Urteil des BGH vom 11.02.2016

Nummer, Quote, Forderungsanmeldung, Anpassung

ECLI:DE:BGH:2016:110216UIIIZR383.12.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 383/12
Verkündet am:
11. Februar 2016
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die
Richter Hucke, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Gläubigerin wird das Teilurteil des 20. Zivil-
senats des Oberlandesgerichts München vom 11. September
2009 bezüglich Nummer V Satz 2 der Entscheidung und insoweit
aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden
ist.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch
über die Kosten des Revisionsrechtszugs, soweit über sie nicht
bereits in den Senatsbeschlüssen vom 28. Oktober 2010 und vom
13. Januar 2011 befunden worden ist - an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche auf Ersatz des Schadens geltend, der ihm
durch
seine
Beteiligung
an
der
C.
& Co. KG (im Folgenden: C.
KG) entstanden ist.
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Die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ist Treuhand-
kommanditistin der Kommanditgesellschaft, und war auch mit der Mittelverwen-
dungskontrolle betraut. Der frühere Beklagte zu 2 ist der Geschäftsführer der
Beklagten zu 1. Komplementärin der Kommanditgesellschaft ist die Beklagte
zu 3, deren Gesellschafter die früheren Beklagten zu 4 und 5 waren. Die (an
Stelle der Beklagten zu 1 in den Rechtsstreit eingetretene) Revisionsklägerin ist
der Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1.
Der Kläger erwarb am 26. Juni 2000 durch Abschluss einer "Beitrittsver-
einbarung" eine Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio
(insgesamt 26.842,82
€) an der C. KG. Er erhielt Ausschüttungen von
6.723,46
€. Der Beitritt sollte über die Beklagte zu 1 nach einem im Emissions-
prospekt abgedruckten Vertragsmuster eines Treuhandvertrags vorgenommen
werden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Prospekt sei in zahlreichen
Punkten fehlerhaft, wofür unter anderem die Beklagte zu 1 einzustehen habe.
Einen Prospektmangel und eine Aufklärungspflichtverletzung hat er insbeson-
dere darin gesehen, dass er nicht über Provisionszahlungen in Höhe von 20 %
des Zeichnungskapitals für die Eigenkapitalvermittlung an die I.
GmbH (im Folgenden: I. GmbH) unterrichtet worden sei. Er hat erst-
instanzlich die Beklagten unter Berücksichtigung der erfolgten Teilfinanzierung
der Beteiligung und der erhaltenen Ausschüttungen auf Zahlung von Scha-
densersatz
von 26.394,09 € in Anspruch genommen.
Vor dem Landgericht hat die Klage gegenüber der Beklagten zu 1 teil-
weise Erfolg gehabt. Hinsichtlich der weiteren Beklagten hat das Landgericht
die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat, nachdem am 30. März 2009
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das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 3 eröffnet worden
war, auf die Berufung des Klägers mit Teilurteil den von der Beklagten zu 1 an
den Kläger zu zahlenden Be
trag auf 17.813,84 € erhöht, die Beklagte zu 1 dar-
über hinaus verurteilt, den Kläger von allen Verbindlichkeiten aus den der Fi-
nanzierung der Beteiligung dienenden Darlehensverpflichtungen freizustellen,
ausgesprochen, dass diese Leistungen Zug um Zug gegen Übertragung der
vom Kläger gehaltenen Gesellschaftsanteile an der C. KG zu erbrin-
gen seien und den Annahmeverzug der Beklagten zu 1 wegen dieser Übertra-
gung festgestellt. Die weitergehende Berufung des Klägers gegenüber der Be-
klagten zu 1, seine Berufung gegenüber den Beklagten zu 2, 4 und 5 sowie die
Berufung der Beklagten zu 1 hat es zurückgewiesen und die Revision zugelas-
sen.
Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte zu 1
Revision eingelegt. Der Kläger hat die von ihm im Hinblick auf die Zurückwei-
sung der gegen die Beklagten zu 2, 4 und 5 gerichteten Berufung eingelegte
Revision zurückgenommen. Das Revisionsverfahren ist gemäß § 240 Satz 2
ZPO dadurch unterbrochen worden, dass das Amtsgericht - Insolvenzgericht -
M. der Beklagten zu 1 durch Beschluss vom 5. August 2010 ein allge-
meines Verfügungsverbot auferlegte. Am 10. Dezember 2010 wurde das Insol-
venzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1 eröffnet.
Die Revisionsklägerin widersprach im Insolvenzverfahren als Gläubigerin
der Beklagten zu 1 den vom Kläger zur Tabelle angemeldeten streitgegen-
ständlichen Forderungen. Der Kläger hat das unterbrochene Verfahren gegen
die Revisionsklägerin als widersprechende Gläubigerin gemäß § 180 Abs. 2
InsO aufgenommen. Er hat seinen Klageantrag auf Feststellung zur Tabelle in
dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1 umgestellt.
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Die Revisionsklägerin hat von den Revisionsrügen der Beklagten zu 1
weitgehend Abstand genommen und bisher streitigen Klägervortrag unstreitig
gestellt. Sie nimmt den Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts überwiegend
hin, vertritt jedoch die Auffassung, die Forderungsanmeldung des Klägers im
Insolvenzverfahren sei unwirksam, weshalb ihr Widerspruch gegen die Anmel-
dung begründet sei. Im Übrigen seien Forderungsteile Gegenstand des Fest-
stellungsbegehrens des Klägers, die bislang nicht streitgegenständlich gewesen
seien.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat in der Sache insoweit Erfolg, als das Beru-
fungsurteil im Umfang seiner Anfechtung durch die Revisionsklägerin aufzuhe-
ben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte zu 1 wegen
Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Sie habe es als Treuhandkommandi-
tistin und Vertragspartnerin des Klägers pflichtwidrig unterlassen, diesen über
Sondervergütungsvereinbarungen zwischen der Komplementär-GmbH, der Be-
klagten zu 3, und der I. GmbH in Höhe von 20 % des von ihr eingeworbenen
Kapitals zu unterrichten, die mit den Prospektangaben nicht im Einklang stün-
den. Zudem habe sie über Verflechtungen der Beklagten zu 3 mit der I. GmbH
in Person des Beklagten zu 5 nicht aufgeklärt, die sich aus dem Prospekt nicht
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ergäben. Beide Punkte beträfen aufklärungspflichtige regelwidrige Auffälligkei-
ten, die die Beklagte zu 1 gekannt habe.
Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 sei für die Anlageentscheidung
des Klägers kausal gewesen. Hiervon sei das Gericht nach Anhörung des Klä-
gers überzeugt. Steuervorteile müsse er sich nicht anrechnen lassen. Sein
Schadensersatzanspruch sei auch nicht verjährt.
II.
Das Berufungsurteil lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die in Anpassung
an die Vorschriften der Insolvenzordnung umgestellten Anträge des Klägers
führen jedoch zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverwei-
sung der Sache an das Berufungsgericht.
1.
Das Verfahren ist mit dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des
Klägers vom 30. Dezember 2014 wirksam aufgenommen worden. Darin wird
die Aufnahme des Rechtsstreits in voller Höhe des zur Insolvenztabelle ange-
meldeten Betrages von 37.130,31
€ gegen die Revisionsklägerin erklärt. Zwi-
schen den Parteien ist nicht mehr streitig, dass der vorgenannte Betrag zumin-
dest auch die vorliegend streitgegenständlichen und vom Berufungsgericht dem
Kläger zuerkannten Forderungen in voller Höhe erfasst (vgl. zur Unwirksamkeit
der Teilaufnahme eines unterbrochenen Verfahrens: Senat, Beschluss vom
27. März 2013 - III ZR 367/12, NJW-RR 2013, 683 Rn. 11 ff; siehe zur späteren
Reduzierung des zwecks Feststellung zur Tabelle weiter verfolgten Anspruchs
unten Nummer 4).
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Die Aufnahme des Verfahrens ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die
streitgegenständlichen Forderungen vom Kläger nicht wirksam zur Insolvenzta-
belle angemeldet worden sind.
a) Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen gegen den Schuldner
nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO);
dies geschieht durch Anmeldung der Forderungen zur Tabelle (Senat, Urteil
vom 21. Mai 2015 - III ZR 384/12, WM 2015, 1243 Rn. 18; Breitenbücher in
Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., § 87 Rn. 4). Zug-um-Zug-Forderungen können als
solche indes nicht zur Tabelle angemeldet werden, da sie sich nicht für die Be-
rechnung der Quote eignen und die Insolvenzordnung in dem Feststellungs-
und Verteilungsverfahren nach §§ 174 ff InsO keine den §§ 756, 765 ZPO ent-
sprechende Regelung kennt (vgl. Senat, Urteile vom 21. Mai 2015 aaO und
vom 17. Juli 2014 - III ZR 218/13, WM 2014, 1667 Rn. 19 mwN; BGH, Urteile
vom 1. März 2011 - II ZR 297/08, DStR 2011, 1327 Rn. 23 und vom 23. Okto-
ber 2003 - IX ZR 165/02, NZI 2004, 214, 215). Sie sind nicht "anmeldungsfähig"
(vgl. Senat, Urteil vom 21. Mai 2015 aaO; BGH, Urteil vom 9. Juli 2013 - II ZR
9/12, WM 2013, 1597 Rn. 14).
Auf dieser Grundlage ist danach zu differenzieren, ob der Gläubiger die
ihm zustehende beziehungsweise bereits zugesprochene (§ 179 Abs. 2 InsO)
Zug-um-Zug-Forderung als solche oder nur mit dem Schadensersatzbetrag oh-
ne die Zug-um-Zug-Einschränkung angemeldet hat. Im ersten Fall ist die Wirk-
samkeit der - so nicht möglichen - Anmeldung zweifelhaft. Im zweiten Fall mag
- abhängig vom Wert der Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung - der an-
gemeldete Betrag zu hoch angesetzt sein. Die Anmeldung selbst ist in diesem
Fall jedoch wirksam, da sie den Anforderungen der Insolvenzordnung (Eignung
zur Berechnung der Quote) entspricht.
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Die Revision verkennt mit ihrer zu dieser Differenzierung vorgetragenen
Kritik den Unterschied zwischen der insolvenzrechtlichen Eignung einer Forde-
rung für die Berechnung der Quote und damit für die Anmeldung zur Insolvenz-
tabelle einerseits und ihrer materiell-rechtlichen Berechtigung andererseits. Ei-
ne nur Zug um Zug zu erfüllende Forderung kann ohne Zug-um-Zug-Ein-
schränkung als reiner Zahlungsanspruch zur Insolvenztabelle angemeldet wer-
den. Denn ein solcher Anspruch ist zur Berechnung der Quote geeignet. Er be-
steht lediglich - je nach dem Wert der Zug um Zug zu erbringenden (Gegen-)
Leistung - möglicherweise materiell-rechtlich nicht in dem angemeldeten Um-
fang. Der materiell-rechtliche Bestand einer Forderung ist indes nicht Voraus-
setzung für eine wirksame Anmeldung, sondern nur für eine (vollumfängliche)
Feststellung der angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle. Dementspre-
chend hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass im Fall der Anmeldung ei-
nes bezifferten Schadensersatzanspruchs hinsichtlich einer Kommanditbeteili-
gung mit dem vollen Zahlungsbetrag und ohne die vom Berufungsgericht zuge-
sprochene Zug-um-Zug-Einschränkung die Entscheidung betreffend die Fest-
stellung der angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle von dem Wert der
Zug um Zug zu übertragenden Beteiligung abhängt (BGH, Urteil vom 9. Juli
2013 - II ZR 9/12, WM 2013, 1597 Rn. 16).
