Urteil des BGH vom 14.10.2014

Ausfuhr, Rüge, Vernehmung Von Zeugen, Unternehmen, Beihilfe

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 S t R 1 6 7 / 1 4
vom
14. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen
Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines unmittel-
bar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der
Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich
der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen
Sanktionsmaßnahme dient, u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-
führer und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 3. auf dessen Antrag - am
14. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten G. und K.
K. wird das Urteil des Hanseatischen
Oberlandesgerichts Hamburg vom 8. November 2013, soweit
es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass
aa) der Angeklagte G. K. in
drei Fällen der Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstel-
lungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes
der Europäischen Union, der der Durchführung einer
vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Ge-
meinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlosse-
nen Sanktionsmaßnahme dient, schuldig ist, in zwei
Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbs-
mäßigen Ausfuhr von Gütern ohne Genehmigung trotz
Unterrichtung über deren Verwendung;
bb) der Angeklagte K. K. schul-
dig ist,
- in drei Fällen der Zuwiderhandlung gegen ein Bereit-
stellungsverbot eines unmittelbar geltenden Rechts-
aktes der Europäischen Union, der der Durchführung
einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich
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der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik be-
schlossenen Sanktionsmaßnahme dient, in einem
Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbsmäßigen
Ausfuhr von Gütern ohne Genehmigung trotz Unter-
richtung über deren Verwendung;
- in einem weiteren Fall der Beihilfe zur gewerbsmäßi-
gen Ausfuhr von Gütern ohne Genehmigung trotz
Unterrichtung über deren Verwendung;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz hinsichtlich
des Angeklagten G. K. dahin
abgeändert, dass ein Betrag von 139.459,13 € für verfallen
erklärt wird.
2. Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten werden
verworfen.
3. Die Revision des Angeklagten M. gegen das vorbezeichne-
te Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin
neu gefasst, dass der Angeklagte M. in zwei Fällen schul-
dig ist der Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot
eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen
Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen
Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits-
politik beschlossenen Sanktionsmaßnahme dient, sowie in ei-
nem weiteren Fall der gewerbsmäßigen Ausfuhr von Gütern
ohne Genehmigung trotz Unterrichtung über deren Verwen-
dung.
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4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu
tragen.
Gründe:
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat den Angeklagten
G. K. (nachfolgend: G. K. ) wegen
"vorsätzlichen gewerbsmäßigen Embargoverstoßes nach dem Außenwirt-
schaftsgesetz in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur
vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Ausfuhr nach dem Außenwirt-
schaftsgesetz" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten
K. K. (nachfolgend: K. K. ) wegen "vor-
sätzlichen gewerbsmäßigen Embargoverstoßes nach dem Außenwirtschaftsge-
setz in 6 Fällen und wegen Beihilfe zur vorsätzlichen unerlaubten gewerbs-
mäßigen Ausfuhr nach dem Außenwirtschaftsgesetz in zwei Fällen" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowie den Angeklag-
ten M. wegen "vorsätzlichen gewerbsmäßigen Embargoverstoßes nach
dem Außenwirtschaftsgesetz in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher unerlaub-
ter gewerbsmäßiger Ausfuhr nach dem Außenwirtschaftsgesetz" zu einer Ge-
samtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es Verfall von
Wertersatz in Höhe von 250.000 € gegen den Angeklagten G. K.
und in Höhe von 106.950 € gegen den Angeklagten M. angeordnet. Gegen
ihre Verurteilungen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die jeweils auf
die Rügen der Verletzung sowohl formellen als auch materiellen Rechts ge-
stützt werden. Die Rechtsmittel der Angeklagten K. haben den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie - wie die Revision
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- 5 -
des Angeklagten M. , die lediglich zu einer Neufassung des Schuldspruchs
führt - unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I. Das Oberlandesgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Seit
2002 ist bekannt, dass die Islamische Republik Iran an dem Bau eines atoma-
ren Schwerwasserreaktors in A. arbeitet. Federführendes Unternehmen ist
hierbei die in den Anhängen zu den Iran-Embargo-Verordnungen der Europäi-
schen Union gelistete M. I. T. C. (nachfolgend:
MIT. ). Dieses Unternehmen beauftragte seinerseits den gesondert verfolgten
T. mit der Beschaffung diverser Ventile zur Verwendung in dem
Kraftwerk. Aufgrund dessen Bemühungen, bei denen er als Repräsentant u.a.
der Unternehmen R. , At. (mit Sitz jeweils im Iran) und I. (mit Sitz in
der Türkei) auftrat, kam es zu folgenden Geschäftsabschlüssen und Lieferun-
gen, wobei die Angeklagten, die den Verwendungszweck der Ventile kannten
und billigten sowie die Listung des Endabnehmers jedenfalls in Kauf nahmen,
jeweils handelten, um sich aus der wiederholten Begehung von Verstößen ge-
gen das Außenwirtschaftsgesetz eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem
Umfang und einiger Dauer zu verschaffen:
a) Nach seit Januar 2008 laufenden Verhandlungen schlossen am
25. September 2009 T. für das Unternehmen R. und der Angeklag-
te M. für die MIT.
GmbH (nachfolgend: MIT. GmbH), deren geschäftsführender Alleinge-
sellschafter er war, einen Vertrag über die Lieferung von 256 Ventilen samt
elektronischen Stellantrieben zum Preis von 1.885.0
00 € (nachfolgend: Ventile
der Gruppe C). Während die Ventile von der MIT. GmbH selbst herge-
stellt wurden, bezog der Angeklagte M. die Stellantriebe von dem Hersteller
D. . Die Stellantriebe wiesen nicht die von T. gewünschte und ver-
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traglich vereinbarte Nuklearspezifikation auf; die Lieferung solcher Antriebe an
die MIT. GmbH hatte D. wegen der Gefahr eines Embargover-
stoßes verweigert. Aus diesem Grund oder aber wegen Zahlungsschwierigkei-
ten T. s kamen die Geschäftsbeziehungen zwischen ihm und dem Ange-
klagten M. nach Durchführung von drei Lieferungen durch die MIT.
