Urteil des BGH vom 12.04.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 266/11
Verkündet am:
12. April 2013
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja7
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 434, 444
1. Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des
veräußerten Wohnungseigentums dar; die Frage der Genehmigungsbe-
dürftigkeit haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bin-
dung an einen erst nach Gefahrübergang ergangenen baubehördlichen
Bescheid - zu beantworten.
2. Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus; dem steht es nicht gleich,
wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen
müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.
BGH, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11 - OLG Rostock
LG Schwerin
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Senats des
Oberlandesgerichts Rostock vom 8. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat
des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Dezember 2005 kauften die
Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte von dem Beklagten eine von diesem
sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von 90.000
€. Die Haftung für
Sachmängel war ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009
verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass für die Wohnung und den dazu gehö-
renden Balkon keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklag-
ten gestellter Bauantrag war bereits im Februar 2000 zurückgewiesen worden,
wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben will. Ob das Dachge-
schoss vor der Sanierung als Wohnung genutzt worden war, ist streitig.
Mit Schreiben vom 27. März 2009 forderten die Käufer den Beklagten auf,
bis zum 15. April 2009 Baugenehmigungen beizubringen. Darauf ging der Be-
klagte nicht ein, sondern verwies mit Schreiben vom 15. April 2009 lediglich
darauf, dass nur Wohnraum saniert und modernisiert, nicht aber in die Statik
eingegriffen worden sei; gleiches gelte für die Balkone. Im Übrigen sei das
Dachgeschoss bereits früher bewohnt gewesen. Mit Schreiben vom 17. April
2009 erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderten den Beklag-
ten zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 25. April 2009 auf und boten an,
Erklärungen für die Rückauflassung abzugeben.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22. Juni 2009 untersagte
das Bauamt gänzlich die Nutzung zu Wohnzwecken, hob diese Untersagung
aber später hinsichtlich des Balkons wieder auf und erteilte schließlich am
23. September 2009 eine Baugenehmigung unter Auflagen. Den der Geneh-
migung zugrundeliegenden Bauantrag nahm der Beklagte allerdings nach
Widerspruchseinlegung zurück.
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Die Klägerin erstrebt aus eigenem Recht und in Prozessstandschaft für ih-
ren früheren Lebensgefährten die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Hierzu
verlangt sie Zahlung
von 102.490,28 € Zug um Zug gegen Rückauflassung der
Eigentumswohnung. Darüber hinaus fordert sie (weiteren) Schadensersatz in
Höhe von
3.547,03 € und beantragt die Feststellung des Annahmeverzuges.
Sie behauptet, der Beklagte habe das Fehlen der Baugenehmigung arglistig
verschwiegen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich das Landgericht
überzeugt und auf dieser Grundlage die Klageanträge dem Grunde nach für
gerechtfertigt erklärt. Dem ist das Oberlandesgericht im Ergebnis gefolgt. Mit
der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Abweisung
der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmit-
tels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht die Voraussetzungen für den Erlass eines
Grundurteils. Begründet sei die Klage dem Grunde nach, weil das Fehlen einer
notwendigen Baugenehmigung einen Sachmangel darstelle, den der Beklagte
arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Ob die bestandskräftige Untersa-
gungsverfügung zu Recht ergangen sei und ob die von dem Beklagten ausge-
führten Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig gewesen seien, hätten die
Zivilgerichte nicht zu prüfen; im Übrigen zeige die später erteilte Baugenehmi-
gung, dass von einem genehmigungsbedürftigen Tatbestand auszugehen sei.
Arglist sei dem Beklagten vorzuwerfen, weil diese in Anlehnung an die zur Ban-
kenhaftung entwickelten Grundsätze schon dann gegeben sei, wenn sich dem
Verkäufer einer Immobilie aufklärungspflichtige Tatsachen nach den Umstän-
den des Einzelfalles zumindest hätten aufdrängen müssen. Weigere sich - wie
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hier - der Verkäufer, von solchen Umständen und der sich ebenfalls aufdrän-
genden Bedeutung für den Käufer Kenntnis zu nehmen, müsse dies positivem
Wissen gleichstehen.
II.
Die Revision ist begründet.
1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zu Recht, dass bei
einer nicht bezifferten Feststellungsklage der Erlass eines Grundurteils von
vornherein ausscheidet (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR
109/99, NJW 2001, 155; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rn. 3; vgl.
auch Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 49;
jeweils mwN).