Hieraus folgt zugleich, dass die Anmeldung einer nur Zug um Zug zu er-
füllenden Forderung ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung als ungekürzter Zah-
lungsanspruch zur Insolvenztabelle nicht deshalb unwirksam ist, weil es an ei-
ner schlüssigen Darlegung der Forderungshöhe fehlt. Zwar setzt die ordnungs-
gemäße Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren die schlüssige Dar-
legung des Lebenssachverhalts, das heißt des Grundes voraus, aus dem der
Gläubiger seinen Zahlungsanspruch herleitet (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009
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- IX ZR 3/08, WM 2009, 468 Rn. 10). Das bedeutet indes nicht, dass jede An-
meldung, die einen Forderungsbetrag angibt, der sich zwar dem Grunde nach,
nicht aber in der angegebenen Höhe aus dem dargelegten Lebenssachverhalt
ergibt, nicht ordnungsgemäß ist mit der Folge, dass die Feststellungsklage als
unzulässig abzuweisen ist. Ein Forderungsbetrag, der sich in der angemeldeten
Höhe nicht aus dem - im Übrigen schlüssig - dargelegten Lebenssachverhalt
ergibt, führt vielmehr zur teilweisen Unbegründetheit der Feststellungsklage,
nicht hingegen zu ihrer Unzulässigkeit.
Der Senat vermag auch nicht die Auffassung der Revision zu teilen, sei-
ner Rechtsprechung liege das unzutreffende Bild eines "Zweikomponenten-
Anspruchs" zugrunde. Die unter dem Aspekt der Vorteilsausgleichung - von
vornherein - begründete Zug-um-Zug-Einschränkung von Schadensersatzan-
sprüchen der vorliegenden Art (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2009
- III ZR 28/08, WM 2009, 540 Rn. 14) ist eine Frage des materiellen Schadens-
ersatzrechts. Die materiell-rechtliche Verbundenheit von Anspruch und An-
spruchseinschränkung führt indes nicht dazu, dass die Zug-um-Zug-Einschrän-
kung stets - quasi unsichtbar als integraler Bestandteil der Forderung - auch
dann mit zur Insolvenztabelle angemeldet wird, wenn sie in der Anmeldung ei-
nes Zahlungsanspruchs nicht benannt wird. Die gegenteilige Vorstellung der
Revision, das Verschweigen einer Rückübertragungspflicht bei der Anmeldung
des Schadensersatzanspruchs führe dennoch zu einer - unwirksamen - Anmel-
dung als Zug-um-Zug-Forderung, ist unrichtig. Sie konstruiert einen Anmel-
dungsinhalt, der in dem Schreiben, mit dem ein uneingeschränkter Zahlungsan-
spruch geltend gemacht und angemeldet wird, keine Grundlage hat.
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Zwar ist es zutreffend, dass derjenige, der eine Zug-um-Zug-Einschrän-
kung verschweigt, eine wirksame Forderungsanmeldung bewirken kann, wäh-
rend die Anmeldung desjenigen, der eine Zug-um-Zug-Forderung als solche
anmeldet, unwirksam ist. Dies entspricht indes den - vorstehend ausgeführten -
Besonderheiten und Erfordernissen des Insolvenzverfahrens. Die von der Revi-
sion angeführte "Ehrlichkeit" des Anmeldenden ist in diesem Zusammenhang
ohne Belang. Die im Wege der Anmeldung erfolgende formale Geltendma-
chung einer - zur Berechnung der Quote geeigneten - Forderung und ihre mate-
riell-rechtliche Berechtigung, die Gegenstand (erst) der Feststellung zur Insol-
venztabelle ist, sind entgegen der Ansicht der Revision zu unterscheiden.
b) Der Kläger hat die ihm von den Vorinstanzen zuerkannte Forderung
nicht als Zug-um-Zug-Forderung angemeldet. Den Forderungsanmeldungen
vom 28. Februar 2011 und 26. Juli 2013 ist eine solche Einschränkung nicht zu
entnehmen. In der Anmeldung vom 28. Februar 2011 werden unter Nummer I
Haupt- und Nebenforderungen ohne Zug-um-Zug-Einschränkung zur Tabelle
angemeldet. Soweit unter Nummer IV die "Rückabtretung der Kommanditanteile
Zug um Zug mit der Schadensersatzforderung" angeboten wird, ist dies nicht
als Einschränkung der angemeldeten Forderung zu verstehen.
