Urteil des BGH vom 01.07.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 391/13
Verkündet am:
1. Juli 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 195, 199, 203, 214; SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1
a) Bei einem Wechsel des Sozialversicherungsträgers (hier: der Krankenkasse) ge-
hen die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1
Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf
den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten
Versicherungsleistungen sachlich und zeitlich kongruent sind.
b) Der nachfolgende Sozialversicherungsträger erwirbt die Ersatzforderung
- auch was einen beim zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger eingetrete-
nen Verjährungsbeginn anbelangt - so, wie sie sich bei dem Rechtsübergang be-
findet.
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c) Zugunsten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger
durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB bis zum Rechtsübergang bewirkte Ver-
jährungshemmung; ob eine Hemmung der Verjährung beim Rechtsnachfolger ein-
tritt, hängt hingegen davon ab, ob Hemmungsgründe in seiner Person vorliegen.
d) Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner nur im Verhältnis zum Rechts-
vorgänger abgegeben hat, wirken grundsätzlich nicht zugunsten des Rechtsnach-
folgers.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 391/13 - OLG Bamberg
LG Bamberg
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner,
Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Bamberg vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten der Klägerin
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, ein gesetzlicher Krankenversicherer, nimmt die Beklagte
zu 1, die Trägerin einer Klinik, und den Beklagten zu 2, einen dort tätigen Arzt,
wegen einer Gesundheitsverletzung, die der Geschädigte bei seiner Geburt
erlitten hat, aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Die
Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Der Geschädigte war nach seiner Geburt im Jahr 2000 zunächst bei der
AOK B. gesetzlich krankenversichert. Diese meldete in den Jahren 2001 und
2002 bei den Beklagten bzw. deren Haftpflichtversicherer Schadensersatzan-
sprüche an. Der Haftpflichtversicherer verzichtete erstmals mit Schreiben vom
11. März 2003 - auch im Namen der versicherten Personen - gegenüber der
AOK B. bis zum 31. Dezember 2003 auf die Einrede der Verjährung, jedoch nur
unter der Voraussetzung, dass noch keine Verjährung eingetreten sei. Mit im
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Wesentlichen gleichlautenden Schreiben verlängerte er seinen Verzicht jeweils
um ein weiteres Jahr, zuletzt bis zum 31. Dezember 2010.
Die Klägerin ist seit dem 17. Juni 2003 gesetzlicher Krankenversicherer
des Geschädigten. Mit Schreiben vom 29. September 2010 machte sie erstmals
Ansprüche gegenüber dem Haftpflichtversicherer der Beklagten geltend. Ende
des Jahres 2010 verzichtete dieser ihr gegenüber bis zum 31. Dezember 2011
auf die Einrede der Verjährung, allerdings nur, soweit noch keine Verjährung
eingetreten sei.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz für von ihr aufgewendete
Behandlungskosten von 15.523,42
€ und für Leistungen der Pflegekasse von
4.307,50
€ sowie die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht bezüglich
gemäß §§ 116, 119 SGB X auf sie übergegangener bzw. übergehender An-
sprüche. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete
Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-
lassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, die gemäß § 116 SGB X auf die Klägerin
übergegangenen Schadensersatzansprüche und die im Wege der gewillkürten
Prozessstandschaft geltend gemachten Ansprüche der Pflegekasse seien ver-
jährt. Die Ansprüche auf Ersatz der Heilbehandlungskosten seien mit dem
Schadensereignis zunächst auf die AOK B. übergegangen. Mit dem Kassen-
wechsel am 17. Juni 2003 sei der Anspruch dem Grunde nach auf die Klägerin
übergegangen. Diese habe den Anspruch allerdings so erworben, wie er dem
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bisherigen Inhaber zugestanden habe. Die Verjährung laufe beim Kassenwech-
sel weiter und die Klägerin müsse sich das Wissen ihrer Rechtsvorgängerin
zurechnen lassen. Nachdem seitens der Regressabteilung der AOK B. spätes-
tens am 14. August 2001 Kenntnis von den maßgeblichen anspruchsbegrün-
denden Umständen bestanden habe, habe zu diesem Zeitpunkt auch die drei-
jährige Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. zu laufen begonnen.
