Urteil des BGH vom 01.07.2015

Strafmilderung, Erpressung, Versuch, Strafzumessung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 S t R 1 6 1 / 1 5
vom
1. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 1. Juli 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Konstanz vom 15. Dezember 2014 im Strafaus-
spruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere als Jugendkammer zuständige Straf-
kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räube-
rischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hier-
gegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er ohne nähere Begrün-
dung die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel
ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge
hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen den Angeklagten benachteiligenden
Rechtsfehler ergeben.
2. Jedoch begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Be-
denken.
Die Strafkammer hat
– nach der für sich genommen rechtsfehlerfrei be-
gründeten Anwendung von Erwachsenenstrafrecht auf den zur Tatzeit 20 Jahre
und drei Monate alten Angeklagten
– der Strafzumessung den Strafrahmen des
§ 250 Abs. 2 StGB zu Grunde gelegt und diesen gemäß § 23 Abs. 2, § 49
Abs. 1 StGB gemildert. Nicht erörtert hat die Strafkammer, ob ein minder
schwerer Fall gemäß § 250 Abs. 3 StGB vorliegt. Sie hat ersichtlich übersehen,
dass ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund in die Prüfung einzubeziehen ist,
ob ein minder schwerer Fall vorliegt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom
28. November 1986
– 3 StR 499/86, BGHR StGB § 49 Abs. 1 Strafrahmen-
wahl 1; Urteil vom 8. April 1987
– 3 StR 91/87, BGHR StGB § 49 Abs. 1 Straf-
rahmenwahl 2). Eine solche Prüfung war hier unerlässlich, weil der Strafrahmen
des minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB (ein Jahr bis zehn Jahre)
im Vergleich zu dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrah-
men des § 250 Abs. 2 StGB (zwei Jahre bis elf Jahre drei Monate) günstiger ist.
Angesichts der konkret verhängten Strafe von drei Jahren kann auch nicht aus-
geschlossen werden, dass das Landgericht, wäre es zur Annahme eines min-
der schweren Falles gelangt, eine niedrigere Strafe verhängt hätte.
3. Für die neue Verhandlung und Entscheidung merkt der Senat an, dass
die Auffassung der Strafkammer, die (weitere) Strafmilderung nach § 46a Nr. 1,
§ 49 Abs. 1 StGB sei dem Angeklagten als unangemessen zu versagen
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(UA 41), rechtlichen Bedenken begegnet. Die Begründung des Landgerichts,
wonach der Angeklagte den
– auch nach ihrer Bewertung – gelungenen Aus-
gleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB wegen der ausgebliebenen materiellen
und immateriellen Schäden der im Versuch stecken gebliebenen Tat unschwer
habe erreichen können und dieser Gesichtspunkt schon zur Strafmilderung we-
gen Versuchs geführt habe, verkennt, dass beide Strafmilderungsgründe selb-
ständig nebeneinander stehen und daher auch unabhängig voneinander einer
Prüfung auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalles bedürfen.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Mutzbauer
Quentin