Urteil des BGH vom 10.01.2013

Leitsatzentscheidung mit Berichtigungsbeschluss

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 259/11
Verkündet am:
10. Januar 2013
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 157 C, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2
a) Beauftragt ein Bauträger einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 4
nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für die Errichtung eines Bauwerks auf einem be-
stimmten Grundstück und sind die Pläne nicht urheberrechtsschutzfähig, so ist
der Architektenvertrag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes
ergibt, dahin auszulegen, dass es dem Bauträger gestattet ist, die erstellten
Pläne für die einmalige Errichtung des betreffenden Bauwerks auf dem konkre-
ten Grundstück - sei es auch im Wege der Weiterübertragung der Errichtungs-
befugnis auf einen Dritten - verwenden zu dürfen, und dass der Architekt eine
Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bau-
werks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat.
b) Die Nicht- oder Schlechterfüllung eines schuldvertraglich begründeten An-
spruchs stellt - auch im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander - keinen
Eingriff in eine Rechtsposition des Anspruchsinhabers mit Zuweisungsgehalt
dar und löst deshalb keinen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1
Fall 2 BGB aus.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - VII ZR 259/11 - OLG Hamm
LG Essen
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Eick, Halfmeier, Kosziol und Dr. Kartzke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des
21. Zivilsenats
des
Oberlandesgerichts
Hamm
vom
29. November 2011 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Be-
klagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions-
verfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein Bauunternehmer, geht gegen den beklagten Architekten
im Wege der Vollstreckungsabwehrklage vor und begehrt Rückerstattung von
Zahlungen, die er im Rahmen der Zwangsvollstreckung an den Beklagten ge-
leistet hat.
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Der Beklagte erbrachte viele Jahre Planungsleistungen der Leistungs-
phasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für Gebäude, die der Kläger als
Bauträger realisierte.
Im Jahr 2008 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Planung ei-
ner Altenwohnanlage auf einem nicht im Eigentum des Klägers stehenden
Grundstück in D., beschränkt auf die Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15
Abs. 2 HOAI a.F. Der Beklagte erstellte die Planungen und holte eine Bauge-
nehmigung für das Projekt ein. Mit Schlussrechnung vom 5. Dezember 2008
stellte der Beklagte dem Kläger unter Anrechnung einer Zahlung von 5.837,46
einen Restbetrag von 18.410,48
€ in Rechnung.
Der Kläger bekam in der Folgezeit Schwierigkeiten bei der Realisierung
des Projekts und war nicht in der Lage, die Schlussrechnung zu begleichen.
Unter dem 26. Juni 2009 reichte der Beklagte beim Landgericht Klage wegen
des ausstehenden Architektenhonorars ein. In diesem Vorprozess wurde der
hiesige Kläger mit Anerkenntnisurteil des Landgerichts vom 22. Januar 2010
zur Zahlung von 18.410,48
€ nebst Zinsen verurteilt.
Dem Kläger gelang es nicht, das genannte Grundstück zu erwerben und
das Bauvorhaben zu realisieren. Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. April 2010
wurde dieses Grundstück an die B. GmbH, ein Bauunternehmen, verkauft. Die-
se erwarb vom Beklagten die seinerzeit für den Kläger erstellten Planungen und
zahlte hierfür an den Beklagten gemäß dessen Rechnung vom 22. April 2010
23.800
€. Die zunächst dem Kläger erteilte Baugenehmigung wurde sodann auf
die B. GmbH umgeschrieben, die das Bauvorhaben in der Folge ohne Pla-
nungsänderungen realisierte.