Ab dem Anspruchsübergang am 17. Juni 2003 könne sich die Klägerin
keine verjährungsunterbrechenden Handlungen von oder gegenüber Dritten
mehr zurechnen lassen. Der nach § 116 SGB X übergegangene Anspruch und
der beim Geschädigten verbleibende Restanspruch entwickelten ein voneinan-
der getrenntes "rechtliches Schicksal". Der AOK B. habe nur ein zeitlich be-
grenzter Anspruch auf Ersatz der bis zum 16. Juni 2003 entstandenen Heilbe-
handlungskosten zugestanden, der Klägerin ein Ersatzanspruch für die an-
schließend aufgewendeten Kosten. Die Hemmung der Verjährung wegen der
von der AOK B. geführten Verhandlungen habe für die Klägerin am 17. Juni
2003 geendet. Ersatzberechtigt für die ab dem 17. Juni 2003 entstandenen
Heilbehandlungskosten seien nur noch die Klägerin und die bei ihr angesiedelte
Pflegekasse gewesen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die
AOK B. stellvertretend für die Klägerin habe verhandeln wollen bzw. hierzu er-
mächtigt gewesen wäre.
Die Klägerin könne sich auch nicht nach dem Gedanken des § 407 BGB
auf verjährungshemmende Maßnahmen der AOK B. stützen. Sie könne sich
nicht darauf berufen, dass es der AOK B. unter Umständen möglich gewesen
wäre, alle Ansprüche durch einen Abgeltungsvergleich mit Wirkung für andere
Sozialversicherungsträger (§ 407 BGB) zu regeln. § 203 BGB habe einen gänz-
lich anderen Regelungsgehalt. Auch für § 204 BGB sei anerkannt, dass einer
Klage des Zedenten nach der Abtretung keine verjährungshemmende Wirkung
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mehr zukomme. Die Verjährungsfrist sei spätestens am 23. Juni 2007 abgelau-
fen. Der gegenüber der AOK B. erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung
entfalte keine Wirkung mehr zugunsten der Klägerin als Rechtsnachfolgerin.
Den Beklagten sei es schließlich auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich ge-
genüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die von der
Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus übergegangenem Recht auf Ersatz
von Behandlungskosten verjährt sind.
a) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zutreffend zugrunde ge-
legt, dass die Schadensersatzansprüche, welche die Klägerin geltend macht,
mit der Geburt des Geschädigten am 17. Juni 2000 zunächst dem Grunde nach
vom Geschädigten auf die AOK B. übergegangen sind.
Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen
Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Ver-
sicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des
Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung ei-
nes Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der
vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Bei einem Sozialver-
sicherungsträger wie der AOK B. findet der Anspruchsübergang in aller Regel
bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des
zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden
Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Be-
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tracht kommt. Es handelt sich um einen Anspruchsübergang dem Grunde nach,
der den Sozialversicherungsträger vor Verfügungen des Geschädigten schützt
(vgl. Senatsurteile vom 30. November 1955 - VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177,
178; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346; vom 17. Juni 2008
- VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 12; vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10,
BGHZ 189, 158 Rn. 8, 23; vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10, VersR 2012, 924
Rn. 9; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 184 ff.).
b) Die zunächst auf die AOK B. übergegangenen Ersatzansprüche des
Geschädigten unterliegen einer dreijährigen Verjährungsfrist, die auf der Grund-
lage der unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts spätestens am
1. Januar 2002 begonnen hat.
aa) Die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung unterliegen der drei-
jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Dies folgt aus Art. 229 § 6 Abs. 4
Satz 1 EGBGB. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in
der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung kürzer als nach dem Bürger-
lichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, so wird nach
dieser Vorschrift die kürzere Frist von dem 1. Januar 2002 an berechnet. Die
Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung unterlagen nach altem Recht der
dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Nach neuem Verjährungs-
recht unterliegen sie hingegen gemäß § 195 BGB n.F. der regelmäßigen Ver-
jährungsfrist von drei Jahren und damit einer kürzeren Frist.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann gemäß Art. 229
§ 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002. Nach den getroffenen Feststel-
lungen waren bei der Regressabteilung der AOK B. zu diesem Zeitpunkt die
subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben. Darauf
kommt es an, weil in Überleitungsfällen der Fristbeginn gemäß Art. 229 § 6
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Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen
des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, wenn sich die Verjährung nach der
regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB richtet (vgl. Senatsurteil vom
10. November 2009 - VI ZR 247/08, VersR 2010, 214 Rn. 10; BGH, Urteile vom
23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 19 ff.; vom 24. Juli 2012
- II ZR 117/10, WM 2012, 1777 Rn. 25 mwN; NK-BGB/Budzikiewicz, 2. Aufl.,
Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 63).
