Urteil des BGH vom 11.12.2012

Leitsatzentscheidung zu Persönlichkeitsrecht, Staatssicherheit, Verdacht, DDR, Gewissheit

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 314/10
Verkündet am:
11. Dezember 2012
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
Satz 2
Die Presse darf Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der DDR ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Oktober
2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Berichterstattung
über seine angebliche Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministeri-
um für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
(DDR) in Anspruch.
Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzen-
der der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag
und Spitzenkandidat dieser Partei für die Landtagswahl am 19. September
2004. Die Beklagte verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Mor-
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genpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag". In diesen Zeitungen wurde
in der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 in fünf Artikeln über den Verdacht berich-
tet, der Kläger habe seit 1970 als inoffizieller Mitarbeiter "IM Christoph" mit dem
Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere
seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt.
Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon ge-
habt, dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt
habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung ver-
schiedener Passagen der Artikel verurteilt. Die Berufung der Beklagten war er-
folglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger beanstandeten
Textpassagen seien jeweils Teil einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung
und verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ihre
Veröffentlichung sei insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die darin als
Verdacht geäußerten Behauptungen zutreffend seien. Es sei nicht erwiesen,
dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst der
DDR zusammengearbeitet habe. Die Beweislast für die Wahrheit der Behaup-
tungen liege bei der Beklagten. Der Beweis sei durch die vorgelegten Doku-
mente der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens-
tes der DDR (nachfolgend: Bundesbeauftragte) und die Aussagen der Zeugen
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nicht erbracht worden. Zwar bleibe ein erheblicher Verdacht, dass die Behaup-
tung des Klägers, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugen Mitarbeiter des Mi-
nisteriums für Staatssicherheit gewesen seien, nicht zutreffe. Denn den vorge-
legten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen sei zu entnehmen, dass der
Kläger über Jahre vielfach und unter konspirativen Umständen Kontakt mit Mit-
arbeitern des Staatssicherheitsdienstes gehabt und er diesen gegenüber höchst
private und politisch brisante Einzelheiten über Freunde, Bekannte und seine
damalige Lebensgefährtin berichtet habe. Sie ließen aber nicht den zwingenden
Schluss zu, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, wer seine Gesprächs-
partner waren. Der Möglichkeit, dass der Kläger unwissentlich mit Vertretern
der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gesprochen habe, stehe insbesondere
nicht zwingend entgegen, dass die HVA im Jahre 1970 für den Kläger eine Kar-
teikarte mit dem Decknamen "IM Christoph" angelegt habe und dass in der Ak-
tennotiz des Zeugen O. vom 5. März 1984 festgehalten worden sei, dass der
Kläger bei der HVA positiv erfasst sei und zuverlässig arbeite. Hieraus ergäben
sich zwar erhebliche Verdachtsmomente. Eine Gewissheit über eine positive
Kenntnis des Klägers bestehe hingegen nicht.
Die Berichterstattung sei auch nicht etwa deshalb zulässig, weil es sich
um die Verbreitung eines Verdachts gehandelt habe. Ihre Zulässigkeit scheitere
jedenfalls daran, dass die Beklagte, die ihre Informationen ausschließlich Be-
richten des Nachrichtenmagazins "FOCUS" entnommen habe, vor der Veröf-
fentlichung keine eigenen Recherchen durchgeführt habe. In Anbetracht der
Konsequenzen, die der Vorwurf, der Kläger sei als "IM" der "Stasi" tätig gewe-
sen, für diesen hätte haben müssen, habe die Beklagte selbst die im Nachrich-
tenmagazin "FOCUS" auszugsweise zitierten Dokumente der Bundesbeauftrag-
ten überprüfen und den Verfasser der darin enthaltenen Berichte, den Zeugen
O., zu den Umständen ihrer Entstehung befragen müssen. Die Tatsache, dass
sich der Kläger im Landtagswahlkampf befunden habe, stehe dem nicht entge-
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gen, sondern habe im Gegenteil wegen der absehbaren schwerwiegenden Fol-
gen für den Kläger zu einer genaueren Überprüfung führen müssen. Die Be-
klagte habe sich nicht gänzlich auf die Einschätzung der Bundesbeauftragten
verlassen dürfen, die die Voraussetzungen für eine Herausgabe der Unterlagen
an die Presse für gegeben hielt, sondern die ihr zur Verfügung stehenden eige-
nen Recherchemöglichkeiten nutzen müssen. Die Beklagte habe nicht vorge-
tragen, dass sie irgendein Dokument der Bundesbeauftragten in den Händen
gehabt habe.
