Urteil des BGH vom 31.07.2014

BGH: eingriff, strafzumessungsgrund, abhängigkeit, vertreter, bundesanwalt

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 S t R 2 1 6 / 1 4
vom
31. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Dr. Quentin,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Dortmund vom 22. November 2013 wird verwor-
fen.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die
hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Ausla-
gen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Rau-
bes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ge-
gen das Urteil richtet sich die auf den Strafausspruch beschränkte, vom Gene-
ralbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der
Sachrüge. Sie hat keinen Erfolg.
I.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch be-
schränkt. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Antrag der Revisionsführerin, mit
dem sie die Aufhebung des Urteils insgesamt begehrt, aber unzweifelhaft aus
der Begründung des Rechtsmittels, die sich ausschließlich mit der nach Ansicht
der Staatsanwaltschaft zu milden Strafe befasst. Unter Berücksichtigung von
Nr. 156 Abs. 2 RiStBV versteht der Senat das Revisionsvorbringen dahin, dass
die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel weder den Schuld- noch den
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Maßregelausspruch angreifen will (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011
- 4 StR 354/11 [juris Rn. 11], sowie die Nachweise bei Meyer-Goßner, StPO,
57. Aufl., § 344 Rn. 6). Es liegt auch kein Fall vor, in dem eine Abhängigkeit der
Strafhöhe vom (unterlassenen) Maßregelausspruch besteht (vgl. BGH, Be-
schluss vom 2. November 2011 - 2 StR 251/11, StV 2012, 203 f., sowie für den
umgekehrten Fall BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 - 2 StR 620/12 [juris Rn. 8]).
II.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat aus den vom Generalbun-
desanwalt in der Zuschrift vom 21. Mai 2014 dargelegten Gründen keinen Er-
folg. Der Strafausspruch weist weder einen den Angeklagten begünstigenden,
noch einen ihn belastenden (§ 301 StPO) Rechtsfehler auf. Ergänzend zu den
Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat lediglich:
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine
Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Haupt-
verhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die
wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu be-
werten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsge-
richts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Straf-
zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen
rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe
nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu
sein. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlos-
sen (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).
Das gilt auch insoweit, als die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines
minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl.
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etwa BGH, Urteile vom 26. Juli 2006 - 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339, 340;
vom 27. Januar 2010 - 2 StR 498/09 [juris Rn. 4]; Beschluss vom 20. August
2008 - 5 StR 375/08 [juris Rn. 3]).
Daran gemessen ist weder die Annahme des Landgerichts, es liege ein
minder schwerer Fall vor, noch die Strafhöhe als durchgreifend rechtsfehlerhaft
zu beanstanden. Dass die Strafkammer im Rahmen der Gesamtabwägung die
im Urteil genannten Milderungsgründe - ohne dabei die Tat des Angeklagten zu
verharmlosen - für so überwiegend hielt, dass es das Vorliegen eines minder
schweren Falles bejahte, hält sich insbesondere bei Berücksichtigung des Zeit-
ablaufs noch im Rahmen tatrichterlichen Ermessens. Soweit die Beschwerde-
führerin in diesem Zusammenhang die Nennung zulässiger Strafschärfungs-
gründe wie etwa die Maskierung der Täter (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Janu-
ar 2000 - 4 StR 611/99; Urteile vom 5. November 1997 - 5 StR 504/97,
NStZ 1998, 188; vom 20. April 2004 - 5 StR 87/04 [juris Rn. 7]) vermisst, gilt -
neben dem oben genannten begrenzten Überprüfungsmaßstab - Folgendes:
Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist
weder vorgeschrieben noch möglich. Daraus, dass ein für die Strafzumessung
bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne
weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen
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oder nicht gewertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Mai 2005 - 5 StR
86/05; vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336). Was als we-
sentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der
Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil
vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin