Urteil des BGH vom 26.08.2014

BGH: rechtliches gehör, therapie, ärztliches rezept, leasingvertrag, leasinggeber, lieferant, inhaber, verordnung, verschulden, leasingnehmer

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 335/13
vom
26. August 2014
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil
des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. Okto-
ber 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert wird für das Verfahren der Nichtzulassungsbe-
schwerde auf 9.156,46 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte, ein Leasingunternehmen, schloss am 14./16. Mai 2011 mit
dem Kläger, der eine Physiotherapiepraxis betreibt, für eine Laufzeit von 60
Monaten und monatliche Leasingraten von 382,81 € netto einen Leasingvertrag
über drei Elektrotherapiegeräte. Lieferantin der Leasingobjekte war eine "Pri-
vate Akademie der Schmerztherapeuten M. W. ", die die Geräte dem
Kläger zuvor im Rahmen von Informations- und Demonstrationsveranstaltungen
vorgestellt hatte. Die Verhandlungen über den Abschluss des Leasingvertrages
führte der Kläger ausschließlich mit der Lieferantin, der die Beklagte ihre zum
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Abschluss des Leasingvertrags erforderlichen Formulare zur Verfügung gestellt
hatte. Das von den Parteien unterzeichnete Leasingformular enthält unter ande-
rem folgende, überwiegend in Fettdruck gehaltene Bestimmung:
"[…] Zwischen dem LG [= Beklagte] und dem LN [= Kläger] werden au-
ßer der Bereitstellung der o.a. Leasingobjekte keinerlei weitere Neben-
abreden vereinbart. Der LG weist daraufhin, dass der/die Lieferant(in)
und der sonstige Dritte nicht berechtigt sind, vom Vertragstext abwei-
chende Vereinbarungen bzw. Zusagen zu treffen oder den LG in ande-
rer Weise zu vertreten. Sollte es zu Leistungsstörungen bezüglich ir-
gendwelcher weiterer Dienstleistungen oder Zusagen kommen, die ein
Dritter - wie z.B der/die Lieferant(in) - gegenüber dem LN erbringen
muss, berührt dies die Zahlungsverpflichtungen des LN gegenüber dem
LG nicht. Ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund besteht in diesem
Fall nicht. [….]"
Ob die Lieferantin dem Kläger über den Vertragswortlaut hinausgehende
mündliche Zusagen zur Erstattungsfähigkeit der mit den Therapiegeräten er-
brachten Leistungen durch private Krankenversicherungen, zur Möglichkeit von
Sondertilgungen und zur Einräumung eines Gebietsschutzes gegeben und ihm
ein zweiwöchiges Rücktrittsrecht vom Leasingvertrag zugesichert hat, ist zwi-
schen den Parteien streitig. Gestützt auf die fehlende Einhaltung dieser Zusa-
gen focht der Kläger unter dem 27. Mai 2011 den Leasingvertrag wegen arglis-
tiger Täuschung an und trat hilfsweise vom Vertrag zurück. Die ersten sieben
Leasingraten zahlte er anschließend nur unter dem Vorbehalt der Rückforde-
rung.
Die zuletzt auf Rückzahlung dieser Leasingraten nebst Zinsen Zug um
Zug gegen Rückgabe der Leasingobjekte, auf Feststellung der Beendigung des
Leasingvertrages durch die Rücktrittserklärung vom 27. Mai 2011 und auf Fest-
stellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Rücknahme der Lea-
singobjekte gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Hiergegen
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wendet sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, um mit der er-
strebten Revisionszulassung ihr Klageabweisungsbegehren weiterzuverfolgen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist begründet, weil die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisi-
onsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 544 Abs. 6, 7 ZPO).
