Urteil des BGH vom 15.04.2010

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Xa ZR 89/09 Verkündet
am:
15. April 2010
Wermes
Justizamtsinspektor
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bj, Ci; § 308 Nr. 5; § 309 Nr. 9
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der sich die Laufzeit
eines anlässlich eines Sportereignisses (hier: Fußball-Europameisterschaft)
angebotenen Vertrags über eine Rabattberechtigung (hier: "Fan BahnCard 25"-
Abonnement) über die ursprüngliche Laufzeit von drei Monaten hinaus um (je-
weils) ein Jahr verlängert, wenn der Vertrag nicht innerhalb bestimmter Frist vor
Laufzeitende gekündigt wird, ist weder nach § 309 Nr. 9 noch nach § 308 Nr. 5
BGB unwirksam und benachteiligt den Verbraucher auch nicht entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
BGH, Urteil vom 15. April 2010 - Xa ZR 89/09 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
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Der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. April 2010 durch die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Bacher und
Hoffmann
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 25. Juni 2009 verkündete Urteil des
1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wird auf
Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG
eingetragene Dachverband der Verbraucherzentralen in den Bundesländern,
begehrt von der Beklagten, einem Konzernunternehmen der Deutschen Bahn
AG, die Unterlassung der Verwendung von drei Klauseln in ihren allgemeinen
Geschäftsbedingungen.
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Die Beklagte bietet gegen eine Jahresgebühr persönliche Berechti-
gungskarten an, die dem Inhaber den Erwerb von Bahnfahrkarten zu einem um
25 % (BahnCard 25) oder 50 % (BahnCard 50) ermäßigten Preis ermöglichen.
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Im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft 2008 bot die Beklagte
zusätzlich zu ihrem regulären Angebot eine zunächst für die Zeit vom 1. April
bis zum 30. Juni 2008 gültige Berechtigungskarte unter der Bezeichnung "Fan
BahnCard 25" zum Preis von 19,-- € für die zweite Klasse und von 39,-- € für
die erste Klasse an. Der Bestellschein für die "Fan Bahncard 25", der von der
Beklagten in Umlauf gebrachten Werbeblättern beigelegt war, enthielt im Feld 3
"Ihre Unterschrift" vor der Unterschriftszeile u.a. folgende Klauseln:
"Ihre BahnCard verlängert sich künftig automatisch um jeweils ein
Jahr (reguläres BahnCard 25-Abo) zum Preis von zurzeit € 55,-
(2. Klasse) bzw. € 110,- (1. Klasse), es sei denn, Sie kündigen
schriftlich bis spätestens 30.06.2008 bzw. je nach erfolgter Verlän-
gerung 4 Wochen vor Laufzeitende bei der DB Fernverkehr AG,
BahnCard-Service, 60643 Frankfurt" (künftig: Klausel 1).
"Ihre neue BahnCard mit Passfoto und sechswöchiger Kündi-
gungsfrist zum Laufzeitende erhalten Sie jeweils ca. 3 Wochen vor
Ablauf der alten Karte zugeschickt" (künftig: Klausel 2).
Bei einer Bestellung der "Fan BahnCard 25" über das Internet waren die
hierfür geltenden Konditionen über den Link "Bedingungen für das Angebot
"Fan BahnCard 25" abrufbar. Dort hieß es unter Nr. 5.2:
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"Die Fan BahnCard 25 wird am Ende ihrer Gültigkeit nach Nr. 5.1
automatisch in ein reguläres BahnCard-Abonnement überführt,
wenn sie nicht bis 30. Juni 2008 bzw. je nach erfolgter Verlänge-
rung 4 Wochen vor Laufzeitende gekündigt wird" (künftig: Klau-
sel 3).
Unter Nr.
5.1 der Bedingungen war geregelt, dass die
"Fan BahnCard 25" im Zeitraum gemäß Nr. 5.2 gelte und dass sich die Gültig-
keit für jedes gewonnene Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft bei
der Europameisterschaft 2008 um jeweils einen Kalendermonat verlängere,
längstens bis zum 31. Dezember 2008.
