Urteil des BGH vom 15.03.2012

Begriff, Kollegium, Arbeitsgericht, Verwalter

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 185/11
vom
15. März 2012
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 15. März 2012
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der
Einzelrichterin des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frank-
furt am Main vom 23. Mai 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-
rückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
10.000
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der
W. GmbH (Schuldnerin). Er fordert von der beklagten Zusatzver-
sorgungskasse des Baugewerbes im Wege der Insolvenzanfechtung gemäß
§ 133 Abs. 1 InsO Zahlungen in Höhe von 49.551,12
€ zurück. Hierzu hat er
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Klage vor dem Landgericht erhoben. Dieses hat den Rechtsweg zu den or-
dentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und die Rechtssache an das Ar-
beitsgericht Wiesbaden verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers
hat die Einzelrichterin des Oberlandesgerichts diesen Beschluss aufgehoben
und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 2 GVG, § 574
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Der Bundesgerichtshof ist an die Zulassung durch
das Oberlandesgericht gebunden (§ 17a Abs. 4 Satz 6 GVG), obwohl entge-
gen § 568 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums die Einzelrichterin ent-
schieden hat (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ
154, 200, 201; vom 27. Oktober 2005 - III ZB 66/05, NJW-RR 2006, 286
Rn. 3).
Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt aber schon
deshalb von Amts wegen der Aufhebung, weil das Beschwerdegericht in feh-
lerhafter Besetzung entschieden hat (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Einzel-
richterin durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen
der von ihr bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß
§ 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 122 Abs. 1 GVG dem mit drei Richtern besetzten
Senat übertragen müssen. Mit ihrer Entscheidung hat sie die Beurteilung der
grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich
zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß hat der Senat, wie der Bun-
desgerichtshof in ständiger Rechtsprechung annimmt, von Amts wegen zu
beachten (BGH, Beschluss vom 13. März 2003, aaO S. 202 ff; vom 27. Ok-
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tober 2005, aaO Rn. 3 mwN). Zwar hat das Beschwerdegericht die Zulas-
sung nicht näher begründet, so dass nicht erkennbar ist, auf welche Alterna-
tive des § 574 Abs. 2 ZPO es sie gestützt hat. Dies ist jedoch unerheblich,
weil der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung in § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO
alle Zulassungsgründe des § 574 Abs. 2 ZPO umfasst (BGH, Beschluss vom
13. März 2003, aaO S. 202).
Kayser
Vill
Lohmann
Fischer
Pape
Vorinstanzen:
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 21.04.2011 - 1 O 92/11 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 23.05.2011 - 23 W 24/11 -