Urteil des BGH vom 28.05.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 410/12
Verkündet am:
28. Mai 2014
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
CISG Art. 1, Art. 4, Art. 8, Art. 30, Art. 31
a) Eine in einem dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) unterfallenden Kaufvertrag
enthaltene Rückkaufverpflichtung untersteht in Umkehrung der Pflichten des ur-
sprünglich geschlossenen Kaufvertrags ebenfalls den Bestimmungen des CISG.
b) Die Auslegung eines solchen Vertrags beurteilt sich auch dann nach den in Art. 8
CISG aufgestellten Regeln, wenn es sich um einen von einer Partei verwendeten
Formularvertrag handelt (Fortführung des Senatsurteils vom 31. Oktober 2001
- VIII ZR 60/01, BGHZ 149, 113, 116 f.). Dabei findet die Regel Anwendung, dass
unklare Erklärungen "contra proferentem" auszulegen sind, Mehrdeutigkeiten also zu
Lasten des Verwenders der von ihm gestellten Bedingung gehen.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 410/12 - OLG München
LG München I
- 2 -
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2014 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger als
Vorsitzende sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider, Dr. Bünger und
Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 10. Dezember 2012 aufge-
hoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 23. Zivilkammer
des Landgerichts München I vom 27. Januar 2012 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine in Belgien ansässige Leasinggeberin in der Freizeit-
industrie, die in München ansässige Beklagte stellt Bowlingbahnen her. Im No-
vember 2004 kaufte die Klägerin von der Beklagten 20 Bowlingbahnen mit Zu-
behör und schloss darüber mit der A. B. C. GmbH (im Folgen-
den: ABC) einen Leasingvertrag. Der von der Klägerin mit der Beklagten ge-
schlossene, auf Englisch abgefasste und mit "Equipment purchase and re-
purchase agreement" überschriebene Vertrag enthält in Abschnitt F "Repurcha-
1
- 3 -
se agreement" eine Rückkaufvereinbarung, die unter anderem folgende Rege-
lungen enthält:
"1. In the event the Client [= ABC] does not exercise its purchase option
under the Lease Agreement, or in the event of a termination of the
Lease Agreement by F. [= Klägerin] due to a default by the
Client, or a filing for bankruptcy by Client, or in the event that bank-
ruptcy proceedings are commenced by, or petitions filed by or against
Client, under any bankruptcy, administration, liquidation or dissolution
procedure, and such proceedings are not withdrawn within seven (7)
days, and on the written request of F. made within a reasona-
ble time after any such event (at F. sole discretion) SELLER
[= Beklagte] shall purchase the Equipment from F. , as is,
where is, at the Repurchase Price on the date of such written request
as defined in Article A.
[
…]
"9. F. shall not be under any obligation to sell the Equipment to
SELLER pursuant to the terms thereof but once F. shall have
sold or otherwise disposed of the Equipment to a person other than
SELLER, the liability of SELLER hereunder shall cease. [
…]”
In den Jahren 2007 und 2008 kam es zu einem Rechtsstreit zwischen
der Klägerin und der ABC wegen ausstehender Leasingraten. Im Dezember
2008 verpflichtete sich die ABC im Rahmen eines Vergleichs, an die Klägerin in
drei Raten 88.403 € zu zahlen sowie ab Dezember 2008 die Zahlungen gemäß
einem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan wieder aufzunehmen. Mit
Schreiben vom 16. Oktober 2009 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag mit
der ABC und begründete dies damit, dass die ABC ihren Zahlungsverpflichtun-
gen aus dem Vergleich nicht nachgekommen sei. Hierauf gestützt, forderte die
Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 unter Hinweis auf
die Rückkaufvereinbarung und die dort mit zeitlicher Staffelung festgelegten
Rückkaufpreise zur Zahlung von 1
00.000 € bis zum 23. Oktober 2009 auf. Über
das Vermögen der ABC, für die bereits im September 2009 ein vorläufiger In-
2
- 4 -
solvenzverwalter eingesetzt worden war, wurde am 1. Januar 2010 das Insol-
venzverfahren eröffnet.
Am 30. Januar 2010 schloss die Klägerin mit der M. J. F. C.