GmbH über die I. in den Iran am 29. Oktober 2010, am 18. Januar und am
28. März 2011 über insgesamt 41 Ventile mit Stellantrieben zum Erliegen. Die
Angeklagten K. , die T. anlässlich der nachfolgend geschilderten
Vorgänge kennengelernt hatten, waren in die Abwicklung dieses Geschäfts
dergestalt involviert, dass der Angeklagte K. K. als Bindeglied zwi-
schen T. und dem Angeklagten M. wirkte, insbesondere die herge-
stellten Ventile vor der Versendung überprüfen und freigeben sollte, und der
Angeklagte G. K. die Herstellung der Ventile durch die MIT .
GmbH
in Höhe von 109.300 € für T. vorfinanzierte.
Bereits mit Schreiben vom 9. April und 7. Mai 2009 hatte das Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (nachfolgend: BAFA) den Angeklagten
M. darauf aufmerksam gemacht, dass der Iran bemüht sei, Spezialventile
für das iranische Nuklearprogramm zu beschaffen, woran die Unternehmen
MIT. und R. beteiligt seien. Dabei wies es auf Genehmigungs- und Un-
terrichtungspflichten hin. Durch unwahre Angaben über den Empfänger erreich-
te der Angeklagte M. die Ausstellung eines sogenannten Nullbescheids,
nach dem die von ihm beantragte Ausfuhr nicht genehmigungspflichtig sei.
Auch wenn die Schreiben des BAFA den Angeklagten K. nicht bekannt
waren, wussten diese, dass die Ausfuhr der Ventile verboten war, eine Geneh-
migung bei Kenntnis des wahren Sachverhalts niemals erteilt worden wäre und
der Angeklagte M. seinen Mitwirkungspflichten als Ausführer vorsätzlich
zuwider handelte.
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b) Am 10. November 2009 schlossen T. für das Unternehmen
At. und der gesondert verfolgte L. als Geschäftsführer der B.
GmbH (nachfolgend: B. GmbH) einen Vertrag über
655 Ventile zum Preis von 898.846,78 € (nachfolgend: Ventile der Gruppe A).
Der Angeklagte K. K. absolvierte bei der B. GmbH seine Aus-
bildung, hatte indes aufgrund seiner Sprachkenntnisse und der finanziellen Un-
terstützung des Unternehmens durch seinen Vater, den Angeklagten G.
K. , bereits im zweiten Lehrjahr die Länderverantwortlichkeit für den Iran
übernommen, weshalb er wesentlich an der Abwicklung des Geschäfts mit
T. beteiligt war. Mit der Herstellung der Ventile wurde das Unternehmen
KS. beauftragt. Da weder T. noch die B. GmbH in der Lage waren,
diesem gegenüber die vereinbarten Vorauszahlungen zu leisten, überwies der
Angeklagte G. K. zu diesem Zweck im August 2010 einen Betrag
von 134.827 €. Im Gegenzug überwachte er die weitere Abwicklung des Ge-
schäfts und drängte L. zu einer besseren Einbindung seines Sohnes und
einem engagierteren Auftreten gegenüber dem Hersteller. Dennoch kam es
wegen anhaltender Zahlungsschwierigkeiten nur zu zwei Lieferungen am
5. Dezember 2010 und 21. März 2011 über insgesamt 51 Ventile im Wert von
172.699,98 € durch die B. GmbH in den Iran.
Mit Schreiben des BAFA vom 7. Dezember 2009 waren dem gesondert
verfolgten L. Hinweise erteilt worden, die denjenigen entsprachen, die
dem Angeklagten M. gegeben worden waren. Auch er erreichte durch un-
wahre Angaben über den Empfänger die Ausstellung eines Nullbescheids.
Auch in diesem Fall erkannten die Angeklagten K. das Handelsverbot so-
wie den Umstand, dass L. seinen Pflichten als Ausführer bewusst nicht
nachkam.
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c) Im Juni 2010 bestellte T. bei den Angeklagten K. 856 Ven-
tile zum Preis von rund 300.000 € (nachfolgend: Ventile der Gruppe B). Um
gegenüber dem indischen Hersteller nicht den Verdacht eines Embargover-
stoßes zu erwecken, trat als Besteller zum Schein ein Unternehmen aus
Bahrain auf, dessen Betreiber ein Geschäftspartner des Angeklagten
G. K. war und zu dem dieser den Kontakt herstellte. Der Ange-
klagte K. K. kümmerte sich um die weitere Abwicklung des Ge-
schäfts. Die Lieferung der Ventile in den Iran bewerkstelligten die Angeklagten
letztlich über das in der Türkei ansässige Unternehmen I. , an das der indische
Hersteller vier Teillieferungen sandte. Hinsichtlich der zweiten Lieferung im
Wert von 19.766,29 € hat das Oberlandesgericht das Verfahren nach § 154
Abs. 2 StPO eingestellt. Die letzte Teillieferung von 360 Ventilen wurde wegen
technischer Unstimmigkeiten bereits aus der Türkei zur Überprüfung nach Indi-
en zurückgesandt.
II. Das Oberlandesgericht hat die Lieferungen mit Ausnahme derjenigen
vom 29. Oktober und 5. Dezember 2010 jeweils als gewerbsmäßigen Verstoß
gegen ein Bereitstellungsverbot gewertet, strafbar nach § 34 Abs. 4 Nr. 2,
Abs. 6 Nr. 2, Nr. 4 Buchst. c AWG aF i.V.m. Art. 7 Abs. 3 VO (EG)
Nr. 423/2007 in der Fassung der VO (EU) Nr. 532/2010 vom 18. Juni 2010 bzw.
