Urteil des BGH vom 28.04.2015

Leitsatzentscheidung zu Rücknahme der Klage, Nebenintervention, Gesellschaft, Gesetzlicher Vertreter

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I I Z B 1 9 / 1 4
vom
28. April 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 66; AktG § 147
Der besondere Vertreter kann der Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die
Verfolgung von Ersatzansprüchen und über seine Bestellung auf Seiten der Gesell-
schaft als Nebenintervenient beitreten.
BGH, Beschluss vom 28. April 2015 - II ZB 19/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Prof. Dr. Strohn, die
Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Nebenintervenienten zu 2 auf Seiten
der Beklagten wird unter Zurückweisung seiner weitergehenden
Rechtsbeschwerde der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlan-
desgerichts Düsseldorf vom 5. August 2014 im Kostenpunkt und in-
soweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde mit dem Antrag auf
Auferlegung der durch seine Nebenintervention verursachten Kosten
auf die Klägerin zu mehr als 5/6 zurückgewiesen worden ist.
Auf die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 2 auf Sei-
ten der Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden
Rechtsmittels der Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2013, soweit der Beitritt
des Nebenintervenienten zu 2 zurückgewiesen wurde und er seine
außergerichtlichen Kosten selbst tragen sollte, wie folgt abgeändert:
Von den durch die Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 2
auf Seiten der Beklagten verursachten Kosten trägt die Klägerin 1/6.
Die Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt
die Klägerin zu 1/6, der Nebenintervenient zu 2 auf Seiten der Be-
klagten zu 5/6.
Streitwert: bis
2.000 €
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Gründe:
I.
Der Rechtsbeschwerdeführer wurde mit Beschluss der Hauptversamm-
lung der Beklagten vom 26. Juli 2012 als besonderer Vertreter gemäß § 147
Abs. 2 Satz 1 AktG bestellt, um Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ein
Aufsichtsratsmitglied der Beklagten und den Generalbevollmächtigten der Be-
klagten aus Geschäftsvorfällen zwischen der Beklagten und ihr nahestehenden
Unternehmen geltend zu machen. In derselben Hauptversammlung wurde auch
ein Beschluss über die Bestellung eines Sonderprüfers zur Prüfung von Ge-
schäften mit nahestehenden Personen gefasst. Gegen beide Beschlüsse hat
die Klägerin, eine Aktionärin der Beklagten, Anfechtungsklage erhoben. Auf
Seiten der Klägerin sind zwei Aktionäre, darunter das Aufsichtsratsmitglied der
Beklagten, gegen das die Ersatzansprüche geltend gemacht werden sollten,
dem Verfahren als Nebenintervenienten beigetreten.
Der Rechtsbeschwerdeführer erklärte in seiner Eigenschaft als von der
Hauptversammlung bestellter besonderer Vertreter den Beitritt als Nebeninter-
venient auf Seiten der Beklagten. Die Beklagte, die den auf die Nichtigerklärung
des Beschlusses über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen und die Be-
stellung des besonderen Vertreters gerichteten Klageantrag anerkannt hat, hat
die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt. Auf Seiten der Beklagten
sind zwei Aktionäre als Nebenintervenienten beigetreten, die dem Anerkenntnis
widersprochen haben. Die Klägerin hat die Klage zurückgenommen.
Nach Rücknahme der Klage hat das Landgericht die Kosten des Rechts-
streits sowie die außergerichtlichen Kosten der weiteren auf Seiten der Beklag-
ten beigetretenen Nebenintervenienten der Klägerin auferlegt. Den Beitritt des
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Rechtsbeschwerdeführers hat es durch Beschluss zurückgewiesen und ihm
seine außergerichtlichen Kosten auferlegt. Die dagegen gerichtete sofortige
Beschwerde, mit der der besondere Vertreter seine Zulassung und die Auferle-
gung seiner außergerichtlichen Kosten auf die Klägerin beantragt hat, hat das
Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwer-
degericht zugelassene Rechtsbeschwerde des besonderen Vertreters, mit der
er beantragt, seine Nebenintervention zuzulassen und der Klägerin seine au-
ßergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat hinsichtlich des Kostenan-
trags auch teilweise Erfolg. Sie führt dazu, dass der Klägerin die durch die Ne-
benintervention des Nebenintervenienten zu 2 auf Beklagtenseite verursachten
Kosten zu einem Sechstel auferlegt werden.