Da der Kläger keine Zahlungen mehr auf das Honorar leistete, begann
der Beklagte ab Juli 2010 aus dem Anerkenntnisurteil zu vollstrecken. Im Zuge
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der Vollstreckungsmaßnahmen sind bislang 14.925
€ vom Kläger bezahlt wor-
den.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Zwangsvollstreckung aus
dem Urteil des Landgerichts vom 22. Januar 2010 für unzulässig zu erklären
und den Beklagten zur Rückzahlung der auf das Honorar gezahlten Beträge zu
verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
Klägers hat das Berufungsgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des
Landgerichts vom 22. Januar 2010 für unzulässig erklärt und den Beklagten
verurteilt, an den Kläger 15.868,07
€ nebst Zinsen zu zahlen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Be-
klagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum
Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, und im Umfang der Aufhebung
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2012,1433 veröffentlicht ist,
ist der Auffassung, die Vollstreckungsabwehrklage sei begründet. Der Kläger
habe gegen den titulierten Honoraranspruch wirksam mit einem Anspruch aus
Eingriffskondiktion aufgerechnet. Indem der Beklagte die von ihm erstellten
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Pläne ein zweites Mal einem anderen Auftraggeber für dasselbe Grundstück
gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe, habe er auf Kosten des Klägers in
dessen Nutzungsrecht an den Plänen und damit in ein diesem zugewiesenes
vermögenswertes Recht eingegriffen. Der Kläger sei auch ohne ausdrückliche
vertragliche Regelung berechtigt gewesen, die vom Beklagten erstellten Pläne
für den Bau der Altenwohnanlage auf dem vorgesehenen Grundstück allein zu
nutzen. Dies gelte auch dann, wenn - was offenbleiben könne - die Pläne des
Beklagten urheberrechtsschutzfähig seien. Das Nutzungsrecht stehe dem Be-
klagten bei interessengerechter Auslegung des Vertrages auch dann zu, wenn
die ursprünglich von den Parteien vorgesehene Nutzung durch einen vom Auf-
traggeber durchzuführenden Nachbau als Bauträger nicht mehr möglich sei. Ein
Architekt, der für die Planung eines bestimmten Objekts auf einem bestimmten
Grundstück bereits honoriert worden sei, habe kein berechtigtes Interesse da-
ran, die Planung erneut zu veräußern und ein doppeltes Honorar zu kassieren.
Der Beklagte habe den infolge der Verwertung erzielten Erlös in Höhe
von 23.800
€ jedenfalls gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB herauszugeben.
Bei Zugrundelegung beider Schlussrechnungen entspreche dies dem objekti-
ven Wert der Pläne.
Es könne folglich dahinstehen, ob im Rahmen des dem Kläger gegen
den Beklagten dem Grunde nach ebenfalls zustehenden Schadensersatzan-
spruchs nach § 280 Abs. 1 BGB der Schaden nach dem so genannten Verlet-
zergewinn berechnet werden könne.
Darüber hinaus stehe dem Kläger zumindest der Einwand des Rechts-
missbrauchs zu. Es erscheine jedenfalls rechtsmissbräuchlich, dass der Be-
klagte seine Honorarforderung aus dem Anerkenntnisurteil vollstrecke, obwohl
er im April 2010 das Honorar für die Pläne bezogen auf dasselbe Bauvorhaben
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auf demselben Grundstück in nahezu gleicher Höhe von dritter Seite erhalten
habe.
Der Kläger könne schließlich auch Rückzahlung der seit Juli 2010 zu Un-
recht vollstreckten Beträge verlangen. Diese beliefen sich auf 14.925
€. Dar-
über hinaus könne der Kläger Zahlung des nach Aufrechnung nicht erloschenen
Teils der Forderung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB in
Höhe von 943,07
€ verlangen.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Voll-
streckungsabwehrklage nicht für begründet erachtet werden.
a) Die Voraussetzungen für einen zur Aufrechnung gestellten Bereiche-
rungsanspruch des Klägers nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion ge-
mäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB liegen auf der Grundlage des Sachver-
halts, von dem in der Revision auszugehen ist, nicht vor. In der Revision kann
mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausge-
schlossen werden, dass die vom Beklagten erstellten Pläne nicht urheber-
rechtsschutzfähig sind. Zwar ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aus-
legung des zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrags unter
dieser Voraussetzung nicht zu beanstanden (aa). Der verletzten Rechtsposition
des Klägers kommt indes, wenn die vom Beklagten erstellten Pläne nicht urhe-
berrechtsschutzfähig sind, der für eine Eingriffskondiktion erforderliche Zuwei-
sungsgehalt nicht zu (bb).