Art. 16 Abs. 3 VO (EU) Nr. 961/2010 vom 25. Oktober 2010. Da letztgenannte
Verordnung erst am 10. Dezember 2010 zur Strafbewehrung im Bundesanzei-
ger veröffentlicht, die Vorgängerregelung jedoch bereits am 27. Oktober 2010
aufgehoben worden sei, fehle es bezüglich der Lieferungen vom 29. Oktober
und 5. Dezember 2010 an einem entsprechenden Verstoß. Diese Lieferungen
seien jedoch gemäß § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2 AWG aF, § 70
Abs. 1 Nr. 2, § 5d Abs. 1 AWV aF strafbar. Wegen des Sonderdeliktscharakters
des § 34 Abs. 2 AWG aF, der unmittelbar an die Ausführereigenschaft anknüp-
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fe, komme bei den Angeklagten K. jeweils nur eine Verurteilung wegen
Beihilfe in Betracht, auch wenn ihr Tatbeitrag vom Gewicht her als mittäter-
schaftlich zu bewerten sei. Dabei sei beiden die Unterrichtungspflicht nach § 5d
Abs. 2 AWG bekannt gewesen. Beim Angeklagten G. K. habe es
sich hinsichtlich der vom Angeklagten M. und von L. gehandelten Ven-
tile jeweils nur um eine Tat gehandelt, da sein Tatbeitrag vor den jeweiligen
Versendungen erbracht worden sei. Die Strafrahmen hat das Oberlandesge-
richt § 18 Abs. 1 und 2 AWG nF entnommen.
III. Die Angeklagten dringen mit ihren Verfahrensbeanstandungen nicht
durch. Mit Blick auf die Antragsschriften des Generalbundesanwalts bedarf Fol-
gendes der Ausführung:
1. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht drei Anträge des Angeklagten
M. als unzulässig abgelehnt (Rügen Nr. 1 bis 3 der Revisionsbegründungs-
schrift des Angeklagten M. ). Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil in-
des nicht.
a) Den Rügen liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: In der
Sitzung vom 2. August 2013 hat der Angeklagte M. unter anderem mit drei
gesonderten Anträgen jeweils die Einholung eines Sachverständigengutach-
tens zum Beweis der Tatsache beantragt, dass die Ventile, wie sie in verschie-
denen Schriftstücken anlässlich der zwischen ihm und T. laufenden Ver-
handlungen beschrieben worden waren, aufgrund diverser, in den Anträgen
dargestellter technischer Details nicht für den Einsatz im Primärkreislauf eines
Kernreaktors geeignet, nicht nukleartauglich bzw. nicht nuklearspezifisch gewe-
sen seien. Diese Anträge hat das Oberlandesgericht mit Beschlüssen vom
19. September 2013 jeweils mangels bestimmter Tatsachenbehauptung als
unzulässig zurückgewiesen. Dabei hat es im Wesentlichen darauf abgestellt,
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dass die konkrete Ausstattung des Schwerwasserreaktors in A. ebenso we-
nig bekannt sei wie die Sicherheitsanforderungen, die im Iran an die Ventile
und Elektroantriebe eines Kernkraftreaktors gestellt würden.
b) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts sind die Rügen zu-
lässig erhoben. Dies ist der Fall, wenn die den Mangel enthaltenden Tatsachen
angegeben werden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dazu müssen die den geltend
gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau darge-
legt werden, dass das Revisionsgericht allein aufgrund dieser Darlegung das
Vorhandensein eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupte-
ten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom
6. Februar 1980 - 2 StR 729/79, BGHSt 29, 203; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl.,
§ 344 Rn. 38 mwN). Verweise auf frühere Eingaben, Ausführungen eines ande-
ren Verfahrensbeteiligten oder den Inhalt der Akten genügen nicht; für den Re-
visionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind vielmehr durch
wörtliche Zitate bzw. eingefügte Abschriften oder Ablichtungen zum Bestandteil
der Revisionsbegründung zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2005
- 1 StR 218/05, NStZ-RR 2006, 48, 49).
Hieraus ergeben sich je nach Art des gerügten Verstoßes spezielle An-
forderungen an die Begründung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1998 - 3 StR
78/98, NJW 1998, 3284). Bei Angriffen gegen die Ablehnung von Anträgen sind
regelmäßig der Antrag und die Ablehnungsbegründung im Wortlaut oder in ei-
genen Worten vollständig mitzuteilen (BGH, Beschluss vom 19. April 2000
- 3 StR 122/00, juris Rn. 2; Urteil vom 14. April 1999 - 3 StR 22/99, NJW 1999,
2683, 2684), oftmals auch die in diesen Dokumenten in Bezug genommenen
Aktenbestandteile (BGH, Urteile vom 25. November 2003 - 1 StR 182/03, NStZ-
RR 2004, 118, 119; vom 18. August 2004 - 2 StR 456/03, StraFo 2004, 424).
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Eine schematische Betrachtungsweise verbietet sich indes. Entscheidend ist
stets, ob die inhaltliche Überprüfung der erhobenen Rüge bereits anhand des
mitgeteilten Verfahrensstoffes möglich ist. Können in Bezug genommene Ak-
tenteile unabhängig von ihrem Inhalt das Ergebnis der Prüfung nicht beeinflus-
sen, so sind sie für die Zulässigkeit der Rüge nicht von Bedeutung.
