Urteil des BGH vom 19.12.2014

Grundstück, Auflösende Bedingung, Dingliche Einigung, Bauwerk, Anpassung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 81/14
Verkündet am:
19. Dezember 2014
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und
Dr. Göbel
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Hamm vom 27. Februar 2014 wird auf Kosten der Beklag-
ten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. April 1970 bestellten die
Rechtsvorgänger der Klägerinnen dem Rechtsvorgänger der Beklagten an ih-
rem im Außenbereich gelegenen Grundstück ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit
von 99 Jahren. § 5 des Vertrages enthält folgende Regelung:
„Der Erbbauberechtigte ist berechtigt, das Erbbaugrundstück gemäß
den in der Gemeinde (…) geltenden Bauplanungsvorschriften zu bebau-
en. Er kann das unbebaute oder bebaute Grundstück einschl. der errich-
teten Gebäude an Dritte vermieten oder in sonstiger Weise zum Ge-
brauch überlassen.“
Als Erbbauzins wurde ein jährlich zu zahlender Betrag von 3.278 DM mit
einer Wertsicherungsklausel vereinbart. Nach dieser verändert sich der Erb-
bauzins, wenn sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden herausge-
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gebene Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte (Basis 1962 =
100) oder ein an dessen Stelle tretender Preisindex gegenüber dem Stande
vom 1. April 1970 um mehr als 10% nach oben oder unten verändert, in dem
gleichen prozentualen Verhältnis.
Die Wertsicherungsklausel wurde von der Landeszentralbank genehmigt.
Die nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
geltenden Fassung für den Erbbaurechtsvertrag erforderliche Bodenverkehrs-
genehmigung wurde erteilt.
Im März 2012 informierten die Klägerinnen die Beklagte über eine An-
passung des Erbbauzinses und bezifferten den ab April 2012 zu zahlenden Be-
trag auf jährlich 5.221,74 €.
Die Klägerinnen haben die Beklagte auf Zahlung rückständigen Erbbau-
zinses in Höhe von 2.153,74 € nebst Zinsen und ab dem 1. April 2013 auf die
quartalsweise Zahlung eines Erbbauzinses in Höhe von 1.305,44 € in Anspruch
genommen. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 2.138,40 €
nebst Zinsen sowie von 1.301,60 € quartalsweise ab dem 1. April 2013 verur-
teilt. Die Berufung der Beklagten ist insoweit ohne Erfolg geblieben. Mit der von
dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klä-
gerinnen beantragen, verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, das Erbbaurecht sei wirksam bestellt wor-
den. Die Bestellung könne zum Zweck einer erst in der Zukunft beabsichtigten
Bebauung erfolgen. Vorliegend beziehe es sich hinreichend deutlich auf die
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Errichtung eines Bauwerks. Dessen Art und Umfang sei hinreichend bezeich-
net, weil mit den in der genannten Gemeinde geltenden Bauplanungsvorschrif-
ten eine ausreichend objektive, jedermann zugängliche Bezugsgrundlage ge-
wählt worden sei. Der Umstand, dass eine Bebauung tatsächlich nicht erfolgt
und seit längerem nicht mehr möglich sei, stehe dem Bestand des Erbbau-
rechts nicht entgegen. Ein Erbbaurecht erlösche nicht deshalb, weil sich nach
der Bestellung die Erwartung der Bebaubarkeit des Grundstücks zerschlagen
habe.
Die Klägerinnen könnten einen erhöhten Erbbauzins verlangen. Die aus
der Anpassungsklausel folgende Erhöhung sei nicht an der Billigkeitsschranke
des § 9a ErbbauRG zu messen, da die Vorschrift ein zu Wohnzwecken errichte-
tes Bauwerk voraussetze, woran es fehle. Die Anpassung des Erbbauzinses sei
auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Bei dem Kauf von Bauerwartungsland
habe in der Regel der Käufer das Risiko zu tragen, ob und wann sich die Erwar-
tung künftiger Bebaubarkeit erfülle. Für den Kauf eines sich auf Bauerwartungs-
land beziehenden Erbbaurechts gelte nichts anderes. Sei das Erbbaurecht
sach- und rechtsmängelfrei verschafft worden, trage der Inhaber des Erbbau-
rechts ebenfalls das Risiko, wenn die erwartete Bebaubarkeit des Grundstücks
nicht eintrete. Es sei dessen Sache, eine das Verwendungsrisiko begrenzende
Regelung in dem Erbbaurechtsvertrag zu vereinbaren. Hinzu komme, dass die
erteilte Bodenverkehrsgenehmigung ungenutzt geblieben und dies ausschließ-
lich in den Risikobereich des damaligen Erbbauberechtigten gefallen sei.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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1. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass die Rege-
lung in § 5 des notariellen Vertrages vom 14. April 1970 den Inhalt des Erbbau-
rechts ausreichend und daher wirksam bestimmt.