1. Soweit mit der Rechtsbeschwerde die Zulassung der Nebeninterventi-
on des Nebenintervenienten zu 2 auf Beklagtenseite beantragt wird, hat sie nur
teilweise Erfolg. Der mit der Rechtsbeschwerde gestellte Antrag des besonde-
ren Vertreters, seine Nebenintervention zuzulassen, ist zwar unzulässig. Soweit
das Landgericht den Beitritt zurückgewiesen hat, ist sein Beschluss jedoch ab-
zuändern, weil eine Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Beitritts
nicht mehr zu ergehen hatte.
Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach
Klagerücknahme über die Zulässigkeit der Nebenintervention und den Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention keine Entscheidung mehr zu treffen
ist. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Zwischenentscheidung entfällt
mit der wirksamen Rücknahme der Klage. Allerdings hat, wenn die allgemeinen
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Prozesshandlungsvoraussetzungen wie Partei-, Prozess- und Postulationsfä-
higkeit nicht vorliegen, wie dies hier das Beschwerdegericht für die Parteifähig-
keit des besonderen Vertreters angenommen hat, das Prozessgericht den Bei-
tritt von Amts wegen durch (anfechtbaren) Beschluss zurückzuweisen (BGH,
Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362;
Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6), und, wenn die
besonderen Prozessvoraussetzungen der Nebenintervention fehlen, durch Zwi-
schenurteil nach § 71 Abs. 1 ZPO darüber zu entscheiden. Diese Verfahren
sollen Klarheit über den weiteren Prozessablauf und den Eintritt von Folgewir-
kungen des Beitritts schaffen. Mit der Klagerücknahme endet der Prozess je-
doch, so dass sein weiterer Verlauf nicht mehr geklärt werden muss und der
Nebenintervenient der Hauptpartei auch nicht mehr zu Hilfe kommen kann.
Damit entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Zwischenverfahren (vgl. zur
ähnlichen Situation bei rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache OLG
Nürnberg, MDR 1994, 834; Zöllner/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 71 Rn. 6).
Über den Eintritt von Folgewirkungen, insbesondere über die Kostentragung,
kann in den jeweiligen Verfahren unmittelbar und ohne Durchführung des Zwi-
schenverfahrens entschieden werden.
Zur Klarstellung ist jedoch der ausdrückliche Ausspruch des Landge-
richts über die Zurückweisung der Nebenintervention aufzuheben.
2. Die Rechtsbeschwerde hat hinsichtlich der Kostenentscheidung eben-
falls nur teilweise Erfolg. Der Klägerin sind die durch die Nebenintervention des
besonderen Vertreters entstandenen Kosten zu einem Sechstel aufzuerlegen.
a) Wird eine Klage zurückgenommen, hat ein Kläger grundsätzlich die
durch eine Nebenintervention auf Seiten eines Beklagten verursachten Kosten
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zu tragen, unabhängig davon, ob es sich um eine streitgenössische oder um
eine einfache Nebenintervention handelt (BGH, Beschluss vom 18. November
2014 - II ZR 1/14, ZIP 2015, 147 Rn. 3). Voraussetzung für eine dem Nebenin-
tervenienten günstige Kostenentscheidung ist jedoch, dass die Nebeninterven-
tion nach § 70 ZPO zulässig ist und sie nicht nach § 71 Abs. 1 ZPO auf Antrag
eines Beteiligten zurückgewiesen ist oder zurückzuweisen wäre.
b) Der Beitritt war zulässig, soweit die Klägerin die Nichtigerklärung des
Beschlusses über die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen und die Be-
stellung des Rechtsbeschwerdeführers zum besonderen Vertreter verfolgt hat.