Dementsprechend ist in der Insolvenztabelle auch keine Zug-um-Zug-
Einschränkung der angemeldeten Forderung, sondern nur der zugesprochene
Schadensersatzbetrag ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung eingetragen wor-
den. Der Insolvenzverwalter, dem im Hinblick auf die Wirksamkeit der Anmel-
dung eine Vorprüfungspflicht und ein Zurückweisungsrecht zukommt (Graf-
Schlicker in Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., § 175 Rn. 5 f), hat offenbar die An-
meldung als uneingeschränkte verstanden, keine Bedenken gegen ihre Wirk-
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samkeit gehabt und die Forderung - ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung -
eingetragen.
Die gegen dieses Verständnis der Forderungsanmeldung (vgl. in einem
Parallelverfahren bereits Senat, Urteil vom 21. Mai 2015 - III ZR 384/12, WM
2015, 1243 Rn. 20 f) seitens der Revision aufgrund "unbefangener Betrach-
tung" vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch. Die Anmeldung ist die
Grundlage für die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle. So kann die
Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise be-
gehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin be-
zeichnet worden ist (§ 181 InsO). Die Anmeldung ist mithin danach zu würdi-
gen, wie sie die Forderung bezeichnet. Vorliegend werden die angemeldeten
Forderungen unter Nummer I der Anmeldung als "
Hauptforderung … Scha-
densersatz, errechnet aus Nominalbetrag zzgl. Agio abzgl. erhaltener Ausschüt-
tungen", "Zinsen" und "Kosten" bezeichnet. Eine Zug-um-Zug-Einschränkung ist
dort nicht vermerkt. Sie liegt auch nicht in den weiteren, unter Nummer IV der
Anmeldung getätigten Angaben. Ausweislich ihres Wortlauts erfolgt dort nicht
eine ergänzende Angabe zur angemeldeten Forderung und zu einer ihr inne
wohnenden Einschränkung, sondern schlicht ein Angebot zur Rückabtretung
der Kommanditanteile Zug um Zug mit der Schadensersatzforderung.
Im Übrigen wäre, selbst wenn der Kläger die ihm vom Oberlandesgericht
zugesprochene Forderung - unzulässig - als Zug-um-Zug-Forderung zur Insol-
venztabelle angemeldet haben sollte, seine zwischenzeitlich erfolgte Forde-
rungsanmeldung vom 26. Juli 2013 dahingehend auszulegen, dass er die For-
derung - korrigierend - allein mit dem Inhalt der in der Insolvenztabelle erfolgten
Eintragung, das heißt ohne Zug-um-Zug-Einschränkung anmelden will. Die Re-
vision verkennt, dass Forderungsanmeldungen nachträglich geändert werden
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können (vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO). Der Kläger hat in dem Schreiben vom
26. Juli 2013 unter Bezugnahme auf die durch den Insolvenzverwalter erfolgte
Eintragung der von ihm angemeldeten Forderung in die Insolvenztabelle ohne
die Zug-um-Zug-Einschränkung seine ursprüngliche Anmeldung vom 28. Feb-
ruar 2011 über 35.012,10 € korrigiert und ausgeführt, es würden 37.130,33 €
und damit weitere 2.118,23 € angemeldet. In der anschließenden "Begründung"
werden ausschließlich die Hauptforderung, der entgangene Gewinn, die
Rechtshängigkeitszinsen und die Rechtsverfolgungskosten dargestellt, berech-
net und beziffert. Eine Zug-um-Zug-Einschränkung dieser Forderungen wird
nicht erwähnt. Selbst wenn die ursprüngliche Anmeldung des Klägers - wovon
nach den vorstehenden Ausführungen indes nicht ausgegangen werden kann -
als Anmeldung einer Zug-um-Zug-Forderung zu verstehen gewesen wäre, läge
daher in der von ihm in Kenntnis der erfolgten Tabelleneintragung vorgenom-
menen Korrektur der angemeldeten Forderung konkludent eine geänderte, auf
die dort genannten Beträge beschränkte Anmeldung seiner Forderung ohne
deren Zug-um-Zug-Einschränkung. Diese Anmeldung ist insolvenzrechtlich zu-
lässig und wirksam.