a) Der gesetzlich nur allgemein bestimmte Inhalt des Erbbaurechts als
eines Rechts, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu
haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauRG), bedarf im Bestellungsvertrag zwar einer näheren
Bezeichnung nach Art und Umfang der zulässigen Bebauung, jedoch nur mit
solcher Genauigkeit, dass deutlich wird, wie die Bebauung ungefähr beschaffen
sein soll und ob es sich bloß um ein oder um mehrere Bauwerke handelt. Die
Anforderungen an die Bezeichnung dürfen dabei nicht überzogen werden, da
dies ohne Not die Bestellung eines Erbbaurechts ausschließen würde, wenn
sich der Erbbauberechtigte nicht bereits im Vertrag auf die Art der Bebauung
festlegen will oder kann. Daher hat es der Senat als ausreichend angesehen,
wenn die dingliche Einigung die Errichtung von Gebäuden nach Maßgabe eines
künftigen Bebauungsplans gestattet (Urteil vom 12. Juni 1987 - V ZR 91/86,
BGHZ 101, 143, 146 f.). Dies gilt auch, wenn sich die Vertragsparteien darauf
verständigt haben, dass jedes baurechtlich zulässige Bauwerk errichtet werden
darf (Senat, Urteil vom 22. April 1994 - V ZR 183/93, BGHZ 126, 12, 14 f.), wo-
bei auch eine dynamische Verweisung auf das öffentliche Bauplanungsrecht
erfolgen kann (Senat, Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439
Rn. 25).
b) Gemessen daran ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Rege-
lung in § 5 Satz 1 des notariellen Vertrages vom 14. April 1970 bezeichne das
zu errichtende Bauwerk in hinreichend bestimmtem Maß, nicht zu beanstanden.
Eine Bezeichnung, die - wie hier - dem Erbbauberechtigten das Recht einräumt,
jedes nach dem öffentlich-rechtlichen Baurecht zulässige Bauwerk auf dem
Grundstück zu errichten, ermöglicht nach der Rechtsprechung des Senats die
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Feststellung, ob das Bauwerk bei Erstreckung des Erbbaurechts auf einen für
die Bebauung nicht benötigten Teil des Grundstücks gemäß § 1 Abs. 2
ErbbauRG wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (Urteil vom 12. Juni 1987
- V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 146 f. mwN). Ebenso gewährleistet sie, dass
zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem sowie etwaigen
Rechtsnachfolgern hinreichende Klarheit über Inhalt und Umfang der Berechti-
gung zur Nutzung des Grundstücks besteht (vgl. Senat, Urteil vom
22. April 1994 - V ZR 183/93, BGHZ 126, 12, 15 mwN).
2. Die Frage, ob ein Erbbaurecht wirksam entstehen kann, wenn schon
im Zeitpunkt der Bestellung ein dauerndes öffentlich-rechtliches Bauverbot die
Nutzung des Erbbaugrundstücks als Baugrund hindert, hat der Senat verneint
(Urteil vom 12. Juni 1987 - V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 147 f.; Urteil vom
20. Dezember 1985 - V ZR 263/83, BGHZ 96, 385, 388). Ob daran angesichts
der geäußerten Kritik (Kohler, JR 1989, 317, 318 f.) festzuhalten ist, bedarf vor-
liegend keiner Entscheidung. Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor.
Allein die Lage des Grundstücks im Außenbereich rechtfertigt noch nicht
die Annahme eines dauernden öffentlich-rechtlichen Bauverbotes, das bereits
zum Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechts bestanden hat. Das Berufungs-
gericht verweist zu Recht darauf, dass auch nach § 35 Abs. 2 BBauG aF be-
stimmte Bauvorhaben im Einzelfall zulässig waren und für das ebenfalls im Au-
ßenbereich gelegene Nachbargrundstück der Beklagten eine Bebauung ge-
nehmigt worden ist. Dass sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
zum Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechts ein Flächennutzungsplan in der
Aufstellungsphase befand, der das Grundstück als landwirtschaftliche Nutzflä-
che ausweist, führt ebenfalls zu keiner anderen Betrachtung. Zu einer verbindli-
chen Aufstellung des Flächennutzungsplans ist es nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekommen. Hinzu kommt, dass die
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Einigung über die Bestellung des Erbbaurechts an Grundstücken im Außenbe-
reich nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 BBauG in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlus-
ses geltenden Fassung zu ihrer Wirksamkeit einer Genehmigung bedurfte, die
nach § 20 Abs. 1 BBauG aF nur versagt werden konnte, wenn die mit dem
Rechtsvorgang bezweckte Nutzung des Grundstücks mit einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar gewesen wäre. Diese rechtliche
Voraussetzung für die - hier erfolgte - Erteilung der Bodenverkehrsgenehmi-
gung deckte sich mit den Maßstäben, die gemäß § 35 Abs. 1 und 2 BBauG aF
für die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich galten (BVerwG, BVerwGE
18, 242, 245 f.; 20, 127, 130). Der Genehmigungsvorbehalt des § 19 Abs. 2
BBauG aF gab der Verwaltung die rechtliche Handhabe, im öffentlichen Inte-
resse die Bebauung schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in geordnete
Bahnen zu lenken. Zugleich enthielt das Institut der Bodenverkehrsgenehmi-
gung eine Schutzfunktion für die Beteiligten des genehmigungsbedürftigen
Rechtsvorganges
(vgl.
