Beklagten, die sich aus den
vorgelegten Privatgutachten ergeben, in hinreichendem Maße auseinanderge-
setzt hat.
Im Einzelnen geht es um folgende Einwände:
aa) Die Beklagte hat gegenüber dem Vorwurf, das von der Beklagten ge-
lieferte Diffusionssystem weise Konstruktionsfehler auf, unter Bezugnahme auf
die Ausführungen des Sachverständigen B. (Bezug auf Bl. 990 d. A.), die auch
von dem von der Beklagten beauftragten Sachverständigen K. geteilt werden
(Bezug auf Bl. 835 und Bl. 1532 ff. d. A.), vorgebracht, dass nach Untersuchun-
gen an einem baugleichen Diffusionssystem die Menge an austretendem Was-
serstoff durch Ventilgruppen beschränkt sei und eine zündfähige Konzentration
an den vom Sachverständigen D. als Zündquelle bezeichneten Stellen nicht
auftreten könne. Die Installation eines Gaswarnmelders im oberen Teil des Dif-
fusionsschranks habe dem Stand der Technik entsprochen. Wasserstoff sei
aufgrund seiner physikalischen Eigenschaft leichter als Luft und bewege sich
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nach oben, nicht dagegen seitlich. Der Vermischungsprozess verlaufe so
schnell, dass bereits nach wenigen Zentimetern von der Austrittsstelle davon
auszugehen sei, dass kein zündfähiges Gemisch mehr vorliege. Die Aufkon-
zentration von Wasserstoff werde außerdem durch die installierte Absauganla-
ge verhindert.
Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Vorbringen der Beklagten nicht
auseinandergesetzt. Es führt insbesondere nicht aus, aus welchen Gründen
diese auf die von der Beklagten eingeholten Privatgutachten gestützten Ein-
wendungen durch die Äußerungen des Sachverständigen D. im Rahmen des
Termins vom 18. Dezember 2014 oder seine schriftlichen Ausführungen in den
erstatteten Gutachten widerlegt werden. Welche Feststellungen der Sachver-
ständige D. zu diesen Einwendungen getroffen hat, lässt sich den Entschei-
dungsgründen nicht entnehmen. Es fehlt daher an einer schlüssigen Begrün-
dung, warum die Darlegungen des Sachverständigen D. im Ergebnis für
schlüssig und in sich nachvollziehbar gehalten werden. Dies begründet einen
Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
bb) Die Beklagte hat, gestützt auf das von ihr in Auftrag gegebene Gut-
achten des Sachverständigen K., in Frage gestellt, dass im Zeitpunkt des
Brands überhaupt ein Bubbler 1 eingebaut gewesen sei, an dem sich nach den
Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen D. der Brand entzündet ha-
ben solle. Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, der Bubb-
ler 1 sowie der Wassereinlauf seien offensichtlich verbrannt, hat die Beklagte
entgegengehalten, dass die vordere Anschlussarmatur nach dem Brand noch
unverbrannt am Boden vorgefunden worden sei und auch die Durchgangsver-
schraubung thermisch weitgehend unbeschädigt geblieben sei, was mit dem
vom Gerichtssachverständigen unterstellten Ablauf des Schadensereignisses
nicht in Einklang zu bringen sei (Bezug auf Bl. 1412, 1435 ff. und 1739 d. A.).
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Die Beklagte hat zudem unter Benennung des Zeugen M. behauptet, dass es
sich bei der Bubblerflasche nicht um eine geschlossene Flasche gehandelt ha-
be und somit ein "Wegschleudern" der Durchgangsverschraubung nicht in Be-
tracht komme (Bezug auf Bl. 1361 d. A.). Die Beklagte hat darüber hinaus gel-
tend gemacht, dass der Bubbler aus Duran-Glas hergestellt sei und dieses Ma-
terial bei Hitzeeinwirkung nicht zerplatze (Bezug auf Bl. 1413 f. und Bl. 1362
d. A.).
