Urteil des BGH vom 02.06.2016

Miteigentumsanteil, Kostenverteilung, Abweisung, Gutachter

ECLI:DE:BGH:2016:020616BVZR173.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 173/15
vom
2. Juni 2016
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juni 2016 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 2. Zivilsenat - vom
30. Juni 2015 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens ein-
schließlich der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 9.074
€.
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 2005 erwarben die Klägerin
und ihr Ehemann von dem Beklagten zu 1 eine Eigentumswohnung (192/1000
Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbunden u.a. mit dem Sondereigen-
tum an der Wohnung im ersten und zweiten Dachgeschoss
„samt Balkonen“).
Nachdem in einer Eigentümerversammlung auf Mängel an den Balkonen hin-
gewiesen worden war, beantragte die Klägerin die Durchführung eines selb-
ständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel, die in der Eigentümerversammlung
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mitgeteilten sowie weitere Schäden und deren Ursachen nebst den anfallenden
Mängelbeseitigungskosten gutachterlich festzustellen zu lassen. Gestützt auf
das eingeholte Sachverständigengutachten verlangt die Klägerin von den Be-
klagten als Gesamtschuldnern zum einen Zahlung eines Betrages von 5.234
€;
dieser ist nach den Feststellungen des Sachverständigen zur Beseitigung der
Mängel an den im Sondereigentum der Klägerin und ihrem Ehemann stehen-
den Balkonen erforderlich. Darüber hinaus beantragt die Klägerin die Feststel-
lung, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr und ihrem Ehemann sämtliche
weitere Schäden und Aufwendungen zu ersetzen, die dadurch entstehen, dass
sie wegen der von dem Sachverständigen an der Wohnanlage insgesamt fest-
gestellten Mängel (Zugangsbereich, Eingangstreppenanlage, Eingangspodest,
Vorhandensein einer Einrohrheizung) von der Eigentümergemeinschaft auf
Zahlung in Anspruch genommen werden. Zugleich beansprucht sie die Feststel-
lung, dass die Beklagten sie und ihren Ehemann von sämtlichen Ansprüchen
gegenüber der Eigentümergemeinschaft freizustellen haben, soweit diese For-
derungen auf den von dem Sachverständigen festgestellten Mängeln beruhen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist von dem
Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Dagegen wendet sich die Klägerin
mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, mit der sie ihre
Klageanträge auf Zahlung und Feststellung weiter verfolgen möchte.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision gel-
tend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
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1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des
Beschwerdegegenstands in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßge-
bend. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung
zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungs-
frist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision
das Berufungsurteil i
n einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € über-
steigt, abändern lassen will (Senat, Beschluss vom 12. November 2014
- V ZR 59/14, juris Rn. 2 mwN).
2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie
beschränkt sich auf den Hinweis, die Klägerin werde durch das Berufungsurteil
mindestens in Höhe des ermessensfehlerfrei festgestellten Berufungsstreitwerts
von 25.234 € beschwert. Auf der Grundlage der Ausführungen des Berufungs-
gerichts, an dessen Wertfestsetzung der Senat nicht gebunden ist, errechnet
sich aber eine Beschwer von höchstens 9.074 €.
a) Das Berufungsgericht orientiert sich bei der nicht näher begründeten
Bemessung des Berufungss
treitwerts auf 25.234 € erkennbar an den Überle-
gungen des Landgerichts, das den erstinstanzlichen Streitwert auf diesen Be-
trag festgesetzt hat. Für die beiden Feststellungsanträge hat das Landgericht
einen Streitwert von zusammen 20.000 € als sachgerecht angesehen. Auszu-
gehen sei zunächst von einem Betrag von 25.00
0 €. Dies entspreche dem Drei-
fachen der Beseitigungskosten für die bereits durch den Gutachter festgestell-
ten Schäden am Gemeinschaftseigentum. Nach Abzug eines Abschlags von
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% wegen der begehrten Feststellung verbleibe ein Betrag von 20.000 €.
Diesem Betrag hat das Landgericht den bezifferten Klageantrag in Höhe von
5.234 € hinzuaddiert, so dass sich ein Streitwert von 25.234 € ergibt.
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b) Bei dieser Bewertung der Klageanträge, die sich die Klägerin durch
Hinweis auf die Festsetzung des Berufungsstreitwerts konkludent zu eigen ge-
macht hat, bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die beiden Feststellungsanträge
nicht darauf zielen, die Beklagten zur Begleichung der gesamten zukünftig noch
entstehenden Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verpflichten. Vielmehr
geht es der Klägerin (lediglich) darum, von den Kosten freigestellt zu werden,
die die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen sie und ihren Ehemann im
Zusammenhang mit der Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum
erstattet verlangt. Eine solche Erstattung gegenüber einem einzelnen Woh-
nungseigentümer kommt in der Regel aber nur nach Maßgabe des jeweiligen
Anteils am Gemeinschaftseigentum in Betracht (§ 16 Abs. 2 WEG).
c) Da die Klägerin keine Umstände vorgetragen hat, die eine von § 16
Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung erwarten lassen, kann bei der Be-
messung der in der Abweisung der Feststellungsanträge liegenden Beschwer
nur auf den Betrag abgestellt werden, der dem Anteil der Klägerin und ihres
Ehemanns am Gemeinschaftseigentum entspricht. Bei einem Miteigentumsan-
teil von 192/1000 ergibt sich auf der Grundlage geschätzter Mängelbeseiti-
gungskosten von 25.000 € eine anteilige Kostenbelastung von 4.800 €. Unter
Abzug des bei Feststellungsanträgen üblichen Abschlags von 20 % verbleibt
ein Betrag von 3.840 €. Insgesamt kann daher nur von einer Beschwer von
9.074 € ausgegangen werden (5.234 € Zahlungsantrag zuzüglich 3.840 € Fest-
stellungsanträge).
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO. Die
Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Grundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1
GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgeblich ist die Beschwer der Klägerin (§ 47 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 3 GKG).
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 08.08.2014 - 3 O 311/14 (3) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 30.06.2015 - 2 U 1836/14 -
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