Urteil des BGH vom 26.02.2014

Holland-Preise Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 77/09
Verkündet am:
26. Februar 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Holland-Preise
UWG § 4 Nr. 11; AMG § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 und 3; AMPreisV § 1 Abs. 1
Nr. 2, § 3
Im Hinblick auf den Zweck des Arzneimittel- und Apothekenrechts, die Wirkung von
Arzneimitteln zu ermöglichen und vor den mit ihrer Anwendung verbundenen Risiken
zu schützen, liegt eine Abgabe im Sinne des § 78 AMG dann vor, wenn durch einen
auf ein Arzneimittel bezogenen Vorgang bewusst und gewollt die Möglichkeit einer
eigenen Verwendung in Form der Anwendung oder Weitergabe des Mittels durch einen
anderen als den bisherigen Inhaber der Verfügungsgewalt geschaffen wird. Bei "Ab-
holmodellen" liegt der Ort der Abgabe daher zwar grundsätzlich dort, wo die vom Emp-
fänger mit der Abholung beauftragte Person das Mittel abholt; es ist jedoch jeweils zu
prüfen, ob tatsächlich eine dem unmittelbaren Besitz vergleichbare Zugriffsmöglichkeit
besteht und ob die Regelung nicht allein der Umgehung zwingender apothekenrechtli-
cher oder arzneimittelrechtlicher Vorschriften dient. Dies ist dann der Fall, wenn eine
hinsichtlich des Erfüllungsorts getroffene Regelung ersichtlich der Umgehung des
deutschen Arzneimittelpreisrechts dient (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 12. Januar
2012 - I ZR 211/10, GRUR 2012, 954 = WRP 2012, 1101 - Europa-Apotheke Buda-
pest).
BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 - I ZR 77/09 - OLG Köln
LG Köln
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 9. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Born-
kamm und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Grabinski und
Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Köln vom 8. Mai 2009 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 31. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 23. Oktober 2008 wird zurückgewie-
sen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die drei Beklagten sind Apotheker und betreiben jeweils im südlichen
Nordrhein-Westfalen eine Apotheke. Im April 2008 verteilten sie einen Werbe-
prospekt, in dem unter der Überschrift "M. V. - günstige 'Holland-
Preise'" für folgenden Einkaufsservice geworben wurde:
1. Sie gehen in Ihre V. Apotheke und bestellen die von Ihnen benötigten
Medikamente.
2. Schon am nächsten Tag können Sie dort Ihre deutschen Originalpräparate
abholen.
3. Den günstigen "Holland-Preis" bezahlen Sie direkt in Ihrer V. Apothe-
ke vor Ort.
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4. Wenn Sie Fragen zu Ihren Medikamenten haben, wenden Sie sich direkt an
die freundlichen Mitarbeiter Ihrer V. Apotheke.
Auf der nachfolgenden Seite des Prospekts hieß es unter anderem:
… und das sind Ihre Vorteile:
10% Preisvorteil**
auf alle in Deutschland erhältlichen rezeptpflichtigen Medikamente.
100% Service und Beratung.
Durch die freundlichen Mitarbeiter Ihrer Apotheke vor Ort.
**Ihr Preisvorteil ist mindestens 3,00
€ höchstens 25,00 € pro Packung gegen-
über der Deutschen Arzneimittelpreisverordnung.
Für den Einkaufsservice (Transport Ihrer Bestellung von Holland an Ihre V.
Apotheke) zahlen Sie nur 0,50
€ pro Bestellung, egal wie viele Artikel Sie
bestellen.
Auf der vorletzten Seite des Prospekts war angegeben, in welchen - ins-
gesamt sechs - Apotheken die Kunden den beworbenen Service in Anspruch
nehmen konnten und dass es sich bei dem M. V. um ein Angebot
der in Dinxperlo in den Niederlanden ansässigen M. Apotheke B.V. han-
delte.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.,
hat diese Werbung als Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwen-
dungsverbot und das arzneimittelrechtliche Preisbindungsgebot sowie als wett-
bewerbsrechtlich unangemessene und unsachliche Beeinflussung der Verbrau-
cher beanstandet.
