Urteil des BGH vom 03.04.2003

Kosten des Patentanwalts Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 37/02
vom
3. April 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR: ja
Kosten des Patentanwalts
MarkenG § 140 Abs. 3
Hat eine Partei in einer Kennzeichenstreitsache einen als Rechtsanwalt und als
Patentanwalt zugelassenen Vertreter in beiden Funktionen beauftragt, sind ihr
auch die entstandenen Patentanwaltsgebühren gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG
zu erstatten.
BGH, Beschl. v. 3. April 2003 - I ZB 37/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-
Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
beschlossen :
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. September 2002 wird
auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.413,73
festgesetzt.
Gründe:
I. Die Parteien streiten im Rahmen der Kostenfestsetzung um die Er-
stattungsfähigkeit einer Patentanwaltsgebühr eines als Rechtsanwalt und zu-
gleich als Patentanwalt zugelassenen Prozeßbevollmächtigten.
Die Klägerin ist in einer Kennzeichenstreitsache unterlegen und hat die
Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Beklagte war durch einen Prozeßbe-
vollmächtigten vertreten, der als Rechtsanwalt und zugleich als Patentanwalt
zugelassen ist und mit der Klageerwiderung angezeigt hatte, seinen Mandanten
auch in seiner Eigenschaft als Patentanwalt zu vertreten.
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Der Beklagte hat im Kostenfestsetzungsantrag neben der Festsetzung
der 10/10 Prozeß- und Verhandlungsgebühr seines Prozeßbevollmächtigten als
Rechtsanwalt "die Festsetzung einer 10/10 Patentanwaltsgebühr gemäß § 140
Absatz 5 MarkenG" geltend gemacht. Die Kostenfestsetzung ist antragsgemäß
erfolgt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist ohne Er-
folg geblieben.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Be-
gehren, die Gebühr gemäß § 140 Abs. 5 MarkenG a.F. von der Festsetzung
auszunehmen, weiter. Der Beklagte beantragt, die Rechtsbeschwerde zurück-
zuweisen.
II. Das Beschwerdegericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Durch die Beauftragung und das Auftreten des Patent- und Rechtsan-
walts des Beklagten in beiden Funktionen sei diesem auch aus seiner Tätigkeit
als Patentanwalt ein Gebührenanspruch erwachsen. Der zusätzliche Gebüh-
renanspruch sei nicht mit der für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt entstandenen
Gebühr abgegolten. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn es in dem Rechts-
streit gerade auf besondere marken- oder kennzeichenrechtliche Fragen an-
komme und der Patent- und Rechtsanwalt sie im Prozeß auch tatsächlich be-
handle. Nachdem die gesonderte Gebühr angefallen sei, sei sie nach § 140
Abs. 5 MarkenG a.F. auch zu erstatten.
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Frage, ob ein als Rechtsanwalt und zugleich als Patentanwalt zu-
gelassener Prozeßbevollmächtigter auch die Gebühren für seine Tätigkeit als
Patentanwalt erstattet erhält, ist umstritten. Es wird die Auffassung vertreten,
daß in derartigen Fällen keine zusätzliche Gebühr anfalle (Fezer, Markenrecht,
3. Aufl., § 140 Rdn. 19; BPatG für das Patentnichtigkeitsverfahren zuletzt in
GRUR 1991, 205, 206; vgl. auch Keller in: Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl.,
§ 31 Rdn. 22 a.E.), daß dies von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere
der tatsächlich erbrachten Mehrleistung des Prozeßbevollmächtigten als Pa-
tentanwalt abhänge (OLG Schleswig JurBüro 1987, 1729, 1731; vgl. auch
Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Patentanwaltskosten") oder daß die
Gebühr im Fall der doppelten Mandatierung und Vertretung generell zu erstat-
ten sei (OLG Karlsruhe AnwBl. 1989, 106, 107; OLG München JurBüro 1972,
988 f.; JurBüro 1983, 1815, 1816; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 140 Rdn. 63;
Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 140 Rdn. 18; Benkard/
Rogge, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 144 Rdn. 24; Gött-
lich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., S. 1060 f. "Patentsachen", 7.3.3. "Doppel-
funktion"; von Eicken in: Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 31 Rdn. 28).