bb) Die deliktischen Ansprüche unterliegen ebenfalls einer dreijährigen
Verjährungsfrist. Diese begann am 14. August 2001. Der Verjährungsbeginn
bestimmt sich insoweit gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach § 852
Abs. 1 Fall 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung und
nicht nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. ("Schluss des Jahres"). Die nach § 852
Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erforderliche Kenntnis von dem Schaden und der Person
des Ersatzpflichtigen lag nach den getroffenen Feststellungen spätestens am
14. August 2001 bei der Regressabteilung der AOK B. vor. Für die Verjährungs-
frist als solche kommt gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Vorschrift
des § 195 BGB n.F. zur Anwendung. Denn die dreijährige Verjährungsfrist des
§ 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. entspricht der Frist des § 195 BGB n.F., so dass
Art. 229 § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 4 EGBGB nicht einschlägig sind (vgl. NK-BGB/
Budzikiewicz, 2. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 42; MünchKommBGB/Grothe,
5. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9; siehe auch Staudinger/Peters, BGB,
Neubearb. 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 13).
cc) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats schließt die Un-
gewissheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Ver-
jährung nicht aus. Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Eintritt eines
Schadens; wer diese erlangt hat, dem gelten auch solche Schadensfolgen als
bekannt, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung nur als möglich voraussehbar
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waren (vgl. Senatsurteile vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10, VersR 2011, 682
Rn. 8; vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 19, jeweils
mwN).
c) Das Berufungsgericht hat unbeanstandet und rechtsfehlerfrei ange-
nommen, dass die Verjährung spätestens ab dem 15. August 2001 - gegenüber
der Beklagten zu 1 - bzw. ab dem 25. Januar 2002 - gegenüber dem Beklagten
zu 2 - aufgrund von Verhandlungen zwischen der AOK B. und dem Haftpflicht-
versicherer der Beklagten gemäß § 852 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 203 BGB n.F.
gehemmt war.
d) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Auffassung des Be-
rufungsgerichts, dass die Verjährungshemmung bezüglich der streitgegen-
ständlichen Ansprüche bereits mit dem Übergang dieser Ansprüche von der
AOK B. auf die Klägerin am 17. Juni 2003 geendet hat.
aa) Mit dem Krankenkassenwechsel des Geschädigten sind seine Scha-
densersatzansprüche dem Grunde nach von der AOK B. auf die Klägerin über-
gegangen, soweit sie auf Ersatz von Behandlungskosten ab dem 17. Juni 2013
gerichtet sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats gehen bei
einem Wechsel der versicherungsrechtlichen Leistungszuständigkeit nach dem
Forderungsübergang die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger
gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche kraft Geset-
zes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die ge-
schuldeten Versicherungsleistungen - wie im Streitfall - gleichartig sind (vgl.
Senatsurteile vom 7. Dezember 1982 - VI ZR 9/81, VersR 1983, 262, 263; vom
4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; vom 8. Dezember
1998 - VI ZR 318/97, VersR 1999, 382, 383; vom 13. März 2001 - VI ZR
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290/00, VersR 2001, 1005 f.; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, VersR
2003, 267, 268 f.; vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158 Rn. 26;
vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10, VersR 2012, 924 Rn. 17; KassKomm/Kater,
Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn. 155 [Stand: Juni 2013]; Wus-
sow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 75 Rn. 2). Bezüglich des
Ersatzanspruchs tritt der nächste Sozialleistungsträger die Rechtsnachfolge des
bisherigen Trägers an (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 219/83,
VersR 1985, 1083, 1084; vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96, aaO; vom
8. Dezember 1998 - VI ZR 318/97, aaO; vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10,
aaO; KassKomm/Kater, aaO).
Bei Rechtsnachfolge erfolgt der Anspruchsübergang auf den zweiten So-
zialleistungsträger, wenn dieser zuständig wird (vgl. Wussow/Schneider, Unfall-
haftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 75 Rn. 6; Senatsurteile vom 19. März 1985
- VI ZR 163/83, VersR 1985, 732, 733; vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10,
BGHZ 189, 158 Rn. 26). Der nachfolgende Sozialleistungsträger muss die Er-
satzforderung in dem Zustand hinnehmen, in dem sie sich bei dem Rechts-
übergang befindet (vgl. Senatsurteile vom 2. März 1982 - VI ZR 245/79, VersR
1982, 546, 547 f., insoweit in BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt; vom 9. Juli 1985
- VI ZR 219/83, VersR 1985, 1083, 1084; Wussow/Schneider, aaO, Kap. 75
Rn. 2). Der Gläubigerwechsel, der sich ohne Willen des Schuldners vollzieht,
darf dessen Stellung grundsätzlich nicht verschlechtern (§§ 404, 412 BGB, vgl.