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Der Kläger sieht hierin eine unangemessene Benachteiligung der
Verbraucher und hat beantragt, der Beklagten zu untersagen, die Klauseln 1 bis
3 oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über eine
BahnCard 25, bei denen sich das Angebot auf ein bestimmtes, zeitlich begrenz-
tes Angebot (hier: Fußball-Europameisterschaft 2008) bezieht, und bei denen
die Ursprungslaufzeit maximal neun Monate beträgt, mit Verbrauchern einzube-
ziehen und sich bei der Abwicklung von nach dem 1. April 1977 geschlossenen
Verträgen auf diese Klauseln zu berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos
geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der
Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet:
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Die Verlängerungsklauseln 1 und 3 seien wirksam. Das Klauselverbot
des § 309 Nr. 9 b BGB sei nicht anwendbar. Der BahnCard-Vertrag sei weder
ein Dauerschuldverhältnis im Sinne dieser Vorschrift noch werde eine Verlänge-
rung um mehr als ein Jahr vorgesehen. Ebenso wenig fielen die beanstandeten
Klauseln in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 5 BGB. Diese Vorschrift set-
ze eine fingierte Erklärung des Kunden voraus. Der als Rahmenvertrag zu qua-
lifizierende BahnCard-Vertrag begründe indessen ein Dauerschuldverhältnis,
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bei dem die Verlängerung über die Ursprungslaufzeit hinaus bereits bei Ab-
schluss des Vertrags vereinbart werde. Die beanstandeten Verlängerungsklau-
seln hielten auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand und ver-
stießen nicht gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenz-
gebot. Nach der Gesamtabwägung aller für und gegen eine Verlängerung der
BahnCard sprechenden Umstände sei eine unangemessene Benachteiligung
der Kunden der Beklagten und damit eine Unwirksamkeit der beanstandeten
Laufzeitklauseln zu verneinen. Die Vertragsverlängerung führe nicht zu einer
erheblichen Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Kunden der Beklagten.
Diese seien nicht verpflichtet, das Rabattangebot zu nutzen. Der lediglich in
einer überschaubaren finanziellen Belastung bestehenden Bindung des Kunden
stehe ein berücksichtigenswertes Interesse der Beklagten gegenüber, Kunden
durch die Überführung des Fan BahnCard-Vertrages in ein reguläres Abonne-
ment längerfristig zu binden. Beide Klauseln seien hinsichtlich der Kündigungs-
bedingungen klar und unmissverständlich. Dass Kunden der Beklagten die Ur-
sprungslaufzeit und damit den Lauf der Kündigungsfrist selbst berechnen müss-
ten, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da die Fristen rechnerisch leicht
zu ermitteln seien.
Ebenso wenig verstoße Klausel 2 gegen das Transparenzgebot. Da die
Klausel unmittelbar im Anschluss an die Regelung der vierwöchigen Kündi-
gungsfrist für die Ursprungslaufzeit und nicht an versteckter Stelle unterge-
bracht sei, könne auch der juristisch nicht vorgebildete Durchschnittskunde bei
Anwendung der zu erwartenden Sorgfalt der Klausel mit hinreichender Deut-
lichkeit entnehmen, dass sich die Kündigungsfrist für den regulären
BahnCard-Vertrag auf sechs Wochen verlängere.
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II. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
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1. Das
Berufungsgericht
hat den vom Kläger hinsichtlich der Klausel 1
geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Recht verneint. Zutreffend hat
es angenommen, dass diese Klausel weder in den Anwendungsbereich des
§ 309 Nr. 9 BGB noch des § 308 Nr. 5 BGB fällt und auch nicht nach § 307
BGB unwirksam ist.
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a) § 309 Nr. 9 BGB erfasst lediglich Vertragsverhältnisse, die die re-
gelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst-
oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand haben. Das Beru-
fungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der BahnCard-Vertrag kein
Dauerschuldverhältnis in diesem Sinn darstellt, da er die Beklagte für sich ge-
nommen nicht zur (regelmäßigen) Erbringung von Beförderungsdienst-
leistungen verpflichtet, sondern als Rahmenvertrag dem Kunden lediglich einen
Anspruch vermittelt, während der Laufzeit Beförderungsdienstleistungen zu er-
mäßigten Preisen zu erwerben. Unabhängig hiervon greift das Verbot des § 309
Nr. 9 b BGB auch deshalb nicht ein, weil die in der beanstandeten Klausel vor-
gesehene Verlängerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.