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Aufnahmegegner ist, wenn - wie vorliegend - ein Gläubiger die Feststel-
lung seiner Forderung zur Tabelle betreibt, der dieser Feststellung widerspre-
chende andere Gläubiger. Der Bestreitende tritt an Stelle des Schuldners in den
aufgenommenen Rechtsstreit ein (Senat, Urteil vom 21. Mai 2015 - III ZR
384/12, WM 2015, 1243 Rn. 23; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR
204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 10 f mwN). Die Revisionsklägerin ist somit in Folge
der Aufnahme des Verfahrens durch den Kläger gegen sie - als der Feststellung
der streitgegenständlichen Forderung zur Tabelle widersprechende Gläubige-
rin - in den Rechtsstreit an Stelle der Beklagten zu 1 eingetreten.
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3.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil hinsicht-
lich der vom Kläger - in verfahrensrechtlicher Anpassung an die insoweit maß-
gebenden Vorschriften der Insolvenzordnung - umgestellten Anträge auf Fest-
stellung zur Insolvenztabelle (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 31. Oktober
2012 aaO Rn. 22 mwN) weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen sind.
Die streitgegenständlichen Forderungen zu Nummer I des Tenors des
Berufungsurteils hat das Oberlandesgericht dem Kläger nur Zug um Zug gegen
die Abtretung der Rechte an seiner Kommanditbeteiligung zugesprochen. Eine
Zug-um-Zug-Forderung kann nach § 45 Satz 1 InsO nur mit einem unter Be-
rücksichtigung der vom Kläger zu übertragenden Kommanditbeteiligung be-
rechneten Wert geltend gemacht und insoweit - ohne den Zug-um-Zug-Vorbe-
halt - zur Insolvenztabelle festgestellt werden. Dieser Wert kann für die Zeit der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden (vgl. hierzu Senat, Urteile
vom 21. Mai 2015 aaO Rn. 25 und vom 17. Juli 2014 - III ZR 218/13, WM 2014,
1667 Rn. 19; BGH, Urteile vom 9. Juli 2013 - II ZR 9/12, WM 2013, 1597 Rn. 17
und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, NZI 2004, 214, 215). Tatsächliche
Feststellungen dazu, ob die vom Kläger abzutretende Kommanditbeteiligung
noch werthaltig ist und welchen Wert sie gegebenenfalls hat, fehlen jedoch. Der
Senat ist bereits aus diesem Grund daran gehindert, einen bestimmten, bei
Werthaltigkeit der vom Kläger zu übertragenden Kommanditbeteiligung gege-
benenfalls reduzierten Forderungsbetrag zur Insolvenztabelle festzustellen. Es
bedarf mithin der weiteren Aufklärung durch den Tatrichter (vgl. Senat, Urteile
vom 21. Mai 2015 aaO und vom 17. Juli 2014 aaO; BGH, Urteil vom 9. Juli
2013 aaO).
