Urteil des BGH vom 11.04.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 61/12
Verkündet am:
11. April 2013
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ADSp Ziffer 23.1.3
Bei Abschluss eines Verkehrsvertrages über einen Multimodaltransport unter
Einschluss einer Seebeförderung ist Ziffer 23.1.3 ADSp lex specialis gegenüber
Ziffer 23.1.2 ADSp. Für die Anwendung von Ziffer 23.1.3 ADSp kommt es nicht
darauf an, ob der Schadensort bekannt ist und auf welcher Teilstrecke - Land-
oder Seebeförderung - der Schaden eingetreten ist.
BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 11. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Born-
kamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Februar 2012 aufge-
hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurück-
verwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist mit einer Beteiligung von 60% führender Transportversi-
cherer der L. Produktionsgesellschaft mbH in P. (im Weiteren: Ver-
sicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus ab-
getretenem und übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen
Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juli 2006 zu fes-
ten Kosten mit der Besorgung des Transports mehrerer Maschinen von ihrem
Unternehmenssitz zu ihrem Messestand auf einer in Chicago/USA stattfinden-
den Messe. Die Maschinen, zu denen auch eine Wirbelmaschine mit der
Typenbezeichnung PW 65 gehörte, waren für den per Lkw und Schiff vorgese-
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henen Transport zum Bestimmungsort in Holzkisten verpackt, die die Streithel-
ferin der Klägerin im Auftrag der Versicherungsnehmerin hergestellt hatte. Für
den Seetransport wurden die in Holzkisten verpackten Maschinen in einen Flat-
Rack-Container gestaut, der am 21. August 2006 im Hafen von Savannah
(Georgia) eintraf. Der Container wurde den amerikanischen Zollbehörden am
23. August 2006 vorgestellt, die eine Einfuhr der Holzkisten, in denen die Ma-
schinen verpackt waren, in die USA untersagten, weil angeblich das beim Bau
der Transportbehältnisse verwendete Holz nicht den Spezifikationen des US-
Landwirtschaftsministeriums entsprach. Die von der Beklagten mit der weiteren
Abwicklung des Transports in den USA beauftragte K. + N. Inc. infor-
mierte darüber die zur Unternehmensgruppe der Versicherungsnehmerin gehö-
rende L. USA und bat um eine Weisung, ob die Kisten zusammen mit den
Maschinen zurück nach Deutschland befördert oder die Waren aus den Kisten
ausgepackt und unverpackt mit einem Tieflader zur Messe nach Chicago trans-
portiert werden sollten.
Am 29. August 2006 wurden die Maschinen auf dem Zollgelände im Ha-
fen von Savannah von Mitarbeitern der DIXIE BOX COMPANY - wer dieses
Unternehmen beauftragt hatte, ist zwischen den Parteien streitig - mit Hilfe ei-
nes Gabelstaplers ausgepackt und für den Weitertransport zum Messegelände
auf Tieflader verladen. Dabei wurden zwei Maschinen - darunter die Wirbelma-
schine mit der Typenbezeichnung PW 65 - entweder beim Auspacken oder
beim Verladen auf das Transportfahrzeug durch den eingesetzten Gabelstapler
beschädigt. Noch vor Beginn der Messe gab die Versicherungsnehmerin zur
Feststellung der entstandenen Schäden ein Havariegutachten in Auftrag. Der
Gutachter, der die Maschinen am 5. September 2006 auf dem Messegelände
besichtigte, kam in seinem Havariebericht vom 17. Oktober 2006 (Anlage K 7)
zu dem Ergebnis, dass die Schäden aus einem groben und unangemessenen
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Umgang mit dem Gut entweder vor dem Verladen oder beim Verbringen auf
das Transportfahrzeug resultierten .
Nach Ende der Messe in Chicago übernahm die Beklagte die neu ver-
packte und in einem Container gestaute Wirbelmaschine PW 65 und ließ sie im
Auftrag der Versicherungsnehmerin auf dem Seeweg nach Tokio/Japan trans-
portieren, wo sie am 22. Oktober 2006 eintraf. Die Neuverpackung hatte nicht
die Beklagte, sondern ein auf dem Messegelände tätiges Unternehmen vorge-
nommen. Als der Container am 24. Oktober 2006 im Zollverschlusslager in To-
kio geöffnet wurde, stellte sich heraus, dass die Maschine während der Beför-
derung von Chicago nach Tokio erneut einen Schaden erlitten hatte. Über das
Ausmaß der Schäden wurde wiederum ein Havariegutachten erstellt (Anlage
K 8). Nach Wiedereintreffen der Maschine PW 65 in Deutschland ließ die Versi-
cherungsnehmerin ein weiteres Gutachten erstellen, das auch Ausführungen
zur Schadenshöhe enthält (Anlage K 9).
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte hafte für die an beiden Maschi-
nen entstandenen Schäden unbeschränkt. Sämtliche Schäden beruhten auf
einem groben und unsachgemäßen Umgang mit dem Gut durch die von der
Beklagten eingesetzten Unterfrachtführer, deren Verhalten sich die Beklagte
zurechnen lassen müsse. Der zweite an der Maschine PW 65 entstandene
Schaden sei nicht durch einen Verpackungsmangel mitverursacht worden. Im
Übrigen habe die Beklagte die Neuverpackung dieser Maschine für den Weiter-
transport nach Tokio in Auftrag gegeben.
An der Maschine PW 65, deren Marktwert bei der Übergabe zum Trans-
port 312.554
€ betragen habe, sei aufgrund der beiden Schadensereignisse ein
wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten. Der Schaden an der zweiten Maschi-
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ne belaufe sich auf 6.390,04
€. Für die Schadensfeststellung habe die Versi-
cherungsnehmerin Kosten in Höhe von 4.371,05
€ aufgewandt.
Die Klägerin hat daher beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie
323.316,09
€ nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat eine bewusst leichtfertige Schadensverursachung in
Abrede gestellt, weil für einen Außenstehenden nicht zu erkennen gewesen sei,
dass die Maschine PW 65 nur mit Hilfe eines Krans oder erst nach Anbringen
einer komplexen Holzunterkonstruktion habe bewegt werden dürfen. Sie hat
zudem geltend gemacht, L. USA habe K. + N. Inc. beauftragt, die
Maschinen aus den Holzkisten auszupacken und diese unverpackt auf Tiefla-
dern zum Messegelände in Chicago weiterzubefördern. Daraufhin habe K.
+ N. Inc. die DIXIE BOX COMPANY mit dem Auspacken und der Verla-
dung beauftragt. Der weitere auf dem Transport nach Tokio an der Maschine
PW 65 eingetretene Schaden beruhe auf einer unzureichenden Transportver-
packung, für die sie nicht einzustehen brauche. Das Verpacken der Maschine
für den Weitertransport, den Abtransport vom Messegelände sowie das Stauen
der Maschine in einem Container hätten der Versicherungsnehmerin oblegen.
Die Beklagte hat sich zudem auf die Haftungsbeschränkung gemäß Zif-
fer 23.1.3 ADSp berufen.
Das Landgericht hat die wegen Beschädigung der Maschine PW 65 gel-
tend gemachte Schadensersatzforderung lediglich in Höhe von 13.966,80
€ für
begründet erachtet. Die gegen die Abweisung der weitergehenden Klage ge-
richtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückwei-
sung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr bislang erfolglos gebliebe-
nes Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte gemäß
§§ 452, 459, 425 Abs. 1 HGB nur für den ersten an der Maschine PW 65 ent-
standenen Schaden, aber auch für diesen nicht unbeschränkt, sondern lediglich
in den Grenzen der Ziffer 23.1.3 ADSp. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin habe in Bezug auf das erste Schadensereignis im Zolllager
von Savannah nicht bewiesen, dass die Beklagte oder die von dieser beauftrag-
ten Subunternehmer den Schaden im Sinne von § 435 HGB leichtfertig verur-
sacht hätten. Der Umstand, dass die Maschine bei der Umladung von der Holz-
kiste auf den Tieflader von dem dabei eingesetzten Gabelstapler beschädigt
worden sei, rechtfertige für sich allein nicht die Annahme einer bewussten
Leichtfertigkeit des Gabelstaplerfahrers. Der eingetretene Schaden könne auch
durch eine leichte Unachtsamkeit des Gabelstaplerfahrers verursacht worden
sein. Der in erster Instanz zum Schadenshergang unstreitige Sachverhalt ge-
nüge ebenfalls nicht für die Annahme einer leichtfertigen Schadensverursa-
chung. Die Beklagte habe in erster Instanz unbestritten vorgetragen, es sei für
jemanden, der mit dem Konstruktionsprinzip der Maschine PW 65 nicht vertraut
sei, nicht zu erkennen gewesen, dass diese Maschine nur mit Hilfe eines Krans
oder erst nach Anbringen einer komplexen Holzunterkonstruktion hätte bewegt
werden dürfen. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz erstmals konkret
vorgetragen habe, weshalb der Gabelstaplerfahrer hätte erkennen müssen,
dass die Maschine nicht direkt mit Gabelstaplerzinken habe unterfasst und an-
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gehoben werden dürfen, könne sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 ZPO im
Berufungsrechtszug nicht mehr gehört werden.