Dagegen ist für den Beitritt zur Anfechtungsklage gegen den Beschluss über
die Sonderprüfung ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten nicht er-
sichtlich. Wenn wie hier mehrere Beschlüsse durch Klage angefochten werden,
liegt eine Klagenhäufung vor (§ 260 ZPO). Bei einer Verbindung mehrerer Pro-
zesse im Rahmen einer Klagenhäufung ist die Zulässigkeit des Beitritts für jede
Klage gesondert zu beurteilen (vgl. zur subjektiven Klagenhäufung BGH, Urteil
vom 18. Oktober 1976 - II ZR 98/75, BGHZ 68, 81, 85).
aa) Ob der besondere Vertreter Anfechtungsprozessen beitreten kann,
ist umstritten. Teilweise wird der Beitritt (jedenfalls) hinsichtlich des Bestel-
lungsbeschlusses für zulässig erachtet (LG München I, ZIP 2007, 2420, 2421;
Mock
in
Spindler/Stilz,
AktG,
2. Aufl.,
§ 147
Rn. 43;
Schwab
in
K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 246 Rn. 32; Westermann, AG 2009, 237,
244), teilweise dann, wenn er zur Erfüllung der Aufgabe des besonderen Vertre-
ters als erforderlich erscheint (Heidel/Locher, AktG, 4. Aufl., § 147 Rn. 24a;
MünchKommAktG/Schröer, 3. Aufl., § 147 Rn. 54) oder der Prozess in unmit-
telbarem Zusammenhang mit dem geltend zu machenden Anspruch steht (Ver-
hoeven, ZIP 2008, 245, 250; Nietsch, ZGR 2011, 589, 625 f.). Andere lehnen
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eine Interventionsbefugnis des besonderen Vertreters ab, weil er als Organ we-
der parteifähig sei noch ein Interventionsinteresse habe (OLG München, ZIP
2008, 2173, 2174; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 147 Rn. 9; MünchKomm
AktG/Hüffer, 3. Aufl., § 246 Rn. 9 und 10; Rieckers/J. Vetter in KK-AktG,
3. Aufl., § 147 Rn. 684 f.; Grigoleit/Herrler, AktG, § 147 Rn. 16; Fabritius, Ge-
dächtnisschrift Gruson, 2009, S. 133, 147; Wasmann/Kallweit, Der Konzern
2008, 135, 137; ebenso für die Nebenintervention auf Seiten eines Anfech-
tungsklägers Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 147 Rn. 27).
Schließlich wird eine Interventionsbefugnis nur für den Organwalter, nicht je-
doch den besonderen Vertreter als Organ bejaht (Humrich, Der besondere Ver-
treter im Aktienrecht, 2013, S. 182).
bb) Der besondere Vertreter kann der Anfechtungsklage gegen den Be-
schluss über die Verfolgung von Ersatzansprüchen und über seine Bestellung
auf Seiten der Gesellschaft als Nebenintervenient beitreten. Nach § 66 Abs. 1
ZPO kann derjenige einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechts-
streit zur Unterstützung beitreten, der ein rechtliches Interesse am Obsiegen
einer Partei hat. Der besondere Vertreter hat ein rechtliches Interesse am Ob-
siegen der Gesellschaft im Anfechtungsprozess gegen seine Bestellung und die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
(1) Der Beitritt ist nicht schon deshalb unzulässig, weil der besondere
Vertreter als Organ nicht parteifähig ist. Zwar müssen die allgemeinen Prozess-
handlungsvoraussetzungen, zu denen die Parteifähigkeit gehört, auch in der
Person des Nebenintervenienten vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom
10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362; Beschluss vom 12. Juli
2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6) und ist der besondere Vertreter im
Rahmen seines Aufgabenkreises Organ der Gesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom
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18. Dezember 1980 - II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179; Beschluss vom
27. September 2011 - II ZR 225/08, ZIP 2011, 2195; Beschluss vom 18. Juni
2013 - II ZA 4/12, ZIP 2013, 1467 Rn. 3). Ob Organen der Gesellschaft als
selbständigen Gebilden nur dort, wo dies wie in § 245 Nr. 4 AktG für die An-
fechtungsbefugnis des Vorstands gesetzlich bestimmt ist, Parteifähigkeit zu-
kommt, kann hier offenbleiben. Sie mag für die Frage der Beschlussanfechtung
durch ein mehrköpfiges Organ von Bedeutung sein (vgl. § 245 Nr. 4 AktG für
den Vorstand). Der Beitritt setzt aber keine der Anfechtungsbefugnis entspre-
chende besondere aktienrechtliche "Nebeninterventionsbefugnis" voraus (vgl.
