Urteil des BGH vom 03.05.2016

Zusicherung, Vorspiegelung, Provision, Leistungsfähigkeit

ECLI:DE:BGH:2016:030516B3STR83.16.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 83/16
vom
3. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges
hier: Revisionen der Angeklagten H. und Z.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-
führer und des Generalbundesanwalts am 3. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten H. und Z. wird das
Urteil des Landgerichts Mainz vom 16. Juni 2015, auch soweit es
den Angeklagten N. betrifft, mit den Feststellungen aufge-
hoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betruges zu der
Freiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten Z. wegen Betruges in
58 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und den Mitangeklagten
N. wegen Betruges zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die
Vollstreckung der Strafen hat es jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Die
Revisionen der Angeklagten H. und Z. rügen die Verletzung materiel-
len Rechts und beanstanden das Verfahren. Ihre Rechtsmittel haben mit der
Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht mehr an. Die
Entscheidung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitange-
klagten N. zu erstrecken.
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Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand, denn die lückenhaften und
widersprüchlichen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten
wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB).
1. Der Angeklagte N. betrieb eine Partnervermittlung, für die auf
der Grundlage von Handelsvertreterverträgen auch die Angeklagten H. und
Z. tätig wurden. Zur Gewinnung neuer Kunden bedienten sich N.
und H. der Telefonwerbung durch jeweils eigene Mitarbeiter, während
Z. mögliche Interessenten selbst ansprach. Die so geworbenen Verträge
sahen, regelmäßig zu einem
"Sonderpreis" von etwa 1.000 €, das Recht des
Kunden auf eine "Partneranalyse" sowie auf die Unterbreitung mehrere "Part-
nervorschläge aus der bestehenden Kartei" vor.
Indes waren sich die Angeklagten einig, dass die potentiellen Vertrags-
partner "um jeden Preis und unter Abgabe falscher Versprechungen" zum Ab-
schluss eines Partnervermittlungsvertrages überredet werden sollten und eine
"werthaltige Gegenleistung" nicht beabsichtigt war. Obwohl die Angeklagten
den Kunden zusicherten bzw. zusichern ließen, die Vorschläge würden insbe-
sondere deren Vorstellungen zu Alter und Wohnort des Partners berücksichti-
gen, nahm der Angeklagte N. bei seiner nachfolgenden "Partnerauswahl"
hierauf "nur in wenigen Fällen Rücksicht". "Dementsprechend war es weitge-
hend dem Zufall überlassen, ob und inwieweit das Anforderungsprofil der Kun-
den mit den ihnen nach Vertragsschluss übersandten Partnervorschlägen
übereinstimmen würde." Darüber hinaus erklärten die Angeklagten "in einigen
Fällen" der Wahrheit zuwider, ein passender Partner werde bereits in der Kartei
geführt.
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Auf diese Weise kam es zwischen April 2009 und August 2012 zu insge-
samt 120 "betrügerisch erlangten" Vertragsabschlüssen; soweit diese von
Z. vermittelt wurden, beanspruchte neben diesem auch der ihn anwer-
bende H. eine Provision.
2. Danach sind konkrete Täuschungshandlungen der Angeklagten im
Sinne von § 263 Abs. 1 StGB nicht belegt. Weder die Vorspiegelung einer nicht
vorhandenen Leistungsfähigkeit des Angeklagten N. noch die seiner tat-
sächlich fehlenden Leistungsbereitschaft wird hinreichend deutlich. Dass die
vom Angeklagten N. geführte Kartei mangels nennenswerten Umfangs
oder einseitiger altersmäßiger oder regionaler Struktur schon keine Auswahl-
möglichkeiten bot, ist nicht festgestellt. Ebenso wenig ist festgestellt, dass die-
ser zur Vermeidung eigenen Aufwands von näheren Nachforschungen in der
Kartei von vornherein absehen wollte.
Im Übrigen beschränkte sich die Zusicherung der Angeklagten nach den
Feststellungen grundsätzlich darauf, die Vorstellungen der Kunden würden bei
der Auswahl der Vorschläge berücksichtigt. Allein hieraus kann der an der
Vermittlung eines Partners Interessierte - entgegen der pauschalen Annahme
des Landgerichts - nicht auch die Zusicherung ableiten, mindestens einer der
übermittelten Vorschläge werde seinen Vorstellungen zur Gänze entsprechen.
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So weist bereits der verwendete Formularvertrag darauf hin, dass ein Vermitt-
lungserfolg unter Umständen Kompromissbereitschaft hinsichtlich geäußerter
Wünsche erfordert. Soweit die Angeklagten darüber hinaus behaupteten, eine
Person mit den gewünschten Eigenschaften werde bereits in der Kartei geführt,
bleibt offen, in welchen der abgeurteilten Einzelfälle dies geschah.
Becker RiBGH Hubert befindet sich Mayer
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker
Gericke Tiemann