Die Beklagte habe ihre Haftung für den streitgegenständlichen Trans-
portschaden gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp wirksam auf zwei Sonderziehungsrech-
te je Kilogramm begrenzt. Diese Haftungsbegrenzung ergebe sich im Streitfall
allerdings nicht schon aus § 660 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 452a HGB,
weil nicht davon auszugehen sei, dass der Schaden auf der Teilstrecke des
Seetransports eingetreten sei. Es greife jedoch die vertraglich vereinbarte Haf-
tungsbeschränkung gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp ein. Die ADSp seien wirksam in
den multimodalen Frachtvertrag zwischen der Beklagten und der Versiche-
rungsnehmerin einbezogen worden. Die für eine wirksame Haftungsbeschrän-
kung erforderlichen Voraussetzungen nach § 449 Abs. 2 HGB seien erfüllt. Die
Haftungsbegrenzung gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp halte auch einer Inhaltskontrol-
le nach § 307 BGB stand, weil sie den Versender nicht entgegen den Geboten
von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Die Haftungsbegrenzung
gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp sei gegenüber der in Ziffer 23.1.2 ADSp geregelten
Haftungsbeschränkung für alle multimodalen Verträge unter Einschluss einer
Seebeförderung die speziellere Regelung. Hierfür spreche insbesondere der
Wortlaut der Bestimmung, der keine Beschränkung auf Fälle enthalte, in denen
der Schadensort unbekannt sei. Die Beklagte schulde daher für die erste an der
Maschine PW 65 entstandene Beschädigung lediglich Schadensersatz in der
Begrenzung gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp.
Für den zweiten während des Transports von Chicago nach Tokio einge-
tretenen Schaden brauche die Beklagte dagegen nicht einzustehen. Nach den
von den Parteien vorgelegten Gutachten stehe fest, dass die wesentliche
Schadensursache in einer unzureichenden Verpackung der Maschine für den
Transport liege. Die unzureichende Verpackung der Maschine könne der Be-
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klagten nicht als Pflichtverletzung angelastet werden, weil es gemäß § 411
HGB Aufgabe des Versenders sei, die Güter transportsicher zu verpacken. Eine
hiervon abweichende Vereinbarung zwischen der Versicherungsnehmerin und
der Beklagten liege nicht vor.
B. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat
die Revision zugelassen, um höchstrichterlich zu klären, ob die Haftungsbe-
stimmungen der Ziffer 23 ADSp wirksam in den Vertrag einbezogen worden
seien, ob Ziffer 23.1.3 ADSp einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalte
und in welchem Verhältnis Ziffer 23.1.2 und 23.1.3 ADSp zueinander stünden.
Damit hat das Berufungsgericht keine Beschränkung der Zulassung ausgespro-
chen, sondern lediglich deutlich gemacht, welche Gründe für die unbeschränkte
Zulassung der Revision maßgeblich waren.
C. Die Revision hat ganz überwiegend Erfolg. Sie führt zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungs-
gericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte brauche mangels
qualifizierten Verschuldens für den beim Auspacken der Maschine PW 65 aus
der Transportkiste oder beim Verladen auf den Tieflader entstandenen Schaden
nur in den Grenzen der Ziffer 23.1.3 ADSp zu haften, hat keinen Bestand . Eine
Verantwortlichkeit der Beklagten für die während des Transports von Chicago
nach Tokio eingetretene Beschädigung hat das Berufungsgericht dagegen mit
Recht verneint.
I. Zur ersten Beschädigung der Wirbelmaschine PW 65
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei von der Anwendbarkeit der
Vorschriften der §§ 407 ff. HGB auf den zwischen der Versicherungsnehmerin
und der Beklagten geschlossenen Vertrag über die Besorgung des Transports
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der Maschine PW 65 vom Unternehmenssitz der Versicherungsnehmerin nach
Chicago ausgegangen.
a) Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den zwischen der Ver-
sicherungsnehmerin und der Beklagten zustande gekommenen Speditionsver-
trag zu festen Kosten (§ 459 HGB) ergibt sich aus Art. 28 Abs. 4 EGBGB, der
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juli 2006 noch Gültigkeit hatte. Nach
dieser Vorschrift wird bei einem Güterbeförderungsvertrag vermutet, dass die-
ser mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Be-
förderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat,
sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die
Hauptniederlassung des Absenders befindet und sich aus der Gesamtheit der
Umstände nicht ergibt (Art. 28 Abs. 5 EGBGB), dass der Vertrag engere Ver-
bindungen mit einem anderen Staat aufweist. Dies gilt auch für multimodale
Frachtverträge im Sinne von § 452 HGB (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007
- I ZR 151/04, TranspR 2008, 210 Rn. 15 = VersR 2008, 1711 mwN). Da die
Beklagte ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und das Transport-
gut auch hier verladen wurde, sind die Voraussetzungen für die Anwendung
deutschen Rechts gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB erfüllt. Im Streitfall spricht
auch nichts dafür, dass der Vertrag zu einem anderen Staat engere Verbindun-
gen aufweist, zumal die Versenderin (Versicherungsnehmerin) ihren Hauptsitz
in Deutschland hat.