Senat,
Urteil
vom
12. Juni
1987
- V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 152 f.). Gemäß § 21 Abs. 1 BBauG aF bewirkte
die Bodenverkehrsgenehmigung, dass ein Bauantrag, der innerhalb von drei
Jahren seit der Erteilung der Genehmigung gestellt wurde, nicht mit der Be-
gründung abgelehnt werden durfte, das Vorhaben sei mit einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar. Die Bodenverkehrsgenehmigung
kam daher - entgegen der Ansicht der Revision - einer vorweggenommenen
Entscheidung über die Zulässigkeit des Bauvorhabens gleich (BVerwG,
BVerwGE 18, 242, 245; 19, 82, 84; 20, 127, 130; 48, 242, 245; NJW 1969, 73;
Schrödter, Bundesbaugesetz, 2. Aufl. 1969, § 19 Rn. 2; Fickert, Zulässigkeit
von Bauvorhaben, 2. Aufl. 1968, § 35 Rn. 306). Auch vor diesem Hintergrund
kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Grundstück im Zeitpunkt der
Bestellung des Erbbaurechts nicht bebaubar war.
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3. Das Erbbaurecht ging auch nicht deshalb unter, weil die Bebaubarkeit
des Grundstücks nach der Bestellung des Erbbaurechts entfallen ist. Anders als
bei einer Dienstbarkeit, deren Ausübung objektiv und endgültig unmöglich ist
(Senat, Urteil vom 24. Februar 1984 - V ZR 177/82, NJW 1984, 2157, 2158
mwN), führt dies nicht zu dem Erlöschen des Erbbaurechts. Dieses stellt ein
grundstücksgleiches Recht dar und unterscheidet sich damit von der Dienstbar-
keit. Es ist wie ein Grundstück zu behandeln (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG)
und ebenso wie dieses eigenständig belastbar und veräußerlich. Damit hat der
Erbbauberechtigte eine dem Grundeigentümer ähnliche - wenn auch durch den
Inhalt des Erbbaurechts beschränkte - Rechtsstellung. Ist das Erbbaurecht
wirksam entstanden, so ist sein Fortbestand, genauso wie der des Grundeigen-
tums, unabhängig davon, ob das Recht ausgeübt werden kann. Ein Untergang
des Erbbaurechts käme in der Auswirkung einer dem Verbot des § 1 Abs. 4
ErbbauRG widersprechenden Bindung an eine auflösende Bedingung gleich
(Senat, Urteil vom 12. Juni 1987 - V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 148 f.).
4. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung auch stand, so-
weit den Klägerinnen der erhöhte Erbbauzins zugesprochen worden ist.
a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet führt das Be-
rufungsgericht aus, dass das Erhöhungsverlangen der Klägerinnen nicht an den
Voraussetzungen des § 9a ErbbauRG scheitert. Die Vorschrift will den Erbbau-
berechtigten schützen, der ein auf Grund eines Erbbaurechts errichtetes Bau-
werk zu Wohnzwecken nutzt. Für ihn stellt sich der Erbbauzins wirtschaftlich als
Miete des Grundstücks dar, die er grundsätzlich aus einem Einkommen zu be-
zahlen hat. Eine Erhöhung des Erbbauzinses verzerrt die Relation zwischen
dem Wert des Grundstücks, den Wirtschafts- und Währungsverhältnissen und
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dem Einkommen des Erbbauberechtigten im Ausgangspunkt nicht, soweit letz-
teres in die Berechnung des Anpassungsbetrages einfließt und die Erhöhung
des Grundstückswertes hierüber nicht hinausgeht. Aus diesem Grund hat der
Gesetzgeber durch § 9a ErbbauRG Regelungen zur Anpassung des Erbbau-
zinses an die Änderung des Grundstückswertes die Wirksamkeit versagt, so-
weit diese unbillig sind (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2009 - V ZR 110/09,
NZM 2010, 253 Rn. 15). Die Vorschrift bildet daher keine Grundlage für eine
allgemeine Billigkeitskontrolle von Erbbauzinsanpassungen. Sie zielt auf einen
besonderen Fall, der hier nicht vorliegt.
