Urteil des BGH vom 03.12.2015

Leitsatzentscheidung zu Vergütung, Gestaltung, Ausnahme, Nummer

ECLI:DE:BGH:2015:031215UIXZR40.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 40/15
Verkündet am:
3. Dezember 2015
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
RVG § 3a Abs. 1 Satz 4, § 34 Abs. 1 Satz 1
Eine formfreie Gebührenvereinbarung für eine außergerichtliche Beratung liegt nur
vor, wenn sich den Abreden der Parteien entnehmen lässt, dass oder in welchem
Umfang die vereinbarte Vergütung ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG um-
fasst.
RVG § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2
Eine Vergütungsvereinbarung ist von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der
Auftragserteilung abgesetzt, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem
gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragraphen re-
gelt. Deutlich ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeu-
tig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen - mit Ausnahme der
Auftragserteilung - abgegrenzt ist.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 - IX ZR 40/15 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter
Dr. Schoppmeyer
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlan-
desgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2015 wird auf Kosten der
Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, und die Beklagte schlossen
am 16. November 2012 eine als "Beratungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung.
Der Text besteht aus einer Präambel und sieben Paragraphen mit gleicher
Schrifttype, gleichen Zeilenabständen und einheitlicher drucktechnischer Ge-
staltung. Der Vertrag bestimmt unter anderem:
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§ 1 Vertragsgegenstand
1) Gegenstand dieses Vertrages sind rechtliche Beratungsleistungen
der Auftragnehmer, insbesondere Überprüfung und Erstellung von
Verträgen / Urkunden, Erstattung von Gutachten / gutachterlichen
Stellungnahmen, Vorbereitung von und Mitwirkung an Verhandlungen
mit Geschäftspartnern und sonstigen Dritten, Erteilung schriftlicher
und (fern-) mündlicher Auskünfte, mit Ausnahme von strafrechtlichen
Angelegenheiten.
2) Dieser Beratungsvertrag gilt für die außergerichtliche Tätigkeit.
(…)
§ 4 Vergütung
1) Zwischen den Parteien wird eine monatliche Vergütung in Höhe von
netto EUR 3.000,-- (in Worten: Euro dreitausend) vereinbart, zuzüg-
lich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer. Das Beratungshono-
rar beträgt derzeit somit brutto EUR 3.570,--.
(…)“
Außerdem enthält der Vertrag Regelungen zur Haftungsbegrenzung (§ 5)
sowie eine Gerichtsstandsvereinbarung (§ 7 Abs. 1). In der Schlussbestimmung
(§ 7 Abs. 2) verpflichten sich die Parteien, sich im Fall der Unwirksamkeit ein-
zelner Vertragsbestimmungen auf eine dem wirtschaftlich gewollten Sinn und
Zweck entsprechende Regelung zu einigen.
Die Beklagte kündigte den Vertrag zum 30. September 2013. Sie nahm
im August und September 2013 keine Dienstleistungen der Klägerin mehr in
Anspruch. Die Klägerin macht im Urkundenprozess die Vergütung für August
und September 2013 in Höhe von insgesamt 7.140
€ geltend. Das Landgericht
hat die Beklagte unter dem Vorbehalt der Ausführung ihrer Rechte im Nachver-
fahren antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat
das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Kläge-
rin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in AnwBl
2015, 350 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch
auf Zahlung der in § 4 Abs. 1 des Beratungsvertrages festgeschriebenen Pau-
schalvergütung für die Monate August und September 2013 gegen die Beklagte
zu. Die seitens der Klägerin geschuldeten Leistungen gingen über eine anwalt-
liche Beratungstätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 RVG hinaus. Deshalb sei die
Vereinbarung an den formellen Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 RVG zu
messen. Da die Vergütungsvereinbarung nicht gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG
deutlich von den anderen im Beratungsvertrag enthaltenen Vereinbarungen
abgesetzt sei, könne die Klägerin gemäß § 4b RVG lediglich die gesetzliche
Vergütung geltend machen. Ein gesetzlicher Vergütungsanspruch sei aber nicht
entstanden, weil die Klägerin im August und September 2013 keine Tätigkeiten
für die Beklagte erbracht habe.
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II.
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat einen aus vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage
folgenden Honoraranspruch der Klägerin für die Monate August und September
2013 mit Recht verneint.