b) Die Beklagte hat die Besorgung der Versendung der Maschinen zu
festen Kosten übernommen, so dass sie hinsichtlich der Beförderung die Pflich-
ten eines Frachtführers oder Verfrachters hatte (§ 459 Satz 1 HGB). Die als
solche einheitliche Speditionsleistung hatte die Beförderung mit verschiedenar-
tigen Transportmitteln (Lkw, Schiff) zum Gegenstand. Einzelne Teile wären,
wenn für sie gesonderte Verträge geschlossen worden wären, verschiedenen
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Rechtsvorschriften unterworfen gewesen. Der Transport der Maschinen per
Lkw nach Bremerhaven wäre nach den §§ 407 ff. HGB zu beurteilen; dasselbe
gilt gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB für den Landtransport in den USA. Für den
Transport per Schiff kämen die §§ 556 ff. HGB zur Anwendung. Richtet sich die
Leistung eines Fixkostenspediteurs auf die Besorgung eines solchen multimo-
dalen Transports, greift § 452 HGB ein (BGH, Urteil vom 13. September 2007
- I ZR 207/04, BGHZ 173, 344 Rn. 23).
Nach § 452 HGB sind die Vorschriften der §§ 407 ff. HGB nur dann ein-
heitlich auf die gesamte Beförderungsleistung anzuwenden, wenn sich aus in-
ternationalen Übereinkommen oder den besonderen Vorschriften der
§§ 452a ff. HGB nichts anderes ergibt. Internationale Übereinkommen greifen
im Streitfall nicht ein. Eine Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften für
einzelne Teilstrecken der Beförderung ergibt sich hier jedoch aus § 452a Satz 1
HGB. Nach dieser Bestimmung ist für die Haftung des Frachtführers das Recht
maßgeblich, das für einen hypothetischen Vertrag über eine Beförderung auf
der Teilstrecke gelten würde, auf der der Schaden eingetreten ist. Der Ort der
ersten Beschädigung der Maschine PW 65 ist bekannt. Der Schaden ist im Zoll-
lager des Hafens von Savannah beim Auspacken oder Verladen der Maschine
auf das für den Landtransport nach Chicago vorgesehene Transportfahrzeug
entstanden.
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, dieses Schadensereignis sei
nicht mehr dem Seetransport, sondern dem sich daran anschließenden Land-
transport zuzurechnen, so dass sich die Haftung der Beklagten nach den für
das Landfrachtrecht maßgeblichen Bestimmungen der §§ 407 ff. HGB beurteile.
Das lässt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung keinen Rechtsfehler
erkennen.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats endet die Seestrecke bei ei-
nem multimodalen Transport jedenfalls dann, wenn keine besonderen Umstän-
de gegeben sind, nicht schon mit dem Löschen der Ladung, sondern erst mit
dem Verladen des Gutes auf das Transportmittel, mit dem es aus dem Hafen
entfernt werden soll. Hierfür spricht vor allem, dass das Entladen des Gutes aus
dem Schiff und dessen Lagerung oder Umlagerung im Hafengelände typisch für
einen Seetransport mit bzw. in Containern sind und daher eine enge Verbin-
dung zur Seestrecke aufweisen. Zudem erfolgt eine Kontrolle des Inhalts eines
Containers in aller Regel nicht schon beim Ausladen aus dem Schiff, sondern
frühestens zu dem Zeitpunkt, zu dem der Container aus dem Terminal entfernt
werden soll (BGH, Urteil vom 3. November 2005 - I ZR 325/02, BGHZ 164, 394,
396 f.). Der Vorgang des Beladens des nächsten Transportmittels ist dagegen
nicht mehr der Seestrecke, sondern vollständig der nachfolgenden Landstrecke
zuzuordnen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 138/04, TranspR 2007,
472 Rn. 21 = VersR 2008, 661; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., § 452 HGB
Rn. 15; Merkt in Hopt/Merkt, HGB, 33. Aufl., § 452 Rn. 6; Valder in Hein/
Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, 4. Aufl., § 452a HGB Rn. 19).
bb) Danach erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, der Eintritt
des ersten Schadens an der Maschine PW 65 sei der Landstrecke zuzuordnen,
als rechtsfehlerfrei. Das Berufungsgericht hat mit Recht maßgeblich darauf ab-
gestellt, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Versiche-
rungsnehmerin und der Beklagten vorgesehen war, entweder den gesamten
Container oder zumindest die Maschinen in den Holzkisten, in denen diese ver-
packt waren, weiterzubefördern. Diese Planung ließ sich, nachdem die ameri-
kanischen Zollbehörden die Einfuhr der Holzkisten untersagt hatten, nicht mehr
umsetzen. Dies hatte zur Folge, dass auch die Maschine PW 65 aus der Holz-
kiste ausgepackt und ohne die Kiste auf einem Tieflader weitertransportiert
werden musste.
