Urteil des BGH vom 15.09.2011

Beihilfe, Rauschgift, Zusage, Aussetzung, Verhinderung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 280/11
vom
15. September 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. September 2011
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten V. und D. B.
wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 4. Februar 2011
im Schuldspruch dahin abgeändert,
dass die Angeklagte V. B. der Beihilfe zum unerlaub-
ten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist
und der Angeklagte D. B. der Beihilfe zum unerlaubten
bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge schuldig ist und im Übrigen freigesprochen
wird.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte V. B. wegen Beihilfe zum
unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht ge-
ringer Menge in acht Fällen schuldig gesprochen und die Entscheidung über die
Verhängung einer Jugendstrafe gemäß § 27 JGG zur Bewährung ausgesetzt.
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Den Angeklagten D. B. hat es - unter Freisprechung im Übrigen -
wegen Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig gesprochen und
die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe gemäß § 27 JGG
zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestütz-
ten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtli-
chen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des
Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Mutter der beiden
jugendlichen Angeklagten, die nichtrevidierende Mitangeklagte G. B. ,
in der Zeit vom 13. März bis 19. Mai 2010 gemeinsam mit anderen Tatbeteilig-
ten gewinnbringende Weiterverkäufe von Kokain durch. Die Angeklagten
schlossen sich der Übereinkunft der Haupttäter, künftig dauerhaft den Handel
mit Betäubungsmitteln durchzuführen, an und unterstützten sie hierbei fortlau-
fend auf vielfältige Weise. Dabei ließen sich zwar die festgestellten einzelnen
Unterstützungshandlungen, die in den Zeitraum vom 20. März bis 18. Mai 2010
fielen (UA S. 32 f.), nicht hinreichend sicher den jeweiligen Haupttaten in den
Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe zu Ziff. II. 2. zuordnen. Jedenfalls standen die
Angeklagten aber ständig zur Verfügung, wenn es darum ging, etwa bei Ver-
hinderung ihrer Mutter die im Straßenverkauf eingesetzten "Läufer" zu überwa-
chen, ihnen das Rauschgift zu übergeben und mit ihnen abzurechnen.
Der Schuldspruch mit der Annahme von sieben selbständigen Beihilfe-
handlungen in den Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nach-
prüfung nicht stand. Bezüglich dieser sieben Fälle hat die Strafkammer rechts-
fehlerfrei festgestellt, dass die Angeklagten psychische Beihilfe geleistet haben,
weil sie entsprechend einer gleichzeitig mit der Bandenabrede getroffenen Zu-
sage grundsätzlich zu begleitenden Tätigkeiten für eine Abwicklung der Betäu-
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bungsmittelgeschäfte bereit waren. Die fortlaufende Förderung der Taten durch
das Sich-Bereit-Halten für die anfallenden Aufgaben stellt sich deshalb hier in
der Gesamtschau als nur eine - dauerhafte - Beihilfehandlung der Angeklagten
zu den sieben Haupttaten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006
- 1 StR 556/06, wistra 2007, 100; Fischer, StGB 58. Aufl., § 27 Rn. 31 mwN).
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO
steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten ersichtlich nicht anders als
geschehen hätten verteidigen können.
Die Rechtsfolgenaussprüche bleiben trotz Schuldspruchänderung beste-
hen. Die zutreffende Bestimmung der Konkurrenzen führt hier zu keiner Ver-
änderung des Unrechts- und Schuldumfangs. Der Senat kann daher aus-
schließen, dass die Strafkammer bei Annahme nur einer Beihilfehandlung in
den Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe eine noch mildere Rechtsfolge als die je-
weils gemäß § 27 JGG vorgenommene Aussetzung der Entscheidung über die
Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesprochen hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf Es er-
scheint nicht unbillig, die Beschwerdeführer trotz des geringfügigen Teilerfolgs
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mit ihren Auslagen und den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten.
Von der nach § 74 JGG eröffneten Freistellungsmöglichkeit ist aus den Grün-
den, die bereits das Landgericht für seine Kostenentscheidung angeführt hat
(UA S. 88), abzusehen.
Appl
Schmitt
Berger
Krehl
Ott