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör
(Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Dies führt
gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Abweichend vom Landgericht, das aufgrund des von ihm erhobenen
Zeugenbeweises angenommen hat, die Lieferantin habe den Kläger in einer der
Beklagten zurechenbaren Weise arglistig über die Abrechnungsfähigkeit der mit
den Geräten durchzuführenden BCR-Therapie über die privaten Krankenversi-
cherungen getäuscht, hat das Berufungsgericht dem Kläger ein Rücktrittsrecht
wegen Störung der Geschäftsgrundlage mit der Folge einer rückwirkenden Auf-
lösung des Leasingvertrags zugebilligt. Dies hat das Berufungsgericht darauf
gestützt, dass "nach dem insofern von beiden Parteien ohne Weiteres hinge-
nommenen Ergebnis der Beweisaufnahme […] der Kläger im Rahmen der Ver-
tragsverhandlungen die Frage der - selbständigen, das heißt ohne vorausge-
gangene ärztliche Verordnung möglichen - Abrechnungsfähigkeit der BCR-
Therapie über die privaten Krankenkassen als für ihn entscheidenden Umstand
der Investitionsentscheidung unmissverständlich herausgestellt" habe, und dass
die Lieferantin dies nicht bloß zur Kenntnis genommen, sondern den Kläger in
seiner entsprechenden Erwartung bestärkt habe. Die "Frage der (selbständi-
gen) Abrechnungsmöglichkeit" und damit auch das Verwendungsrisiko der Lea-
singgegenstände sei auf diese Weise in den gemeinschaftlichen Geschäftswil-
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len der Vertragsparteien aufgenommen und darüber zur Geschäftsgrundlage
des Leasingvertrags erhoben worden. Eine solche - selbständige - Abrech-
nungsfähigkeit der BCR-Therapie in der physiotherapeutischen Praxis des Klä-
gers gegenüber privaten Krankenkassen bestehe (jedenfalls) nach dem im Be-
rufungsverfahren zwischen den Parteien erzielten Einvernehmen nicht.
Die Erklärungen der Lieferantin und ihrer Mitarbeiter zu dieser Frage
müsse sich die Beklagte auch zurechnen lassen. Sie habe die Anbahnung und
Vorbereitung des Vertrages wie auch die Verhandlungsführung vollumfänglich
und uneingeschränkt der Lieferantin überlassen, ohne dass es zu einem unmit-
telbaren Kontakt der Parteien gekommen sei. Sie habe auf diese Weise nach
der von ihr gewählten (Vertriebs-)Organisation die Lieferantin zu ihrer Reprä-
sentantin im Rechtsverkehr berufen und ihr damit zugleich eine typischerweise
mit einer Vollmacht verbundene Stellung eingeräumt. Insoweit habe die Beklag-
te im Berufungsverfahren auch die bereits vom Landgericht in Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkannte Unwirksamkeit der
Haftungsfreistellungsklausel im Leasingformular hingenommen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungs-
gericht bei Beurteilung der von ihm angenommenen Störung der Geschäfts-
grundlage entscheidungserhebliches unstreitiges Vorbringen der Parteien au-
ßer Acht gelassen und dadurch den Anspruch der Beklagten auf rechtliches
Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Das Gebot rechtlichen Gehörs ver-
pflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu
nehmen und in Erwägung zu ziehen. Geht das Gericht in seinen entschei-
dungserheblichen Erwägungen von einem Sachverhalt aus, der im Parteivor-
bringen keine Grundlage (mehr) findet, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung
des entgegenstehenden Parteivortrags schließen. Ein solcher Verstoß fällt dem
Berufungsgericht hier zur Last.
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a) Die Annahme des Berufungsgerichts, die selbständige, also ohne eine
vorangegangene ärztliche Verordnung mögliche Abrechnungsfähigkeit der
BCR-Therapie über die privaten Krankenkassen, sei Geschäftsgrundlage der
Investitionsentscheidung des Klägers gewesen, widerspricht dem (überein-
stimmenden) Vortrag beider Parteien und verletzt die Beklagte deshalb in Ihrem
Anspruch auf rechtliches Gehör. Dass nicht einmal der Kläger selbst von einer
in dieser Weise verstandenen Abrechnungsmöglichkeit ausgegangen ist, ergibt
sich bereits aus seinen Angaben bei seiner Parteianhörung vor dem Landge-
richt. Dort hat der Kläger im Zusammenhang mit der von ihm für klärungsbe-
dürftig erachteten Abrechnungsfrage angegeben, dass er den Inhaber der Lie-
ferantin danach gefragt habe, ob es so sei, dass die Patienten mit einem Re-
zept zu ihm kämen, auf dem BCR-Therapie stehe, er ihnen dann eine Rech-
nung schicke und die Patienten den größten Teil davon erstattet bekämen, wo-
raufhin der Inhaber der Klägerin geantwortet habe, dass es genauso sei.