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b) Nach § 308 Nr. 5 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, nach der
bei Unterlassung einer bestimmten Handlung eine Erklärung des Vertragspart-
ners des Verwenders fingiert wird, sofern dem Kunden nicht eine angemessene
Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt wird und der Ver-
wender sich nicht verpflichtet, bei Beginn der Frist auf die besondere Bedeu-
tung des Verhaltens besonders hinzuweisen. Zutreffend hat das Berufungsge-
richt auch die Anwendbarkeit dieser Vorschrift verneint. Der BahnCard-Vertrag
begründet ein Dauerschuldverhältnis, bei dem eine Verlängerung über die Erst-
laufzeit hinaus bereits bei Abschluss des Vertrags vereinbart wird. Die Ver-
tragsverlängerung mangels rechtzeitiger Kündigung beruht nicht auf einer fin-
gierten Erklärung des Kunden, sondern auf der bereits bei Abschluss des Ver-
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trages für den Fall des "Schweigens" des Kunden getroffenen Vereinbarung
(BGHZ 100, 373, 380; Dammann in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht,
5. Aufl., § 308 Nr. 5 Rdn. 17; Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht,
6. Aufl., § 308 Nr. 5 Rdn. 6). Der Annahme, dass Verlängerungsklauseln der
beanstandeten Art nicht auf die Verlängerung eines fortbestehenden Schuld-
verhältnisses gerichtet, sondern als fingierter Abschluss eines erneuten Er-
werbs eines Rechts auf Rabatt bei nachfolgenden Personenbeförderungsver-
trägen anzusehen sind (so Woitkewitsch, MDR 2006, 541, 542; Palandt/
Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 308 Rdn. 29), steht bereits der Wortlaut der Klau-
sel entgegen.
c) Eine Unwirksamkeit der Klausel 1 unter dem Gesichtspunkt der
Überraschung (§ 305c Abs. 1 BGB) ist im Verbandsklageverfahren nicht zu prü-
fen.
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d) Die beanstandete Verlängerungsklausel unterliegt indessen gemäß
§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle. Dieser hält sie - wie das Beru-
fungsgericht zutreffend angenommen hat - stand. Die betroffenen Kunden der
Beklagten werden durch die in der Klausel vorgesehene einjährige Verlänge-
rung der Vertragslaufzeit nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB benachteiligt.
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aa) Da es an einem gesetzlichen Leitbild für BahnCard-Verträge fehlt, ist
die Angemessenheit der Verlängerungsklausel nicht am Maßstab des § 307
Abs. 2 Nr. 1 BGB zu prüfen, sondern anhand einer Interessenabwägung nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu ermitteln.
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Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der
Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interes-
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sen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vor-
neherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen
angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die Anwendung dieses Maßstabs
setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus.
Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertrags-
partners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des
AGB-Verwenders gerechtfertigt ist (BGH, Urt. v. 01.02.2005 - X ZR 10/04, NJW
2005, 1774, 1775; BGH, Urt. v. 19.12.2007 - XII ZR 61/05, NJW-RR 2008, 818
Tz. 17, jeweils m.w.N.).
bb) Die Wertung des Berufungsgerichts, dass die Gesamtabwägung aller
für und gegen eine automatische Verlängerung sprechenden Umstände keine
unangemessene Benachteiligung des Kunden ergebe, hält der Nachprüfung
stand.
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(1) Mit der "Fan BahnCard 25" wollte die Beklagte das Interesse an
Bahnfahrten im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft nutzen,
um Kunden "probeweise" den Preisvorteil der BahnCard 25 anzubieten und
diejenigen, die hiervon Gebrauch machten, nach Möglichkeit dauerhaft an sich
zu binden, ohne dass die betreffenden Kunden hierzu erneut aktiv werden
mussten. Dieses legitime Interesse rechtfertigte es, einen Übergang des "Fan
BahnCard 25"-Vertrags in einen regulären BahnCard-Vertrag vorzusehen, so-
fern der Kunde nicht durch eine Kündigungserklärung anderweitig disponierte.
Zog der Kunde einen regulären BahnCard-Vertrag von vornherein nicht in Be-
tracht, konnte er die "Fan BahnCard 25" unmittelbar nach ihrem Erwerb zum
Ende ihrer Laufzeit kündigen. Entschied er sich später gegen eine Fortsetzung
des Vertrages, konnte er noch vier Wochen vor Laufzeitende kündigen. Damit
war sein Dispositionsinteresse ausreichend geschützt.
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(2) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich eine unangemessene
Benachteiligung nicht daraus, dass die Verlängerungsfrist länger ist als die Erst-
laufzeit. Aus § 309 Nr. 9 BGB, der bei Dauerschuldverhältnissen eine Höchst-
laufzeit von zwei Jahren und für Verlängerungen eine Obergrenze von einem
Jahr vorsieht und dessen Wertungen grundsätzlich auch in die Interessenab-
wägung im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB einzubeziehen sind (BGH, Urt. v.
