Urteil des BGH vom 21.07.2009

Rechtsschutz, Beamtenverhältnis, Gestatten, Rechtsanwaltschaft, Verfassungsbeschwerde

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 50/09
vom
21. Juli 2009
in dem Verfahren
wegen Versagung einer Genehmigung nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BRAO
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Ganter, die Richter Dr. Ernemann und Dr. Frellesen, die Richterin
Roggenbuck sowie die Rechtsanwälte Dr. Frey, Prof. Dr. Stüer und Prof.
Dr. Quaas
am 21. Juli 2009
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom
21. November 2008 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen
und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstan-
denen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
12.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist seit dem 10. August 2007 zur Rechtsanwaltschaft
zugelassen. Seit dem 1. Februar 2008 ist er als Juniorprofessor für bürgerliches
Recht mit dem Schwerpunkt Transportrecht an der Universität M. in
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einem Beamtenverhältnis auf Zeit tätig. Mit Schreiben vom 18. Januar 2008
beantragte der Antragsteller, ihm für den Zeitraum ab Eintritt in das Beamten-
verhältnis auf Zeit die Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt zu gestatten. Die
Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. Mai 2008 ab.
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Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu-
rückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner - vom An-
waltsgerichtshof nicht zugelassenen - sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
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1. Die sofortige Beschwerde ist nicht nach § 223 Abs. 3 BRAO zulässig.
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Zwar handelt es sich bei dem ablehnenden Bescheid der Rechtsanwalts-
kammer über einen Antrag nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BRAO um einen Verwal-
tungsakt im Sinne des § 223 Abs. 1 BRAO, gegen den ein Antrag auf gerichtli-
che Entscheidung nach § 223 Abs. 1 und 2 BRAO (Feuerich/Weyland, BRAO,
7. Aufl., § 47 Rdn. 36; Henssler/Schaich, BRAO, 2. Aufl., § 47 Rdn. 29) zulässig
ist. Die sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof gegen die einen Ver-
sagungsbescheid der Rechtsanwaltskammer nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BRAO
bestätigende Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs ist aber nur dann zulässig,
wenn der Anwaltsgerichtshof das Rechtsmittel in seiner Entscheidung zugelas-
sen hat (§ 223 Abs. 3 BRAO; vgl. Senatsbeschluss vom 13. April 1992
- AnwZ (B) 6/92, BRAK-Mitt. 1992, 217). An einer Zulassung der sofortigen Be-
schwerde durch den Anwaltsgerichtshof fehlt es im vorliegenden Fall. Daran ist
der Senat gebunden; er darf die fehlende Zulassung nicht ersetzen (Senatsbe-
schluss vom 1. März 2004 - AnwZ (B) 38/03, AnwBl. 2004, 449).
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2. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist auch nicht, wie der
Antragsteller meint, nach § 42 BRAO zulässig.
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a) Die sofortige Beschwerde nach § 42 BRAO gegen Entscheidungen
des Anwaltsgerichtshofs ist nur in den in § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAO ab-
schließend aufgeführten Zulassungssachen (§§ 37 bis 42 BRAO) statthaft. Das
mit der sofortigen Beschwerde verfolgte Begehren des zur Rechtsanwaltschaft
zugelassenen Antragstellers, ihm gemäß §
47 Abs.
1 Satz
2 BRAO
- abweichend von dem nur vorübergehenden Berufsausübungsverbot des § 47
Abs. 1 Satz 1 BRAO - die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs zu gestatten,
gehört nicht zu den in § 42 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BRAO genannten Zulassungs-
sachen.
b) Eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BRAO
auf den vorliegenden Fall kommt entgegen der Auffassung des Antragstellers
nicht in Betracht. Dafür fehlt es bereits an der für eine Analogie erforderlichen
Regelungslücke.
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Hinsichtlich des Begehrens des Antragstellers besteht keine Rechts-
schutzlücke. Einem Rechtsanwalt steht die sofortige Beschwerde an den Bun-
desgerichtshof gegen die einen Versagungsbescheid der Rechtsanwaltskam-
mer nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BRAO bestätigende Entscheidung des Anwaltsge-
richtshofs, wie ausgeführt, unter den - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen
des § 223 Abs. 3 BRAO zu. Der Rechtsschutz für den Antragsteller ist in § 223
BRAO abschließend geregelt; dies darf nicht durch eine analoge Anwendung
des § 42 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BRAO umgangen werden. Bei fehlender Zulas-
sung der sofortigen Beschwerde steht dem Rechtsanwalt gegen die Entschei-
dung des Anwaltsgerichtshofs daher nicht die sofortige Beschwerde an den
Bundesgerichtshof, sondern unmittelbar die Verfassungsbeschwerde zu (vgl.
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BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1994 - 1 BvR 1643/92, NJW 1995, 951),
die der Antragsteller auch bereits eingelegt hat.
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Aus dem Senatsbeschluss vom 21. Februar 2007 (AnwZ (B) 86/06,
NJW-RR 2007, 1071), in dem die Frage einer analogen Anwendung des § 42
BRAO angesprochen, aber offen gelassen wurde, kann der Antragsteller für die
von ihm geforderte analoge Anwendung des § 42 BRAO im vorliegenden Fall
nichts herleiten. Der Beschluss vom 21. Februar 2007 (aaO) ist für den vorlie-
genden Fall schon deshalb nicht einschlägig, weil er - ebenso wie die in ihm
zitierte ältere Senatsrechtsprechung (BGHZ 34, 244; Senatsbeschluss vom
22. Mai 1985 - AnwZ (B) 42/84, NJW 1985, 1842) - nicht den in der Bundes-
rechtsanwaltsordnung geregelten Rechtsschutz nach § 223 BRAO zum Ge-
genstand hat, sondern den in der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht geregel-
ten Rechtsschutz für Feststellungsklagen und -anträge. Davon abgesehen ist
die in BGHZ 34, 244 aufgeworfene und offen gelassene Frage, ob es Fälle des
§ 223 BRAO gibt, in denen die sofortige Beschwerde in entsprechender An-
wendung von § 42 BRAO zulässig sein könnte, aufgrund einer Gesetzesände-
rung überholt. § 223 BRAO sah zur damaligen Zeit noch keine sofortige Be-
schwerde an den Bundesgerichtshof vor. Die damals noch bestehende Rechts-
schutzlücke ist durch das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Rechts-
anwälte und der Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2135), das
die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs im
Verfahren nach § 223 BRAO unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 dieser
Vorschrift ermöglicht hat, geschlossen worden. Danach besteht jedenfalls kein
Bedürfnis mehr für eine entsprechende Anwendung des § 42 BRAO gegenüber
Entscheidungen des Anwaltsgerichtshofs, die - wie hier - im Verfahren nach
§ 223 BRAO ergehen.
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3. Über das unzulässige Rechtsmittel kann der Senat ohne mündliche
Verhandlung entscheiden (BGHZ 44, 25).
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Ganter
Ernemann
Frellesen Roggenbuck
Frey
Stüer
Quaas
Vorinstanzen:
AGH Hamm, Entscheidung vom 21.11.2008 - 1 AGH 68/08 -