Urteil des BGH vom 08.10.2015

Leitsatzentscheidung zu Aufschiebende Wirkung, Gütliche Erledigung, Ersuchende Behörde, Verwaltungsakt

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V I I Z B 1 1 / 1 5
vom
8. Oktober 2015
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 91 Abs. 1, § 130 Nr. 6, § 130a, § 802c; RBStV § 10; LVwVG BW § 15a Abs. 3,
Abs. 4
a) Das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt kann auch dann den
gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbescheiden
genügen, wenn die im Ersuchen mit ihrem Namen aufgeführte Landesrundfunkanstalt
(hier: Südwestrundfunk) nicht ausdrücklich als Gläubigerin der Forderung angeführt ist
und
zudem
die
Angabe
ihrer
Anschrift,
ihrer
Rechtsform
und
ihrer
Vertretungsverhältnisse fehlt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015
- I ZB 64/14, juris).
b) § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LVwVG BW gebietet lediglich die Mitteilung, dass der der
Vollstreckung zugrunde liegende Verwaltungsakt vollstreckbar ist. Eine Darlegung, ob
sich die Vollstreckbarkeit aus der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder dem
Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ergibt, ist nicht erforderlich.
c) Die Kosten eines Rechtsbehelfsverfahrens in einer Zwangsvollstreckungs-sache, in
dem der Gläubiger obsiegt, können dem Schuldner in Ausnahme zu § 91 Abs. 1 ZPO
dann nicht auferlegt werden, wenn er keine Kenntnis von dem Verfahren und daher
auch keine Gelegenheit sich zu äußern hatte (Anschluss an BGH, Beschluss vom
19. Mai 2004 - IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980 f., juris Rn. 17).
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - VII ZB 11/15 - LG Mannheim
AG Mannheim
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen
Graßnack, Sacher und Wimmer
beschlossen:
Auf die Beschwerden des Gläubigers werden die Beschlüsse der
10. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 31. März 2015
und des Amtsgerichts Mannheim vom 3. Februar 2015 aufgeho-
ben.
Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Vollstreckung gegen
die Schuldnerin nicht mit der Begründung zu verweigern, das Voll-
streckungsersuchen vom 1. August 2014 erfülle nicht die Voraus-
setzungen des § 15a Abs. 4 LVwVG BW.
Gegenstandswert: 165,82 Euro
Gründe:
I.
Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die unter der Be-
zeichnung "Südwestrundfunk" tätige Landesrundfunkanstalt in den Bundeslän-
dern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Er betreibt gegen die Schuldne-
rin die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkgebühren und
-beiträge in Höhe von 165,82 Euro.
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Am
8. August 2014
ist
bei
dem
Amtsgericht
M.
- Gerichtsvollzieherverteilerstelle - ein als "Vollstreckungsersuchen" bezeichne-
tes Schreiben vom 1. August 2014 eingegangen, das mit dem nachfolgenden
Briefkopf versehen war:
Das Vollstreckungsersuchen ist weiter wie folgt gefasst:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
trotz Festsetzung und Mahnung hat der oben genannte Beitragsschuldner rückständige
Rundfunkgebühren von insgesamt 165,82 EUR nicht beglichen. Die Voraussetzungen
für die Zwangsvollstreckung sind erfüllt, insbesondere sind die Gebühren-/
Beitragsbescheide unanfechtbar geworden bzw. hat ein Rechtsbehelf keine aufschie-
bende Wirkung.
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Wir bitten Sie, wegen rückständiger Rundfunkgebühren/-beiträge die nachfolgend bean-
tragten Vollstreckungsmaßnahmen gegen oben genannten Beitragsschuldner durchzu-
Diese Ausfertigung ist vollstreckbar.
Es wird zunächst die isolierte gütliche Erledigung gemäß § 802b ZPO beantragt. Einer
Zahlungsvereinbarung über 12 Monate wird bereits jetzt zugestimmt.
Bei erfolgloser gütlicher Einigung wird beantragt, einen Termin zur Abnahme der Ver-
mögensauskunft gemäß § 802f Abs. 1 ZPO zu bestimmen und nach Abgabe der Aus-
kunft eine entsprechende Abschrift gemäß § 802f Abs. 6 ZPO zu übersenden.