Senatsurteile vom 19. März 1985 - VI ZR 163/83, VersR 1985, 732, 733; vom
4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125; Wussow/Schneider,
aaO, Kap. 75 Rn. 2; KassKomm/Kater, aaO Rn. 190 a; für den erstmaligen For-
derungsübergang
Senatsurteile
vom
30. November
1955
- VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 179; vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10, VersR
2012, 924 Rn. 18 mwN). Dementsprechend erwarb die Klägerin von der AOK B.
Schadensersatzansprüche des Geschädigten, für die die Verjährung an sich am
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1. Januar 2002 (vertragliche Ansprüche) bzw. am 14. August 2001 (deliktische
Ansprüche) begonnen hatte, bis zum Rechtsübergang am 17. Juni 2013 aber
Verjährungshemmung eingetreten war.
bb) In der Person der Klägerin war der Hemmungstatbestand des § 203
BGB nicht gegeben. Sie selbst führte keine Verhandlungen über den Anspruch
oder die den Anspruch begründenden Umstände mit den Beklagten oder deren
Haftpflichtversicherer, die eine (weitere) Hemmung der Verjährung zu ihren
Gunsten hätte bewirken können.
(1) Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlun-
gen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist
die Verjährung gemäß § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der ande-
re Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
(2) Bei dem Verhandeln handelt es sich - anders als beim Verzicht auf
die Einrede der Verjährung - nicht um eine Verfügung des Schuldners über die
Einrede. Vielmehr tritt die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen von
Gesetzes wegen ein. Die den früheren Rechtsgedanken der § 639 Abs. 2,
§ 651g Abs. 2 Satz 3 und § 852 Abs. 2 BGB a.F. verallgemeinernde Regelung
des § 203 BGB verfolgt den Zweck, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Ver-
handlungen zwischen Gläubiger und Schuldner sollen nicht unter den Druck
einer ablaufenden Verjährungsfrist gestellt werden. Zugleich soll dem verhand-
lungsbereiten Schuldner die Einrede der Verjährung vorbehalten bleiben, wäh-
rend der Gläubiger von der Verwirklichung anderer verjährungshemmender
oder -unterbrechender Tatbestände, insbesondere von der Einleitung gerichtli-
cher Verfahren, abgehalten werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2009
- XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 22; BT-Drucks. 14/6040, S. 111 f.; 14/7052,
S. 180; MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 203 Rn. 3 f.; Peters/Jacoby in
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Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 203 Rn. 1, 4). Eine sofortige Rechtsver-
folgung würde die schwebenden Verhandlungen gefährden (vgl. Peters/Jacoby,
aaO, § 209 Rn. 1).
(3) In persönlicher Hinsicht beschränkt sich auch die Hemmung gemäß
§ 203 BGB auf die Personen, in deren Verhältnis der Hemmungsgrund besteht.
Sie wirkt insbesondere nicht zulasten anderer Gesamtschuldner oder zuguns-
ten anderer Gesamtgläubiger, § 425 Abs. 2, § 429 Abs. 3 Satz 1 BGB. Zuguns-
ten oder zulasten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvor-
gänger schon verstrichene Hemmung; ob die Hemmung bei ihm andauert,
hängt hingegen davon ab, ob der Hemmungsgrund in seiner Person fortbesteht
(vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 23;
NK-BGB/Mansel/Budzikiewicz, 2. Aufl., § 209 Rn. 5; Peters/Jacoby in Staudin-
ger, BGB, Neubearb. 2009, § 209 Rn. 4; siehe zur verstrichenen Hemmung Se-
natsurteil vom 2. März 1982 - VI ZR 245/79, VersR 1982, 546, 547, insoweit in
BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt). Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des
§ 203 Satz 1 BGB, wonach Verhandlungen "zwischen dem Schuldner und dem
Gläubiger" schweben müssen.
cc) Die Verhandlungen zwischen der AOK B. und dem Haftpflichtver-
sicherer der Beklagten sind der Klägerin für die Zeit ab dem Forderungsüber-
gang vom 17. Juni 2003 nicht mehr verjährungshemmend zuzurechnen.
Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB können im Ausgangs-
punkt nur der Gläubiger und der Schuldner selbst führen. Verhandlungen durch
Dritte setzen voraus, dass diese Verhandlungsvollmacht für Gläubiger bzw.
Schuldner haben (vgl. LG Nürnberg-Fürth, MedR 2008, 744, 745; NK-BGB/
Mansel/Budzikiewicz, 2. Aufl., § 203 Rn. 20 mwN; Peters/Jacoby in Staudinger,
BGB, Neubearb. 2009, § 203 Rn. 9; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl.,
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§ 203 Rn. 8; BeckOK BGB/Spindler, § 203 Rn. 6 [Stand: 1. November 2013];
siehe auch Senatsurteil vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, VersR 1994, 491,
492; BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 116/06, VersR 2008, 1669
Rn. 23 f.). Die Verhandlungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht können
auch nicht mit verjährungsrechtlicher Rückwirkung genehmigt werden (vgl. Pe-
ters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 203 Rn. 9; siehe zur Ge-
nehmigung einer Klageerhebung BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - IX ZR
109/00, WM 2004, 1792, 1794 mwN).
