Urteil des BGH vom 30.07.2014

BGH: könig, entschädigung, drogensucht, zeugenaussage

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 S t R 2 7 5 / 1 4
vom
30. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2014 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Hamburg vom 6. November 2013 nach § 349 Abs. 4
StPO im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben
die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tat-
einheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jah-
ren und zehn Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sin-
ne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Strafausspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand,
da das Landgericht bei der Strafrahmenbestimmung rechtsfehlerhaft einen min-
der schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB verneint hat.
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Auch bei der Anlegung des insoweit bestehenden begrenzten Prüfungs-
maßstabs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. März 2011
– 3 StR 28/11,
NStZ-RR 2011, 284 mwN, und vom 16. Oktober 2013
– 2 StR 312/13) begeg-
net die Wertung des Landgerichts, hier den Regelstrafrahmen des § 250 Abs. 1
StGB zugrunde zu legen, durchgreifenden Bedenken. Es hat bei seiner Aufzäh-
lung der dem Angeklagten zugutegehaltenen Strafmilderungsgründe insbeson-
dere nicht hinreichend berücksichtigt, dass der eigenhändige Tatbeitrag des
Angeklagten relativ geringfügig war, wie das Landgericht bei der Bewertung der
Zeugenaussage des Geschädigten im Rahmen der Beweiswürdigung ausge-
führt hat (UA S. 14). In die Gesamtwürdigung maßgebend einzubeziehen war
ferner der Umstand, dass es sich um eine Tat innerhalb des Drogenmilieus mit
bereits geringer Beuteerwartung handelte, bei der der Angeklagte zudem keine
Selbstzueignungsabsicht hatte. Angesichts des Umfangs und Gewichts der vom
Landgericht schon zugunsten des Angeklagten angeführten Milderungsgründe
(unter anderen seine Drogensucht zur Zeit der Tat, die knapp fünf Jahre zurück-
lag, die lange Verfahrensdauer von über vier Jahren und das Fehlen von Vor-
strafen) drängte sich hier daher die Annahme eines minder schweren Falles
auf.
2. Auch über eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfah-
rensverzögerung, deren Unterbleiben jenseits einer Feststellung die Revision
beanstandet, ist neu zu entscheiden. Dass das Landgericht die in den Urteils-
gründen getroffene Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzöge-
rung hier als ausreichende Entschädigung angesehen hat, erscheint jedenfalls
bedenklich im Hinblick auf den erheblichen Umfang der staatlich zu verantwor-
tenden Verfahrensverzögerung, die sich allein im Zwischenverfahren auf etwa
zweieinhalb Jahre belief (vgl. zum Maßstab für eine Kompensationsentschei-
dung BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008
– GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 146;
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Urteile vom 21. April 2011
– 3 StR 50/11, NStZ-RR 2011, 239, und vom
13. März 2012
– 5 StR 411/11, NStZ-RR 2012, 244).
3. Da die Aufhebung wegen Begründungs- und Wertungsfehlern erfolgt,
können die hierzu gehörenden Feststellungen insgesamt bestehen bleiben. Das
neue Tatgericht ist nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen,
sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Basdorf
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