1.000,00 EUR
(…)
(…) Senden Sie uns außerdem das Vermögensverzeichnis gemäß § 900 Abs. 5 ZPO
a.F. bzw. die Vermögensauskunft gemäß 802c, 802d und 802f ZPO n.F. zu, wenn das
nicht älter als ein Jahr ist.
(…)
Die Aufstellung der rückständigen Forderungen finden Sie auf der/den Folgeseite(n).
Zu Ihrer Information:
Eine Zahlung konnte dem Beitragskonto bisher nicht gut geschrieben werden.
Das Beitragskonto weist einschließlich 06.2014 einen Rückstand von 227,76 EUR aus.
Von 03.2012 bis 06.2013 war der Schuldner von der Rundfunkgebühren-
/Rundfunkbeitragspflicht befreit.
Überweisen Sie die eingezogenen Beträge bitte unter Angabe der Beitragsnummer (...)
und des Datums 01.08.2014 und nutzen Sie hierfür unbedingt das VE Abwicklungskon-
to (…).
(…)
Mit freundlichen Grüßen
Südwestrundfunk"
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Die letzte Seite des Schreibens enthält eine "Aufstellung der rückständi-
gen Forderungen" (aufgeschlüsselt in Tabellenspalten nach "Zeitraum", "Datum
des Bescheides", "Datum der Mahnung", "Rundfunkgebühren/Beiträge",
"Säumniszuschlag", "Mahngebühr", "Sonstige Kosten", "Davon ausgeglichen"
und "Gesamt") und den vorangestellten Hinweis: "Dem Beitragsschuldner sind
bereits Gebühren-/Beitragsbescheide und Mahnungen mit folgenden Daten zu-
gesandt worden:
…". Die Seite endet mit dem Hinweis: "Dieses Vollstreckungs-
ersuchen ist von einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage gefertigt und
ohne Unterschrift und Dienstsiegel wirksam."
Der Gerichtsvollzieher hat den Vollstreckungsauftrag unter Verweis auf
das Fehlen eines ordnungsgemäßen Titels als unzulässig zurückgewiesen. Die
hiergegen gerichtete Erinnerung des Gläubigers hat das Amtsgericht zurück-
gewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers ist er-
folglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-
schwerde verfolgt der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag weiter.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3
Satz 2 ZPO i.V.m. § 16 Abs. 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Ba-
den-Württemberg (LVwVG BW) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Gemäß § 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. De-
zember 2010 (Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV, GBl. BW 2011, 477)
werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunk-
anstalt festgesetzt. Die Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstre-
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ckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6 RBStV). Die Vollstreckung seitens des
Südwestrundfunks erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 LVwVG BW durch Beitreibung.
Macht die Vollstreckungsbehörde - wie im Streitfall - von der ihr gemäß § 16
Abs. 1 Satz 1 LVwVG BW zustehenden Befugnis zur Abnahme der Vermö-
gensauskunft keinen Gebrauch, hat der Pflichtige auf Antrag der Verwaltungs-
behörde beim Gerichtsvollzieher Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe
des § 802c ZPO zu erteilen (§ 16 Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW). Gegen Entschei-
dungen des Gerichtsvollziehers und des Amtsgerichts kann die Vollstreckungs-
behörde gemäß § 16 Abs. 4 LVwVG BW die nach den Vorschriften des Achten
Buches der Zivilprozessordnung zulässigen Rechtsbehelfe einlegen.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a) Das Beschwerdegericht hat das Vorliegen der Anforderungen gemäß
§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 LVwVG BW verneint und daher die Zurückwei-
sung des Vollstreckungsersuchens durch den Gerichtsvollzieher für rechtmäßig
erachtet.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, diesen Anforderungen genü-
ge das Vollstreckungsersuchen vom 1. August 2014 nicht. Ein großzügiger Prü-
fungsmaßstab hinsichtlich der Formvorschriften zugunsten des Gläubigers sei
nicht angebracht. Weder die Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde noch des
zu vollstreckenden Verwaltungsaktes unter Angabe der erlassenden Behörde,
des Datums und des Aktenzeichens ließen sich dem Ersuchen mit hinreichen-
der Deutlichkeit entnehmen.
