Urteil des BGH vom 07.10.2015

Rechtliches Gehör, Zwangsvollstreckung, Sparkasse, Rechtsanwaltschaft

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
Anw Z (Brfg) 48/15
vom
7. Oktober 2015
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin
des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Remmert sowie die Rechtsanwälte Dr. Martini und Dr. Kau
am 7. Oktober 2015
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 8. Mai 2015 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist seit dem 29. Januar 1981 als Rechtsanwalt im Bezirk der
Beklagten zugelassen. Mit dem Kläger am 13. Februar 2015 zugestelltem Be-
scheid vom 11. Februar 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers
zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).
Die gegen die Widerrufsverfügung gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof
abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil
des Anwaltsgerichtshofs.
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II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach
§ 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5
Satz 2 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-
hen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas-
sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine
erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt
wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg)
30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 m.w.N.). Daran fehlt es. Der Kläger hat sich
zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsverfügung vom 11. Februar
2015 in Vermögensverfall befunden.
a) Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn sich der Rechtsanwalt in un-
geordneten, schlechten finanziellen Verhältnissen befindet, die er in absehbarer
Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzu-
kommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von
Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (vgl. nur Senatsbe-
schlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4 und
vom 10. März 2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3, jeweils m.w.N.). Liegen
Anzeichen dafür vor, dass der Rechtsanwalt nur wirtschaften kann, indem er
neue Schulden auflaufen lässt, und zahlt er seine Schulden über einen gewis-
sen Zeitraum lediglich unter dem Druck des Widerrufs einer Zulassung oder von
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, kann der Nachweis eines Vermögensver-
falls regelmäßig als geführt angesehen werden (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbe-
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schlüsse vom 14. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 22/14, juris Rn. 5 und vom 7. Ok-
tober 2013 - AnwZ (Brfg) 30/13, juris Rn. 4 m.w.N.).
Hierbei ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung für die Beurteilung
der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1. September 2009 gelten-
den Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Wi-
derrufsverfahrens - hier: Widerrufsverfügung vom 11. Februar 2015 - abzustel-
len; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wie-
derzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni
2011, aaO Rn. 9 ff. und vom 10. März 2014, aaO Rn. 3).
b) Der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Begründung der Senat Bezug
nimmt, hat zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2
Nr. 7 BRAO zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerrufsverfahrens vorgele-
gen haben. Zu diesem Zeitpunkt waren gegen den Kläger - mit zwei Ausnah-
men - die im Urteil des Anwaltsgerichtshofs dargestellten Forderungen offen
und seine finanziellen Verhältnisse ungeordnet. Auf der Grundlage eigenen
Vermögens oder eigener regelmäßiger Einnahmen konnte nicht von einer gesi-
cherten Leistungsfähigkeit und konsolidierten Vermögensverhältnissen des
Klägers ausgegangen werden.
Zwar wurde die im Urteil des Anwaltsgerichtshofs angeführte Restforde-
rung der Oberjustizkasse H.
über 146,95 € (Nr. 53 der Forderungsliste der
Beklagten; im angefochtenen Urteil fehlerhaft als Nr. 51 bezeichnet) bereits am
9. Februar 2015 und damit vor Abschluss des behördlichen Widerrufsverfah-
rens beglichen. Auch wurde ausweislich des Kontoauszugs, der als Anlage B I
5.2 zu dem an die Beklagte gerichteten Schreiben des Klägers vom 5. März
2015
vorgelegt
wurde,
die
Forderung
des
D.
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bereits am 11. Februar 2015 beglichen. Allerdings dürfte es sich an-
gesichts des Vermerks "Sicherstellung Pfändung" in diesem Kontoauszug um
eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme und nicht eine freiwillige Zahlung des
Klägers gehandelt haben. Zudem konnte die Zahlung zu diesem Zeitpunkt nur
unter weiterer Inanspruchnahme des seitens der Sparkasse M.
gewährten, sich bereits zuvor auf 23.305,87 Euro belaufenden Dispositionskre-
dites, d.h. nicht aus eigenen Mitteln des Klägers, sondern nur unter Begründung
neuer Schulden erfolgen.
Erschwerend ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass auch hinsichtlich
mehrerer der weiteren vom Anwaltsgerichtshof angeführten offenen Forderun-
gen - wie auch zuvor hinsichtlich der Forderung der Oberjustizkasse H. -
ausweislich des Vortrags des Klägers in der Klagebegründung und der Forde-
rungsliste der Beklagten die Zwangsvollstreckung eingeleitet war und die For-
derungen (nach Abschluss des Widerrufsverfahrens) nur unter dem Druck be-
ziehungsweise im Wege der Zwangsvollstreckung erfüllt wurden (Forderungen
Nr. 57 und Nr. 59, Forderung Finanzamt: Zahlung an Gerichtsvollzieher bzw.