BGH, Beschluss vom 23. April 2007 - II ZB 29/05, BGHZ 172, 136 Rn. 17 f.;
Beschluss vom 26. Mai 2008 - II ZB 23/07, ZIP 2008, 1398 Rn. 7).
Der Nebenintervenient zu 2 ist als natürliche Person parteifähig (§ 50
ZPO). Ob er beim Beitritt im Rahmen der ihm als besonderem Vertreter zuge-
wiesenen Aufgaben als Organ oder Organmitglied handelte, ist für seine
Rechts- und Parteifähigkeit ohne Bedeutung. Bei Organen, die nur aus einer
natürlichen Person bestehen, bedarf es der Unterscheidung zwischen Organ
und Organmitglied nicht. Soweit ein Organmitglied ein rechtliches Interesse gel-
tend machen kann, kann dieses auch gerade auf seiner Organstellung beruhen
(vgl. zum Aufsichtsratsmitglied BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZB 1/11,
ZIP 2013, 483 Rn. 13).
(2) Der Anfechtungsrechtsstreit wird auch zwischen anderen Personen
geführt. Nach § 66 Abs. 1 ZPO setzt die Nebenintervention einen zwischen an-
deren Personen anhängigen Rechtsstreit voraus. Ob der gesetzliche Vertreter
einer Partei nicht Dritter ist und daher nicht beitreten kann, hat der Senat bisher
offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZB 1/11, ZIP 2013,
483 Rn. 9) und kann auch hier offenbleiben. Der besondere Vertreter tritt hier
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nicht als gesetzlicher Vertreter der beklagten Gesellschaft auf. Er ist nur inso-
weit gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, als seine Befugnis reicht, Ersatz-
ansprüche gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats im Namen der
Gesellschaft zu verfolgen, die ein abgespaltener Teil der umfassenden gesetzli-
chen Vertretungsmacht des Vorstands ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1980
- II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179).
Im Anfechtungsstreit um seine Bestellung vertritt er die Gesellschaft
nicht; sie wird vielmehr durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten (§ 246 Abs. 2
Satz 2 AktG). Zwar wird teilweise vertreten, dass der besondere Vertreter we-
gen der Besorgnis einer nachlässigen Rechtsverteidigung durch Vorstand und
Aufsichtsrat im Anfechtungsprozess um seine Bestellung die Gesellschaft ver-
trete (Böbel, Die Rechtsstellung der besonderen Vertreter gem. § 147 AktG,
1999, S. 141 ff.) oder jedenfalls die Hauptversammlung - wie hier nicht - eine
solche Vertretung bestimmen könne (Verhoeven, ZIP 2008, 245, 250). Eine
Vertretung im Anfechtungsprozess widerspricht aber der gesetzlichen Regelung
in § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG und steht mit den beschränkten Aufgaben des be-
sonderen Vertreters, Ersatzansprüche geltend zu machen, nicht in Einklang.