Das Landgericht hat der Klage mit den Anträgen auf Unterlassung der
beanstandeten Werbung und auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von jeweils
208,65
€ nebst Zinsen stattgegeben (LG Köln, Urteil vom 23. Oktober 2008 -
31 O 353/08, juris). Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage
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geführt (OLG Köln, PharmR 2010, 197 = APR 2009, 109). Mit ihrer vom Beru-
fungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten bean-
tragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als weder unter dem Gesichts-
punkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer unzulässigen unsachlichen Be-
einflussung der Kunden der Beklagten begründet angesehen und hierzu ausge-
führt:
Ein Verstoß gegen das deutsche Arzneimittelpreisrecht liege nicht vor,
weil die niederländische M. Apotheke als ausländische Versandapothe-
ke nicht an die deutschen Arzneimittelpreise gebunden sei. Der von den Be-
klagten bei der beanstandeten Werbung gewählte Umweg über diese Apotheke
stelle auch keine missbräuchliche Umgehung der deutschen Apothekenpreis-
bindung dar. Der verständige Verbraucher erkenne, dass nicht für einen Rabatt
im Sinne einer außergewöhnlichen Herabsetzung des Normalpreises, sondern
für den besonderen geldwerten Vorteil der im Vergleich zu den üblichen inländi-
schen Arzneimittelpreisen günstigen "Holland-Preise" geworben werde, so dass
auch kein Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Verbot von Werbegaben
vorliege. Die in der beanstandeten Werbung herausgestellte Kombination von
"günstigen Holland-Preisen" und "100% Service und Beratung
… vor Ort" stelle
auch keine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungs-
freiheit der Verbraucher dar; deren Fähigkeit zu einer informationsgeleiteten
und rationalen Nachfrageentscheidung werde insoweit nicht beeinträchtigt,
sondern in gewissem Sinne sogar gefördert.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist be-
gründet und führt zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils
des Landgerichts. Die Klage ist unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs
gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG,
§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 AMPreisV sowie - hinsichtlich des Zahlungsanspruchs -
aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet.
1. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, die die
Revisionserwiderung nicht mit Gegenrügen angegriffen hat, lassen die bean-
standete Werbung und die tatsächliche Abwicklung für den informierten und
aufmerksamen Verbraucher keine Zweifel daran, dass er die im Rahmen des
beworbenen Geschäftsmodells bestellten Medikamente nicht direkt von den
Beklagten, sondern von der kooperierenden niederländischen Apotheke be-
zieht. Die bewusst gewählte Lieferverantwortlichkeit der niederländischen Ver-
käuferin werde aus Verbrauchersicht auch nicht dadurch im Sinne eines dem
deutschen Preisrecht zu unterwerfenden Direktverkaufs aus den Apotheken der
Beklagten aufgehoben, dass die Werbung "Service und Beratung durch die
freundlichen Mitarbeiter Ihrer Apotheke vor Ort" besonders hervorhebe. Der
verständige Verbraucher, der aufgrund der Werbung um eines Preisvorteils wil-
len eine Wartezeit bis zum Erhalt des gewünschten Medikaments hinnehme,
werde annehmen, dass die in der örtlichen Apotheke über den sogenannten
Einkaufsservice hinaus angebotene fachlich-pharmazeutische Beratung vor und
insbesondere nach Abwicklung des eigentlichen Kaufgeschäfts eine vermutlich
intern vergütete zusätzliche Dienstleistung der Kooperationspartner des nieder-
ländischen Vertragspartners sei, ohne dass die Abwicklung des Kaufvertrags
selbst deshalb das Gepräge der unmittelbar mit den Beklagten abgeschlosse-
nen Kaufgeschäfte gewinne, die in den Apotheken weiterhin möglich und üblich
seien.
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2. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat
die ihm vom erkennenden Senat im Verfahren I ZR 72/08 (BGH, Beschluss vom
9. September 2010, GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 - Sparen Sie beim
Medikamenteneinkauf!) vorgelegte Frage bejaht, ob die deutschen Vorschriften
für den Apothekenabgabepreis auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel
gelten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen
Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher ab-
geben (GmS-OGB, Beschluss vom 22. August 2012 - GmS-OGB 1/10, BGHZ
194, 354 Rn. 12 ff.). In Übereinstimmung damit hat der Gesetzgeber durch die
mit Wirkung vom 26. Oktober 2012 in Kraft getretene Regelung des § 78 Abs. 1
Satz 4 AMG zusätzlich klargestellt, dass die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1
Satz 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für gemäß § 73 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1a AMG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Arz-
neimittel gilt.
3. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klage, soweit
sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den einschlägigen arzneimittel-
preisrechtlichen Vorschriften gestützt ist, auch nicht deshalb unbegründet und
die Revision daher gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen, weil die niederländische
M. Apotheke die Verbraucher, die bei ihr verschreibungspflichtige Arz-
neimittel bestellen, bei dem beanstandeten Geschäftsmodell nicht direkt, son-
dern unter Einschaltung der Beklagten beliefert.
a) Wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, liegt bei der
Werbung und beim Versand von Arzneimitteln aus dem EU-Ausland an End-
verbraucher in Deutschland auch der Marktort im Inland, da hier die von diesen
ausgehenden Wirkungen auftreten (vgl. GmS-OGB, BGHZ 194, 354 Rn. 15).
Die Revisionserwiderung weist darüber hinaus mit Recht darauf hin, dass nach
dem solchenfalls anzuwendenden deutschen Recht (vgl. zur Anwendung des
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deutschen Arzneimittelpreisrechts GmS-OGB, BGHZ 194, 354 Rn. 16 bis 20)
beim Versandhandel mit Verbrauchern die Vorschrift des § 447 Abs. 1 BGB
gemäß § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anwendbar ist, wenn es sich - wie beim
Versandhandel mit Arzneimitteln - um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, und
dass der Erfüllungsort für die Verpflichtung des Verkäufers in einem solchen
Fall daher der Wohnsitz des Käufers ist, weshalb den Verkäufer insoweit eine
Bringschuld trifft (vgl. Staudinger/Bittner, BGB [2009], § 269 Rn. 12; Münch-
Komm.BGB/Krüger, 6. Aufl., § 269 Rn. 20, jeweils mit weiteren Nachweisen;
ebenso im Blick auf den - im dortigen Fall allerdings zeitlich noch nicht anwend-
baren - § 474 Abs. 2 BGB nF auch schon BGH, Urteil vom 16. Juli 2003
- VIII ZR 302/02, NJW 2003, 3341 f.).
b) Die Revisionserwiderung meint allerdings, im Streitfall liege keine
Bringschuld, sondern eine Holschuld vor, weil nach § 7 (Satz 1) der auf der
Rückseite des Bestellformulars abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen der niederländischen M. Apotheke, deren Kenntnisnahme der Kun-
de auf der Vorderseite des Formulars schriftlich zu bestätigen hatte, Erfüllungs-
ort der Geschäftssitz des Verkäufers war. Marktort sei daher der Sitz der nie-
derländischen Apotheke, weil die von deren Handel ausgehenden Wirkungen
grundsätzlich dort aufträten. Dass die Kunden bei Inanspruchnahme des ange-
botenen Transportservices die von ihnen bestellten Medikamente in einer der
teilnehmenden Apotheken in Deutschland abzuholen hätten, stehe dem nicht
entgegen. Dem kann nicht zugestimmt werden.
aa) Nicht abschließend entschieden zu werden braucht in diesem Zu-
sammenhang die Frage, ob die Bestimmung des § 7 Satz 1 der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der niederländischen M. Apotheke wegen unan-
gemessener Benachteiligung der Kunden gemäß §§ 307, 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB
unwirksam ist (vgl. dazu FG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Januar 2010
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- 1 V 3778/09 A[U], juris Rn. 45 mwN; vgl. ferner zur unangemessenen Benach-
teiligung der inländischen Kunden einer im Ausland ansässigen Versandapo-
theke durch eine von dieser verwendete Rechtswahlklausel BGH, Urteil vom
19. Juli 2012 - I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 Rn. 30 bis 38 = WRP 2013, 479
- Pharmazeutische Beratung über Call-Center). Dasselbe gilt für die Frage, ob
diese Bestimmung nach den Umständen so ungewöhnlich ist, dass die Kunden
nicht mit ihr zu rechnen brauchen und sie daher gemäß § 305c Abs. 1 BGB
nicht Vertragsbestandteil wird. Die dort enthaltene Bestimmung über den Erfül-
lungsort steht im Gegensatz zu dem von der Beklagten zusammen mit dem Be-
stellformular verwendeten Prospekt, in dem die Kunden in werbewirksamer
Weise darüber informiert werden, dass sie beim Geschäftsmodell der Beklagten
bei im Inland preisgebundenen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln 10%
sparen, wenn sie nur - bei ansonsten gleichem Service - 0,50
€ pro Bestellung
für den Transport der Mittel bezahlen und sich außerdem darauf einlassen,
dass sie diese erst am nächsten Tag in den Apotheken der Beklagten abholen
können.