Das Berufungsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen mit diesen
Einwänden der Beklagten in keiner Weise auseinandergesetzt, den angebote-
nen Beweis nicht erhoben und auch nicht erläutert, welche gegenteiligen Aus-
führungen des Sachverständigen D. die Würdigung tragen, dessen Ausführun-
gen seien nachvollziehbar und in der Sache überzeugend. Damit verletzt das
Berufungsgericht ebenfalls den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör,
Art. 103 Abs. 1 GG.
cc) Die Beklagte hat weitere Einwendungen auf den vorgefundenen
Brandtrichter gestützt und auf die Auswertungen der an der tiefsten Stelle des
Brandtrichters festzustellenden Brandschäden (Bezug auf Bl. 1732-1736 d. A.).
Sie hat dem Gerichtssachverständigen, gestützt auf das Privatgutachten des
Sachverständigen K., vorgeworfen, ohne hinreichende Befundtatsachen und
unter Missachtung gegenteiliger Indizien von einem atypischen Verlauf des
Brandes ausgegangen zu sein. Die tiefste Stelle des Brandtrichters habe sich
neben dem Temperierbecken im Bodenbereich befunden (Bezug auf
Bl. 1435 ff. d. A., Abbildung 5). Der Gerichtssachverständige sei von einer
Brandverlagerung durch abtropfendes, brennendes Plexiglas ausgegangen,
welches die Schäden unterhalb eines Ausbrandtrichters hervorrufen könne.
Spuren von abtropfendem Kunststoff seien jedoch nur auf dem Boden außer-
halb des Diffusionsschranks feststellbar gewesen (Bezug auf Bl. 1435 ff. d. A.,
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S. 10 ff. des Gutachtens K.). Der Sachverständige K. habe festgestellt, dass auf
dem Kunststoffbelag, auf dem die Tropfspuren festgestellt worden seien, keine
Brandschäden entstanden seien. Für die vom Gerichtssachverständigen ange-
nommene Brandverlagerung fehle es daher an Anknüpfungstatsachen. Der
Sachverständige K. habe zudem aus anderen Befundtatsachen gefolgert, dass
Kunststoff nicht nach innen in den Schrank getropft sein könne. Auf der Tür-
schwelle seien keine Tropfspuren erkennbar gewesen. Diese sei auch nicht,
wie vom Gerichtssachverständigen angenommen, durch ein Türblatt verdeckt
gewesen. An der fraglichen Stelle unter der Schuhmacherquelle und oberhalb
des Temperierbeckens habe sich zudem lediglich eine geschlossene Metallplat-
te befunden, so dass nicht erklärbar sei, welcher Kunststoff im Inneren ver-
brannt sein solle.
Das Berufungsgericht hat sich mit diesen auf dem Gutachten des Sach-
verständigen K. beruhenden Einwendungen der Beklagten allerdings teilweise
befasst, soweit es um die Auswertung der an der tiefsten Stelle des Brandtrich-
ters festzustellenden Brandschäden und die Schlussfolgerungen geht, die auf-
grund der Spuren von abgetropftem Kunststoff außerhalb des Diffusions-
schranks gezogen werden können. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist
gleichwohl gegeben, weil sich dem Berufungsurteil zum einen nicht plausibel
entnehmen lässt, welche Bedeutung diesen Abtropfspuren im Rahmen der Be-
urteilung der Brandursache zukommt, und nicht begründet wird, warum die Aus-
führungen des Sachverständigen D., auch im Inneren des Diffusionsschranks
sei ein Abtropfen für ihn möglich, in sich nachvollziehbar und überzeugend sind.
Zum anderen ist die Auseinandersetzung mit den Einwänden der Beklagten
nicht vollständig. Das Berufungsgericht nimmt keine Stellung dazu, warum sich
an der Beurteilung des Gerichtssachverständigen nichts ändert, wenn der
Kunststoffbelag unter den Tropfspuren außerhalb des Diffusionsschranks keine
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Brandschäden aufweist. Außerdem fehlt eine Erklärung dafür, welche Bauteile
im Inneren des Diffusionsschranks verbrannt und nach innen abgetropft sein
sollen.