Ferner hat die Beklagte in ihrer Berufungsschrift darauf hingewiesen,
dass sich der Kläger als Physiotherapeut mit mehrjähriger Berufserfahrung dar-
über habe im Klaren sein müssen, dass physiotherapeutische Leistungen nur
auf ärztliche Verordnung von privaten Krankenkassen erstattet würden und jede
andere Annahme lebensfremd sei. Der Kläger seinerseits hat sich in seiner Be-
rufungserwiderung nicht nur gegen die Unterstellung verwahrt, eine Durchfüh-
rung der BCR-Therapie ohne ärztliches Rezept vorgehabt zu haben, sondern
unter Bezugnahme auf seine erstinstanzliche Parteianhörung noch einmal klar-
gestellt, die Fragestellung an den Inhaber der Lieferantin sei konkret dahin ge-
gangen, ob die privaten Krankenversicherungen von Patienten mit einem ärztli-
chen Rezept, auf dem BCR-Therapie stehe, die dadurch entstehenden Kosten
nach Abrechnung durch ihn - den Kläger - als Physiotherapeuten zumindest
zum größten Teil übernähmen. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts
sind deshalb beide Parteien davon ausgegangen, dass die BCR-Therapie nur
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abgerechnet werden kann, wenn sie aufgrund einer ärztlichen Anordnung
durchgeführt worden ist.
b) Das Berufungsurteil beruht auf der Gehörsverletzung; denn der
Rechtsstreit ist nicht schon aus anderen Gründen in der einen oder anderen
Richtung entscheidungsreif. Zu der arglistigen Täuschung, die für das der Kla-
ge stattgebende Urteil des Landgerichts maßgeblich gewesen ist, hat das Beru-
fungsgericht keine Feststellungen getroffen. Entgegen der Auffassung der NZB
ist die Klage auch nicht umgekehrt schon deswegen abweisungsreif, weil die
Erklärungen der Lieferantin der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten.
aa) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass der Lea-
singgeber nach § 278 BGB haftet, wenn der Verkäufer/Lieferant der Leasingsa-
che schuldhaft den Leasingvertrag betreffende Aufklärungs- oder Hinweispflich-
ten gegenüber dem Leasingnehmer verletzt, sofern der Verkäufer/Lieferant mit
Wissen und Willen des Leasinggebers (Vor-)Verhandlungen mit dem Leasing-
nehmer über den Abschluss eines Leasingvertrages führt. Dies folgt daraus,
dass der Leasinggeber im Interesse der Vereinfachung der Vertragsanbahnung
und Vertragsabwicklung einen Dritten - den Verkäufer/Lieferanten - mit Aufga-
ben betraut, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Dabei kann der Um-
stand, dass der Verkäufer/Lieferant - wie hier - im Zeitpunkt der Vertragsver-
handlungen über Leasingantragsformulare der Klägerin und deren Berech-
nungsgrundlagen für die Bestimmung der Leasingraten verfügt hat, ein Indiz
dafür sein, dass die Verhandlungen des Lieferanten mit Wissen und Wollen des
Leasinggebers erfolgt sind (Senatsurteil vom 18. September 2013 - VIII ZR
281/12, NJW-RR 2014, 622 Rn. 18 mwN). Damit einher geht in diesen Fällen
eine Erweiterung der Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten des Liefe-
ranten; diesen trifft in einer dem Leasinggeber zurechenbaren Weise auch die
Verantwortung dafür, dass das Verhandlungsergebnis gleichermaßen im Er-
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werbsgeschäft und im Leasingvertrag aufgeht (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des
gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 1781).
Von einer solchen zur Einstandspflicht der Beklagten führenden Zurech-
nung der im Streit stehenden Erklärungen der Lieferantin ist nach den getroffe-
nen Feststellungen jedenfalls im nachstehend erörterten Umfang auszugehen.
Zwar erfordert die Zurechnung des Verhaltens eines Erfüllungsgehilfen einen
inneren und sachlichen Zusammenhang mit dem übertragenen Aufgabenkreis.