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4.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Nachdem die Revisionsklägerin in ihrer Revisionsbegründung vom
30. Juni 2015 umfangreichen, bisher streitigen Klägervortrag unstreitig gestellt
hat, dürfte eine Haftung der Beklagten zu 1 nach den Grundsätzen des Ver-
schuldens bei Vertragsverhandlungen dem Grunde nach feststehen.
b) Der Kläger verfolgt mit Rücksicht darauf, dass die 3
7.130,33 €, wegen
der die Aufnahme des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz erklärt worden ist,
2.760,56 € entgangenen Gewinn umfasst haben, die nicht Gegenstand der
Verurteilung durch das Berufungsgericht gewesen sind, die Feststellung zur
Tabelle im vorliegenden Verfahren nunmehr lediglich noch in Höhe von insge-
samt
34.369,77 €. In Bezug auf diesen Betrag sind bisher nur die vom Beru-
fungsgericht zugesprochene
Hauptforderung von 17.813,84 € und die in dem
von der Revisionsklägerin vorgelegten Schreiben vom 26. Juli 2013 berechne-
ten Rechtshängigkeitszinsen von 3.080,58 € hinreichend dargelegt. Die zur In-
solvenztabelle angemeldeten Rechtsverfolgungskosten von 4.049,64 € werden
im weiteren Verfahren vom Kläger noch näher darzulegen und gegebenenfalls
zu belegen sein. Ihre Feststellung zur Insolvenztabelle ist vom Ausgang des
Rechtsstreits und der hieraus folgenden Kostenverteilung abhängig.
c) Soweit der Kläger im Hinblick auf den ihm vom Oberlandesgericht un-
ter Nummer I 2 des Tenors des Berufungsurteils zugesprochenen Freistel-
lungsanspruch nunmehr die Feststellung eines Zahlungsanspruchs begehrt, gilt
Folgendes:
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aa) Der Gläubiger eines Befreiungsanspruchs kann seinen Anspruch
nach Maßgabe der §§ 44, 45, 87 InsO im Insolvenzverfahren geltend machen
(BGH, Urteil vom 14. Juli 2005 - IX ZR 142/02, WM 2005, 1855, 1857;
MüKoInsO/Bitter, 3. Aufl., § 45 Rn. 8 mwN). Der Kläger kann daher im Grund-
satz den nach § 45 InsO umgerechneten Wert des ihm zuerkannten Freistel-
lungsanspruchs zur Insolvenztabelle anmelden und feststellen lassen.
bb) Er hat indes in dem vorliegenden Rechtsstreit den von ihm auf die
Finanzierungszinsen bezogenen Zahlungsanspruch bisher weder beziffert noch
hinreichend dargelegt. Lediglich aus einer Rückberechnung unter Zugrundele-
gung des
Gesamtbetrags von 34.369,77 €, den der Kläger zur Tabelle festge-
stellt wissen will, und einem hiervon erfolgenden Abzug der Hauptforderung von
17.813,84 €, der Rechtshängigkeitszinsen von 3.080,58 € und der Rechtsver-
folgungskosten von 4.049,64 € ergibt sich insofern ein Betrag von 9.425,71 €.
Der Kläger hat bisher nicht - wie indes erforderlich - dargelegt, wie sich dieser
Betrag berechnet. Zudem hat er ausweislich seines Schreibens vom 26. Juli
2013
nur Finanzierungszinsen von 7.120,19 € zur Insolvenztabelle angemeldet.
d) Soweit die Revision die Feststellung des Annahmeverzugs der Be-
klagten zu 1 (vgl. §§ 756, 765 Nr. 1 ZPO) durch die Vorinstanzen rügt, kommt
eine solche Feststellung angesichts der - in verfahrensrechtlicher Anpassung
an die insoweit maßgebenden Vorschriften der Insolvenzordnung - umgestellten
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Anträge des Klägers und der mangelnden Feststellungsfähigkeit eines
Zug-um-Zug-Anspruchs zur Insolvenztabelle ohnehin nicht mehr in Betracht.
Herrmann
Hucke
Seiters
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.09.2008 - 22 O 13695/08 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2009 - 20 U 1566/09 -