04.12.1996 - XII ZR 195/95, NJW 1997, 739, 740), kann nicht ein allgemeiner
Rechtsgedanke abgeleitet werden, nur im Verhältnis zur Erstlaufzeit erheblich
kürzere Verlängerungsfristen seien gerechtfertigt. Es trifft zwar zu, dass das
Interesse des Kunden am Erhalt seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit und
am Schutz vor ungewollten finanziellen Belastungen bei der Beurteilung von
Verlängerungsklauseln grundsätzlich stärker ins Gewicht fällt als bei der Prü-
fung der Angemessenheit der Erstlaufzeit. Hieraus folgt, dass in der Regel nur
eine hinter der Erstlaufzeit zurückbleibende Verlängerungszeit angemessen ist
(Fuchs aaO, § 307 Rdn. 189; Staudinger/Coester, BGB, Bearb. 2006, § 307
Rdn. 535). So verhält es sich insbesondere, wenn die Erstlaufzeit die nach
§ 309 Nr. 9 a BGB zulässige oder - außerhalb des Anwendungsbereichs dieser
Vorschrift - nach der Interessenabwägung im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB
für den betreffenden Vertragstyp als (noch) angemessen zu erachtende Höchst-
grenze ausschöpft. Ist jedoch wie im vorliegenden Fall die Erstlaufzeit deutlich
kürzer als ein Jahr, ist eine über die Erstlaufzeit hinausgehende Verlängerungs-
zeit nicht in jedem Fall als unwirksam anzusehen. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn die Verlängerung wie hier nicht über die in § 309 Nr. 9 b BGB genannte
und auch außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung als Richt-
schnur anzusehende Höchstgrenze von einem Jahr hinausgeht. Macht der
Kunde von der Möglichkeit keinen Gebrauch, durch eine Kündigung den Über-
gang in einen regulären BahnCard-Vertrag zu verhindern, ist es nicht unange-
messen, wenn für ihn fortan dieselben Kündigungsfristen gelten, wie sie auch
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sonst bei BahnCard-Verträgen Anwendung finden und nicht zu beanstanden
sind.
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(3) Die Unangemessenheit der Verlängerung kann auch nicht daraus
abgeleitet werden, dass die Kosten der BahnCard für die Erstlaufzeit - wie die
Revsion geltend macht - in einem Missverhältnis zu den Kosten der Verlänge-
rung stünden. Abgesehen davon, dass Vereinbarungen über das zu zahlende
Entgelt nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen (BGHZ 161, 189,
190 f.; 148, 74, 78), trifft das Argument der Revision auch in der Sache nicht zu.
Bei einer regulären BahnCard 25 für die 2. Klasse beträgt die finanzielle Belas-
tung 4,58 € pro Monat. Bei einer "Fan BahnCard 25" der zweiten Klasse beläuft
sich die monatliche Belastung im für den Kunden ungünstigsten Fall (Geltungs-
dauer drei Monate bis 30.06.2008) auf 6,33 € und in dem für den Kunden güns-
tigsten Fall (Geltungsdauer neun Monate bis 31.12.2008) auf 2,11 €.
(4) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Unangemes-
senheit der beanstandeten Klausel ergebe sich daraus, dass der Kunde durch
die Vertragskonstellation Gefahr laufe, die Kündigungsfrist aus dem Auge zu
verlieren. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war dem Ge-
setzgeber bewusst, dass ohne Zutun des Kunden eintretende Vertragsverlän-
gerungen erfahrungsgemäß oft übersehen oder vergessen werden
(BT-Drucks. 7/3919, S. 37). Dennoch hat er von einer ausdrücklichen Verbots-
regelung abgesehen. Die von der Revision vorgetragenen Gründe, warum die
vorliegende Konstellation sich in diesem Punkt von anderen Dauerschuld-
verhältnissen, insbesondere von dem vom Bundesgerichtshof bereits entschie-
denen Fall eines Vertrages über die Nutzung eines Fitness-Centers (BGH, Urt.
v. 04.12.1996, aaO) unterscheiden soll, schlagen nicht durch. Beim BahnCard-
Vertrag gilt wie beim Vertrag über die Nutzung eines Fitness-Centers, dass der
Kunde nicht verpflichtet ist, das Angebot zu nutzen, den Vertrag aber typi-
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scherweise deshalb schließt, weil er es nutzen will. Somit kann aus dem Um-
stand, dass eine Nichtnutzung der "Fan BahnCard 25" die Gefahr vergrößern
mag, dass der Kunde die Kündigungsfrist übersieht, kein besonderes Schutz-
bedürfnis abgeleitet werden, zumal die relativ kurze Erstlaufzeit dem Risiko
entgegenwirkt, dass die Kündigungsmöglichkeit aus dem Blick gerät. Dass dem
Inhaber einer BahnCard die Vertragslaufzeit nicht ständig durch eine monatli-
che Belastung mit einer Geldleistung vor Augen geführt wird, rechtfertigt hier-
nach ebenfalls keine andere Beurteilung.