Ob und welche Verhaltensweisen in einem - für eine Zurechnung erforderlichen
- inneren und sachlichen Zusammenhang zum Leasingvertrag stehen, bestimmt
sich dabei allein nach den dem Erfüllungsgehilfen vom Leasinggeber übertra-
genen Aufgaben. Der Erfüllungsgehilfe kann deshalb auch in den Fällen, in de-
nen er außerhalb dieses Aufgabenkreises wirkt, einen inneren und sachlichen
Zusammenhang mit den ihm übertragenen Pflichten nicht dadurch herstellen,
dass er (oder seine Hilfsperson) die Erledigung dieser Aufgaben mit Geschäften
verknüpft, die von dem ihm übertragenen Aufgabenkreis so weit entfernt sind,
dass aus Sicht eines objektiven Außenstehenden ein innerer Zusammenhang
nicht mehr zu erkennen ist. Denn hierdurch würde allenfalls ein kausaler, nicht
aber ein innerer und sachlicher Zusammenhang mit den für den Geschäftsherrn
zu erfüllenden Pflichten begründet (Senatsurteil vom 18. September 2013
- VIII ZR 281/12, aaO Rn. 23 betreffend die Vermittlung eines Vertrages mit ei-
nem Dritten bei Gelegenheit der Leasingvertragsverhandlungen).
Dieser innere und sachliche Zusammenhang kann vorliegend nicht ohne
Weiteres verneint werden. Das gilt nicht nur für die vom Kläger gestellten Fra-
gen zur Verwendbarkeit der Leasingobjekte (hier: Abrechnungsfähigkeit der mit
den Leasinggeräten erbrachten Therapieleistungen gegenüber privaten Kran-
kenversicherungen), sondern auch für die von ihm behaupteten Sonderkonditi-
onen (hier: Rücktrittsrecht und Sondertilgungsrecht).
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bb) Einer Zurechnung der behaupteten Pflichtverletzungen der Lieferan-
tin steht - anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint - auch nicht die
vorstehend wiedergegebene Vollmachtsklausel des Leasingvertragsformulars
entgegen. Ob einer solchen Klausel allerdings - wie das Berufungsgericht an-
nimmt - jegliche Wirksamkeit abzusprechen wäre, braucht hier nicht entschie-
den zu werden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Juli 1985 - VIII ZR 102/84, BGHZ
95, 170, 173 f.; vom 4. November 1987 - VIII ZR 313/86, WM 1988, 84 unter II 2
b; vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 117/86, WM 1987, 1131 unter I 3 b; vom 14. Juli
1994 - VII ZR 186/93, NJW-RR 1995, 80 unter 1; ferner Ulmer/Schäfer in Ul-
mer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305b BGB Rn. 42, 44 mwN).
Denn die Klausel steht jedenfalls einer Einstandspflicht der Beklagten nach
§ 278 BGB für ein Verschulden der Lieferantin als ihrer Erfüllungsgehilfin bei
den Vertragsverhandlungen nicht entgegen.
Bedient sich der Leasinggeber - wie hier - zur Vertragsvorbereitung der
Hilfe des Lieferanten, damit dieser die notwendigen Vorgespräche insbesonde-
re zu Auswahl, Beschaffenheit und Erwerbsbedingungen des Leasinggegen-
standes und zum Inhalt des Leasingvertrages führt, so wird dieser in Bezug auf
die dabei entstehenden Hinweis- oder Aufklärungspflichten zu seinem Erfül-
lungsgehilfen, für den er nach § 278 BGB einzustehen hat (dazu vorstehend
unter II 2 b aa). Entsprechendes gilt für die in § 123 Abs. 2 BGB vorgesehene
Zurechnung einer arglistigen Täuschung durch den Lieferanten (Senatsurteil
vom 30. März 2011 - VIII ZR 94/10, WM 2011, 1760 Rn. 15). Von dieser sich
auch auf eine falsche Auskunfts- oder Ratserteilung erstreckenden Verantwort-
lichkeit kann der Leasinggeber sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
vollständig freizeichnen, wenn er in seinem auf eine Vereinfachung der Ver-
tragsabwicklung abzielenden Interesse einen Dritten - den Lieferanten - mit
Aufgaben betraut hat, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Für eine
Zurechnung des Lieferantenverhaltens ist es deshalb im vorliegenden Fall un-
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erheblich, dass die Beklagte im vorformulierten Vertragstext darauf hinweist,
der Lieferant oder sonstige Dritte seien nicht berechtigt, vom Vertragstext ab-
weichende Vereinbarungen oder Zusagen zu treffen oder den Leasinggeber in
anderer Weise zu vertreten (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1985 - VIII ZR
102/84, aaO S. 181 ff.; vom 4. November 1987 - VIII ZR 313/86, aaO unter
II 2 c aa).