Es verweist im Übrigen auf die Argumentation der angegriffenen Ent-
scheidung, in der ergänzend ausgeführt ist, dass aufgrund der inhaltlichen Ge-
staltung des Vollstreckungsersuchens, in dem sowohl der Gläubiger als auch
der "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice" genannt sind, nicht klar sei,
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wer von den beiden Genannten Vollstreckungsbehörde sei. Dem knappen Hin-
weis auf den Südwestrundfunk fehlten jegliche Angaben zur Rechtsform, Ver-
tretung und Anschrift, während der "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsser-
vice" unter vollständiger Angabe der Anschrift genannt sei. Deshalb fehle es
auch an einer klaren Angabe der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde.
Selbst wenn man von einer hinreichenden Bezeichnung der Vollstreckungsbe-
hörde ausgehe, sei nicht klargestellt, dass diese auch den Verwaltungsakt er-
lassen habe. Die Angabe der Beitragsnummer sei nicht ausreichend, weil Bei-
tragsnummer und Aktenzeichen des Festsetzungsbescheides nicht zwingend
identisch sein müssten.
b) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Recht.
aa) Für die Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher auf Ersuchen der
Vollstreckungsbehörde gelten die in § 15a Abs. 3 LVwVG BW geregelten Voll-
streckungsvoraussetzungen. Danach finden die Vorschriften des Achten Bu-
ches der Zivilprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle
der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstre-
ckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde tritt und es keiner Zustellung des
Vollstreckungsersuchens bedarf (§ 15a Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW). Das Voll-
streckungsersuchen muss dabei - wovon das Beschwerdegericht im Ausgangs-
punkt zutreffend ausgegangen ist - den besonderen Anforderungen des § 15a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 6 LVwVG BW entsprechen. Nach § 15a Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 und 2 LVwVG BW muss das Vollstreckungsersuchen unter anderem die
Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde, die Bezeichnung des zu vollstrecken-
den Verwaltungsaktes unter Angabe der erlassenden Behörde, des Datums
und des Aktenzeichens enthalten.
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bb) Das Vollstreckungsersuchen des Gläubigers vom 1. August 2014
genügt den Anforderungen des § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 LVwVG
BW.
(1) Dem Wortlaut des § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LVwVG BW lässt sich
nicht entnehmen, dass die vom Beschwerdegericht für eine eindeutige Be-
zeichnung der Vollstreckungsbehörde geforderte ausdrückliche Angabe der
Eigenschaft als Gläubiger und Vollstreckungsbehörde sowie weitere Angaben
zur Rechtsform, zu den Vertretungsverhältnissen und die Mitteilung der An-
schrift erforderlich sind. Auch der Sinn und Zweck der Bestimmung erfordert
diese Angaben im Streitfall nicht. Die in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LVwVG BW
für notwendig erachtete Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde dient ersicht-
lich dazu, den Gerichtsvollzieher in die Lage zu versetzen, das konkrete Voll-
streckungsersuchen einer bestimmten Vollstreckungsbehörde - gemäß § 4
Abs. 1 LVwVG BW ist das die Behörde, die den zu vollstreckenden Verwal-
tungsakt erlassen hat - eindeutig zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass Anga-
ben zur Gläubigerstellung oder gar die Angabe als "Vollstreckungsbehörde"
nicht erforderlich sind. Diese Eigenschaften ergeben sich ohne weiteres bereits
aus dem Umstand, dass die im Vollstreckungsersuchen bezeichnete Behörde
die Zwangsvollstreckung betreibt. Aus dem Zweck der Vorschrift folgt ferner,
dass die Vollstreckungsbehörde bereits dann hinreichend eindeutig bezeichnet
ist, wenn sich ihre Identität bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus
der Sicht des Empfängers ergibt (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015
- I ZB 64/14, juris Rn. 31).
(2) Nach diesen Maßstäben ist die Angabe "Südwestrundfunk" auf dem
Vollstreckungsersuchen, in dem es ausdrücklich um die Beitreibung von rück-
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ständigen Rundfunkbeiträgen des in Baden-Württemberg wohnhaften Schuld-
ners geht, hinreichend genau, um den Gläubiger als Vollstreckungsbehörde
eindeutig zu bezeichnen.