Nach diesen Grundsätzen erweist sich die vom Generalbundesanwalt
vermisste Mitteilung weiterer Schreiben, des mit den Anträgen in Zusammen-
hang stehenden Verfahrensgeschehens sowie der im Ablehnungsbeschluss zur
Frage der Aufklärungspflicht in Bezug genommenen Aktenteile als nicht erfor-
derlich. Ob das Oberlandesgericht die Anträge zu Recht mangels bestimmter
Tatsachenbehauptung als unzulässig zurückgewiesen hat, bestimmt sich allein
anhand des mitgeteilten Antragswortlauts.
c) Dieser ergibt, dass es sich entgegen der Ansicht des Oberlandesge-
richts jeweils um Beweisanträge handelte. In allen Fällen sind konkrete techni-
sche Eigenschaften benannt, aufgrund derer den gehandelten Ventilen die
Nukleareignung fehlen soll. Dies genügt. Die Begründung des Oberlandesge-
richts, wonach es mangels Kenntnissen über die konkrete Ausgestaltung des
im Iran geplanten Reaktors an Anknüpfungstatsachen für einen Sachverständi-
gen fehle, besagt nichts über die mangelnde Bestimmtheit der unter Beweis
gestellten Tatsache. Dieser Umstand hätte allenfalls - im konkreten Fall jedoch
eher fernliegend - für die völlige Ungeeignetheit des Beweismittels (§ 244
Abs. 3 Satz 2 Variante 4 StPO) sprechen können.
d) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung der Beweisanträge beruht das
Urteil indes nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Allerdings ist es dem Revisionsgericht
regelmäßig versagt, den Ausschluss des Beruhens daraus herzuleiten, dass
die ablehnende Entscheidung mit anderer Begründung rechtsfehlerfrei hätte
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ergehen können (BGH, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 1 StR 33/00, NStZ
2000, 437, 438). Denn die fehlerhafte Ablehnung kann grundsätzlich Auswir-
kungen auf die weitere Verfahrensführung in dem Sinne gehabt haben, dass
die Beteiligten gehindert worden sind, die geänderte Prozesslage in ihrem wei-
teren Verhalten zu berücksichtigen, insbesondere weitere Anträge zu stellen
(BGH, Urteil vom 19. März 1991 - 1 StR 99/91, BGHR StPO § 244 Abs. 3
Satz 2, Ungeeignetheit 10).
Solche Auswirkungen waren hier indes nicht anzunehmen, weil der An-
geklagte M. trotz der (fehlerhaften) Ablehnung weitere, auf dasselbe Be-
weisziel gerichtete Anträge gestellt hat, die das Oberlandesgericht zum Teil
tragend (Rügen Nr. 7 und 11 der Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten
M. ), zum Teil hilfsweise (Rüge Nr. 4 der Revisionsbegründungsschrift des
Angeklagten M. ) in nicht zu beanstandender Weise wegen rechtlicher Be-
deutungslosigkeit abgelehnt hat. Denn die Frage, ob die vom Angeklagten
M. gehandelten Ventile für den Einsatz im Primärkreislauf eines Kernreak-
tors geeignet, ob sie nukleartauglich oder nuklearspezifisch waren, ist weder für
den Schuldspruch noch für den Strafausspruch relevant.
Für den Schuldspruch wegen Zuwiderhandlung gegen das Bereitstel-
lungsverbot des Art. 7 Abs. 3 VO (EG) Nr. 423/2007 bzw. des Art. 16 Abs. 3 VO
(EU) Nr. 961/2010 folgt dies bereits daraus, dass den Iran-Embargo-
Verordnungen zwar der präventive Zweck zugrunde liegt, proliferationsrelevan-
te nukleare Tätigkeiten im Iran zu verhindern (EuGH, Urteil vom 21. Dezember
2011 - C-72/11 - Afrasiabi, juris Rn. 44). Bereits die Möglichkeit, dass der eine
wirtschaftliche Ressource darstellende Vermögenswert für den Erwerb von
Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, die zur Verbreitung von
Kernwaffen im Iran beitragen können, würde indes diesem Zweck widerstreiten
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(EuGH aaO, Rn. 46; Urteil vom 29. April 2010 - C-340/08, NVwZ 2010, 1018,
1020). Über Güter des täglichen Lebens oder Leistungen mit Verbrauchscha-
rakter hinaus begründet das Bereitstellungsverbot daher ein generelles Verbot
der Ausfuhr von Waren an gelistete Organisationen (vgl. Morweiser in Wolff-
gang/Simonsen, AWR-Kommentar, § 34 Abs. 4 AWG Rn. 89 [Stand: Juni
2012]). Es ist demnach für den Schuldspruch insoweit irrelevant, ob die Ventile
im nuklearspezifischen oder einem sonstigen Bereich des Reaktors Verwen-
dung finden konnten und sollten.
Der genaue Verwendungszweck ist auch für die Verurteilung wegen ei-
nes Verstoßes gegen ein Ausfuhrverbot ohne Bedeutung. Sowohl § 5d Abs. 1
AWV aF als auch § 9 Abs. 1 AWV nF stellen allein auf die mögliche Bestim-
mung für eine kerntechnische Anlage insgesamt ab. Mit Blick auf § 34 AWG aF
würde schließlich selbst bei einem Einsatz der Ventile außerhalb des Primär-
kreislaufes deren Ausfuhr geeignet sein, die auswärtigen Beziehungen der
Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden - sei es im Rahmen des
Grunddeliktes (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG aF), sei es im Rahmen des Qualifikati-
onstatbestandes (§ 34 Abs. 6 Nr. 4 Buchst. c) AWG aF). Maßgeblich sind in-
soweit die Handelstätigkeit mit dem Iran mit Bezug auf dessen Schwerwasser-
reaktor sowie das Versagen des BAFA bei der Ausfuhrkontrolle.