Für eine Erweiterung seiner Befugnisse auf die Vertretung im Anfechtungspro-
zess besteht auch kein Bedürfnis. Gegen eine nachlässige Prozessführung
durch Vorstand und Aufsichtsrat im Anfechtungsprozess über die Bestellung,
wie sie hier mit dem Anerkenntnis durch die Beklagte in Frage kommt, haben
die Aktionäre die Möglichkeit, auf Seiten der Gesellschaft beizutreten und so
eine Säumnis der Gesellschaft oder ein zur Nichtigerklärung führendes Aner-
kenntnis abzuwenden.
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(3) Der Nebenintervenient hat als besonderer Vertreter ein rechtliches In-
teresse am Obsiegen der Gesellschaft im Anfechtungsstreit um seine Bestel-
lung und über die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen.
Sein Interventionsinteresse folgt allerdings nicht bereits aus einer
Rechtskrafterstreckung. Regelmäßig ist ein rechtliches Interesse eines Dritten
gegeben, gegenüber dem die Entscheidung Rechtskraft bewirkt (vgl. BGH,
Beschluss vom 23. April 2007 - II ZB 29/05, BGHZ 172, 136 Rn. 10; Beschluss
vom 26. Mai 2008 - II ZB 23/07, ZIP 2008, 1398 Rn. 8). § 248 Abs. 1 Satz 1
AktG ordnet eine solche Rechtskrafterstreckung für den Fall der Nichtigerklä-
rung aber nur gegenüber allen Aktionären, den Mitgliedern des Vorstands und
des Aufsichtsrats an. Der besondere Vertreter zählt nicht dazu. Ein Grund,
§ 248 Abs. 1 Satz 1 AktG auf den besonderen Vertreter entsprechend anzu-
wenden, besteht nicht. Die Rechtskrafterstreckung in § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG
stellt sicher, dass der Beschluss der Hauptversammlung nicht nur für den jewei-
ligen Kläger und die beklagte Gesellschaft als Prozessparteien, sondern auch
für die anderen Aktionäre und einzelnen Mitglieder des Vorstands und Auf-
sichtsrats nichtig ist, wenn die Anfechtungsklage Erfolg gehabt hat
(MünchKommAktG/Hüffer, 3. Aufl., § 248 Rn. 3). Damit soll eine unklare Be-
schlusslage verhindert werden, nämlich dass der Beschluss für einen Teil der
Beteiligten nichtig, für den anderen Teil aber nach wie vor die verbindliche Äu-
ßerung des Gesellschaftswillens ist, unabhängig davon, ob sie jeweils von dem
Beschluss überhaupt betroffen sind. Der besondere Vertreter tritt zwar für sei-
nen Aufgabenbereich an die Stelle des Vorstands. Dieser Aufgabenbereich be-
steht aber nur in der Geltendmachung von Ersatzansprüchen. Dazu muss nicht
gesichert werden, dass ein Beschluss der Gesellschaft auch ihm gegenüber
nach einer erfolgreichen Anfechtungsklage unabhängig davon nichtig ist, ob er
seinen Aufgabenbereich betrifft.
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Das Interventionsinteresse des gemeinsamen Vertreters folgt aber aus
der Gestaltungswirkung einer Entscheidung, die seine Bestellung und die Ent-
scheidung für eine Verfolgung von Ersatzansprüchen für nichtig erklärt. Bei ge-
sellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen kommt wegen der Gestaltungswirkung
des § 241 Nr. 5 AktG eine Nebenintervention desjenigen Dritten in Betracht, der
von der Nichtigerklärung betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1976
- II ZR 98/75, BGHZ 68, 81, 85; Beschluss vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01,
BGHZ 166, 18 Rn. 7 - Carvedilol; Beschluss vom 23. April 2007 - II ZB 29/05,
BGHZ 172, 136 Rn. 10; Beschluss vom 26. Mai 2008 - II ZB 23/07, ZIP 2008,
1398 Rn. 8). Die Nichtigerklärung des Bestellungsbeschlusses und des Be-
schlusses über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen betrifft den beson-
deren Vertreter unmittelbar, weil er sein Amt und seinen Auftrag verliert. Dem
steht nicht entgegen, dass die Aufgabe des besonderen Vertreters nicht die
Verteidigung von Hauptversammlungsbeschlüssen, sondern die Geltendma-
chung von Schadensersatzansprüchen ist. Für das rechtliche Interesse reicht
es aus, dass die Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung ihn und sein Amt be-
rührt. Mit der rechtskräftigen Nichtigerklärung des Bestellungsbeschlusses ver-
liert er die Befugnis, für die Gesellschaft Schadensersatzansprüche geltend zu
machen.