1. Die Vergütungsvereinbarung unterliegt den Formerfordernissen des
§ 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG. Das Berufungsgericht hat den der Klägerin er-
teilten Auftrag dahin ausgelegt, dass er auch nach Nummer 2300 VV RVG zu
vergütende rechtsanwaltliche Geschäftstätigkeiten umfasse und die Vergü-
tungsabrede sich auch auf diese Tätigkeit erstrecke. Dies ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden. Mithin kann sich die Klägerin nicht auf die Ausnahme des
§ 3a Abs. 1 Satz 4 RVG berufen.
a) Ein Rechtsanwalt kann aufgrund einer formfrei geschlossenen Vergü-
tungsvereinbarung - unabhängig von ihrer Bezeichnung (§ 133 BGB, § 3a
Abs. 1 Satz 2 RVG) - für anwaltliche Tätigkeiten eine höhere als die gesetzliche
Vergütung nur verlangen, soweit der Gegenstand des Auftrags die in § 34
Abs. 1 RVG genannte Beratung ist und diese nicht mit einer anderen gebüh-
renpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt oder es sich um die Ausarbeitung
schriftlicher Gutachten oder die Tätigkeit als Mediator handelt. Erstreckt sich
der Auftrag, für den die Vergütungsvereinbarung getroffen wird, auch auf an-
waltliche Tätigkeiten, für die andere gesetzliche Gebührentatbestände gelten,
kann der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung aus der Vergü-
tungsvereinbarung nur fordern, wenn sie die Anforderungen des § 3a Abs. 1
Satz 1 und 2 RVG einhält (§ 4b RVG).
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Entgegen der Ansicht der Revision rechtfertigt es die durch den Gesetz-
geber mit der Neufassung der Vorschrift des § 34 RVG bezweckte Deregulie-
rung der außergerichtlichen Beratungstätigkeit und die damit verbundene För-
derung und Erleichterung des Abschlusses von Gebührenvereinbarungen nach
§ 34 Abs. 1 Satz 1 RVG (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 3, 239) nicht, den Anwen-
dungsbereich der Vorschrift über die gesetzliche Wertung hinaus auszudehnen.
Es entspricht weder dem gesetzgeberischen Willen noch den § 3a Abs. 1
Satz 4 RVG zugrunde liegenden Wertungen, den Anwendungsbereich einer
formfreien Gebührenvereinbarung auch auf anwaltliche Tätigkeiten zu erstre-
cken, welche - wie etwa eine Geschäftstätigkeit nach Nummer 2300 VV RVG -
die Voraussetzungen eines anderen gesetzlichen Gebührentatbestandes erfül-
len. Ein solch weites Verständnis einer Gebührenvereinbarung im Sinne des
§ 34 Abs. 1 Satz 1 RVG widerspricht vielmehr dem für den Bereich der gesetz-
lichen Gebührentatbestände mit der Formvorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 1 und
Satz 2 RVG bezweckten Schutz des - häufig geschäftsunerfahrenen - Auftrag-
gebers (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10).
b) Ob ausschließlich eine Beratungstätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1
Satz 1 RVG zwischen den Parteien vereinbart wurde, oder ob der anwaltliche
Auftrag auch eine Geschäftstätigkeit gemäß Nummer 2300 VV RVG umfassen
sollte, ist eine Frage der tatrichterlichen Auslegung. Diese kann in der Revisi-
onsinstanz nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden, ob gesetzliche
oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine
Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern be-
ruht, etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfahrens-
vorschriften außer Acht gelassen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember
2014 - VIII ZR 224/13, WuM 2015, 80 Rn. 37; vom 25. März 2015 - VIII ZR
125/14, NJW 2015, 2584 Rn. 33; vom 22. Oktober 2015 - IX ZR 100/13, zVb;
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jeweils mwN). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die vom Berufungs-
gericht vorgenommene Auslegung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die Parteien haben eine Individualvereinbarung geschlossen. Die
vom Berufungsgericht getroffene Auslegung, dass die Klägerin sich darin auch
zu Tätigkeiten verpflichtete, die nach Nummer 2300 VV RVG zu vergüten wa-
ren, ist nach dem Wortlaut der Vereinbarung möglich. Sie verletzt weder das
Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung und der Be-
rücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages
(vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, WRP 2011, 1302
Rn. 18) noch lässt sie wesentlichen Auslegungsstoff außer acht.
bb) Soweit die Revision geltend macht, dass sich die im Vertrag genann-
te Mitwirkung an Verhandlungen oder der Gestaltung von Verträgen nur auf
eine beratende Tätigkeit der Klägerin im Hintergrund beziehen sollte, ohne dass
die Klägerin dabei gegenüber dem Geschäftspartner aufträte, setzt sie nur ihre
eigene Auslegung an die Stelle der Auslegung durch das Berufungsgericht. Re-
visionsrechtlich erhebliche Auslegungsfehler zeigt sie nicht auf. Insbesondere
legt sie nicht dar, dass das Berufungsgericht entsprechenden Tatsachenvortrag
der Klägerin übergangen hat. Vielmehr hat die Klägerin das von der Beklagten
im Berufungsrechtszug vorgetragene Verständnis des Auftragsumfangs unwi-
dersprochen hingenommen; das Berufungsgericht durfte es daher seiner Aus-
legung zugrunde legen. Es gibt im festgestellten Auslegungsstoff keine konkre-
ten Anhaltspunkte, dass die Parteien abweichend vom Wortlaut ausschließlich
Beratungstätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 1 RVG vereinbaren wollten.