Soweit die Eignung der Ventile zum Einsatz in einem Kernkraftwerk und
damit die Nähe des gehandelten Gutes zu der letztendlichen Verwendung, die
mit den Embargovorschriften vermieden werden soll, für die Strafzumessung
von Bedeutung ist, hat das Oberlandesgericht diesem Umstand bereits dadurch
umfassend Rechnung getragen, dass es in erheblichem Maße strafmildernd
berücksichtigt hat, dass aufgrund der fehlenden nuklearspezifischen Qualität
der Stellantriebe die Kombination aus Ventil und Stellantrieb für eine Verwen-
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dung im Inneren Sicherheitsbereich des Reaktors ohnehin fehlte. Der Senat
schließt angesichts dessen aus, dass es wegen der Beschaffenheit der Ventile
als solche niedrigere Strafen verhängt hätte.
2. Die Rüge des Angeklagten M. , das Oberlandesgericht habe sei-
nen Antrag auf Vernehmung von Zeugen zum Beweis der Tatsache, dass bei
einer Besprechung zum Thema "Beschaffung von Ventilen und Stellantrieben
durch den Iraner T. " die USA gegenüber der Bundesrepublik
keine Vorwürfe erhoben hätten, rechtsfehlerhaft zurückgewiesen (Rüge Nr. 5
der Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten M. ), ist ebenfalls unbe-
gründet.
Nach den oben dargelegten Maßstäben bedurfte es für eine zulässige
Rügeerhebung entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts keines weite-
ren Vortrags zu Einzelheiten der Personen, zu Inhalten und Hintergründen der
Besprechung. Die behauptete Rechtsfehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlus-
ses ergibt sich aus seiner mitgeteilten Begründung und den die Beweistatsache
betreffenden Urteilsgründen. Aus diesen folgt indes, dass das Oberlandesge-
richt sich an die Behandlung der Beweistatsache als erwiesen gehalten hat; es
hat der Beweistatsache nur nicht die vom Angeklagten gewünschte Bedeutung
beigemessen. Das begründet die Rechtsfehlerhaftigkeit der Ablehnung des
Beweisantrags jedoch nicht.
Soweit das Oberlandesgericht die weitere Beweistatsache, die techni-
sche Eignung der Ventile sei bei dieser Besprechung nicht thematisiert worden,
in seinem Ablehnungsbeschluss ohne nähere Begründung schlicht als aus tat-
sächlichen Gründen bedeutungslos behandelt hat, ist die Revision darauf nicht
gestützt. Sie wäre aber auch insoweit unbegründet. Allerdings ist die Begrün-
dung des Ablehnungsbeschlusses nicht rechtsbedenkenfrei. Die Ablehnung
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eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit erfordert in aller Regel, dass
der Beschluss konkrete Erwägungen darüber enthält, warum das Tatgericht
aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen
ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich
denjenigen, denen das Tatgericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder
Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftli-
chen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Überzeugungsbil-
dung ohne Einfluss geblieben ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom
1. Oktober 2013 - 3 StR 135/13, NStZ 2014, 110 mwN). Die bloße Wiederho-
lung des Gesetzeswortlauts genügt nicht (vgl. BGH, Beschluss vom
20. Dezember 2006 - 2 StR 444/06, StV 2007, 176, 177). Eine Ausnahme von
diesem Grundsatz gilt indes in Fällen, in denen die Bedeutungslosigkeit für je-
den Verfahrensbeteiligten offensichtlich ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Mai
1990 - 5 StR 594/89, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12).
So verhält es sich hier: Ob etwas Thema einer Besprechung war, lässt ersicht-
lich weder einen Rückschluss darauf zu, ob der Umstand selbst gegeben war,
noch darauf, ob die Frage bei den Teilnehmern überhaupt von Interesse war.
3. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht auch dem Antrag des Ange-
klagten M. auf Vernehmung einer benannten Mitarbeiterin des BAFA zum
Beweis der Tatsache, dass diese in einem Telefonat geäußert habe, die vom
Angeklagten M. im Gespräch näher spezifizierten Ventile könnten nicht nur
nach Aserbaidschan, sondern sogar in den Iran geliefert werden, den Charakter
eines Beweisantrags abgesprochen (Rüge Nr. 10 der Revisionsbegründungs-
schrift des Angeklagten M. ). Der Umstand, dass im Antrag die Art der Spe-
zifikation der Ventile während des Telefonats durch den Angeklagten M.
nicht näher dargelegt wurde, ändert nichts an der Bestimmtheit der Behauptung
über die Äußerung der Mitarbeiterin. Dass dieser Äußerung angesichts des un-
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klaren Bezugspunkts kein oder nur ein geringer Beweiswert zukommen mag, ist
eine Frage der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit, auf die das Oberlandesge-
richt die Ablehnung hilfsweise gestützt hat. Die insoweit in der Ablehnungsent-
scheidung gegebene Begründung erweist sich als rechtsfehlerfrei, so dass die
Rüge unbegründet ist. Der vom Generalbundesanwalt mit Blick auf die Zuläs-
sigkeit als fehlend bemängelte Vortrag des Schreibens des BAFA vom
10. September 2009 war demgegenüber nicht erforderlich, da das Schreiben
im Urteil vollständig wiedergegeben und die Urteilsurkunde bereits aufgrund der
ebenfalls erhobenen Sachrüge vom Senat zur Kenntnis zu nehmen ist (vgl.
BGH, Urteil vom 20. März 1990 - 1 StR 693/89, BGHSt 36, 384, 385).
4. Soweit die Angeklagten K. - gestützt auf § 244 Abs. 2 und 3 Satz
2 StPO - die Ablehnung von Anträgen auf Einholung von Sachverständigengut-
achten teils wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels, teils wegen tat-
sächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen beanstanden (Rügen Nr.
2 und 5 der Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten G. K. ,
Rügen Nr. 1 und 3 der Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten K.