cc) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde mangelt
es der Gehörsverletzung hinsichtlich der behaupteten Zusicherung einer Ab-
rechnungsfähigkeit der BCR-Therapie auch nicht deshalb an der Entschei-
dungserheblichkeit, weil es sich dabei um ein Beschaffenheitsmerkmal der Lea-
singobjekte handele, für dessen Einstehenmüssen die Beklagte sich in den
Leasingbedingungen durch Abtretung der daraus gegen die Lieferantin resultie-
renden Gewährleistungsansprüche wirksam freigezeichnet habe. Allerdings
bedarf es insoweit keiner Entscheidung, ob an der Rechtsprechung des Senats,
wonach in Fällen, in denen der Verkäufer im Rahmen eingehender Vertrags-
verhandlungen und auf Befragen des Käufers jeweils einen ausdrücklichen Rat
erteilt, bei fahrlässig falscher Auskunfts- oder Ratserteilung eine Schadenser-
satzpflicht wegen Verletzung einer im Rahmen des Kaufvertrages übernomme-
nen Nebenpflicht neben Gewährleistungsansprüchen selbst dann bestehen
kann, wenn sich das Verschulden des Verkäufers auf Angaben über Eigen-
schaften der Kaufsache bezieht (Senatsurteil vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 83/83,
WM 1984, 1092 unter II 3 a), auch unter der Geltung des Schuldrechtsmoderni-
sierungsgesetzes festzuhalten ist (bejahend Wolf/Eckert/Ball, aaO Rn. 1787 f.;
verneinend Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. L 285). Denn bei der
angeblich zugesicherten Abrechnungsfähigkeit der Therapie handelt es sich
nicht um einen der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung (§§ 434 ff. BGB) für
die Leasinggegenstände unterfallenden Anspruch.
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Zwar können nach dem in Anknüpfung an die gemäß § 459 Abs. 2 BGB
aF zusicherungsfähigen Eigenschaften weit zu fassenden Mangelbegriff, wie er
den §§ 434 ff. BGB zugrunde liegt, sämtliche Eigenschaften einer Sache eine
Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB darstellen. Das sind sowohl alle
Faktoren, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache
zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung
der Sache haben (BGH, Urteile vom 30. November 2012 - V ZR 25/12, NJW
2013, 1671 Rn. 9 f.; vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 15;
jeweils mwN). Darum geht es hier aber nicht. Bei der Abrechnungsfähigkeit der
mit den Leasinggeräten zu erbringenden Therapieleistungen handelt es sich
vielmehr um einen von der physischen Beschaffenheit der Geräte gänzlich un-
abhängigen Umstand, der aufgrund bestimmter versicherungsrechtlicher Gege-
benheiten im Verhältnis zwischen den Patienten und deren privaten Kranken-
versicherungen geeignet ist, das Nachfrageverhalten der Patienten zu steuern.
Bei derart entfernt liegenden Beziehungen des als nachteilig angesehenen Um-
standes zum Kaufgegenstand ist aber selbst unter Geltung des § 459 Abs. 2
BGB aF keine zusicherungsfähige Eigenschaft angenommen worden (vgl.
BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 - V ZR 144/86, WM 1988, 48 unter II 1 aa
bb; vom 28. März 1990 - VIII ZR 169/89, BGHZ 111, 75, 78 f.).
3. Der für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde festgesetzte
Gebührenstreitwert bemisst sich nach dem zuerkannten Zahlungsbetrag von
3.188,78 €, dem Jahresbetrag des vereinbarten Leasingentgelts von 5.467,68 €
(§ 41 Abs. 1 GKG, vgl. OLG Frankfurt/Main, MDR 1978, 145; Zöller/Herget,
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ZPO, 30. Aufl., § 3 "Leasingvertrag" mwN) und der mit 500 € zu bewertenden
Feststellung des Annahmeverzugs.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 10.01.2013 - 3 O 36/12 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 17.10.13 - 1 U 201/13 -
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