Die Revision vertritt den Standpunkt, dass bei der AOK B. nach dem
Forderungsübergang auf die Klägerin am 17. Juni 2003 die Ermächtigung ver-
blieben sei, Schadensersatz für die Leistungen der Klägerin zu fordern. Daher
hätten die Verhandlungen der AOK B. mit dem Haftpflichtversicherer auch nach
dem Forderungsübergang die Verjährung der Ansprüche der Klägerin ge-
hemmt. Dies trifft jedoch nicht zu.
Die Revision stützt die vermeintliche Ermächtigung der AOK B. zur Gel-
tendmachung des Schadensersatzes für die Klägerin auf die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs, nach welcher der Geschädigte trotz des Übergangs
seines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger gegenüber dem Schädiger auch
weiterhin zur Einforderung der Schadensersatzleistung befugt bleibt (vgl. Se-
natsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 271/94, BGHZ 131, 274, 283 ff.;
vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95, BGHZ 133, 129, 135; vom 5. März 2002
- VI ZR 442/00, BGHZ 150, 94, 99; vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 243/02,
VersR 2004, 492, 493; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, VersR 2006, 1383
Rn. 14; BGH, Urteile vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01, WM 2001, 2455,
2457; vom 10. Oktober 2002 - III ZR 205/01, NJW 2002, 3769, 3770; Geigel/
Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 38, 43; KassKomm/
Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn. 191 [Stand: Juni 2013]).
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Der Streitfall ist aber anders gelagert als die Fälle, auf die sich die ge-
nannte Rechtsprechung bezieht. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Zu-
sammenspiel der Vorschriften des § 116 SGB X und des § 2 SGB XII (Nach-
rang der Sozialhilfe; bis zum 31. Dezember 2004: § 2 BSHG). Der Normzweck
des § 116 Abs. 1 SGB X, durch den Regress beim Schädiger eine Entlastung
der öffentlichen Kassen zu erzielen, und das an den Geschädigten gerichtete
Anliegen des § 2 SGB XII, durch eigene Realisierung von Ansprüchen gegen
Dritte eine Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte möglichst zu vermei-
den, münden nach ihrer insoweit übereinstimmenden Zielsetzung in die Er-
mächtigung des Geschädigten, die Schadensersatzleistung vom Schädiger
selbst einzufordern. Zu dem Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers von vorn-
herein unnötig zu machen, kommt dem Geschädigten somit ähnlich einem als
Inkassoberechtigter des Neugläubigers handelnden Altgläubiger bei der Siche-
rungszession die Befugnis zu, den Schädiger in eigenem Namen auf die Ersatz-
leistung in Anspruch zu nehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995
- VI ZR 271/94, BGHZ 131, 274, 283 f.; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04,
VersR 2006, 1383 Rn. 14 mwN).
Diese Erwägungen sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Eine Einzie-
hungsermächtigung der AOK B. für die Klägerin kann damit nicht begründet
werden. Denn die genannte Rechtsprechung bezieht sich ausschließlich auf
den Forderungsübergang auf einen Träger der Sozialhilfe, für dessen Leistun-
gen der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) gilt. An dem Forderungsüber-
gang im Streitfall war jedoch kein Träger der Sozialhilfe beteiligt. Der Forde-
rungsübergang erfolgte am 17. Juni 2003 zwischen der AOK B. und der Kläge-
rin und damit zwischen zwei Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung
(vgl. § 4 SGB V). Die Leistungspflichten der Klägerin stehen auch nicht in einem
Nachrangverhältnis zu den Leistungspflichten der AOK B., das eine Einzie-
hungsermächtigung der AOK B. rechtfertigen könnte. Vielmehr sind die Leis-
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tungspflichten der AOK B. und die der Klägerin nach dem Krankenkassenwech-
sel des Geschädigten am 17. Juni 2003 zeitlich voneinander abzugrenzen (vgl.
BSGE 99, 102 Rn. 11 ff. mwN; BSGE 108, 206 Rn. 9 ff.; Mack in jurisPK-SGB
V, 2. Aufl., § 19 SGB V Rn. 87 ff. mwN; Fahlbusch in jurisPK-SGB V, 2. Aufl.,
§ 27 SGB V Rn. 23 ff.).