K. ), erweisen sich diese Rügen deshalb als unzulässig, weil der auf die
Gegenvorstellung ergangene Gerichtsbeschluss nicht mitgeteilt wird. Dies wäre
jedoch erforderlich gewesen, da mit diesem eine etwaige anfängliche rechtsfeh-
lerhafte Ablehnung möglicherweise geheilt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom
22. Februar 2012 - 1 StR 647/11, NStZ-RR 2012, 178).
5. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Rüge des Angeklagten K.
K. , sein Antrag vom 16. August 2013 auf Vernehmung des T. als
Zeuge sei zu Unrecht mit Beschluss vom 5. September 2013 gemäß § 244
Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt worden (Rüge Nr. 4 der Revisionsbegründungs-
schrift des Angeklagten K. K. ). Der Beschwerdeführer hätte die Ent-
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scheidung über die zeitlich nachfolgende Anregung des Verteidigers des Ange-
klagten G. K. vom 8. November 2013 auf Einvernahme des
T. mitteilen müssen, da auch sie etwaige Fehler bei der Ablehnung vom
5. September 2013 möglicherweise geheilt hat. Demgegenüber trägt das vom
Generalbundesanwalt für die Unzulässigkeit herangezogene Argument, im An-
trag in Bezug genommene Aktenteile seien nicht ihrem Inhalt nach dargelegt
worden, nicht. Denn dem Antrag selbst ist zu entnehmen, dass die Verfahrens-
vorgänge nur in Bezug genommen wurden, um zu verdeutlichen, dass die auf-
gestellten Beweisbehauptungen nicht aus der Luft gegriffen waren. Für das
Verständnis und die Beurteilung der Beweisbehauptung spielten diese Aktentei-
le daher von vornherein keine Rolle.
6. Ebenfalls unzulässig erhoben ist die Rüge des Angeklagten K.
K. (Rüge Nr. 2 seiner Revisionsbegründungsschrift), das Oberlandesge-
richt habe zu Unrecht einen Antrag auf Einholung einer amtlichen Auskunft der
Internationalen Atomenergiebehörde wegen Unerreichbarkeit des Beweismit-
tels abgelehnt. Denn die Revision teilt nicht den Vermerk des Ermittlungsfüh-
rers beim Generalbundesanwalt über eine Erklärung der Mitarbeiterin der
Rechtsabteilung dieser Behörde mit. Auf dessen Inhalt hat das Oberlandesge-
richt jedoch im Wesentlichen seine Begründung der Unerreichbarkeit gestützt,
weshalb dessen Wiedergabe zur Beurteilung der Richtigkeit der Argumentation
unerlässlich war.
7. Schließlich greift auch die Aufklärungsrüge des Angeklagten G.
K. (Rüge Nr. 3 seiner Revisionsbegründungsschrift), mit der dieser
beanstandet, das Oberlandesgericht hätte seinen Sohn N. K. als Zeugen
zu der Richtigkeit des Inhalts eines von diesem verfassten Schriftstücks ver-
nehmen müssen, nicht durch. Die Rüge, zu der der Generalbundesanwalt sich
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nicht verhält, erweist sich als unzulässig, weil der Revisionsführer nicht darlegt,
aufgrund welcher Umstände sich das Oberlandesgericht zu der Zeugeneinver-
nahme hätte gedrängt sehen müssen (hierzu BGH, Urteil vom 11. September
2003 - 4 StR 139/03, NStZ 2004, 690). Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn
es Anhaltspunkte dafür gegeben hätte, dass N. K. entweder wissentlich
Falsches niedergeschrieben oder nachträglich von der Unrichtigkeit Kenntnis
erlangt hat. Für beides ist selbst nach dem Rügevorbringen nichts ersichtlich.
IV. Die Sachrüge führt bei den Angeklagten K. jeweils zu einer Kor-
rektur der konkurrenzrechtlichen Bewertung der Taten und beim Angeklagten
G. K. zu einer Abänderung des Verfallsbetrages. Im Übrigen hat
die umfassende Überprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht die am 1. September 2013 auf-
grund des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom
6. Juni 2013 (BGBl. I, S. 1482) in Kraft getretene Neufassung des Außenwirt-
schaftsgesetzes zur Anwendung gebracht (§ 2 Abs. 3 StGB). Soweit allerdings
der im Urteil enthaltenen Liste der angewendeten Vorschriften sowie den Aus-
führungen des Oberlandesgerichts im Rahmen der rechtlichen Würdigung und
der Strafzumessung zu entnehmen ist, dass der Günstigkeitsvergleich des § 2
Abs. 3 StGB nur Bedeutung für die Strafzumessung habe, während der
Schuldspruch sich stets nach dem Tatzeitrecht (§ 2 Abs. 1 StGB) richte, trifft
dies nicht zu. Vielmehr ist das mildere Gesetz in seiner Gesamtheit anzuwen-
den, wobei eine Vergleichsbetrachtung des konkreten Einzelfalls geboten ist
(vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014, - 3 StR 314/13, NStZ 2014, 586, 587).
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Diese führt vorliegend insgesamt zur Anwendung des neuen Rechts.