In der Abhaltung einer Pressekonferenz am 19. August 2004 durch den
Kläger liege keine Einwilligung in die Veröffentlichungen. Da sie erst nach dem
Erscheinen der Beiträge stattgefunden habe, entfalle durch sie nicht die
Rechtswidrigkeit der Berichterstattung. Es bestehe auch weiterhin Wiederho-
lungsgefahr, zumal die Beklagte nicht konkret vorgetragen habe, zu welchen
konkreten Äußerungen der Kläger sich mit welchen Worten in dieser Presse-
konferenz geäußert habe.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Beru-
fungsgerichts, dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der angegriffenen
Äußerungen ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1
Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die
angegriffenen Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
des Klägers darstellen. Es hat den Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen
zutreffend erfasst, indem es angenommen hat, die Beklagte habe dadurch in
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jeweils unterschiedlichen Formen den Verdacht geäußert, der Kläger habe als
informeller Mitarbeiter (IM) mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR
(MfS) zusammengearbeitet und "Spitzeldienste" erbracht. Es hat die Äußerun-
gen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Die Äußerung des
Verdachts, mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben, ist geeignet, sich ab-
träglich auf das Ansehen des Klägers, insbesondere sein Bild in der Öffentlich-
keit, auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339, 346; BVerfGE 119, 1, 24, jeweils
mwN; siehe auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR
2012, 66 Rn. 20 f.; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56; EGMR, NJW 2012, 1058
Rn. 83).
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des
Berufungsgerichts, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde
durch die angegriffenen Äußerungen in rechtswidriger Weise verletzt.
a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmen-
rechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine
Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt
werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffe-
nen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechts-
konvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des
Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senats-
urteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 35; vom 30. Ok-
tober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 10, jeweils mwN).
Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1
EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit
und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten
Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. Se-
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natsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 24; vom
22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 14, jeweils mwN;
BVerfG, NJW 2012, 756 Rn. 18; NJW 2012, 1500 Rn. 33). Bei Tatsachenbe-
hauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den wider-
streitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptun-
gen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für
den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai
2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR
4/12, z.V.b., Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW
2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren
Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsa-
chenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch
wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteil vom 22. April
2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62,
jeweils mwN).
b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Beru-
fungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien nicht (erweislich) wahr.
aa) Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, bei der Wieder-
gabe der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe durch die Beklagte handele es
sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, sondern um eine wahrheitsge-
mäße und deshalb zulässige Berichterstattung über das Zeitgeschehen, näm-
lich über die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "FOCUS" und die bis
zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Bundesbeauftragten. Denn
die Beklagte hat sich die Erkenntnisse des "FOCUS" bzw. der Bundesbeauf-
tragten über den Verdacht einer IM-Tätigkeit des Klägers jeweils zu Eigen ge-
macht. Sie hat die jeweiligen Artikel selbst verfasst und sich mit den fremden
Äußerungen identifiziert, so dass sie als eigene erscheinen; sie hat sie zum Be-
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standteil eigener Verdachtsberichterstattungen gemacht (vgl. Senatsurteile vom
30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 19; vom 17. November
2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR
144/11, VersR 2012, 992 Rn. 11; BVerfG, NJW 2004, 590, 591 jeweils mwN).
bb) Mit Erfolg rügt die Revision aber die tatrichterliche Würdigung des
Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die von ihr als Ver-
dacht geäußerten Behauptungen wahr seien. Das Berufungsgericht ist zwar im
Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die
Wahrheit der Tatsachenbehauptungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das
Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB der auf Unterlassung
in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden obliegt (vgl. Senatsurteile
vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; vom 22. April 2008
- VI ZR 83/07, BGH 176, 175 Rn. 21; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11,
VersR 2012, 502 Rn. 13; BVerfGE 114, 339, 352). Wie die Revision jedoch zu
Recht beanstandet, beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte
habe nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem
Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, auf einer Verletzung von
§ 286 Abs. 1 ZPO.