Die Auffassung der Revision, ebenso wie die Ermächtigung des Geschä-
digten die öffentlichen Kassen entlaste, bewirke auch eine Ermächtigung des
"ersten" Sozialversicherungsträgers eine Entlastung des späteren Sozialversi-
cherungsträgers, trifft nicht zu. Da die Leistungspflichten der AOK B. und der
Klägerin zeitlich voneinander abzugrenzen sind, gibt es grundsätzlich keine
Überschneidungen, bei denen Leistungen der AOK B. die Klägerin entlasten.
Allenfalls bei Leistungen, welche die AOK B. irrtümlich als nicht mehr zuständi-
ger Krankenversicherungsträger erbracht hat, könnte eine Einziehungsermäch-
tigung der AOK B. eine Entlastung der Klägerin gegenüber einem etwaigen Er-
stattungsanspruch der AOK B. nach § 105 SGB X bewirken (vgl. dazu Kass-
Komm/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 105 SGB X Rn. 49 [Stand: Dezember
2013]; siehe aber auch Senatsurteil vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ
155, 342, 347 ff.; Waltermann in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommen-
tar zum Sozialrecht, 3. Aufl., § 116 SGB X Rn. 28). Eine solche Fallgestaltung
ist jedoch nicht gegeben.
dd) Das Berufungsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass
die Klägerin sich nicht nach dem Rechtsgedanken des § 407 BGB auf die Ver-
handlungen der AOK B. mit dem Haftpflichtversicherer der Beklagten als verjäh-
rungshemmende Maßnahme berufen kann. Zwar ist § 407 BGB gemäß § 412
BGB auf den Forderungsübergang von der AOK B. auf die Klägerin anwendbar
(vgl. Staudinger/Busche, BGB, Neubearb. 2012, § 407 Rn. 3). Es handelt sich
jedoch um eine Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners (vgl. BGH, Urteile
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vom 28. Mai 1969 - V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 152 ff.; vom 17. März 1975
- VIII ZR 245/73, BGHZ 64, 122, 127; vom 19. Oktober 1987 - II ZR 9/87, BGHZ
102, 68, 71; vom 3. Mai 2005 - XI ZR 287/04, BGHZ 163, 59, 63; Palandt/
Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 407 Rn. 1, 11; Staudinger/Busche, aaO, § 407
Rn. 1 f., 20). Da es bei der Hemmung der Verjährung um Wirkungen zugunsten
des Gläubigers und nicht um den von § 407 BGB intendierten Schuldnerschutz
geht (siehe auch Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 204
Rn. 10), ist auch der Rechtsgedanke des § 407 BGB im Streitfall nicht einschlä-
gig.
e) Die Revision wendet sich außerdem erfolglos gegen die Beurteilung
des Berufungsgerichts, dass die Verjährungsverzichtserklärungen, die der Haft-
pflichtversicherer der Beklagten in der Zeit nach dem Forderungsübergang vom
17. Juni 2003 gegenüber der AOK B. abgegeben hat, nicht zugunsten der Klä-
gerin gewirkt haben.
Allerdings kann der Schuldner nach neuem Verjährungsrecht durch ein-
seitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt
verzichten (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM
2007, 2230 Rn. 15 mwN; vom 16. März 2009 - II ZR 32/08, WM 2009, 955
Rn. 22; vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 17; vom 6. De-
zember 2012 - VII ZR 15/12, VersR 2013, 911 Rn. 13; KG, KGR Berlin 2008,
809, 810; Wenzel/Jahnke, Der Arzthaftungsprozess, 2012, Kap. 2 Rn. 3366 f.;
siehe auch § 202 Abs. 2 BGB; zum früheren Verjährungsrecht vgl. Senatsurteile
vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998, 124, 125 mwN; vom
17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 28; NK-BGB/Mansel/
Stürner, 2. Aufl., § 202 Rn. 45). Im Streitfall ist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1
Satz 1 EGBGB neues Verjährungsrecht anwendbar, weil die streitgegenständli-
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chen Ansprüche am 1. Januar 2002 bestanden, aber noch nicht verjährt waren
(siehe auch Wenzel/Jahnke, aaO).