bb) Unabhängig von den Bedenken, die danach aus zivilrechtlicher Sicht
gegen das in Rede stehende Geschäftsmodell sprechen, das die dabei mit den
Beklagten kooperierende niederländische M. Apotheke betreibt, führt
dieses Geschäftsmodell nicht aus dem Anwendungsbereich der für den hier in
Rede stehenden Rechtsbruchtatbestand gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG maßgebli-
chen öffentlich-rechtlichen Bestimmung des § 78 AMG heraus. Im Hinblick auf
den Zweck des Arzneimittel- und Apothekenrechts, die Wirkung von Arzneimit-
teln zu ermöglichen und vor den mit ihrer Anwendung verbundenen Risiken zu
schützen, liegt eine Abgabe im Sinne dieser Bestimmung dann vor, wenn durch
einen auf ein Arzneimittel bezogenen Vorgang bewusst und gewollt die Mög-
lichkeit einer eigenen Verwendung in Form der Anwendung oder Weitergabe
des Mittels durch einen anderen als den bisherigen Inhaber der Verfügungsge-
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walt geschaffen wird (vgl. Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, 5. Aufl.,
Stand September 2012, § 17 Rn. 61). Bei Abholmodellen wie dem, das die da-
bei mit der niederländischen M. Apotheke zusammenarbeitenden Be-
klagten praktizieren, liegt der Ort der Abgabe danach zwar grundsätzlich dort,
wo die vom Empfänger mit der Abholung beauftragte Person das Mittel abholt
(vgl. Cyran/Rotta aaO § 17 Rn. 70 f.). Bei entsprechenden Gestaltungen ist je-
doch jeweils zu prüfen, ob tatsächlich eine dem unmittelbaren Besitz vergleich-
bare Zugriffsmöglichkeit besteht und ob zudem keine Gestaltung vorliegt, die
allein dazu dient, zwingende apothekenrechtliche oder arzneimittelrechtliche
Vorschriften zu umgehen (vgl. Cyran/Rotta aaO Rn. 72). Dies ist bei dem im
Streitfall zu beurteilenden Geschäftsmodell der Fall; denn die hier hinsichtlich
des Erfüllungsorts getroffene Regelung dient ersichtlich allein der Umgehung
des deutschen Arzneimittelpreisrechts und damit auch der Vereitelung der mit
der dortigen Regelung verfolgten Ziele wie insbesondere der Sicherung der flä-
chendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimit-
teln.
Der Streitfall lässt sich in dieser Hinsicht - anders als die Revisionserwi-
derung meint - nicht mit dem Fall vergleichen, der der Senatsentscheidung
"Europa-Apotheke Budapest" zugrunde gelegen hat (Urteil vom 12. Januar
2012 - I ZR 211/10, GRUR 2012, 954 = WRP 2012, 1101). Der Senat hat dort
lediglich die allein im Blick auf nicht preisgebundene Arzneimittel geltend ge-
machten Verstöße gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG
und gegen berufsrechtliche Bestimmungen verneint (vgl. BGH, GRUR 2012,
954 Rn. 11 bis 21 und 26 - Europa-Apotheke Budapest). Er hat dabei insbe-
sondere auch festgestellt, dass die von den dortigen Klägerinnen beanstandete
Verhaltensweise der Beklagten namentlich nicht den Schutzzwecken wider-
sprach, denen die vermeintlich verletzten Rechtsvorschriften dienten (vgl. BGH,
GRUR 2012, 954 Rn. 13 f., 17 f., 20 und 21 - Europa-Apotheke Budapest).
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4. Die Beurteilung des Landgerichts, dass die weiteren Voraussetzungen
für den auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3
AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 AMPreisV gestützten Klageanspruch ebenfalls erfüllt
sind, entspricht der Senatsrechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 9. September
2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 Rn. 16 bis 22 = WRP 2010, 1482
- UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE) und wird auch von der Revisionserwide-
rung grundsätzlich nicht angegriffen. Wie der Senat mittlerweile entschieden
hat, ist ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3,
Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV geeignet, die Interessen
von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen,
wenn der Wert der für den Bezug eines Arzneimittels gewährten Werbegabe
einen Euro übersteigt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 - I ZR 98/12, GRUR 2013,
1264 Rn. 18 ff., 20 = WRP 2013, 1587 - RezeptBonus).
III. Nach allem erweist sich die Klage als begründet. Dementsprechend
ist das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts auf die Revision der Klä-
gerin wiederherzustellen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm
Schaffert
Kirchhoff
Grabinski
Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 23.10.2008 - 31 O 353/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.05.2009 - 6 U 213/08 -
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