Einziehung aufgrund Pfändungs- und Einziehungsverfügung). Darunter waren
auch relativ geringe Verbindlichkeiten (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 27. Juli
2015 - AnwZ (Brfg) 26/15, juris Rn. 3 und vom 31. Januar 2013 - AnwZ (Brfg)
61/12, juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Nach den vorgenannten Grundsätzen bestä-
tigt dies den vom Anwaltsgerichtshof angenommenen Vermögensverfall des
Klägers.
Die Ausführungen des Klägers zur Begründung seines Zulassungsan-
trags vermögen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht in Zweifel zu
ziehen:
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aa) Dies gilt zunächst, soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte
habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, da sie ihn
nach seinen Schreiben vom 4. Februar 2015 und 9. Februar 2015 nicht darauf
hingewiesen habe, wo nach ihrer Auffassung Nachweise und Belege fehlten,
und - mit angemessener Frist - Gelegenheit zu weiterem Vortrag gegeben ha-
be. Bei Beachtung seines Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör hätten
die nach dem angefochtenen Urteil erst nach dem 11. Februar 2015 eingetrete-
nen Veränderungen schon vor der Widerrufsentscheidung vorgelegen.
Indes hatte die Beklagte den Kläger bereits mit Schreiben vom 6. No-
vember 2014 darauf hingewiesen, dass ein Vermögensverfall im Sinne von § 14
Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorliegt, wenn sich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen häu-
fen. Dem Kläger war spätestens seit diesem Zeitpunkt bekannt, dass er zur
Vermeidung eines Widerrufs seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Forde-
rungen, derentwegen gegen ihn die Zwangsvollstreckung betrieben wurde, zu
begleichen beziehungsweise zur Vermeidung der weiteren Zwangsvollstre-
ckung Ratenzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern zu treffen hatte. Kei-
nesfalls durfte es zu weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommen.
Auch hatte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 6. November 2014,
1. Dezember 2014 und 26. Januar 2015 aktuelle Übersichten des bei ihr über
den Kläger geführten Prozessheftes übersandt, aus denen sich ohne weiteres
ergab, welche Forderungen gegen ihn offen waren und wegen welcher Forde-
rungen gegen ihn die Zwangsvollstreckung betrieben wurde. Der Kläger konnte
aufgrund dieser Angaben erkennen, welche Nachweise zur Erfüllung bezie-
hungsweise zu Ratenzahlungsvereinbarungen in Bezug auf die dort aufgeführ-
ten Forderungen von ihm vorzulegen waren. Danach wurde wegen der Forde-
rung Nr. 57 (P. GmbH; identisch mit Nr. 51),
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hinsichtlich derer am 25. Juni 2014 Klage erhoben worden war, seit dem
23. Dezember 2014 die Zwangsvollstreckung betrieben. Zudem ließ es der Klä-
ger in Bezug auf die - in der Forderungsübersicht seinerzeit noch nicht aufge-
führte - Forderung Nr. 59 (Staatsanwaltschaft M. ) ausweislich der Mittei-
lung der Gerichtsvollzieherin vom 29. Januar 2015 zur Zwangsvollstreckung
kommen, obwohl ihm aufgrund der vorangegangenen Schreiben der Beklagten
bewusst sein musste, dass in Folge dessen unmittelbar der Widerruf seiner Zu-
lassung zur Rechtsanwaltschaft drohte. Hinsichtlich der - in der Forderungs-
übersicht seinerzeit ebenfalls noch nicht aufgeführten - Forderung Nr. 60 (H.
GmbH) bezahlte er die Rechnungen aus Mai und Juni 2014 nicht, son-
dern ließ es noch im Januar 2015 zur Klageerhebung seitens der Gläubigerin
kommen. Der Beklagten teilte er diese Forderung, die ihm angesichts der Kla-
geerhebung im Januar 2015 vor Augen stehen musste, in seinen Schreiben
vom 4. Februar 2015 und 9. Februar 2015 nicht mit, obwohl er von der Beklag-
ten mit Schreiben vom 26. Januar 2015 zur Angabe seiner Verbindlichkeiten
aufgefordert worden war. Auch die gegen ihn gerichtete Forderung des Herrn
S. teilte er nicht mit. Diese Forderung konnte er zudem am 18. Februar
2015 ausweislich der von ihm vorgelegten Kontoauszüge nicht aus eigenen
Mitteln, sondern nur mit Hilfe des Dispositionskredites der Sparkasse M.