Die nach dem Forderungsübergang vom 17. Juni 2003 gegenüber der
AOK B. abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen wirkten jedoch schon
ihrem Inhalt nach nicht zugunsten der Klägerin als der neuen Gläubigerin. Die
bei der AOK B. verbliebenen und die auf die Klägerin übergegangenen An-
spruchsteile standen sich trotz Gleichheit des Ursprungs und der Rechtsnatur
als selbständige Forderungen - weil durch die Person der Gläubiger geschie-
den - gegenüber, die selbständig verjährten (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar
1957 - VI ZR 317/55, VersR 1957, 231, 232; vom 18. Januar 1966 - VI ZR
147/64, BGHZ 44, 382, 388 f.; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, VersR
2009, 230 Rn. 17, für den Forderungsübergang vom Geschädigten auf den So-
zialversicherungsträger). Ein Verjährungsverzicht kann, sofern darin nicht die
Absicht zum Ausdruck kommt, den Verzicht weiteren Personen gegenüber aus-
zusprechen, grundsätzlich nur auf den Adressaten - hier die AOK B. - bezogen
werden (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1957 - VI ZR 16/56, VersR 1957, 452,
453; Wussow/Schmitt, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 58 Rn. 14).
Außerdem hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Haftpflichtver-
sicherer die nach dem 17. Juni 2003 erklärten Verjährungsverzichte ausschließ-
lich gegenüber der AOK B. abgegeben hat, die dabei nicht stellvertretend für
die Klägerin aufgetreten ist.
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f) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Ver-
jährungsfristen spätestens Mitte des Jahres 2007 abgelaufen sind. Nach dem
Forderungsübergang auf die Klägerin am 17. Juni 2003 war kein Hemmungs-
tatbestand mehr gegeben. Die dreijährigen Verjährungsfristen, denen die streit-
gegenständlichen Ansprüche unterlagen, liefen von diesem Zeitpunkt an weiter
und waren daher im Jahr 2007 bereits abgelaufen.
Die Klägerin muss sich den bei der AOK B. eingetretenen Verjährungs-
beginn zurechnen lassen. Geht der Ersatzanspruch von einem Sozialleistungs-
träger auf einen anderen über, gilt in dieser Hinsicht nichts anderes als bei dem
Forderungsübergang vom Geschädigten auf den Sozialleistungsträger gemäß
§ 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X (vgl. KassKomm/Kater, Sozialversicherungsrecht,
§ 116 SGB X Rn. 190a; BGB-RGRK/Kreft, 12. Aufl., § 852 Rn. 38; siehe auch
Senatsurteile vom 2. März 1982 - VI ZR 245/79, VersR 1982, 546, 547 f., inso-
weit in BGHZ 83, 162 nicht abgedruckt; vom 24. Februar 1983 - VI ZR 243/80,
VersR 1983, 536, 537). Für den Beginn der Verjährungsfrist ist ausreichend,
dass der ursprüngliche Gläubiger die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB bzw. des § 852 Abs. 1 Fall 1 BGB a.F. erfüllt hat. Dann geht der Anspruch
mit in Gang gesetzter Verjährung über, auch wenn die Kenntnis vielleicht gera-
de durch den Rechtsübergang verloren geht (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar
1973 - VI ZR 4/72, VersR 1973, 371 f.; vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 194/81,
VersR 1984, 136, 137; vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998,
124, 125; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 199 Rn. 26; Palandt/Grü-
neberg, aaO, § 404 Rn. 5; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb. 2009,
§ 199 Rn. 56; MünchKommBGB/Roth, 6. Aufl., § 404 Rn. 10; siehe auch BGH,
Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 183).
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g) Die Beklagten sind auch durch ihren mit Schreiben vom 16. Dezember
2010 gegenüber der Klägerin erklärten Verjährungsverzicht bis zum 31. De-
zember 2011 nicht gehindert, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede der
Verjährung zu berufen. Der Verzicht ist nur insoweit erfolgt, als noch keine Ver-
jährung eingetreten war.
h) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass den Be-
klagten nicht nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt ist, sich ge-
genüber der Klägerin auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Die Berufung
auf die Einrede der Verjährung kann zwar treuwidrig sein, wenn der Schuldner
bei dem Gläubiger den Eindruck erweckt oder aufrechterhalten hat, dessen An-
sprüche befriedigen oder doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen zu
wollen, und den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Erhebung einer Klage
abgehalten hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1978 - VI ZR 159/77,
VersR 1979, 284 f.; vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998, 124,
125; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn. 28, 31; BGH,
Urteile vom 3. Februar 1953 - I ZR 61/52, BGHZ 9, 1, 5 f.; vom 14. November
2013 - IX ZR 215/12, DB 2014, 479 Rn. 15 jeweils mwN; Looschelders/Olzen in
Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 242 Rn. 533 ff., 549 ff.; MünchKommBGB/
Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 286, jeweils mwN). Eine solche Fallgestal-
tung ist jedoch nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass
die Klägerin von den Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegen-
über der AOK B. erfahren hat und dadurch in ihrem Verhalten beeinflusst wur-
de. Die Revision macht dies auch nicht geltend.