Der von der Beklagten gerügte Gehörsverstoß ist entscheidungserheb-
lich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei
Berücksichtigung der Einwände der Beklagten zu einem für diese günstigeren
Ergebnis gelangt wäre. Denn es ist nicht völlig fernliegend, dass der Gerichts-
sachverständige bei Berücksichtigung dieser Einwände eine Brandquelle unter-
halb des Bubblers 1 nicht sicher hätte ausschließen können, so dass in diesem
Fall der Beweis zugunsten der Kläger nicht als geführt angesehen werden
könnte, dass der Brand aufgrund einer unzureichenden Konstruktion des von
der Beklagten gelieferten Diffusionssystems entstanden ist.
dd) Die Beklagte hat weiter geltend gemacht, als alternative Brandursa-
che komme in Betracht, dass sich am Boden der Anlage Bauteile entzündet
hätten, die nicht von ihr eingebaut worden seien. Es seien an der tiefsten Stelle
des Brandtrichters kabelähnliche Gegenstände zu erkennen, die wahrscheinlich
Reste eines elektrischen Verbrauchers darstellten (Bezug auf Bl. 1435 ff.,
Bl. 1535 und Bl. 1729, 1732 d. A.). Der Zeuge P. habe zudem bekundet, dass
auf den vom Brandort gefertigten Lichtbildern eine Wanne zu sehen sei (Bezug
auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 26. September 2013,
Bl. 1653 f. d. A.). Dieser Befund sei von den Privatsachverständigen B. und K.
bestätigt worden (Bezug auf Bl. 989, 991 und Bl. 1538 d. A.). Nach der Aussage
des Zeugen P. stamme die Wanne nicht von der Beklagten. Die Annahme des
Berufungsgerichts, es handele sich um Brandschrott, der infolge von Löschar-
beiten dort hingelangt sei, lasse sich nicht damit in Einklang bringen, dass die
Brandspuren an der Wanne mit den weiteren lokalen Brandspuren überein-
stimmten (Bezug auf Bl. 1734 ff. d. A.).
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Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Gegenstände, die nach der
Behauptung der Beklagten nachträglich und ohne ihre Veranlassung in die Dif-
fusionsanlage eingefügt worden seien, in Übereinstimmung mit dem Landge-
richt angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszu-
gehen, dass zwischen Abnahme und Brand keine weiteren Änderungen am
Diffusionssystem vorgenommen worden seien. Die auf den nach dem Brand
gefertigten Lichtbildern im Bereich des Bubblers 1 abgebildeten "undefinierba-
ren Gegenstände" ließen keinen Rückschluss auf eine technische Änderung zu,
weil diese Gegenstände als Brandschrott infolge der Löscharbeiten an diesen
Ort gelangt sein könnten. Mit den gegen diese Feststellungen vorgebrachten
Einwänden der Beklagten, die geeignet sind, die gegenteiligen Zeugenaussa-
gen in Frage zu stellen, setzt sich das Berufungsgericht dagegen nicht ausei-
nander.
Das Berufungsurteil beruht auch insoweit auf einer Verletzung des An-
spruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG,
weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Be-
rücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu einem für diese günstigeren
Ergebnis gelangt wäre. Die Einwände der Beklagten sind erheblich, weil durch
sie eine alternative Brandursache nahegelegt wird und der vom Gerichtssach-
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verständigen gezogene Rückschluss auf eine unzureichende Konstruktion des
von der Beklagten gelieferten Diffusionsschranks für den Fall, dass diese Ursa-
che nicht sicher ausgeschlossen werden kann, nicht haltbar wäre.
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Graßnack
Sacher
Wimmer
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 14.02.2014 - 2 O 276/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 29.12.2014 - 19 U 42/14 -
Herr Richter am Bundesge-
richtshof Prof. Dr. Jurgeleit
ist wegen Krankheit an der
Unterschrift gehindert
Eick