Die Auffassung der Revision, dass die von den Parteien getroffene Ver-
gütungsvereinbarung allein unter § 34 Abs. 1 RVG fallende Tätigkeiten abde-
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cken sollte und weitere vom Auftrag erfasste Tätigkeiten von ihr nicht abgegol-
ten werden sollten, trifft nicht zu. Vielmehr ist das Berufungsgericht zu Recht
stillschweigend davon ausgegangen, dass nach dem Willen der Parteien sämt-
liche in der Leistungsbeschreibung angeführte Tätigkeiten der Klägerin mit dem
vereinbarten monatlichen Pauschalhonorar einheitlich abgegolten werden soll-
ten. Für eine Unterscheidung einzelner Leistungen und deren jeweilige Gewich-
tung innerhalb des Vertragsgefüges finden sich keine Anhaltspunkte im Ver-
tragswortlaut, der Vertragssystematik oder im Parteivortrag. Somit fehlt die er-
forderliche Grundlage, um die unter § 34 Abs. 1 RVG fallenden Beratungstätig-
keiten als einen selbständigen, mit einer konkret zu bestimmenden Vergütung
abzugeltenden Teil des Rechtsgeschäfts zu behandeln. Daher unterliegt die in
§ 4 des Vertrags getroffene Vergütungsvereinbarung als Ganzes den formalen
Anforderungen des § 3a Abs. 1 RVG.
2. Im Ergebnis mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen,
dass die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung nicht den forma-
len Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG entspricht, weil sie sich inner-
halb des einheitlichen Vertragstextes befindet und nicht deutlich von anderen
Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung abgesetzt ist.
a) Der Vertrag vom 16. November 2012 enthält neben der Vergütungsab-
rede weitere, als andere Vereinbarungen im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG
zu bewertende Regelungen. Zumindest die Vereinbarung einer Haftungsbe-
grenzung (§ 5) sowie die Gerichtsstandsklausel (§ 7 Abs. 1) beziehen sich auf
das gesamte Mandatsverhältnis und sind somit als andere Vereinbarungen im
Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni
2004 - IX ZR 119/03, NJW 2004, 2818, 2819; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG,
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22. Aufl. § 3a Rn. 10; Hinne/Klees/Müller/Teubel/Winkler, Vereinbarungen mit
Mandanten, § 1 Rn. 29 ff).
b) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Wertung des Berufungsge-
richts, dass die Regelung über die Vergütung nicht im Sinne des § 3a Abs. 1
Satz 2 RVG von den anderen Vereinbarungen deutlich abgesetzt ist.
aa) Allerdings kommt es - anders als das Berufungsgericht meint - für die
Frage, wann eine Vergütungsvereinbarung "deutlich abgesetzt" ist, weder auf
die Anforderungen an die äußere Gestaltung einer Widerrufsbelehrung nach
Art. 246 Abs. 3 EGBGB noch auf diejenigen an, die im Heilmittelwerberecht (§ 4
Abs. 3 Satz 1 HWG) oder Arzneimittelrecht (§ 11 Abs. 5 Satz 2 AMG) an "deut-
lich abgesetzte und abgegrenzte" Angaben gestellt werden. Entscheidend sind
vielmehr die vom Gesetzgeber mit § 3a Abs. 1 RVG verfolgten Regelungsziele.
Nach dem Willen des Gesetzgebers zielt dies auf eine räumliche Trennung zwi-
schen der Vergütungsvereinbarung und sonstigen Abreden und soll dem
Schutz des rechtssuchenden Auftraggebers dienen (vgl. BT-Drucks. 16/8384,
S. 10). Regelungsziel ist es, den Mandanten auf die Vergütungsvereinbarung
klar erkennbar hinzuweisen und auf diese Weise davor zu schützen, unbemerkt
eine Honorarabrede abzuschließen, die dem Rechtsanwalt von den gesetzli-
chen Gebührenvorschriften abweichende Honoraransprüche auf vertraglicher
Grundlage verschafft (vgl. auch AnwK-RVG/Onderka, 7. Aufl., § 3a Rn. 41;
Krämer/Maurer/Kilian, Vergütungsvereinbarung und -management, Rn. 648;
Mayer, AnwBl. 2006, 160, 163). Eine Unterscheidung zwischen dem als Ver-
braucher und dem als Unternehmer handelnden Auftraggeber sieht die Rege-
lung des § 3a RVG hierbei nicht vor.