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Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich das Auspa-
cken der Maschine PW 65 aus der Holzkiste bei wertender Betrachtung als
Vorbereitungshandlung für den nunmehr anders als ursprünglich geplant durch-
zuführenden Landtransport darstellte. In dem eingetretenen Schaden hat sich
gerade das mit dem Verladevorgang verbundene Schadensrisiko realisiert.
Denn der Schaden beruht nach den getroffenen Feststellungen darauf, dass die
Maschine direkt und ohne den zwingend erforderlichen Kufenbodenschutz mit-
tels Gabelzinken unterfasst und angehoben wurde. Dieser Vorgang erfolgte
nicht mehr im Zusammenhang mit einer Lagerung des Gutes im Hafengelände,
sondern zur Vorbereitung der Verladung der Maschine auf das für die Landbe-
förderung vorgesehene Transportfahrzeug. Dementsprechend hat das Beru-
fungsgericht zutreffend angenommen, dass sich die Haftung der Beklagten für
den streitgegenständlichen Schaden nach den §§ 407 ff. HGB beurteilt.
2. Der Frachtführer haftet gemäß § 425 Abs. 1 HGB für den während
seiner Obhutszeit durch Beschädigung eingetretenen Schaden. Diese Voraus-
setzung ist in Bezug auf die erste Beschädigung der Maschine PW 65 erfüllt.
Die Beklagte hat die Maschine am 1. August 2006 zur Beförderung übernom-
men. Der Schaden ist vor der Ablieferung am Bestimmungsort in Chicago, näm-
lich am 29. August 2006 im Hafengelände von Savannah, entstanden.
3. Gemäß § 429 Abs. 2 Satz 1 HGB ist im Falle einer Beschädigung des
Gutes der Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort
und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den
das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Nach
§ 431 Abs. 1 HGB ist die gemäß § 429 HGB zu leistende Entschädigung wegen
Beschädigung der gesamten Sendung auf einen Betrag von 8,33 Rechnungs-
einheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung begrenzt. Sind
nur einzelne Frachtstücke der Sendung - wie im Streitfall - beschädigt worden,
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so ist die Haftung des Frachtführers begrenzt auf einen Betrag von 8,33 Rech-
nungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des entwerteten Teils der
Sendung, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist (§ 431 Abs. 2 Nr. 2
HGB). Sofern die Parteien in dem geschlossenen Vertrag die Geltung der ADSp
wirksam vereinbart haben, sind die in diesem Regelwerk, insbesondere in Zif-
fer 23, vorgesehenen Haftungsbeschränkungen zu berücksichtigen.
Die zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertrag-
lichen Haftungsbegrenzungen gelten gemäß § 435 HGB und Ziffer 27.2 ADSp
nicht, wenn der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und
im Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit
eintreten wird.
4. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Beru-
fungsgerichts, die Beklagte könne sich auf die Haftungsbeschränkung gemäß
Ziffer 23.1.3 ADSp berufen, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, dass die
Beklagte oder die von ihr beauftragten Subunternehmer den Schaden leichtfer-
tig im Sinne des § 435 HGB verursacht hätten.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
dass grundsätzlich der Anspruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall
der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen
Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat. Da-
nach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder
seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt ha-
ben, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten (st. Rspr.; vgl. nur
BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 104/11, TranspR 2013, 111 Rn. 18 =
RdTW 2013, 99 mwN).
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Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann
jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unter-
schiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben
gehalten ist, zu den näheren Umständen des Schadensfalls - soweit möglich
und zumutbar - eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast
des Anspruchsgegners setzt voraus - wovon auch das Berufungsgericht ausge-
gangen ist -, dass der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser
Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Ver-
schulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Diese beim Verlust von
Transportgut bestehenden Rechtsprechungsgrundsätze gelten regelmäßig
auch bei einer während des Transports eingetretenen Beschädigung des
Frachtgutes (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - I ZR 214/10, TranspR
2012, 107 Rn. 24; Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, TranspR 2012, 463
Rn. 18 = RdTW 2013, 24). Liegt ein qualifiziertes Verschulden aufgrund des
Parteivorbringens nahe, muss der beklagte Frachtführer Angaben zu den nähe-
ren Umständen der Schadensentstehung machen. Er muss insbesondere mit-
teilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und wel-
che Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherche-
pflicht (BGH, TranspR 2012, 463 Rn. 18 mwN).
b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Beru-
fungsgerichts, der Sachvortrag der Klägerin rechtfertige nicht die Annahme ei-
ner bewussten Leichtfertigkeit der Beklagten und auch aus dem unstreitigen
Sachverhalt ergäben sich keine Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden.