2. Die Patentanwaltsgebühr steht dem Prozeßbevollmächtigten des Be-
klagten zu, weil er in beiden Funktionen als Rechtsanwalt und als Patentanwalt
beauftragt wurde und an dem Rechtsstreit mitgewirkt hat, wobei er sowohl als
Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt in der jeweiligen Funktion Organ der
Rechtspflege ist. Zu Unrecht meint die Klägerin, der Beklagte sei im Fall der
Personenidentität des Rechts- und Patentanwalts zur Zahlung der Patentan-
waltsgebühren nicht verpflichtet. Die Annahme eines "Doppelmandats" sei kon-
struiert und lebensfremd; vielmehr komme ein einheitliches Mandatsverhältnis
zustande.
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Zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, daß einem Rechtsan-
walt und Patentanwalt, der im Rahmen seiner Beauftragung in beiden Funktio-
nen in einer Kennzeichenstreitsache seine Partei vertritt, aus seiner Tätigkeit
als Patentanwalt ein gesonderter Gebührenanspruch erwächst. Die Beratung
und die Vertretung gegenüber Dritten sind typische Aufgaben eines Patentan-
walts in einem Kennzeichenstreit (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 PatAnwO). Zwischen den
Parteien ist nicht im Streit, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten tat-
sächlich sowohl in seiner Funktion als Rechtsanwalt als auch in seiner Funktion
als Patentanwalt beauftragt worden war und daß die Beauftragung eines (ande-
ren) Patentanwalts einen Gebührenanspruch in der geforderten Höhe ausgelöst
hätte. An der Begründung des Gebührenanspruchs gegenüber seinem Man-
danten ändert der Umstand nichts, daß der Prozeßbevollmächtigte in dieser
Kennzeichenstreitsache als Rechts- und Patentanwalt ein und dieselbe Person
ist. Denn es besteht kein Verbot, das es einem Rechtsanwalt und Patentanwalt
verwehren würde, sich in beiden Eigenschaften beauftragen zu lassen.
Zu Unrecht meint die Klägerin, es sei eine Selbstverständlichkeit und ge-
höre zum "Betreiben des Geschäfts" eines zum Prozeßbevollmächtigten be-
stellten Rechtsanwalts im Sinne von § 31 Abs. 1 BRAGO, daß der mit der Pro-
zeßvertretung beauftragte Rechts- und Patentanwalt seine besonderen marken-
rechtlichen Kenntnisse - ebenso wie ein Fachanwalt für Steuerrecht seine be-
sonderen steuerrechtlichen Kenntnisse - einsetze. Dies sei mit den Gebühren
als Rechtsanwalt abgegolten. Die Klägerin läßt dabei unberücksichtigt, daß der
im Streitfall tätige Rechtsanwalt nicht nur über Spezialwissen auf dem Gebiet
eines Patentanwalts verfügt, sondern - wie das Beschwerdegericht zutreffend
ausgeführt hat - als solcher ein unabhängiges Organ der Rechtspflege nach § 1
PatAnwO ist. Diese auf besonderen fachlichen Fähigkeiten begründete berufli-
che Stellung mit entsprechenden Rechten und Pflichten besteht neben derjeni-
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gen eines Rechtsanwalts und wird - im Fall der Vereinigung beider Berufsbilder
in einer Person - durch diese auch nicht verdrängt (OLG Karlsruhe AnwBl.
1989, 106, 107; OLG München JurBüro 1972, 988, 989). Auf die Abgrenzbar-
keit der einzelnen Handlungen des Rechts- und Patentanwalts nach ihrer Zu-
gehörigkeit zu seinem einen oder anderen Funktionsbereich kommt es dabei
nicht an (OLG München JurBüro 1972, 988, 989).
Das Beschwerdegericht hat offengelassen, ob ein Rechts- und Patent-
anwalt, der für seine Partei in einer Kennzeichenstreitsache aufgrund eines
doppelten Mandates tätig wird, stets einen Gebührenanspruch erwirbt oder ob
dies davon abhängt, daß dieser die besonderen marken- oder kennzeichen-
rechtlichen Fragen behandelt, auf die es im Rechtsstreit ankommt. Das Be-
schwerdegericht hat jedenfalls das Eingehen auf die besonderen kennzeichen-
rechtlichen Fragen durch den Beklagtenvertreter bejaht. Dies beanstandet die
Rechtsbeschwerdeführerin mit der Rüge, der Beklagtenvertreter habe keine
"Mehrleistung" erbracht, denn ob zwischen den sich gegenüberstehenden Zei-
chen Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne bestehe, habe der Pro-
zeßbevollmächtigte bereits in seiner Funktion als Rechtsanwalt prüfen müssen.
Hierauf kommt es indessen nicht an, weil eine besondere Prüfung einer "Mehr-
leistung" angesichts der formalisierten Regelung nicht in Betracht kommt.
3. Der gegenüber dem Beklagten entstandene Gebührenanspruch des
Beklagtenvertreters als Patentanwalt ist von der Klägerin auch zu erstatten
(§ 140 Abs. 5 MarkenG a.F., wegen Streichung der Abs. 3 und 4 mit Wirkung
vom 1. August 2002 jetzt § 140 Abs. 3 MarkenG).
Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten hatte seine Mitwirkung als
Patentanwalt im Verfahren in der Klageerwiderung angezeigt.
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Die gegebene Personenidentität von Rechts- und Patentanwalt steht der
Annahme einer Mitwirkung im Sinne des § 140 Abs. 3 MarkenG nicht entgegen.
Zwar geht der Wortlaut der Vorschrift ("Mitwirkung") davon aus, daß neben dem
eigentlichen Prozeßbevollmächtigten (Rechtsanwalt) ein Patentanwalt im
Rechtsstreit mit tätig wird (BPatG GRUR 1991, 205, 206). Die Vorschrift
schließt aber eine Anwendung auf den doppelqualifizierten Prozeßbevollmäch-
tigten nach ihrem Sinn und Zweck nicht aus. Andernfalls wäre dieser, obwohl er
gleichermaßen qualifiziert und in beiden Funktionen jeweils Organ der Rechts-
pflege ist, in nicht nachvollziehbarer Weise benachteiligt, da sein Mandant im
Fall des Obsiegens eine Erstattung der Patentanwaltskosten vom Gegner nicht
verlangen könnte.
Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG sieht ausdrücklich vor, daß in
Kennzeichenstreitsachen von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Pa-
tentanwalts entstehen, die Gebühren nach § 11 BRAGO und außerdem die
notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten sind. Die ursprünglich in
der Regelung enthaltene Begrenzung der Erstattung ("bis zur Höhe einer vollen
Gebühr") ist zuvor mit Gesetz vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3656, 3675)
mit Wirkung vom 1. Januar 2002 gestrichen worden. Sie ist im Streitfall nicht
überschritten, so daß es auf die Frage der Geltung der neuen Regelung für den
Streitfall nicht ankommt. Eine Prüfung, ob die durch die Mitwirkung des Patent-
anwalts entstandenen Gebühren notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO sind, findet aufgrund der Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG (§ 140
Abs. 5 MarkenG a.F.) nicht statt (vgl. OLG Karlsruhe AnwBl. 1989, 106, 107;
Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 140 Rdn. 66; Althammer/Klaka, Markengesetz,
6. Aufl., § 140 Rdn. 18).
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IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Klägerin mit der Kostenfolge
aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Starck
Büscher
Schaffert