cc) Dagegen fehlt ein rechtliches Interesse für den Beitritt hinsichtlich der
Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Sonderprüfung. Weder er-
streckt sich die Rechtskraft einer Nichtigerklärung auf den besonderen Vertreter
noch ist er von der Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung betroffen. Zu ei-
nem rechtlichen Interesse an der Sonderprüfung aus seinem Aufgabenbereich,
Ersatzansprüche gegen das Aufsichtsratsmitglied geltend zu machen, hat der
Rechtsbeschwerdeführer nichts vorgetragen. Es ist aus den Beschlussgegen-
ständen selbst nicht erkennbar. Der Gegenstand des geltend zu machenden
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Ersatzanspruchs und der Sonderprüfung sind allenfalls teilweise identisch. Die
Sonderprüfung dient hier insbesondere nicht etwa der Ermittlung von Tatsachen
für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs.
c) Die Klägerin hat danach nur ein Sechstel der durch die Nebeninterven-
tion auf Seite der Beklagten verursachten Kosten zu tragen, § 100 Abs. 1 ZPO.
Der Beitritt ist nur hinsichtlich eines von zwei Beschlüssen, die gleich zu bewer-
ten sind, zulässig, so dass nach Klagerücknahme auf die Seite der Klägerin von
vornherein nur die Hälfte der durch die Nebenintervention des Rechtsbe-
schwerdeführers verursachten Kosten entfallen. Neben den beiden Nebeninter-
venienten entfällt auf die Klägerin ein Drittel dieser Hälfte. Auf Seiten der Kläge-
rin sind die Kosten zwischen ihr und den auf ihrer Seite Beigetretenen nach
Kopfteilen zu verteilen. Der Klägerin sind zwei Aktionäre als Nebenintervenien-
ten beigetreten. Ein Aktionär, der sich an einem von anderen Aktionären gegen
die beklagte Gesellschaft geführten Anfechtungsrechtsstreit auf Seiten der Klä-
ger als Nebenintervenient beteiligt, ist im Hinblick auf die sich aus § 248 Abs. 1
Satz 1 AktG ergebende Rechtskrafterstreckung und Gestaltungswirkung eines
stattgebenden Anfechtungsurteils nach der ständigen Rechtsprechung des Se-
nats als streitgenössischer Nebenintervenient i.S.v. §§ 66, 69 ZPO anzusehen.
Auf die streitgenössische Nebenintervention sind ausschließlich § 101 Abs. 2,
§ 100 ZPO anzuwenden, die den streitgenössischen Nebenintervenienten kos-
tenrechtlich uneingeschränkt einem Streitgenossen der Hauptpartei gleichstel-
len (BGH, Beschluss vom 3. Juni 1985 - II ZR 248/84, JZ 1985, 853, 854;
Beschluss vom 18. Juni 2007 - II ZB 23/06, ZIP 2007, 1337 Rn. 7; Beschluss
vom 15. Juni 2009 - II ZB 8/08, ZIP 2009, 1538 Rn. 12; Beschluss vom 14. Juni
2010 - II ZB 15/09, ZIP 2010, 1771 Rn. 9; Beschluss vom 15. September 2014
- II ZB 22/13, ZIP 2014, 1995 Rn. 6). Unterliegt danach die Klägerseite, haften
ein Kläger und die auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenienten gemäß §
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100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen für die durch die Nebenintervention auf Be-
klagtenseite verursachten Kosten.
Bergmann
Strohn
Reichart
Drescher
Born
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.10.2013 - 35 O 61/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.08.2014 - I-6 W 52/13 -