Denn da die Angeklagten jeder für sich (§ 28 Abs. 2 StGB) in allen Fällen das
Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllten, ist § 18 Abs. 7 Nr. 2
Alternative 1 AWG nF maßgeblich, der gegenüber § 34 Abs. 6 Nr. 2
Alternative 1 AWG aF eine niedrigere Mindeststrafe aufweist. Dies gilt auch für
die Verurteilung wegen der Ausfuhrverstöße hinsichtlich der Lieferungen vom
29. Oktober und vom 5. Dezember 2010 (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober
2013 - StB 16/13, juris Rn. 24). Soweit diese Taten nunmehr auch von § 18
Abs. 1 Nr. 1 AWG nF erfasst würden, weil diese Vorschrift - anders als § 34
Abs. 4 Nr. 2 AWG aF - nicht mehr eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger,
sondern lediglich im Amtsblatt der Europäischen Union verlangt, die hier bereits
am 27. Oktober 2010 vorgenommen wurde, steht einem derartigen Schuld-
spruch trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des neuen Rechts § 2 Abs. 4 StGB
entgegen. Nach dieser Vorschrift ist ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit
gelten soll, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Bei den
einen Embargotatbestand ausfüllenden Normen handelt es sich trotz Fehlens
einer ausdrücklichen Befristung wegen der erkennbar für die Dauer eines Aus-
nahmezustandes geschaffenen Regelungen um solche Zeitgesetze im Sinne
des § 2 Abs. 4 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1998 - 1 StR 110/98,
BGHR AWG § 34 UN-Embargo 4; Morweiser in Wolffgang/Simonsen aaO,
Rn. 114). Über § 2 Abs. 3 StGB kann in diesen Fällen weder eine Strafbarkeit
nachträglich entfallen, noch kann ein abweichender Schuldspruch begründet
werden.
2. Der Verurteilung der Angeklagten G. und K. K. we-
gen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Ausfuhr ohne Genehmigung nach § 9 Abs. 1
AWV nF steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht nicht festzustellen
vermocht hat, dass diesen die jeweiligen Unterrichtungsschreiben des BAFA,
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die den an sie zu stellenden Anforderungen genügten, bekannt waren. Infolge-
dessen war ihnen auch nicht bekannt, dass der Angeklagte M. und der ge-
sondert Verfolgte L. schon allein wegen dieser Unterrichtung einer Aus-
fuhrgenehmigung bedurften.
Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) setzt auf subjektiver Seite
einen doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Dieser muss die Unterstützungshand-
lung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen
Haupttat richten, wobei es genügt, dass der Gehilfe die wesentlichen Merkmale
der Haupttat, insbesondere ihre Unrechts- und Angriffsrichtung erkennt (vgl.
BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, StraFo 2012, 239). Die-
se gegenüber dem Anstifter geringeren Anforderungen an die Konkretisierung
des Vorstellungsbildes des Gehilfen folgen schon daraus, dass dieser nicht ei-
ne bestimmte Tat anstreben muss. Er erbringt vielmehr einen losgelösten Bei-
trag, von dem er lediglich erkennen und billigend in Kauf nehmen muss, dass
dieser Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestie-
ren wird (BGH, Urteil vom 18. April 1996 - 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137 f.).
Daraus erschließt sich, dass auch eine andere rechtliche Einordnung der Tat
durch den Gehilfen dessen Vorsatz unberührt lässt, solange er sich nicht eine
grundsätzlich andere Tat vorstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011
- 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400 mwN). Zwischen vorgestellter und tat-
sächlich begangener Tat muss mithin eine tatbestandliche Verwandtschaft be-
stehen (vgl. MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 27 Rn. 95 f.). Diese ist vorliegend
gegeben. Denn auch nach dem rechtsfehlerfrei festgestelltem Vorstellungsbild
der Angeklagten K. war schon aufgrund ihrer Kenntnis von der Verwen-
dung der Ventile im Iran eine Entscheidung durch das BAFA vor einer Ausfuhr
erforderlich, die bei wahrheitsgemäßen Angaben nur auf Versagung einer Ge-
nehmigung lauten konnte (vgl. § 9 Abs. 2 AWV nF). Ihr Kenntnismangel bezog
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sich demnach lediglich auf den Umstand, durch den die als solche erkannte
Pflicht zur Beteiligung des BAFA ausgelöst wurde. Dem kommt keine den Bei-
hilfevorsatz in Frage stellende Bedeutung zu.
3. Indes hält die konkurrenzrechtliche Bewertung der Taten durch das
Oberlandesgericht nicht in allen Fällen der rechtlichen Überprüfung stand.
Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses richtet sich nach dem Tat-
beitrag des jeweiligen Beteiligten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai
2001 - 3 StR 52/01, StV 2002, 73). Von diesem Ausgangspunkt her hat das
Oberlandesgericht mit Blick auf die Ventile der Gruppen A und C bezüglich des
Angeklagten G. K. zutreffend jeweils nur eine Tat angenommen,
da der Schwerpunkt seiner Tatbeteiligung in der Finanzierung der Geschäfte
gelegen habe. Ein auf die einzelnen Lieferungen bezogener Tatbeitrag sei nicht
feststellbar gewesen. Dies gilt jedoch auch für die durch das indische Unter-
nehmen vorgenommenen Lieferungen der Ventile der Gruppe B. Die allein
festgestellte Beauftragung der Herstellung dieser Ventile durch unter anderem
den Angeklagten G. K. stellt keinen individuellen konkreten Tatbei-
trag zu den einzelnen Liefervorgängen dar.
Entsprechendes gilt für den Angeklagten K. K. . Auch ihn be-
treffend hat das Oberlandesgericht lediglich auf die Gesamtgeschäfte bezoge-
ne Handlungen festgestellt. Einzige Ausnahme ist insofern die Lieferung der
MIT. GmbH vom 29. Oktober 2010, vor deren Freigabe der Angeklagte
eine Prüfung der Ventile vornahm. Soweit ihm auch für die weiteren Lieferun-
gen der Ventile der Gruppe C vom 18. Januar und vom 28. März 2011 eine
entsprechende Aufgabe zukam, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt,
dass er dieser auch nachkam.
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Der Senat ändert - da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind -
den Schuldspruch bezüglich der Angeklagten G. und K. K.
entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklag-
ten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können. Bei der Fassung
des Schuldspruchs hat der Senat zur Wahrung der Übersichtlichkeit den Zusatz
vorsätzlicher und unerlaubter Tatbegehung entfallen lassen (vgl. BGH, Urteil
vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, juris Rn. 35, insoweit in NStZ 2014, 586 nicht
abgedruckt) und auf eine Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit verzichtet
(vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 - 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493, 494). Dar-
über hinaus hat er - insoweit auch bezüglich des Angeklagten M. - die For-
mulierung an die Neufassung der Strafvorschriften des AWG angepasst.