beziehungsweise einer Schenkung seiner Ehefrau (Bareinzahlung vom
18. Februar 2015) begleichen (Anlagen K 5, 10).
Soweit die Ausführungen des Klägers dahingehend zu verstehen sein
sollten, bei hinreichender Beachtung seines Anspruchs auf Gewährung rechtli-
chen Gehörs durch die Beklagte hätte er die im Urteil des Anwaltsgerichtshofs
genannten, nach dem 11. Februar 2015 erfolgten Zahlungen bereits vor der
Widerrufsverfügung vorgenommen, zeugt dies von einem bereits im Ansatz ver-
fehlten Verständnis von geordneten Vermögensverhältnissen. Fällige Verbind-
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lichkeiten hatte der Kläger sofort und nicht erst nach Vorhaltung und Hinweis
durch die Beklagte zu erfüllen. Zahlte er seine Schulden hingegen erst auf Vor-
haltung und Hinweis durch die Beklagte und damit unter dem Druck des Wider-
rufs seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, ist dies - wie ausgeführt - neben
den gegen ihn eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein weiteres
Indiz für die Annahme seines Vermögensverfalls.
bb) Soweit der Kläger geltend macht, die Widerrufsverfügung werde da-
mit begründet, dass die Vermutung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO
(Eintragung in ein Verzeichnis nach § 882b ZPO) vorgelegen habe, trifft dies
nicht zu. In der Widerrufsverfügung wird die vorgenannte Vermutung lediglich in
den einleitenden allgemeinen Ausführungen zu den Voraussetzungen eines
Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO
erwähnt. Dagegen wird nicht behauptet, die Voraussetzungen der Vermutung
lägen im Fall des Klägers vor. Eine Eintragung des Klägers in ein Verzeichnis
nach § 882b ZPO wird nicht in Bezug genommen. Die Feststellung der Beklag-
ten in der Widerrufsverfügung, "diese Voraussetzungen" lägen vor (Seite 2 Ab-
satz 2 der Widerrufsverfügung), beziehen sich ersichtlich nicht auf die Vermu-
tung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO, sondern auf die unmittelbar vor
der Feststellung erfolgten Ausführungen, im Übrigen liege ein Vermögensverfall
vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse
gerate, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen könne, und außerstande sei, sei-
nen Zahlungsverpflichtungen geregelt nachzukommen; Beweisanzeichen hier-
für seien insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Zwangsvollstre-
ckungsmaßnahmen gegen ihn.
cc) Entgegen seinen Ausführungen zur Zulassungsbegründung hat der
Kläger in der Klagebegründung nicht vorgetragen, ihm hätten bereits zum
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1. Mai 2014 Rückkaufswerte von zwei Lebensversicherungen über insgesamt
76.927,46 Euro zur Verfügung gestanden. Aus den vom Kläger vorgelegten
Unterlagen (Anlagen K 18.1, 18.2) ergeben sich vielmehr lediglich Angaben zu
einem erreichten garantierten Kapital von 69.860,10 Euro beziehungsweise
25.998,30 Euro bei einem Rentenbeginn am 1. Mai 2017 beziehungsweise
1. April 2018. Selbst wenn der Kläger insofern ein Kapitalwahlrecht haben soll-
te, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht, dass dieses Recht bereits
vor dem Rentenbeginn ausgeübt werden konnte. Angaben zu möglicherweise
schon früher realisierbaren, indes in der Regel unter dem erreichten garantier-
ten Kapital liegenden Rückkaufswerten der Lebensversicherungen enthalten die
vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht.
Zudem sind nach den Ausführungen des Klägers beide Lebensversiche-
rungen zur Besicherung der Darlehensansprüche der Sparkasse M.
abgetreten. Selbst wenn, wie der Kläger nunmehr vorträgt, die Ansprüche
der Sparkasse niedriger als die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen sein
sollten, ist nicht ersichtlich, wie der Kläger angesichts der Abtretungen den
"Überschuss" aus den Lebensversicherungen zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Abschlusses des Widerrufsverfahrens zeitnah hätte realisieren und hieraus Li-
quidität hätte gewinnen können. Denn nur liquide Vermögenswerte stehen dem
Rechtsanwalt zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung und können
daher im Einzelfall der Annahme eines Vermögensverfalls entgegenstehen (vgl.
im Einzelnen Senat, Beschluss vom 9. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris
Rn. 10 m.w.N.). Die vom Kläger diesbezüglich angeführte Möglichkeit der kurz-
fristigen Aufnahme eines zusätzlichen Kontokorrentkredites hat er nicht belegt.
Sie begründet im Übrigen nicht die Annahme geordneter Vermögensverhältnis-
se, da durch sie lediglich bestehende Verbindlichkeiten durch neue Verbindlich-
keiten ersetzt werden.