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aa) Das Berufungsgericht hat den Architektenvertrag dahingehend aus-
gelegt, dass dem Kläger ungeachtet der Urheberrechtsschutzfähigkeit der vom
Beklagten erstellten Pläne in jedem Fall ein alleiniges Nutzungsrecht an den
Plänen, bezogen auf das konkrete Bauvorhaben auf dem vorgesehenen
Grundstück, auch für den Fall zusteht, dass eine Errichtung des Bauwerks
durch den Kläger als Bauträger scheitert. Diese Auslegung ist nicht zu bean-
standen.
(1) Bei Plänen, die nicht urheberrechtsschutzfähig sind, bestimmt sich
nach dem Vertragsinhalt, ob und in welchem Umfang dem Auftraggeber eine
Nutzung der vom Architekten erstellten Pläne schuldrechtlich gestattet ist und
ob und in welchem Umfang es dem Architekten schuldrechtlich untersagt ist,
die Pläne nochmals zu verwerten. Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Rege-
lung, kann sich eine derartige stillschweigende Gestattung oder eine derartige
stillschweigende Unterlassungsvereinbarung aus dem Vertragszweck, aus den
Begleitumständen und aus dem schlüssigen Verhalten der Vertragsparteien
ergeben (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 1981 - I ZR 168/79, BauR
1982, 387, 389 - Allwetterbad; Urteil vom 1. März 1984 - I ZR 217/81, NJW
1984, 2818, 2819 - Vorentwurf, zur stillschweigenden Einräumung urheber-
rechtlicher Nutzungsrechte bei urheberrechtsschutzfähigen Entwürfen eines
Architekten).
(2) Entsprechend diesen Grundsätzen ist die vom Berufungsgericht vor-
genommene Auslegung des Architektenvertrags nicht zu beanstanden. Zutref-
fend hat das Berufungsgericht als Vertragszweck des zwischen den Parteien
geschlossenen Architektenvertrags die einmalige Errichtung des vom Beklagten
geplanten Bauwerks auf dem konkreten, dem Kläger zum Zeitpunkt des Ver-
tragsschlusses nicht gehörenden Grundstück in D. festgestellt. Der dem Be-
klagten erteilte Auftrag war wie bei früheren zwischen den Parteien abge-
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schlossenen Verträgen von vornherein auf Planungsleistungen gemäß den
Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 Abs. 2 HOAI a.F. beschränkt. Sinn und
Zweck des Architektenvertrags war es, dem Kläger die Möglichkeit zu verschaf-
fen, das Bauwerk auf dem genannten Grundstück gemäß den Plänen des Be-
klagten ohne dessen weitere Mitwirkung errichten zu lassen. Zur Erreichung
dieses Vertragszwecks benötigte der Kläger die Befugnis, die vom Beklagten
erstellten Pläne für die einmalige Errichtung dieses Bauwerks auf dem konkre-
ten Grundstück verwenden zu dürfen. Deshalb ist von einer entsprechenden
stillschweigenden Gestattung des Beklagten, die Pläne hierfür nutzen zu dür-
fen, auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1975 - VII ZR 91/74, BGHZ 64,
145, 147 f.; vgl. auch v. Gamm, BauR 1982, 97, 114).
Nicht zu beanstanden ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Ver-
tragsauslegung auch insoweit, als es die Einräumung eines alleinigen Nut-
zungsrechts des Klägers an den Plänen, beschränkt auf die Errichtung des ge-
planten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, für den Fall angenommen
hat, dass eine Errichtung des Bauwerks durch den Kläger als Bauträger schei-
tert. Entgegen der Auffassung der Revision verstößt diese Auslegung nicht ge-
gen den Grundsatz der interessengerechten Auslegung. Dem Beklagten war
bekannt, dass der als Bauträger agierende Kläger die Planungsleistungen für
die Bebauung eines konkreten Grundstücks in Auftrag gegeben hat. Nach dem
Sinn und Zweck des Architektenvertrags macht es keinen relevanten Unter-
schied, ob der Kläger das Bauwerk auf diesem Grundstück durch von ihm Be-
auftragte nach den vom Beklagten erstellten Plänen errichten lässt oder ob er
die Befugnis, das Bauwerk plangemäß errichten zu lassen, an einen Dritten
- möglicherweise auch gegen Entgelt - weiterüberträgt, der das Bauwerk dann
nach den Plänen auf diesem Grundstück errichtet. Unter Berücksichtigung des
Vertragszwecks, nämlich der einmaligen Errichtung des Bauwerks auf dem
konkreten Grundstück gemäß den Plänen des Beklagten, ist eine stillschwei-
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gende Gestattung des Beklagten zu einer solchen Weiterübertragung und kor-
respondierend eine stillschweigende Vereinbarung anzunehmen, dass der Be-
klagte eine Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des geplan-
ten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat.