(1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des
gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisauf-
nahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behaup-
tung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grund-
sätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsge-
richt nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen,
ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfas-
send und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also voll-
ständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfah-
rungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10,
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VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012,
1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß.
Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an Beweisregeln und nur sei-
nem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche
Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr über-
zeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeu-
gung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen
stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine
Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in
tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchba-
ren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, oh-
ne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06,
VersR 2008, 1265 Rn. 22; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011,
223 Rn. 21; BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245,
255 f.; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; vom 13.
März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508, jeweils mwN). Zweifel, die
sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche An-
haltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8.
Juli
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- VI ZR 259/06, aaO).
(2) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beach-
tet.
(a) Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkge-
setze und Erfahrungssätze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Deu-
tung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe durch das Landgericht, auf
dessen Würdigung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zum Teil weit
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hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfingen kaum in Einklang zu brin-
gen ist. So rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht, das insoweit
auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen hat, den Bericht der
Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit vom 9. März
1984 als mit dem Vortrag des Klägers, er sei lediglich ohne sein Wissen "abge-
schöpft" worden, vereinbar angesehen hat. Der Bericht vom 9. März 1984 be-
trifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erste Kontaktaufnahme
der Bezirksverwaltung Leipzig mit dem Kläger, der bis zu dieser Zeit nur bei der
Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) als inoffizieller Mitarbeiter erfasst war. In
diesem Bericht führt Oberleutnant O. von der Bezirksverwaltung Leipzig aus:
"Entsprechend der Mitteilung der HVA konnte mit diesem IM die Verbindung zur
zeitweiligen Nutzung aufgenommen werden. Dazu wurden die Telefonnummer
des IM und ein Erkennungswort mitgeteilt. Die Verbindungsaufnahme zum IM
erfolgte telefonisch und geschah ohne Schwierigkeiten." Die Revision bean-
standet mit Recht, dass die Würdigung des Landgerichts, unter dem Erken-
nungswort könne auch der Arbeitsname zu verstehen sein, unter dem alle
durch den Kläger erlangten Informationen zwischen der Hauptverwaltung und
der Bezirksverwaltung Leipzig auszutauschen seien, unvertretbar ist. Sie trägt
insbesondere dem anerkannten Grundsatz nicht Rechnung, wonach der Sinn-
gehalt von Erklärungen unter Berücksichtigung des Wortlautes und des Zu-
sammenhangs zu erfassen und hierbei das übliche Verständnis der betroffenen
Verkehrskreise zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der
Äußerung erfolgte die Mitteilung des Erkennungswortes an die Bezirksverwal-
tung gemeinsam mit der Bekanntgabe der Telefonnummer des IM zum Zwecke
der Kontaktaufnahme mit diesem. Im unmittelbar auf die Verwendung des Er-
kennungswortes folgenden Satz wird mitgeteilt, dass die Kontaktaufnahme tele-
fonisch erfolgt und ohne Schwierigkeiten geschehen sei. Weshalb in diesem
Zusammenhang das Erkennungswort den Arbeitsnamen bezeichnen soll, unter
dem die Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwal-
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tung auszutauschen waren, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Dies gilt
umso mehr, wenn man die Aussage der Mitarbeiterin der Bundesbeauftragten
in der Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangele-
genheiten des Sächsischen Landtags vom 10. Januar 2006 berücksichtigt, wo-
nach es üblich gewesen sei, zur Herstellung des Kontakts mit einem dem inoffi-
ziellen Mitarbeiter bislang unbekannten Offizier des Ministeriums für Staatssi-
cherheit Kennwörter zu vereinbaren.
(b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die An-
forderungen an die richterliche Überzeugung überspannt hat. Das Landgericht
hat rechtfehlerhaft eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden
Geschehensablaufs ausschließende Gewissheit gefordert. Es hat die Hinweise
in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes jeweils isoliert gewürdigt und
theoretische Erklärungen dafür gefunden, warum es nicht "gänzlich undenkbar",
"nicht unmöglich" oder "nicht gänzlich unplausibel" sei, dass die Darstellung des
Klägers zutreffend sei und er nicht gewusst habe, dass er seine umfassende
Spitzeltätigkeit tatsächlich für den Staatssicherheitsdienst erbrachte. Die erheb-
lichen Verdachtsmomente wiesen nicht "zwingend" darauf hin, dass der Kläger
Kenntnis von der Identität seiner Gesprächspartner gehabt habe.
Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass für die rich-
terliche Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad
von Gewissheit genüge, der Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig aus-
zuschließen. In der Sache hat es aber keine geringeren Anforderungen an die
Überzeugungsbildung als das Landgericht gestellt. Es hat sich uneingeschränkt
dessen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung angeschlossen und ebenfalls da-
rauf abgestellt, dass die "durchaus erheblichen Verdachtsmomente" nicht den
"zwingenden" bzw. "alleinigen Schluss" auf eine Kenntnis des Klägers zuließen
bzw. seiner Unkenntnis "nicht zwingend entgegen" ständen.
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c) Die Revision wendet sich darüber hinaus mit Erfolg gegen die Beurtei-
lung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien auch nicht
nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
aa) Soweit die Berichterstattung in den Artikeln vom 9., 10., 11. und
17. August 2004 betroffen ist, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungs-
gericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten bei seiner Entschei-
dungsfindung nicht berücksichtigt hat. Die Beklagte hatte in der Klageerwide-
rung unter Benennung eines Zeugen und unter Verweis auf Anlagen vorgetra-
gen, dass sich der Kläger in einer Pressekonferenz vom 8. August 2004, zu der
sämtliche Medien eingeladen worden seien, ausführlich zu den angekündigten
FOCUS-Enthüllungen und den darin enthaltenen Verdachtsmomenten geäußert
habe. Er habe insbesondere ausgeführt, dass er keine Stasi-Vergangenheit als
IM Christoph habe, "nie bewusst" mit dem MfS zusammengearbeitet und "nie
wissentlich" einen Stasioffizier getroffen habe. Zu dem - unter Bezugnahme auf
den Bericht in den Stasi-Unterlagen erhobenen - konkreten Vorwurf, dass er als
IM Christoph über eine Lesung der Autorin Christa Moog berichtet habe, habe
er spekuliert, bei seinen "öffentlichen Reden über diese Veranstaltung" von der
Stasi "abgeschöpft" worden zu sein. Die Beklagte hatte darüber hinaus in der
Klageerwiderung vorgetragen, die vom Kläger als Fraktionschef gesteuerte
PDS habe in ihrem Internetportal eine Meldung vom 8. August 2004 zum Abruf
bereit gehalten, in der u.a. Folgendes ausgeführt gewesen sei: "Der PDS-
Fraktionschef im Landtag von Sachsen, P., hat Stasi-Vorwürfe zurückgewiesen.
… Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "FOCUS" soll P. von Mai
1970 bis in die 80er Jahre als "IM Christoph" der DDR - Auslandsspionage In-
formationen geliefert und außerdem seine damalige Freundin und heutige Ehe-
frau R. bespitzelt haben."
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Dieser Vortrag der Beklagten ist entscheidungserheblich. Die Beklagte
hat damit geltend gemacht, der Kläger habe sich - vor der Berichterstattung
durch die Beklagte in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 - gezielt
an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Reaktion auf die Vorwürfe bekannt zu
geben, und über die PDS eine Berichterstattung veranlasst, in der die angegrif-
fenen Verdachtsäußerungen bereits verbreitet worden seien. Dieses Verhalten
des Klägers kann entweder als eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Ein-
willigung in die Berichterstattung der Beklagten zu werten sein oder jedenfalls
dazu führen, dass sein Interesse an einem Schutz seiner Persönlichkeit im
Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Beklagten an einer Berichter-
stattung zurückzutreten hat (vgl. zur Einwilligung in eine Persönlichkeitsbeein-
trächtigung: BVerfGE 106, 28, 45 f.; Senatsurteile vom 28. September 2004
- VI ZR 305/03, VersR 2005, 83 mwN; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03,
VersR 2005, 84, 86; LG Köln, AfP 1989, 766 f.; siehe auch OLG Karlsruhe,
OLGR 2006, 598, 599; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 916; LG München,
ZUM-RD 2008, 309; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 249; vgl. zur Berück-
sichtigung bei der Abwägung: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74,
NJW 1977, 1288, 1289, insoweit in BGHZ 68, 331 nicht abgedruckt; vom
26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 26; BVerfG, AfP 2010, 365
Rn. 32; BVerfGK 9, 54, 62). Denn haben der Kläger bzw. auf seine Veranlas-
sung und mit seinem Wissen die PDS sich mit den für seine Stasi-
Vergangenheit sprechenden Verdachtsmomenten öffentlich auseinanderge-
setzt, kann es der Presse nicht untersagt sein, diese Vorwürfe anschließend
zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen.
bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der
Prüfung der Rechtmäßigkeit der in den Artikeln vom 10., 11. und 17. August
2004 enthaltenen Äußerungen die Anforderungen an eine zulässige Verdachts-
berichterstattung überspannt hat.