2. Materiellrechtlich nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, dem Be-
klagten sei die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss nach § 444
BGB versagt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich weder
das Vorliegen eines (aufklärungspflichtigen) Sachmangels noch ein darauf be-
zogenes arglistiges Verschweigen bejahen.
a) Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel
des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003
- V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381), weil die Baubehörde die Nutzung der
Wohnung jedenfalls bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung untersa-
gen kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter
Zulassung einer Ausnahme hätte erteilt werden können (vgl. nur Senat, Urteil
vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262). Dabei besteht der
Sachmangel bereits darin, dass es an der baurechtlich gesicherten Befugnis
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fehlt, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen. Die Fra-
ge, ob bauliche Veränderungen überhaupt genehmigungsbedürftig sind, haben
die Zivilgerichte als Vorfrage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu beantworten
(vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 261).
Allerdings kommt es für die Frage des Sachmangels auf die Genehmi-
gungsbedürftigkeit ausnahmsweise dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei
Gefahrübergang als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB maß-
geblichen Zeitpunkt (vgl. nur MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 434
Rn. 51; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 434 Rn. 8; ebenso zum frühe-
ren Recht Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 262) eine
rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufver-
trag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen
(vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 1988 - V ZR 125/87, WM 1988, 1449, 1451).
Gewährleistet eine solche Entscheidung dem Käufer Bestandsschutz, scheidet
ein Sachmangel aus (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW
2003, 2380, 2381). Liegt bei Gefahrübergang eine Nutzungsuntersagung vor,
ist das Kaufobjekt ohne weiteres mit einem Sachmangel behaftet. Solche Aus-
nahmetatbestände liegen hier indessen nicht vor. Da die Nutzungsuntersa-
gungsverfügung erst nach Gefahrübergang ergangen ist, hängt die Annahme
eines Sachmangels davon ab, ob die von dem Beklagten vorgenommenen bau-
lichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbe-
dürftig waren. Diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung
- ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid -
zu beantworten. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Genehmi-
gungsbedürftigkeit hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt
folgerichtig - jedoch nicht getroffen.
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b) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind auch die Erwägungen des
Berufungsgerichts zur Arglist.
aa) Diese setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs zumindest Eventualvorsatz voraus (so etwa Senat, Urteil vom 15. Juni
2012
− V ZR 198/11, NJW 2012, 2793; vgl. auch MünchKomm-BGB/Wester-
mann, aaO, § 438 Rn. 26; jeweils mwN); leichtfertige oder grob fahrlässige Un-
kenntnis genügt dagegen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR
18/11, ZfIR 2012, 463, 465 f. Rn. 24 u. 28). Ein arglistiges Verschweigen ist
danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest
für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf
nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Ver-
trag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (so etwa
Senat, Urteil vom 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urteil vom
7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; vgl. auch Krüger in Krü-
ger/Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 35 u. 1003 ff.; jeweils mwN).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt es dagegen
nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen
hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und
der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt
würde.
(1) Der Senat hat bereits entschieden, dass selbst ein bewusstes Sichver-
schließen nicht den Anforderungen genügt, die an die Arglist zu stellen sind
(Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Eine Gleich-
stellung mit der Kenntnis kommt lediglich in Betracht, soweit es bei bestimmten
Tatbestandsmerkmalen um eine rechtliche (Gesamt-)Bewertung von Tatsachen
geht. So erfordert etwa die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein
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(§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben
(§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur das Wissen um die tatsächlichen Umstände, aus
denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis
dieser Rechtsfolge selbst (zu § 819 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni
1992 - XII ZR 119/91, BGHZ 118, 383, 392 mwN; zu § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB
vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1960 - II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92). Die
Kenntnis der Tatsachen ist dabei stets nötig. Sie kann keinesfalls durch werten-
de Überlegungen ersetzt werden. Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tat-
sachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage - in den Beispielen der
Mangel des rechtlichen Grundes und die fehlende Besitzberechtigung - kommt
eine Abmilderung des Erkenntnisgrades in Betracht. Um eine solche rechtliche
Gesamtbewertung geht es bei § 444 BGB jedoch nicht. Bei der Frage der Arg-
list ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden
Umstände kennt (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO, mwN),
mögen diese auch im Einzelfall - wie hier die revisionsrechtlich zu unterstellen-
de Genehmigungsbedürftigkeit - einen normativen Gehalt aufweisen. Liegt die-
se Kenntnis zumindest in der Form des Eventualvorsatzes vor, ist es unerheb-
lich, ob der Verkäufer daraus den Schluss auf einen Sachmangel zieht (Senat,
Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO; Krüger in Krüger/Hertel, aaO,
Rn. 1005).