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dd) Hinsichtlich der vom Kläger in der Zulassungsbegründung angeführ-
ten Gebührenansprüche von mehr als 14.000 Euro räumt er ein, sie hätten ihm
zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerrufsverfahrens nicht liquide zur Ver-
fügung gestanden. Soweit er ausführt, er habe mit entsprechenden Eingängen
in absehbarer Zeit rechnen können, wird dies durch den von ihm in Bezug ge-
nommenen Vortrag in seiner Klagebegründung nicht ausreichend belegt. Dies
gilt insbesondere in Bezug auf den "Immobilienbesitz bei den Schuldnern", hin-
sichtlich dessen der Kläger nicht ausführt, inwieweit er mit einer zeitnahen Rea-
lisierung seiner Ansprüche rechnen konnte. Auch in Bezug auf die von ihm
ausgebrachte Kassenpfändung von monatlich zwischen 500 Euro und 700 Euro
fehlt es an Belegen sowie Angaben dazu, ob er bereits zum maßgeblichen
Zeitpunkt des Abschlusses des Widerrufsverfahrens mit einer entsprechenden
regelmäßigen Zahlung rechnen konnte. Mit an die Beklagte gerichtetem Schrei-
ben vom 4. Februar 2015 hatte er noch vorgetragen, der zuständige Gerichts-
vollzieher nehme die Vollstreckung nur sehr zögerlich vor. Zudem ist die Reali-
sierung der Gebührenansprüche dem aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt
erzielten Einkommen zuzurechnen (dazu nachfolgend ee), ohne dass ersicht-
lich wird, ob es sich hierbei um besondere Einkünfte handelt, die sein Einkom-
men im Jahr 2015 im Verhältnis zu dem von ihm in den Vorjahren erzielten Ein-
kommen maßgeblich erhöhen.
ee) Soweit der Kläger schließlich auf seine Ausführungen in der Klage-
begründung zu den seiner Auffassung nach auskömmlichen Einkünften ver-
weist, greift auch dies nicht durch. In der Klagebegründung (Seite 10 f.) wird auf
betriebswirtschaftliche Auswertungen (Anlage K 17) verwiesen, aus denen sich
die Einkünfte des Klägers in den Jahren 2012, 2013 und 2014 ergeben sollen.
Der Kläger bildet in der Klagebegründung lediglich Zwischensummen aus den
sich aus diesen Unterlagen ergebenden jährlichen Betriebseinnahmen und Kos-
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ten. Er vergisst, auch die weiteren in den Unterlagen aufgeführten Betriebsaus-
gaben in Abzug zu bringen, die zu wesentlich geringeren vorläufigen betriebs-
wirtschaftlichen Ergebnissen führen. So beläuft sich das vorläufige betriebswirt-
schaftliche Ergebnis für das Jahr 2014 nur auf 23.727,13 Euro. Daraus ergibt
sich ein monatliches Einkommen von rund 2.000 Euro. Bringt man hiervon den
vom Kläger in seinem Schreiben vom 4. Februar 2015 genannten Betrag von
monatlich 1.200 Euro für private Ausgaben in Abzug, verbleiben ihm 800 Euro,
um seinen weiteren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Insofern war der
Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung mit monatlichen
Ratenzahlungsverpflichtungen gegenüber der Sparkasse M. von
500 Euro, gegenüber der V. bank Mü. von 250 Euro und gegenüber der
E. GmbH von 150 Euro belastet. Der Kläger wendet sich ferner
nicht gegen die Annahme der Beklagten in der Widerrufsverfügung vom
11. Februar 2015, er habe für den ihm von der Sparkasse M. ein-
geräumten Dispositionskredit Zinsen von monatlich 200 Euro zu zahlen. Es er-
gibt sich somit eine monatliche Raten- und Zinsbelastung des Klägers von ins-
gesamt 1.100 Euro, die den ihm hierfür zur Verfügung stehenden Betrag deut-
lich übersteigt. Vor diesem Hintergrund hat der Anwaltsgerichtshof zu Recht
angenommen, dass von einer gesicherten Leistungsfähigkeit und von konsoli-
dierten Vermögensverhältnissen des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Widerrufsverfahrens nicht ausgegangen werden kann.
2. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem die
Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO,
§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit er unter ausdrücklicher Benennung von
§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass die Be-
klagte sein rechtliches Gehör verletzt habe, verkennt er, dass § 124 Abs. 2
Nr. 5 VwGO einen Mangel des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens voraus-
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setzt. Ein Mangel des behördlichen Verfahrens begründet nicht die Zulassung
der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Limperg
Lohmann
Remmert
Martini
Kau
Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 08.05.2015 - 1 AGH 9/15 -
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