bb) Auf der Grundlage des Sachverhalts, von dem in der Revision aus-
zugehen ist, kommt der verletzten Rechtsposition des Klägers indes der für eine
Eingriffskondiktion erforderliche Zuweisungsgehalt nicht zu.
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für einen Bereicherungsanspruch nach
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB ist die Verletzung einer Rechtsposition, die
nach der Rechtsordnung dem Berechtigten zu dessen ausschließlicher Verfü-
gung und Verwertung zugewiesen ist. Der erlangte Vermögensvorteil muss dem
Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition widersprechen. Der Zuwei-
sungsgehalt der geschützten Rechtsposition entspricht einem Verbotsanspruch
des Rechtsinhabers, in dessen Macht es steht, die Nutzung des Rechtsguts
einem sonst ausgeschlossenen Dritten zur wirtschaftlichen Verwertung zu über-
lassen. Der Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB unterliegt
demnach ein vermögensrechtlicher Vorteil, den der Erwerber nur unter Verlet-
zung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis
des Rechtsinhabers erlangen könnte (BGH, Urteil vom 9. März 1989
- I ZR 189/86, BGHZ 107, 117, 121 - Forschungskosten m.w.N.; Urteil vom
18. Januar 2012 - I ZR 187/10, BGHZ 192, 204 Rn. 40 - gewinn.de).
In der Revision ist, da das Berufungsgericht zur Urheberrechtsschutzfä-
higkeit der vom Beklagten erstellten Pläne keine Feststellungen getroffen hat,
davon auszugehen, dass der Kläger lediglich einen schuldvertraglichen An-
spruch gegen den Beklagten auf Unterlassung einer Zweitverwertung der Plä-
ne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bauwerks auf dem konkreten
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Grundstück, hat. Diesem vertraglichen Unterlassungsgebot hat der Beklagte
durch die Zweitverwertung in Bezug auf die B. GmbH zuwidergehandelt. Bloß
schuldrechtlich begründete Ansprüche besitzen indes keinen bereicherungs-
rechtlich relevanten Zuweisungsgehalt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1986
- V ZR 140/85, NJW 1987, 771; Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10,
BGHZ 192, 204 Rn. 41 - gewinn.de; Ellger, Bereicherung durch Eingriff, 2002,
S. 861 f.). Sie geben dem Anspruchsinhaber im Verhältnis zu Dritten keine al-
leinige Verwertungsbefugnis. Die Nicht- oder Schlechterfüllung eines schuldver-
traglich begründeten Anspruchs kann Rechtsfolgen nach dem Recht der Leis-
tungsstörungen nach sich ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1986
- V ZR 140/85, NJW 1987, 771); sie stellt aber - auch im Verhältnis der Ver-
tragsparteien zueinander - keinen Eingriff in eine Rechtsposition des An-
spruchsinhabers mit Zuweisungsgehalt dar (vgl. Ellger, aaO S. 863 f.).
b) Auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) steht dem
Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu. Die Verletzung
eigener Pflichten durch den Gläubiger führt grundsätzlich nur zu Gegenansprü-
chen des Schuldners und hindert den Gläubiger grundsätzlich nicht an der Gel-
tendmachung seines Anspruchs (BGH, Urteil vom 26. November 2004
- V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, 745; Urteil vom 8. November 1999
- II ZR 197/98, NJW 2000, 505, 506; BAG, DB 1974, 2355, 2357 f.; Palandt/
Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 242 Rn. 46). Ein von der Rechtsprechung aner-
kannter Ausnahmefall liegt nicht vor, insbesondere beruht der titulierte An-
spruch nicht auf einem erheblichen Verstoß des Beklagten gegen Pflichten, die
in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen (vgl. BGH, Urteil
vom 26. November 2004 - V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, 745 m.w.N.).
