Urteil des BGH vom 14.01.2016

Anbau, Sanierung, Wohnhaus, Grundstück

ECLI:DE:BGH:2016:140116BVZR92.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 92/15
vom
14. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2016 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des Oberlandesgerichts Rostock - 3. Zivilsenat - vom
12. März 2015 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verwor-
fen.
Der
Gegenstandswert
des
Beschwerdeverfahrens
beträgt
14.321,65
€.
Gründe:
I.
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Das Grund-
stück des Beklagten war mit einem alten Wohnhaus bebaut, das der Mutter der
Klägerin und Großmutter des Beklagten gehörte. An dieses Gebäude wurde
1975/1976 ein Wohnhaus angebaut, ohne eine eigene Giebelaußenwand für
den Anbau herzustellen. Im Jahr 1995 erhielt die Klägerin von ihrer Mutter eine
Teilfläche des mit dem Anbau bebauten Grundstücks übertragen. Der Beklagte
wurde nach dem Tode seiner Großmutter im Jahr 2009 als deren Alleinerbe
Eigentümer des mit dem alten Wohnhaus bebauten Grundstücks. Nach einer im
Oktober 2010 durchgeführten Grenzfeststellung befindet sich die für den Anbau
genutzte Giebelaußenwand auf dem Grundstück des Beklagten. Dieser ließ ein
Jahr später den Altbau mit Ausnahme des dem Anbau dienenden Teils der
1
- 3 -
Giebelwand abreißen. Diese Wand liegt nunmehr frei: sie ist vor Witterungsein-
flüssen nicht mehr geschützt und zudem allein nicht standsicher.
Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie beantragt hat, den Beklagten
zu bestimmten, im Antrag bezeichneten baulichen Maßnahmen zur Sicherung
und zur Sanierung der Giebelwand, hilfsweise zur Gestattung der Selbstvor-
nahme und zur Erstattung der ihr dadurch entstehenden Aufwendungen zu ver-
urteilen. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Landgericht hat die
Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zu-
rückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbe-
schwerde mit dem Ziel, ihre Klageanträge in einem Revisionsverfahren weiter
zu verfolgen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der
Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8
EGZPO).
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des
Beschwerdegegenstands in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßge-
bend. Dieser Wert bemisst sich nach den Kosten der Maßnahmen zur Siche-
rung und Sanierung der durch den Abriss des Gebäudes des Beklagten freige-
legten Giebelwand des Wohnhauses der Klägerin. Dieser Wert ist von dem Be-
schwerdeführer darzulegen und gemäß § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl.
Senat, Beschluss vom 26. September 2013 - V ZR 262/12, Grundeigentum
2013, 1584 Rn. 6; Beschluss vom 7. Mai 2015 - V ZR 159/14, Grundeigentum
2015, 912 Rn. 5). Daran fehlt es hier.
2
3
4
- 4 -
2. a) Dahinstehen kann, ob das Angebot der Fa. P. vom
20.
März 2015 mit einer Summe von 26.433,47 € - wie von dem Prozessbe-
vollmächtigten der Klägerin behauptet - dem Schriftsatz vom 29. Mai 2015 bei-
gefügt gewesen und damit innerhalb der laufenden Begründungsfrist (vgl. zu
diesem Erfordernis: Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZR 174/13, juris
Rn. 5) eingereicht worden ist. Dass der Wert der im Revisionsverfahren geltend
zu machenden Beschwer der Klägerin den Betrag von 20.000 € übersteigt, ist
nämlich auch auf der Grundlage des neuen Angebots nicht glaubhaft dargelegt.
b) Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Klägerin die ihre Beschwer be-
stimmenden Kosten der im Klageantrag bezeichneten Baumaßnahmen in den
Tatsacheninstanzen mit wesentlich geringeren Beträgen in Ansatz gebracht hat.
In erster Instanz hat sie die voraussichtlichen Kosten auf der Grundlage einer
gutachterlichen Stellungnahme eines Bausachverständigen mit 5.992,19 € an-
gegeben. In zweiter Instanz hat sie die voraussichtlichen Kosten nach zwei An-
geboten der Fa. P.
vom 26. August 2013 (über 9.282 €) und vom
30.
September 2013 (über 5.039,65 €) mit insgesamt 14.321,65 € berechnet.
Der neue, gegenüber den Angeboten aus dem Jahre 2013 um 12.111,82 €
(= 84,57 %) höhere Angebotspreis wird damit begründet, dass die Kosten für
die Sanierung des Giebels auf Grund von Verschlechterungen der Bausubstanz
und von Preissteigerungen nunmehr deutlich höher lägen.
Wird zur Begründung der Werts der Beschwer nach § 26 Nr. 8 EGZPO
ein neues Angebot vorgelegt, muss dieses von dem Revisionsgericht darauf
überprüft werden, ob der behauptete Wert danach glaubhaft ist (vgl. BGH, Be-
schluss vom 30. Januar 1991 - XII ZR 115/90, juris Rn. 5 f.; Beschluss vom
27. August 2009 - VII ZR 161/09, juris Rn. 7). Das ist hier nicht der Fall. Bei ei-
nem Vergleich der Angebote fällt nämlich auf, dass in diesen dieselben Arbeiten
beschrieben werden. Geändert haben sich allein die Einheitspreise zu den ein-
5
6
7
- 5 -
zelnen Positionen, die sich teilweise verdoppelt, teilweise sogar verdreifacht
haben. Das liegt jedoch weit außerhalb der üblichen Preissteigerung in einein-
halb Jahren. Der Senat sieht es deshalb nicht als überwiegend wahrscheinlich
an, dass der Wert der Beschwer der Klägerin höher ist als von ihr in der Beru-
fungsinstanz unter Vorlage von Angeboten desselben Unternehmens für die-
selben Arbeiten angegeben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Czub
Kazele
Göbel
Vorinstanzen:
LG Stralsund, Entscheidung vom 04.03.2014 - 4 O 135/12 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 12.03.2015 - 3 U 37/14 -
8