(5) Die Revision macht schließlich ohne Erfolg geltend, dass die bean-
standete Verlängerungsklausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1
Satz 2 BGB verstoße, weil der letzte mögliche Kündigungszeitpunkt nicht klar
erkennbar sei, sofern sich die Laufzeit entsprechend der Zahl der von der deut-
schen Nationalmannschaft gewonnenen Spiele verlängere.
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Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners mög-
lichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine
Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich
erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Die
Anforderungen an die Transparenz richten sich hierbei auch danach, in wel-
chem Maße die Regelung - für den Verwender erkennbar - den Erwartungen
des Vertragspartners widerspricht. Abzustellen ist dabei nicht auf die Erkennt-
nismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners, sondern auf die Verständ-
nismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwar-
tenden Durchschnittskunden (BGHZ 106, 42, 49 f.; BGHZ 112, 115, 118; BGH,
Urt. v. 19.10.1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651, 652).
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Klausel 3 bestimmt klar und unmissverständlich, dass die Kündigung bis
zum 30. Juni 2008 ausgesprochen sein musste, wenn eine Überführung in ein
reguläres BahnCard-Abonnement nicht gewünscht war. Damit bestand auch
und gerade für Kunden, die sich nicht laufend über den Stand der Europameis-
terschaftsspiele unterrichten wollten, eine klare Regelung über den Kündi-
gungszeitpunkt. Die von der Revision beanstandete Kündigungsmöglichkeit in
Klausel 3 "bzw. je nach erfolgter Verlängerung 4 Wochen vor Laufzeitende"
stellt nicht eine an die Stelle der Kündigung bis zum 30. Juni 2008 tretende
Kündigungsmöglichkeit dar, sondern bot unter der Voraussetzung, dass die
deutsche Fußballnationalmannschaft Meisterschaftsspiele gewann, für diesen
Fall weitere Gelegenheiten zur Kündigung. Diejenigen Kunden, die den Verlauf
der Europameisterschaft nicht verfolgen wollten, mussten sich somit auf die
beanstandete Kündigungsmöglichkeit nicht einlassen. Wollte der Kunde hinge-
gen seine Kündigungserklärung bis zum letzten möglichen Zeitpunkt hinauszö-
gern, konnte von ihm erwartet werden, sich über die von der deutschen Natio-
nalmannschaft erzielten Spielergebnisse zu informieren und daraus den letzten
möglichen Kündigungstermin zu ermitteln.
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2. Die Ausführungen zur Klausel 1 gelten für die Klausel 3 entspre-
chend.
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Soweit die Revision hinsichtlich der Klausel 3 zusätzlich geltend macht,
dass diese gegen das Transparenzgebot verstoße, weil darin der Preis für die
reguläre BahnCard 25 nicht genannt werde, kann dahinstehen, ob sie mit die-
sem erstmals im Revisionsverfahren geltend gemachten Gesichtspunkt gehört
werden kann. Denn dieser Angriff ist jedenfalls in der Sache unbegründet. Die
beanstandete Klausel ist unter der Nr. 5.2 in den mit "Geltungsdauer" über-
schriebenen Abschnitt 5 der "Bedingungen für das Angebot ’Fan BahnCard 25’"
eingestellt. Im selben Abschnitt befindet sich unter der Nr. 5.3 der Hinweis, dass
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vor Ablauf der Geltungsdauer der "Fan BahnCard 25" die neue Karte zu dem
jeweils aktuellen Preis nach Nr. 2.1.3 der BahnCard-Bedingungen ausgegeben
werde. Aufgrund des unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs ist den Anfor-
derungen an die Transparenz Genüge getan.
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3. Auch hinsichtlich der Klausel 2 hat die Revision keinen Erfolg. Auf-
grund der Gestaltung des Bestellformulars kommt - wovon das Berufungsge-
richt zutreffend ausgegangen ist - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass für
das sich an die "Fan
BahnCard
25" anschließende reguläre Bahn-
Card 25-Abonnement eine von der für die ursprüngliche Laufzeit geltenden ab-
weichende, sechswöchige Kündigungsfrist gilt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Meier-Beck
Keukenschrijver
Mühlens
Bacher
Hoffmann
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 19.12.2008 - 2/2 O 262/08 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 25.06.2009 - 1 U 7/09 -