Die Bezeichnung des Gläubigers als "Südwestrundfunk" befindet sich
nicht nur - räumlich eindeutig abgesetzt von den Angaben zum Beitragsser-
vice - auf der linken Seite des Briefkopfs des Vollstreckungsersuchens. Sie ist
zudem in Alleinstellung unter der abschließenden Grußformel und damit an der
Stelle angegeben, an der herkömmlich die für den vorstehenden Inhalt verant-
wortlich zeichnende Person aufgeführt ist. Entgegen der Ansicht des Be-
schwerdegerichts ergeben sich keine Zweifel an der Identität des Gläubigers
daraus, dass im Vollstreckungsersuchen der Gläubiger nur mit seiner Bezeich-
nung "Südwestrundfunk" angegeben ist, während Angaben zu seiner Rechts-
form, Anschrift und Vertretung fehlen. Umstände, die im Streitfall trotz der An-
gabe "Südwestrundfunk" als Absender des Vollstreckungsersuchens Zweifel an
der damit gekennzeichneten Vollstreckungsbehörde begründen könnten, so
dass nur die Angabe der Rechtsform, Anschrift und Vertretungsverhältnisse die
eindeutige Identifizierung des Gläubigers ermöglichen, hat das Beschwerdege-
richt weder festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich. Es gibt erkennbar keine
weitere Landesrundfunkanstalt mit einem identischen oder zumindest ver-
wechslungsfähigen Namen, die ebenfalls berechtigt sein könnte, Rundfunkbei-
träge von einem in Baden-Württemberg ansässigen Schuldner zu erheben.
Dass im Briefkopf neben der Bezeichnung des Gläubigers der Beitragsservice
angeführt ist und nähere Angaben zu dessen Erreichbarkeit mitgeteilt werden,
entspricht der dem Beitragsservice vom Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zuge-
wiesenen Aufgabe, als Inkassostelle für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkan-
stalten die Rundfunkbeiträge einzuziehen. Eine Verwechslungsgefahr betref-
fend die Gläubigerstellung ist damit nicht verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom
11. Juni 2015 - I ZB 64/14, juris Rn. 23).
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(3) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts liegt im Streitfall auch
eine hinreichende Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes unter
Angabe der erlassenden Behörde, des Datums und des Aktenzeichens gemäß
§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW vor.
(a) Hinsichtlich der konkreten Bezeichnung der den Verwaltungsakt er-
lassenden Behörde wird auf die Ausführungen unter II 2 b bb (2) Bezug ge-
nommen. Dass der Gläubiger die erlassende Behörde ist, ergibt sich hinrei-
chend deutlich aus dem Vollstreckungsersuchen. Die Identität von erlassender
und vollstreckender Behörde stellt den Regelfall dar, § 4 Abs. 1 LVwVG BW, ein
Auseinanderfallen die Ausnahme, § 4 Abs. 2 LVwVG BW. Andere Rechtsträger,
die als erlassende Behörde in Betracht kommen, werden im Vollstreckungser-
suchen nicht genannt und sind auch sonst nicht ersichtlich (vgl. BGH, Be-
schluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14, juris Rn. 52).
(b) Auch das Datum des zu vollstreckenden Bescheides ergibt sich ein-
deutig aus der dem Vollstreckungsersuchen beigefügten "Aufstellung der rück-
ständigen Forderungen", in der tabellarisch dargestellt ist, betreffend welchen
Gebührenzeitraum wann welcher Bescheid über welchen Gebührenbetrag er-
gangen ist.
(c) Schließlich ist im Vollstreckungsersuchen die Beitragsnummer des
Schuldners und damit ein Aktenzeichen benannt, das die eindeutige Zuordnung
des Vollstreckungsersuchens zu einem bestimmten Schuldner ermöglicht (vgl.
BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14, juris Rn. 52). Aus dem Wort-
laut des § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW ergibt sich - entgegen der An-
sicht des Beschwerdegerichts - nicht, dass die ersuchende Behörde für einzel-
ne Bescheide zwingend individuelle Aktenzeichen zu vergeben hat. § 15a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW bezweckt als unabdingbares Minimum der
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Rechtsklarheit die eindeutige Zuordnung des Vollstreckungsersuchens zu ei-
nem bestimmten Schuldner und einem bestimmten Sachverhalt. Dies ist durch
die Angabe der Beitragsnummer neben den übrigen durch den Gläubiger in
dem Vollstreckungsersuchen mitgeteilten Daten gewährleistet. Etwas anderes
könnte nur dann gelten, wenn der Gläubiger über die Beitragsnummer hinaus
für einzelne Vorgänge gesonderte Aktenzeichen vergeben würde und diese
nicht angegeben hätte. Dies hat das Beschwerdegericht jedoch nicht festge-
stellt und ist auch nicht ersichtlich.
cc) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich nicht aus ande-
ren Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Das Vollstreckungsersuchen
des Gläubigers erfüllt die weiteren Voraussetzungen gemäß § 15a Abs. 4
Satz 1 Nr. 1, 3 bis 6 LVwVG BW, insbesondere waren im Streitfall gemäß § 15a
Abs. 4 Satz 2 LVwVG BW ein Dienstsiegel und die Unterschrift des Behörden-
leiters nicht erforderlich (vgl. dazu ausführlich BGH, Beschluss vom 11. Juni
2015 - I ZB 64/14, juris Rn. 33 ff.).
Auch die Angabe des Grundes und der Höhe der Geldforderung, § 15a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 LVwVG BW, ist hinreichend erfolgt. Aus dem einleitenden
Absatz des Vollstreckungsersuchens ergibt sich, dass der Gläubiger wegen
eines Betrages in Höhe von 165,82 Euro die Vollstreckung betreibt. In der An-
lage zum Vollstreckungsersuchen sind als beizutreibender Betrag 165,82 Euro
ausgewiesen. Der ergänzend auf Seite 1 unten des Ersuchens mitgeteilte Ge-
samtrückstand des Beitragskontos bis Juni 2014 in Höhe von 227,76 Euro dien-
te - wie der Zusatz "Zu Ihrer Information" klarstellt - nur der weiteren Informati-
on. Ein Vollstreckungsersuchen war damit für jeden klar erkennbar nicht ver-
bunden.
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Auch § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LVwVG BW ist erfüllt. Das Vollstre-
ckungsersuchen weist darauf hin, dass "diese Ausfertigung
(…) vollstreckbar"
ist. § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LVwVG BW fordert als Mindestangabe in dem die
vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels ersetzenden Ersuchen, § 15a
Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz LVwVG BW, die Mitteilung, dass der der Vollstre-
ckung zugrundeliegende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden oder die auf-
schiebende Wirkung eines Rechtsmittels entfallen ist, mithin, dass dieser voll-
streckbar ist (vgl. § 2 LVwVG BW). Dieses Erfordernis ist vor dem Hintergrund
der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, zu denen die Vollstreckbarkeit
des Titels gehört (vgl. § 168 VwGO, §§ 704 ff. ZPO), zu sehen und dient der
Sicherstellung derselben. Für das LVwVG BW sind die allgemeinen Vorausset-
zungen der Vollstreckung in § 2 mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes
oder dem Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs definiert.
An diese Norm lehnt sich die Formulierung des § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 4
LVwVG BW an. Die Angabe, dass Vollstreckbarkeit gegeben ist, ist damit aus-
reichend. Eine differenzierte Darlegung, warum dies der Fall ist (Unanfechtbar-
keit oder Entfallen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs) ist nicht
erforderlich.
Angaben zu Schuldner (§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LVwVG BW) und
Mahnungen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 LVwVG BW) liegen vor.
III.
Abweichend von § 91 Abs. 1 ZPO sind im Streitfall der Schuldnerin die
Kosten der Rechtsbehelfsverfahren nicht aufzuerlegen, weil sie von den Verfah-
ren keine Kenntnis hatte und sich daher nicht zur Sache äußern konnte (vgl.
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BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980 f.,
juris Rn. 17).
Eick
Kartzke
Graßnack
Sacher
Wimmer
Vorinstanzen:
AG Mannheim, Entscheidung vom 03.02.2015 - 7 M 47/14 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 31.03.2015 - 10 T 33/15 -