aa) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung nur den erstinstanz-
lichen Vortrag der Klägerin berücksichtigt. Es hat gemeint, der in erster Instanz
unstreitige Umstand, dass die Maschine ohne vorherige Anbringung eines
zwingend erforderlich gewesenen verschubfesten Kufenbodenschutzes nicht
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mittels Gabelzinken hätte unterfasst und angehoben werden dürfen, rechtfertige
nicht die Annahme eines leichtfertigen Verhaltens des Gabelstaplerfahrers der
DIXIE BOX COMPANY. Die Beklagte habe dazu vorgetragen, jemand, der mit
dem Konstruktionsprinzip der Maschine nicht vertraut sei, habe nicht erkennen
können, dass die Maschine PW 65 nur mit Hilfe eines Krans oder erst nach An-
bringung einer komplexen Holzunterkonstruktion mit einem Gabelstapler hätte
bewegt werden dürfen, was indiziell auch durch die Ausführungen des Sach-
verständigen Dipl.-Ing. P. im Gutachten vom 19. Februar 2007 (Anla-
ge K 9) bestätigt werde. Diesem Vortrag der Beklagten sei die Klägerin erstin-
stanzlich nicht substantiiert entgegengetreten mit der Folge, dass dieser Sach-
vortrag in erster Instanz gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig gegolten habe.
Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz konkret vortrage,
dass und warum sich dem Gabelstaplerfahrer hätte erschließen müssen, dass
die Maschine nicht einfach mit Gabelstaplerzinken hätte unterfasst und ange-
hoben werden dürfen, könne sie damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungs-
rechtszug nicht mehr gehört werden. Aufgrund des erstinstanzlichen Vortrags
der Beklagten sei dieses neue Vorbringen der Klägerin als bestritten anzuse-
hen. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass die Voraussetzungen, unter denen
gemäß § 531 Abs. 2 ZPO neues, bestrittenes Vorbringen in der Berufungs-
instanz zuzulassen sei, im Streitfall gegeben seien.
bb) Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin zum quali-
fizierten Verschulden des Gabelstaplerfahrers, das sich die Beklagte gemäß
§ 428 HGB zurechnen lassen muss, nicht hinreichend berücksichtigt. Wäre dies
geschehen, hätte das Berufungsgericht auch das zweitinstanzliche Vorbringen
der Klägerin zum leichtfertigen Verhalten des Gabelstaplerfahrers seiner Ent-
scheidung zugrunde legen müssen.
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(1) Die Klägerin hatte bereits in erster Instanz mehrfach geltend ge-
macht, dass der erste an der Maschine PW 65 entstandene Schaden auf eine
grobe und unsachgemäße Handhabung des Gutes im Zolllager von Savannah
zurückzuführen sei. Sie hat sich dabei auch auf ein qualifiziertes Verschulden
des beim Auspacken und Verladen der Maschine eingesetzten Gabelstaplerfah-
rers berufen und ihren Vortrag mit dem Inhalt der von ihrer Versicherungsneh-
merin eingeholten Gutachten (insbesondere Anlagen K 8 und K 9) belegt. Mit
diesen Gutachten hätte sich das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht
geltend macht - im Einzelnen auseinandersetzen müssen, was nicht geschehen
ist. Denn ein Privatgutachten enthält qualifizierten, urkundlich belegten Partei-
vortrag, der nicht übergangen werden darf (BGH, Urteil vom 8. Juli 2009
- VIII ZR 314/07, NJW 2009, 2894 Rn. 22; BGH, Beschluss vom 7. Februar
2011 - VI ZR 269/09, VersR 2011, 1202 Rn. 1 f.).
Aus den zum Gutachten des Sachverständigen M. gehörenden
Lichtbildern (insbesondere aus den Bildern auf Seite 1 in der Mitte und auf Sei-
te 8 unten) geht hervor, dass die Maschine PW 65 direkt auf der Holzunterlage
der Verpackungskiste befestigt war. Es lag daher besonders nahe, dass die
Maschine beschädigt würde, wenn sie mit Hilfe eines Gabelstaplers von der
Holzunterlage angehoben würde, weil ein Zwischenraum, in dem die Maschine
mit den Zinken eines Gabelstaplers hätte unterfahren werden können, nicht
vorhanden war. Dies wird auch durch die zum Gutachten des Sachverständigen
P. gehörenden Lichtbilder (Seite 5 f.) bestätigt.
(2) Hätte das Berufungsgericht den mit Privatgutachten belegten erstin-
stanzlichen Vortrag der Klägerin umfassend berücksichtigt, hätte es das offen-
sichtlich für erheblich erachtete zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin nicht
gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen dürfen. Die Revision weist mit Recht
darauf hin, dass die Klägerin mit ihrem zweitinstanzlichen Vortrag lediglich
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nochmals erläutert hat, was sich schon aus den von der Klägerin in erster In-
stanz vorgelegten Privatgutachten und den zu diesen Gutachten gehörenden
Lichtbildern ergab. Dabei handelt es sich nicht um ein neues Angriffsmittel im
Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO. Neu ist ein Vorbringen, wenn