(2) Nichts anderes lässt sich aus der von dem Berufungsgericht ins Feld
geführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. April 2008
- XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, 1122 f. Rn. 16 ff.; Urteil vom 15. Juni 2010 - XI
ZR 318/09, WM 2010, 1448, 1450 Rn. 10) zur Haftung von Banken im Zusam-
menhang mit der Finanzierung sittenwidrig überteuerter Grundstückskäufe her-
leiten. Auch diese Haftung setzt nämlich Kenntnis sämtlicher Tatsachen voraus;
nur hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es aus, dass sich
der Bank die sittenwidrige Übervorteilung aufdrängen musste (vgl. insbesonde-
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re BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, aaO, S. 1123 Rn. 22). Das ist
mit der Rechtslage bei § 990 Abs. 1 Satz 2 und § 819 Abs. 1 BGB vergleichbar,
lässt sich nach dem oben Gesagten aber nicht auf die subjektiven Vorausset-
zungen der Arglist übertragen.
(3) Gemessen daran ist das Berufungsurteil auch insoweit rechtsfehler-
haft. Dass der Beklagte den Sachmangel gekannt oder ihn wenigstens für mög-
lich gehalten hat, hat das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht
festgestellt; es hat dies andererseits aber auch nicht verneint.
3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, un-
terliegt es der Aufhebung (§§ 561, 562 ZPO).
4. Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne des Beklagten nach § 563 Abs. 3
ZPO zur Endentscheidung reif. Soweit die Revision rügt, die bis zum 15. April
2009 eingeräumte Frist zur Beibringung der Baugenehmigungen sei zu knapp
bemessen gewesen, übersieht sie, dass der Käufer dem arglistig handelnden
Verkäufer in aller Regel überhaupt keine Gelegenheit zur Nachbesserung
geben muss (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, WM
2007, 1076, 1077 f.; Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188,
43, 50). Gewährt der Käufer gleichwohl eine Frist zur Nachbesserung, führt dies
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich dazu, dass
er eine fristgemäß erbrachte Nachbesserung, an der es hier fehlt, gelten lassen
muss (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, WM 2010, 2129,
2130). Der Käufer darf sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten
setzen. Zu einem weiteren Entgegenkommen ist er dem arglistig täuschenden
Verkäufer gegenüber grundsätzlich nicht gehalten.
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5. Nach allem ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen
getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von
der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
6. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird auf Folgendes hin-
gewiesen:
a) Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher
tatsächlicher Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen (dazu und
zur sekundären Darlegungslast in bestimmten Konstellationen Senat, Urteil vom
12. November 2010 - V ZR 181/09, aaO, S. 47 ff.).
b) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach
es in den Jahren 1999/2000 zum Allgemeinwissen der Bürger in den neuen
Bundesländern gehört habe, dass umfangreiche Bauarbeiten und Veränderun-
gen an Gebäuden „genehmigungspflichtig sein können“. Entgegen der Auffas-
sung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 26. April 1991 (V ZR
73/90, BGHZ 114, 260, 262 f.) nichts anderes. In dieser Entscheidung ist der
Senat lediglich der zu weit gehenden Annahme entgegen getreten, nach der
Lebenserfahrung „wisse“ auch ein Laie um die Notwendigkeit einer behördli-
chen Genehmigung für die Umgestaltung eines Trockenspeichers zu Wohn-
zwecken. Im Rahmen einer erneuten Beweiswürdigung zur Arglist wird das Be-
rufungsgericht jedoch ggf. zu beachten haben, dass der Schluss auf einen
Eventualvorsatz zwar nicht allein aufgrund des festgestellten Allgemeinwissens,
jedoch durchaus bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt sein kann.
c) Soweit in dem Rechtsstreit mit der Saldotheorie argumentiert worden
ist, erscheint dies schon deshalb nicht tragfähig, weil die aus dieser Theorie
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folgenden Beschränkungen nicht zu Lasten des arglistig Getäuschten eingreifen
(vgl. nur BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16, 31;
Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 49 f.).
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth
Brückner
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 18.01.2011 - 3 O 175/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 08.12.2011 - 3 U 16/11 -