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Um dieser Schutz- und Warnfunktion gerecht zu werden, genügt es für
ein "Absetzen" von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragsertei-
lung, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und
entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragraphen regelt. "Deutlich"
ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von
den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen - mit Ausnahme der
Auftragserteilung - abgegrenzt ist. Dies ist objektiv zu beurteilen. Mehr ist im
Hinblick auf die vom Kostenmodernisierungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I
S. 718) grundsätzlich erstrebte Lockerung der Formvorschriften gegenüber der
Vorgängervorschrift des § 3 BRAGO (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 188) nicht
erforderlich. Dies lässt sich durch eine klare räumliche Trennung, aber auch auf
andere Art und Weise erreichen. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Gestal-
tung vor (Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. § 3a Rn. 16). Entschei-
dend ist, dass die Art der gewählten Gestaltung das gesetzgeberische Ziel er-
reicht: Der Mandant muss bereits bei einem einfachen Blick auf die Gesamtheit
der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen unschwer erkennen können, dass
sie eine Abrede enthalten, die dem Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch
auf vertraglicher Grundlage verschafft, der möglicherweise von den gesetzli-
chen Vergütungen abweicht.
bb) Diesen Anforderungen wird die Gestaltung im Vertrag vom 16. No-
vember 2012 nicht gerecht. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ange-
nommen hat, fügt sich die in § 4 des Vertrags enthaltene und lediglich mit "Ver-
gütung" überschriebene Abrede in den übrigen Vertragstext unauffällig ein;
dass der Vertrag eine Vergütungsvereinbarung enthält, die von den gesetzli-
chen Regeln abweicht, wird dem Auftraggeber nicht hinreichend deutlich vor
Augen geführt, weil sich die Klausel zwischen anderen Regelungen befindet
und in ihrer Gestaltung in keiner Weise von den übrigen Regelungen unter-
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scheidet oder abhebt. Der gesamte Vertragstext einschließlich der Vergütungs-
vereinbarung ist einheitlich gestaltet. Zwar sind die Überschriften der einzelnen
Paragraphen und ihre Nummerierung jeweils durch Fettdruck und Zentrierung
hervorgehoben; dies gilt jedoch für sämtliche Regelungen des Vertrags. Auch
wenn der Vergütungsvereinbarung mit § 4 des Vertrags ein gesonderter Para-
graph gewidmet ist, ist dieses Absetzen im Streitfall nicht als hinreichend deut-
lich im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG anzusehen, weil der gesamte Ver-
tragstext einschließlich der Vergütungsvereinbarung äußerlich einheitlich ge-
staltet ist und die Vergütungsvereinbarung hierin gleichförmig eingebettet ist.
Auf alle weiteren vom Berufungsgericht zu den Anforderungen an eine wirksa-
me Vergütungsvereinbarung angestellten Erwägungen kommt es daher nicht
an.
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist es der Beklagten nicht gemäß
§ 242 BGB verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Vergütungsvereinba-
rung zu berufen. Die salvatorische Ersetzungsklausel (§ 7 Abs. 2) gibt der Klä-
gerin keinen Anspruch, eine (formwirksame) Vergütungsabrede in Höhe des
ursprünglich vereinbarten Pauschalhonorars von monatlich 3.570
€ brutto ab-
zuschließen.
Grundsätzlich bleibt eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsan-
walt und Mandant, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2
RVG verstößt, wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe
der gesetzlichen Gebühr verlangt werden (BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - IX ZR
137/12, BGHZ 201, 334 Rn. 16). Etwaige Lücken in einer Parteivereinbarung,
die durch eine Nichtbeachtung der Formvorschriften des § 3a Abs. 1 RVG ent-
stehen, können nicht dadurch geschlossen werden, dass im Rahmen einer
grundsätzlich zulässigen Ersetzungsklausel eine inhaltlich gleichlautende Rege-
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lung an die Stelle der ursprünglichen, gegen die Vorschrift des § 3a Abs. 1 RVG
verstoßende Vereinbarung tritt. Anderenfalls wäre die Beachtung der dem
Schutz des Auftraggebers dienenden Formvorschriften zur vollständigen Dispo-
sition der Parteien gestellt.
4. Da die Klägerin im August und September 2013 keine anwaltlichen
Tätigkeiten für die Beklagte erbrachte, ist ein gesetzlicher Vergütungsanspruch
zur Abgeltung außergerichtlicher Geschäftstätigkeit bereits nicht entstanden.
Auch einen nach § 34 Abs. 1 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 612 Abs. 2 oder
§ 632 Abs. 2 BGB zu bemessenden Honoraranspruch für Beratungsleistungen
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oder Gutachtenerstellung kann die Klägerin mangels entsprechender Tätigkeit
nicht fordern.
Kayser
Gehrlein
Grupp
Möhring
Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.05.2014 - 2 O 426/13 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.01.2015 - 19 U 99/14 -