es den in erster Instanz nur sehr allgemein gehaltenen Vortrag konkretisiert und
erstmals substantiiert, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen
aus der ersten Instanz - wie im Streitfall - durch weitere Tatsachenbehauptun-
gen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (BGH, Urteil vom
18. Oktober 2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333; BGH, Beschluss vom
21. Dezember 2006 - VII ZR 279/05, NJW 2007, 1531 Rn. 7 mwN).
Danach kann die Annahme des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-
ben, die Klägerin habe ein qualifiziertes Verschulden des der Beklagten gemäß
§ 428 HGB zuzurechnenden Verhaltens des Gabelstaplerfahrers beim Auspa-
cken oder Verladen der Maschine PW 65 im Zolllager von Savannah nicht dar-
gelegt und ein solches ergebe sich auch nicht aus dem unstreitigen Sachver-
halt.
II. Zur zweiten Beschädigung der Wirbelmaschine PW 65
1. Für den zweiten, nach Ende der Messe in Chicago an der Maschine
PW 65 entstandenen Schaden braucht die Beklagte nicht gemäß § 425 Abs. 1
HGB einzustehen. Die Beschädigung ist zwar während der Obhutszeit der Be-
klagten eingetreten. Das Berufungsgericht hat jedoch mit Recht angenommen,
dass die Beklagte gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Haftung befreit ist.
Das Berufungsgericht hat aufgrund der von den Parteien vorgelegten
Gutachten festgestellt, dass die wesentliche Schadensursache für den zweiten
Schaden in einer unzureichenden Verpackung der Maschine für den Transport
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von Chicago nach Tokio bestand. Sowohl das von der Versicherungsnehmerin
in Auftrag gegebene Havariegutachten der C. & Co. Ltd. (Anlage K 8) als
auch das von der Beklagten eingeholte Gutachten der B. & T.
GmbH (Anlage B 15) seien zu dem Ergebnis gelangt, dass die Transportverpa-
ckung unzureichend gewesen sei, weil es an einer Verschraubung der Maschi-
ne mit dem Holzboden gefehlt habe, so dass sie während der Beförderung
ständig im Transportbehälter (Holzkiste) habe hin- und herrutschen können. Da
es gemäß § 411 HGB Aufgabe des Versenders sei, das Frachtgut transportsi-
cher zu verpacken, stelle die unzureichende Verpackung keine Pflichtverletzung
der Beklagten dar, sondern schließe deren Haftung gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2
HGB aus.
2. Gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts wendet sich die Revi-
sion ohne Erfolg. Sie stellt nicht in Abrede, dass der Versicherungsnehmerin die
transportsicherere Verpackung der Maschine für die Beförderung von Chicago
nach Tokio oblag und dass die Verpackung für diesen Transport unzureichend
war. Gemäß § 427 Abs. 2 HGB wird vermutet, dass der Schaden aus einer der
in § 427 Abs. 1 HGB genannten Gefahren entstanden ist, wenn dies nach den
Umständen des Falles möglich sein konnte. Es ist dann Sache des Ersatzbe-
rechtigten, zu beweisen, dass der Schaden gerade nicht durch einen Verpa-
ckungsmangel verursacht wurde, der Schaden vielmehr auch bei ordnungsge-
mäßer Verpackung entstanden wäre (Koller aaO § 427 HGB Rn. 41).
Die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte den Vortrag der Klägerin
berücksichtigen müssen, die beim Transport von Chicago nach Tokio entstan-
denen Schäden seien durch eine raue und leichtsinnige Behandlung des
Frachtgutes verursacht worden. Damit hat sie keinen Erfolg. Die Widerlegung
der Vermutungsregel gemäß § 427 Abs. 2 HGB erfordert zunächst einen sub-
stantiierten Vortrag des Ersatzberechtigten. Dieser Anforderung genügt der
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pauschale Hinweis der Klägerin, schadensursächlich sei ein rauer und leicht-
sinniger Umgang mit dem Frachtgut gewesen, in keiner Weise. Der von der
Klägerin benannte Zeuge M. brauchte daher auch nicht vom Berufungs-
gericht vernommen zu werden.
D. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
Es ist insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht hinsichtlich des im Zollla-
ger von Savannah entstandenen Schadens zum Nachteil der Klägerin erkannt
hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für ein
qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB gegeben sind, dem Tatrich-
ter obliegt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren er-
neut zu der Feststellung gelangen, dass die Beklagte den ersten an der Ma-
schine PW 65 entstandenen Schaden nicht durch ein ihr gemäß § 428 HGB
zuzurechnendes qualifiziertes Verschulden des beim Auspacken und Verladen
der genannten Maschine eingesetzten Gabelstaplerfahrers verursacht hat,
kommt es auf die von der Revision ebenfalls angegriffene Auffassung des Beru-
fungsgerichts an, die Beklagte könne sich auf die Haftungsbeschränkung ge-
mäß Ziffer 23.1.3 ADSp berufen.
