Urteil des BGH vom 12.04.2016

Einstellung des Verfahrens, Sperre, Sperrfrist, Wiedererteilung

ECLI:DE:BGH:2016:120416B2STR471.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 471/15
vom
12. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. April 2016 gemäß
§ 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Frankfurt am Main vom 21. Mai 2015 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 3
der Urteilsgründe wegen Hehlerei verurteilt worden ist; im
Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und
die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
zur Last;
b) das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
wegen schweren Raubes, versuchten Diebstahls, Fah-
rens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Kennzeichen-
missbrauch, vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung
und wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit vorsätz-
licher Körperverletzung verurteilt und im Übrigen freige-
sprochen wird,
bb) im Maßregelausspruch dahin geändert, dass die Auf-
rechterhaltung der durch Urteil des Amtsgerichts Frank-
furt am Main vom 30. Januar 2013 angeordneten Sperr-
frist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis entfällt,
cc) im Maßregelausspruch mit den Feststellungen aufgeho-
ben, soweit bestimmt ist, dass dem Angeklagten vor Ab-
- 3 -
lauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt
werden darf.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes, ver-
suchten Diebstahls, Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Kennzei-
chenmissbrauch, Hehlerei, vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung sowie
wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung ver-
urteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Unter Einbeziehung der Einzelstrafen
aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2013 und
unter Aufrechterhaltung der darin ausgesprochenen Sperrfrist für die Wiederer-
teilung der Fahrerlaubnis hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
fünf Monaten verhängt und angeordnet, dass dem Angeklagten vor Ablauf von
zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dagegen wendet sich
der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte im Fall II. 3 der Urteils-
gründe wegen Hehlerei verurteilt wurde, weil sich das Landgericht nicht mit ei-
1
2
- 4 -
ner etwaigen Beteiligung des Angeklagten an der rechtswidrigen Vortat, einem
Einbruchsdiebstahl bei einer Autofirma, auseinandergesetzt hat.
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aus den Gründen der Zu-
schrift des Generalbundesanwalts zum Schuld- und Strafausspruch keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der
Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt von der teilweisen Einstellung
des Verfahrens unberührt. Der Senat schließt im Hinblick auf die Einsatzstrafe
von drei Jahren und drei Monaten und die im Übrigen in die Gesamtfreiheits-
strafe einzubeziehenden Einzelstrafen (neben Geldstrafen, einmal neun Mona-
te, dreimal sieben Monate, zweimal sechs Monate und einmal vier Monate Frei-
heitsstrafe) aus, dass sich der Wegfall der Verurteilung im Fall II. 3 der Urteils-
gründe (Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 Euro) auf den Ausspruch
über die Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hätte.
3. Hingegen hat der Maßregelausspruch keinen Bestand. Der General-
bundesanwalt hat dazu ausgeführt:
"Gegen die Bemessung der Sperrfrist für die Wiedererteilung einer
neuen Fahrerlaubnis bestehen dagegen durchgreifende rechtliche
Bedenken.
Die Strafkammer hat die in dem einbezogenen Urteil des Amtsge-
richts Frankfurt am Main angeordnete Sperrfrist gemäß § 69a
StGB ausdrücklich aufrechterhalten und eine neue (weitere) Sper-
re gemäß § 69a StGB von zwei Jahren angeordnet (UA
S. 129/130). Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei einer nachträglichen
Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter,
wenn in der früheren Entscheidung eine Sperre gemäß § 69a
StGB bestimmt war und der Angeklagte erneut wegen einer Straf-
tat verurteilt wird, die seine fehlende Eignung zum Führen von
Kraftfahrzeugen erneut belegt, eine neue einheitliche Sperre fest-
zusetzen (BGH, Beschl. vom 19. September 2000
– 4 StR 320/00,
NJW 2000, 3654; OLG Stuttgart VRS 275; OLG Düsseldorf VRS
80, 273; Fischer StGB 62. Auflage § 69a Rn 27; Geppert in LK
3
4
- 5 -
StGB 12. Auflage § 69a Rn 62), die die alte Sperre gegenstands-
los werden lässt. Den Urteilsgründen ist nicht sicher zu entneh-
men, wie der Tatrichter ohne diesen Rechtsfehler entschieden hät-
te. Soweit das Landgericht bei Anordnung der neuen Sperre einen
Zeitraum von mindestens zwei Jahren für erforderlich hielt (UA
S. 130), ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass diese Sperr-
frist ab Rechtskraft dieses Urteils zu laufen beginnt; dass sich die-
se Sperre an die im einbezogenen Urteil angeordnete Sperre
(23.06.2016; UA S. 14) anschließen würde, hat die Strafkammer
ausweislich der Urteilsgründe nicht im Blick gehabt. Unter diesen
Umständen kann im Revisionsverfahren die neue einheitliche
Sperre auch nicht ohne weiteres auf vier Jahre - beginnend ab
Rechtskraft des früheren einbezogenen Urteils - festgesetzt wer-
den. Das angefochtene Urteil ist daher im Maßregelausspruch in
Bezug auf die Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis
mit den Feststellungen aufzuheben und zurückzuverweisen."
Dem schließt sich der Senat an.
Fischer Appl RiBGH Prof. Dr. Krehl
ist an der Unterschrift
gehindert.
Fischer
Eschelbach Ott
5