Der Umstand, dass der Haftpflichtversicherer der Beklagten gegenüber
der AOK B. - jeweils befristet - auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, die
Beklagten sich jedoch gegenüber der Klägerin auf die in dieser Zeit eingetrete-
ne Verjährung berufen, stellt auch keinen Rechtsmissbrauch durch wider-
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sprüchliches Verhalten dar. Selbst wenn ein widersprüchliches Verhalten vorlä-
ge, wäre es nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Ver-
trauenstatbestand entstanden wäre oder besondere Umstände die Rechtsaus-
übung als treuwidrig erscheinen ließen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl.,
§ 242 Rn. 55 ff.; siehe auch Looschelders/Olzen in Staudinger, BGB, Neubearb.
2009, § 242 Rn. 286 ff.). Da nicht festgestellt ist, dass die Klägerin von den
Verzichtserklärungen des Haftpflichtversicherers gegenüber der AOK B. erfah-
ren hat, ist kein Vertrauenstatbestand anzunehmen. In dem Verhalten der Be-
klagten liegt auch kein "unlösbarer Widerspruch", der ihr Verhalten ausnahms-
weise unabhängig von einem Vertrauenstatbestand als rechtsmissbräuchlich
erscheinen ließe (vgl. BGH, Urteile vom 20. März 1986 - III ZR 236/84, NJW
1986, 2104, 2107; vom 20. September 1995 - VIII ZR 52/94, BGHZ 130, 371,
375 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rn. 59; Looschelders/
Olzen, in Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 242 Rn. 298 ff.; Münch-
KommBGB/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 319 ff.). Das Berufungsgericht
hat nicht festgestellt, dass die Beklagten oder ihr Haftpflichtversicherer von dem
Forderungsübergang auf die Klägerin wussten, als sie die Verzichtserklärungen
gegenüber der AOK B. abgaben. Die Beklagten waren daher durch die Ver-
zichtserklärungen nicht gehindert, sich gegenüber der Klägerin auf die Einrede
der Verjährung zu berufen. Dass die Beklagten die Verzichtserklärungen mög-
licherweise bei Kenntnis von dem Forderungsübergang auf Anforderung auch
gegenüber der Klägerin abgegeben hätten, vermag eine Treuwidrigkeit allein
nicht zu begründen.
Zwar führt die Revision zutreffend aus, dass die Klägerin schlechter
steht, als sie gestanden hätte, wenn sie schon zum Zeitpunkt des Schadenser-
eignisses gesetzliche Krankenversicherung des Geschädigten gewesen wäre,
weil die Verjährung dann erst mit Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis
der Mitarbeiter der Regressabteilung der Klägerin begonnen hätte (siehe dazu
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Senatsurteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11, BGHZ 193, 67 Rn. 10 mwN).
Auch der gebotene Schutz der Sozialversicherungsträger und deren anerkann-
tes Interesse an effektiven Rückgriffsmöglichkeiten rechtfertigen jedoch keine
andere Beurteilung. Der Gesetzgeber hat - ausgehend von dem Grundgedan-
ken, dass die Rechtsposition des Schuldners durch einen Forderungsübergang
nicht verschlechtert werden darf - in §§ 404, 412 BGB bestimmt, dass dem
Schuldner die bestehenden Gegenrechte gegenüber dem Zessionar erhalten
bleiben. Davon hat der Gesetzgeber für den Forderungsübergang nach § 116
SGB X keine Ausnahme vorgesehen. Den Gerichten ist es daher verwehrt, die
Gesetzesanwendung nach dem Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger
auszurichten, selbst wenn sie dieses Schutzbedürfnis höher bewerten wollten
als den Schutz des Schuldners (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1983 - VI ZR
194/81, VersR 1984, 136, 137 zu § 1542 RVO; vom 24. April 2012 - VI ZR
329/10, VersR 2012, 924 Rn. 21).
2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die von
der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft für die Pflegekasse geltend ge-
machten Ansprüche auf Ersatz für erbrachte Pflegeleistungen verjährt sind. Die
Revision bringt insoweit die gleichen Angriffe vor wie bezüglich der Verjährung
der Ansprüche der Klägerin aus übergegangenem Recht betreffend den Ersatz
von Behandlungskosten. Aus den dargelegten Gründen haben diese Angriffe
keinen Erfolg.
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3. Da die Beklagten gemäß § 214 BGB berechtigt sind, die Leistung zu
verweigern, und sich auch auf die Einrede der Verjährung berufen, ist der Fest-
stellungsantrag der Klägerin ebenfalls unbegründet.
Galke
Wellner
Pauge
Stöhr
v. Pentz
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 07.11.2012 - 2 O 575/11 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 29.07.2013 - 4 U 221/12 -
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