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(1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon aus-
gegangen, dass eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt
ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft,
demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden
darf, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten
darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf
Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der
Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt an-
gestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132,
13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35;
BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Erforderlich ist ein
Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Informa-
tion sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung
darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizie-
rende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei
der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentli-
chung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich
muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen
Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist
(vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f.
mwN).
(2) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht den
erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsge-
halt der angegriffenen Äußerungen sprechen, verneint und zu hohe Anforde-
rungen an die von der Beklagten einzuhaltende Sorgfalt gestellt hat.
(a) Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt
richten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien stren-
ger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Mei-
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nungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum
Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikations-
prozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die
Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Per-
sönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeits-
recht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung
der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffent-
lichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, AfP 2009,
480 Rn. 62 mwN, sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99,
BGHZ 143, 199, 203 f.; BVerfGE 114, 339, 353 f.; BVerfGK 9, 317, 321;
BVerfGK 10, 485, 489; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 66; NJW 2006,
1645 Rn. 78; NJW 2012, 1058 Rn. 82).
(b) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die
Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten, Herrn B., vom
9. August 2004 rechtsfehlerhaft nicht als privilegierte Quelle gewertet hat, der
die Beklagte ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durfte. Wie die Be-
klagte in der Klageerwiderung geltend gemacht und was das Berufungsgericht
durch Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts
seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt hat, hatte der Pressespre-
cher der Bundesbeauftragten erklärt, aus den gefundenen Unterlagen gehe
zweifelsfrei hervor, dass der Kläger als "IM Christoph" für den Staatssicher-
heitsdienst tätig gewesen sei.
Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
StUG um eine Bundesoberbehörde. In der Rechtsprechung und im Schrifttum
ist anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Ver-
trauen entgegengebracht werden darf (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 35; OLG
Hamburg, ArchPR 1972, 86; OLG Stuttgart, AfP 1990, 145, 147; NJW-RR 1993,
733, 734; KG, AfP 1992, 302, 303; ZUM-RD 2011, 468, 472; OLG Karlsruhe,
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NJW-RR 1993, 732, 733; OLG Dresden, NJW 2004, 1181, 1183; LG Olden-
burg, AfP 1988, 79, 80; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 72; NJW 2012,
1058 Rn. 105; Peters, NJW 1997, 1334, 1336; Wenzel/Burkhardt, Das Recht
der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Damm/Rehbock,
Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 986).
Denn Behörden sind in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte,
namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und
zur Objektivität verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93,
NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/
Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 156 ff. [Stand: 1. Oktober 2012]).
Der Berücksichtigung der Auskünfte steht nicht entgegen, dass es sich
dabei nur um sekundäre Quellen handelt. Der Bundesbeauftragte ist für solche
Auskünfte besonders kompetent und kann das Vorliegen einer IM-Tätigkeit in
aller Regel besser beurteilen als Presseorgane. Die Unterrichtung der Öffent-
lichkeit, die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG zu seinen Aufgaben und Befugnis-
sen gehört, setzt fundierte und umfassende Kenntnisse über den Staatssicher-
heitsdienst und seinen Wirkungsbereich voraus (vgl. Pietrkiewicz/Burth in Gei-
ger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 37 Rn. 15). Deshalb ist beim Bundesbeauftrag-
ten auch eine Forschungsabteilung gebildet worden (Stoltenberg/Bossack,
StUG, 1. Aufl., § 37 Rn. 11).
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhand-
lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es
die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie-
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gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl.
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96,
S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Bran-
denburg, Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; Rapp-
Lücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE
96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.).
Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichts-
urteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine
Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit
und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berück-
sichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnah-
me auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg,
ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur-
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teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom
6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).
Galke
Zoll
Diederichsen
Pauge
von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 324 O 774/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 7 U 89/08 -