4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall folgender Einzel-
strafen:
a) Bei dem Angeklagten K. K.
- betreffend die Ventile der Gruppe C die Einzelstrafen für die Lieferun-
gen vom 18. Januar und 28. März 2011 (jeweils Freiheitsstrafen von einem
Jahr und neun Monaten). Die Einzelstrafe für die Beihilfe zur gewerbsmäßigen
Ausfuhr von Gütern ohne Genehmigung trotz Unterrichtung über deren Ver-
wendung am 29. Oktober 2010 (ein Jahr Freiheitsstrafe) bleibt hingegen beste-
hen;
- betreffend die Ventile der Gruppe A die Einzelstrafen für die Lieferun-
gen vom 5. Dezember 2010 (Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Mona-
ten) und vom 21. März 2011 (Freiheitsstrafe von zwei Jahren);
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- betreffend die Ventile der Gruppe B die Einzelstrafen für die Lieferun-
gen vom 31. August 2010 (Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten),
vom 27. Januar 2011 (Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten) und
vom 20. April 2011 (Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten).
b) Bei dem Angeklagten G. K.
- betreffend die Ventile der Gruppe B die Einzelstrafen für die Lieferun-
gen vom 31. August 2010 (Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten),
vom 27. Januar 2011 (Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten) und
vom 20. April 2011 (Freiheitsstrafe von drei Jahren).
Die Einzelstrafen für seine Tatbeiträge zu den Lieferungen der Ventile
der Gruppen A und C (jeweils Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Mona-
ten) bleiben hingegen bestehen.
c) Einer Zurückverweisung an den Tatrichter zur neuerlichen Strafbe-
messung bedarf es gleichwohl nicht. Da die Strafzumessungserwägungen des
angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler erkennen lassen, setzt der Senat
gemäß § 354 Abs. 1 StPO jeweils die - die einzelnen Ventilgruppen betreffen-
de - höchste verhängte Strafe als Einzelstrafe fest. Da sich der Unrechtsgehalt
durch die tateinheitliche Verknüpfung der einzelnen Lieferungen insgesamt er-
höht hat, kann der Senat ausschließen, dass die neu festzusetzenden Einzel-
strafen geringer ausgefallen wären. Demnach hat der Angeklagte K.
K. Einzelstrafen von zwei Jahren und drei Monaten (Ventile der Gruppe
B), zwei Jahren (Ventile der Gruppe A), einem Jahr und neun Monaten (Ventile
der Gruppe C) sowie einem Jahr (Beihilfe zur gewerbsmäßigen Ausfuhr von
Gütern ohne Genehmigung trotz Unterrichtung über deren Verwendung am
29. Oktober 2010) verwirkt, der Angeklagte G. K. Freiheitsstrafen
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von drei Jahren (Ventile der Gruppe B) sowie zweimal zwei Jahren und sechs
Monaten (Ventile der Gruppen A und C).
Angesichts des trotz der abweichenden konkurrenzrechtlichen Bewer-
tung hier insgesamt unveränderten Schuldumfangs und des vom Oberlandes-
gericht vorgenommenen äußerst straffen Zusammenzugs der Einzelstrafen
schließt der Senat weiterhin aus, dass es trotz des Wegfalls der Einzelstrafen
ausgehend von den Einsatzstrafen von drei Jahren beim Angeklagten G.
K. und zwei Jahren und drei Monaten beim Angeklagten K.
K. niedrigere Gesamtstrafen verhängt hätte.
5. Der zum Nachteil des Angeklagten G. K. angeordnete
Wertersatzverfallbetrag bedarf der Korrektur.
Unter nicht zu beanstandender Würdigung eines aufgefundenen Schrift-
stückes hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der gesondert verfolgte
T.
auf einen Schuldenstand in Höhe von 600.000 € dem Angeklagten
G. K.
300.000 € bezahlt habe. Hiervon ausgehend hat das Ober-
landesgericht unter Vornahme eines Sicherheitsabschlags in Höhe von
50.000
€ auf den Verfall von Wertersatz in Höhe von 250.000 € erkannt.
Dabei hat es indes nicht belegt, dass der Angeklagte G. K.
die gesamten 250.000 € für die Tat oder aus ihr erlangt hat (§ 73 Abs. 1 Satz 1
StGB). Getragen wird dies von den Urteilsgründen nur in Höhe von
159.225,42
€, die als Gegenleistung für Ventillieferungen geflossen waren, wo-
bei hiervon 19.766,29 € nicht ausschließbar auf die zweite Lieferung der Ventile
der Gruppe B entfielen, hinsichtlich derer das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2
StPO eingestellt worden ist. Bezüglich des Differenzbetrags zwischen
159.225,42 € und 250.000 € ist demgegenüber möglich, dass es sich dabei um
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die dem Verfall nicht unterliegende Teilrückzahlung des T. zur Verfügung
gestellten Darlehens über 109.300 € zur Finanzierung der vom Angeklagten
M. gefertigten Ventile ging.
Da weitere Feststellungen zum Hintergrund einzelner Geldflüsse nicht zu
erwarten sind, setzt der Senat den Wertersatzverfallsbetrag in entsprechender
Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf den rechtsfehlerfrei festgestellten Be-
trag in Höhe von 139.459,13 € (159.225,42 € - 19.766,29 €) fest.
VI. Der geringfügige Erfolg der Rechtsmittel der Angeklagten K.
lässt es nicht unbillig erscheinen, diese Angeklagten - wie auch den Angeklag-
ten M. - insgesamt mit den Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten.
Becker Pfister Schäfer
Gericke Spaniol
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