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2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann aus den
vorstehend unter II. 1. genannten Gründen auch der vom Berufungsgericht
ausgeurteilte Zahlungsanspruch nicht bejaht werden.
3. Das Berufungsurteil stellt sich auf der Grundlage des Sachverhalts,
von dem in der Revision auszugehen ist, auch - entgegen der Auffassung der
Revisionserwiderung - nicht aus anderen Gründen deshalb als richtig dar, weil
der Kläger einen nach den Grundsätzen des Verletzergewinns bemessenen
Schaden ersetzt verlangen könnte. Sind die vom Beklagten erstellten Pläne
nicht urheberrechtsschutzfähig, kommt eine Berücksichtigung des Verletzerge-
winns bei der Schadensbemessung wie bei der Verletzung von Immaterialgüter-
rechten (vgl. insbesondere § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG) oder anderen mit absolu-
ten Rechten vergleichbaren Rechtspositionen nicht in Betracht. Ein vertraglicher
Schadensersatzanspruch des Klägers erstreckt sich, anders als die Revisions-
erwiderung meint, nicht auf den Verletzergewinn (vgl. BGH, Urteil vom
6. Juni 2002 - I ZR 79/00, NJW-RR 2002, 1565, 1567 - Titelexklusivität, zu einer
schuldrechtlichen Vereinbarung nachvertraglicher Exklusivität). Die schuldrecht-
liche Vereinbarung, dass der Beklagte eine Zweitverwertung der erstellten Plä-
ne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bauwerks auf dem konkreten
Grundstück, zu unterlassen hat, gibt dem Kläger keine mit einem absoluten
Recht vergleichbare Rechtsposition, weil er aufgrund dieser Vereinbarung nicht
befugt ist, die erstellten Pläne unter Ausschluss jedes Dritten zu nutzen.
III.
Der Senat kann in der Sache mangels hinreichender Feststellungen nicht
selbst entscheiden. Die Sache ist deshalb im Umfang der Aufhebung an das
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Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverwei-
sen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Der Kläger hat den erlittenen Schaden in der Berufungsinstanz aus-
drücklich nur nach den Grundsätzen des Verletzergewinns berechnet (Beru-
fungsbegründung vom 18. Mai 2011, Seite 1). Einen Schadensersatzanspruch
aus § 280 Abs. 1 BGB hat er damit bisher nicht schlüssig dargetan, denn der
ihm entstandene, mit einem Vermögensvergleich zu berechnende Schaden,
muss nicht identisch mit dem Verletzergewinn sein. Die Aufhebung und Zurück-
verweisung gibt dem Kläger Gelegenheit, zu einem Schadensersatzanspruch
aus § 280 Abs. 1 BGB gegebenenfalls ergänzend vorzutragen.
2. Das Berufungsgericht wird, soweit es darauf ankommt, Feststellungen
zu treffen haben, ob es sich bei den vom Beklagten erstellten Plänen um ein
nach § 2 UrhG geschütztes Werk handelt. Sollte dies der Fall sein, wird zu prü-
fen sein, ob der Beklagte dem Kläger stillschweigend ein ausschließliches Nut-
zungsrecht (vgl. § 31 Abs. 1, Abs. 3 UrhG), beschränkt auf die Errichtung des
geplanten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, eingeräumt hat. Das Beru-
fungsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der Kläger wegen Verlet-
zung dieses Nutzungsrechts gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 UrhG auf der
Grundlage des Verletzergewinns bemessenen Schadensersatz verlangen kann.
Ferner wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob dem
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Kläger der geltend gemachte Anspruch nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - I ZR 37/96, NJW 1999, 1966, 1968
- Hunger und Durst).
Kniffka
Eick
Halfmeier
Kosziol
Kartzke
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 01.03.2011 - 17 O 364/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 29.11.2011 - I-21 U 58/11 -