Das lässt entgegen der Ansicht der Revision allerdings keinen Rechts-
fehler erkennen. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht
habe zu geringe Anforderungen an die drucktechnische Hervorhebung der Gel-
tung von Ziffer 23 ADSp gestellt (§ 449 Abs. 2 Satz 2 HGB). Der Revision ist
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nicht darin beizutreten, dass die jeweils maßgebliche Betragsangabe in nicht zu
übersehender Weise aus dem übrigen Text herausgehoben werden muss. Das
kann auch dem Senatsurteil vom 23. Januar 2003 (I ZR 174/00, BGHZ 153,
308, 310) nicht entnommen werden. Es ist vielmehr erforderlich, dass die ge-
samte Regelung der Haftungshöchstsumme drucktechnisch auffällig gestaltet
worden ist, soweit dies für das Verständnis der Abweichung von den gesetzlich
vorgesehenen Haftungshöchstbeträgen erforderlich ist (Koller aaO § 449 HGB
Rn. 60; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 449
Rn. 35; aA MünchKomm.HGB/C. Schmidt, 2. Aufl., § 449 Rn. 21). Dem ist im
Streitfall genügt.
Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass im Streit-
fall die Haftungsbeschränkung gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp zur Anwendung
kommt. Nach Ziffer 23.1 ADSp ist die Haftung des Spediteurs bei Verlust oder
Beschädigung des Gutes (Güterschäden) grundsätzlich der Höhe nach be-
grenzt. Sofern der Schaden an dem Gut während des Transports mit einem
Beförderungsmittel eingetreten ist, bestimmt Ziffer 23.1.2 ADSp, dass die Haf-
tung - abweichend von Ziffer 23.1.1 ADSp - auf den für diese Beförderung ge-
setzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag begrenzt ist. Liegt der Inanspruch-
nahme des Spediteurs ein Verkehrsvertrag über eine Beförderung mit verschie-
denartigen Beförderungsmitteln unter Einschluss einer Seebeförderung zugrun-
de, so ist die Haftung für einen Güterschaden nach Ziffer 23.1.3 ADSp auf zwei
Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm beschränkt.
Der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlos-
sene Speditionsvertrag zu festen Kosten hat von vornherein eine Beförderung
des Gutes mit verschiedenartigen Verkehrsmitteln vorgesehen, und zwar unter
Einschluss einer Seestrecke. Es bestand mithin schon bei Abschluss des Ver-
kehrsvertrags Einigkeit über die Multimodalität der Beförderung, so dass die
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Versicherungsnehmerin als Auftraggeberin der Beklagten deren Haftungshöhe
bei Eintritt eines Güterschadens abschätzen konnte. Anders als in Ziffer 23.1.2
ADSp wird in Ziffer 23.1.3 ADSp auch nicht darauf abgestellt, dass der Schaden
während des Transportvorgangs entstanden ist, sondern darauf, dass die Par-
teien einen Multimodalvertrag unter Einschluss einer Seebeförderung geschlos-
sen haben. Daher kommt es für die Anwendung der Ziffer 23.1.3 ADSp nicht
darauf an, ob der Schadensort bekannt ist und auf welcher Teilstrecke - Land-
beförderung oder Seebeförderung - der Schaden eingetreten ist. Entscheidend
ist vielmehr, ob eine Multimodalbeförderung unter Einschluss einer Seebeförde-
rung vereinbart wurde. Ist dies - wie hier - der Fall, ist Ziffer 23.1.3 ADSp ge-
genüber Ziffer 23.1.2 ADSp lex specialis (vgl. Koller aaO Ziff. 23 ADSp Rn. 5 f.;
Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO ADSp Ziff. 23 Rn. 12).
Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass Zif-
fer 23.1.3 ADSp den Versender nicht unangemessen benachteiligt und daher
einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält. Diese Annahme rechtfertigt
sich vor allem aufgrund der Regelung in § 449 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HGB. Da-
nach kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust
oder Beschädigung des Gutes durch vorformulierte Vertragsbestimmungen
grundsätzlich auf einen anderen als den in § 431 Abs. 1 und 2 HGB vorgesehe-
nen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag zwischen zwei und vierzig
Rechnungseinheiten liegt. Zudem sieht § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB eine Haf-
tungsbeschränkung auf zwei Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Roh-
gewichts der verlorenen oder beschädigten Güter vor. Die Haftungsbegrenzung
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gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp liegt mithin im Rahmen von gesetzlich vorgesehenen
Haftungsbeschränkungen und begegnet daher keinen Wirksamkeitsbedenken.
Die Revision erhebt gegen die Wirksamkeit der Haftungsbeschränkung gemäß
Ziffer 23.1.3 ADSp auch keine Beanstandungen.
Bornkamm
Pokrant
Büscher
Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.02.2011 - 39 O 178/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.02.2012 - I-18 U 68/11 -