b) Ohne Rechtsfehler weist das Berufungsgericht ferner darauf hin, dass
die Klägerinnen nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1
BGB) daran gehindert sind, die geltend gemachte Anpassung des Erbbauzin-
ses zu verlangen.
aa) Bei den gegenseitigen, entgeltlichen Verträgen gehört der Gedanke
der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung zur Geschäftsgrundlage,
auch wenn dies bei den Vertragsverhandlungen nicht besonders angesprochen
oder bedacht worden ist. Die Äquivalenz der in einem Erbbaurechtsvertrag ver-
einbarten gegenseitigen Leistungen ist dann gegeben, wenn der Erbbauzins
dem Wert des Erbbaurechts entspricht. Der Erbbauzins ist dem Recht zur bau-
lichen Nutzung wirtschaftlich gleichwertig, wenn sich seine Höhe an dem Wert
der dem Erbbauberechtigten gewährten Nutzungsmöglichkeit ausrichtet (Senat,
Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 18 ff. mwN). Für
die Berücksichtigung einer Störung der Geschäftsgrundlage ist allerdings kein
Raum, wenn sich damit ein Risiko verwirklicht hat, das nach der vertraglichen
Regelung in den Risikobereich einer Partei fällt. In einem solchen Fall muss
sich die Partei, die dieses Risiko übernommen hat, an dem Vertrag festhalten
lassen (Senat, Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 22;
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vgl. auch Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 6/13, Grundeigentum 2014, 585
Rn. 22 jeweils mwN).
bb) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, wonach eine
solche Risikoübernahme durch den Erbbauberechtigten vorliegt, ist revisions-
rechtlich nur darauf überprüfbar, ob Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Er-
fahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht beachtet worden sind
(st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 23. Mai 2014 - V ZR 208/12, NJW 2014,
3439 Rn. 8 mwN), und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass den Ver-
tragsparteien das Risiko einer Unbebaubarkeit des Grundstücks bewusst war.
Dies folgt nicht nur aus der Lage des Grundstücks im Außenbereich. Das Beru-
fungsgericht verweist ferner auf den zum Zeitpunkt der Bestellung des Erbbau-
rechts in der Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan, der das Grundstück
als landwirtschaftliche Nutzfläche auswies, und auf die gegenüber dem ur-
sprünglichen Vertragsentwurf veränderte Fassung von § 5 Satz 2 des Vertra-
ges, in der Nutzungsmöglichkeiten auch für das unbebaute Grundstück ange-
sprochen werden.
In Einklang mit der Rechtsprechung des Senats nimmt das Berufungsge-
richt ferner an, dass in der Regel der Käufer bei dem Erwerb eines sich auf
Bauerwartungsland beziehenden Erbbaurechts das für ihn erkennbare Risiko
übernimmt, ob und wann sich die Erwartung künftiger Bebaubarkeit erfüllt. In-
soweit geht derjenige, der ein Erbbaurecht in Kenntnis des Umstandes erwirbt,
dass das betreffende Grundstück nach öffentlichem Planungsrecht (noch) nicht
oder nur für einen kurzen Zeitraum bebauungsfähig ist, in gleicher Weise wie
ein Grundstückskäufer die Gefahr einer womöglich dauernden Unbebaubarkeit
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ein. Bei der Langfristigkeit von Erbbaurechten - im vorliegenden Fall 99 Jahre -
liegt die wirtschaftliche Tragweite des Entschlusses, ein solches Recht in der
bloßen Erwartung späterer (ggf. erneuter) Bebaubarkeit zu erwerben, auf der
Hand. Dieses Risiko darf dem Erbbaurechtskäufer nicht zu Lasten des Verkäu-
fers abgenommen werden. Es ist vielmehr Sache des Käufers, eine das Ver-
wendungsrisiko begrenzende Regelung in dem schuldrechtlichen Erbbau-
rechtsvertrag zu treffen. Zwar kann sich der Erbbaurechtskäufer nicht durch
einen Rücktrittsvorbehalt absichern (§ 1 Abs. 4 ErbbauRG); er kann aber jeden-
falls die Höhe des Erbbauzinses von dem Eintritt der Bebaubarkeit abhängig
machen (Senat, Urteil vom 12. Juni 1987 - V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 151 f.
mwN).
5. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass
die Ansprüche der Klägerinnen weder verjährt noch verwirkt sind. Angriffe wer-
den hiergegen auch nicht erhoben.
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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Czub
Kazele
Göbel
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 17.06.2013 - 6 O 20/13 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.02.2014 - I-5 U 118/13 -
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