GmbH (im Folgenden: MJFC) über die Bowlingbahnen einen Leasingvertrag zu
einer monatlichen Leasingrate von 2.839 €. Die MJFC betrieb die Bahnen in
demselben Gebäude wie die ABC. Der Leasingvertrag sollte bis 2015 laufen.
Nach den Behauptungen der Klägerin hat die MJFC Leasingraten aber nur für
die Zeit von September bis Dezember 2010 in Höhe von
insgesamt 11.356 €
gezahlt. Danach habe die MJFC die Zahlungen eingestellt und sei "verschwun-
den", weshalb der Leasingvertrag fristlos gekündigt worden sei.
Im Mai 2011 baute die Beklagte, die eine Verpflichtung zum Rückkauf
verneint und behauptet hat, dass die Bowlingbahnen beschädigt und unvoll-
ständig gewesen seien, nach einem umfangreichen Schriftwechsel mit der Klä-
gerin auf deren Aufforderung verschiedene Elemente der 18 noch vorhandenen
Bowlingbahnen aus und nahm sie an sich. Sie traf dabei mit der Firma K. ,
der Eigentümerin des Betriebsgrundstücks, u.a. folgende Abrede:
"
[…] wie telefonisch mit Ihrem Herrn D. besprochen, werden wir die
Maschinen und die Scoringanlage aus der Bowlingbahn in A. aus-
bauen. Die Bahnen selbst und die dazugehörige fest verbundene Ein-
richtung verbleibt in den Räumen. Damit sind Sie einverstanden. Ein
weiterer Ausbau ist nicht veranlasst und wird von Ihnen nicht verlangt.
Wir bitten Sie auch das Einverständnis von F. zum Verbleib der
Bahnen bei Ihnen dort einzuholen. […]"
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Rückkaufvereinbarung auf Zah-
lung von zuletzt noch
90.061,99 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung
der Ansprüche aus dem Leasingvertrag zwischen ihr und der ABC mit Ausnah-
me bereits bestehender fälliger Ansprüche auf Leasingraten sowie gegen Abtre-
tung aller Ansprüche aus einer für die Leasingverpflichtungen der ABC von ei-
3
4
5
- 5 -
nem Dritten gestellten Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Be-
klagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils bis auf einen Teil des
Zinsanspruchs antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revi-
sion erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (OLG München, Urteil vom 10. Dezember 2012
- 19 U 842/12, juris) hat zur Begründung, soweit für das Revisionsverfahren von
Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin könne aus der im Streit stehenden Rückkaufvereinbarung
von der Beklagten den Rückkauf der verleasten Bowlinganlage beanspruchen.
Der danach erforderliche Rückkauffall sei allein schon durch die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ABC eingetreten. Die Rückkauf-
vereinbarung sei ungeachtet etwaiger rechtlicher Bedenken gegen die darin
vorgesehene "Selbstbeschaffungspflicht" der Beklagten auch wirksam. Denn in
diesem Fall ergäbe sich eine Herausgabepflicht der Klägerin, der sie im Ergeb-
nis genügt habe. Zum einen habe die Beklagte nämlich die Anlage nach der mit
der Firma K. getroffenen Abrede wieder an sich genommen. Zum anderen
gelte die Rückkaufware gemäß § 377 Abs. 2 BGB als genehmigt, da die Be-
klagte die Unvollständigkeit des Rückkaufguts nicht gemäß § 377 Abs. 1 BGB
gerügt habe und das Gesetz eine "Vorabrüge" durch die vor dem Ausbau datie-
renden Schreiben der Beklagten nicht kenne. Zudem habe die nach den Um-
6
7
8
- 6 -
ständen darlegungspflichtige Beklagte eine Unvollständigkeit der Anlagen auch
nicht dargelegt. Soweit sie den Standpunkt vertreten habe, dass der Rückkauf-
vertrag noch nicht zustande gekommen und sie nicht Eigentümerin des Rück-
kaufguts geworden sei beziehungsweise habe werden wollen, könne sie sich
hierauf gemäß § 242 BGB nicht berufen, weil sie jederzeit zum Abschluss des
Rückkaufvertrags und zur Entgegennahme der Ware verpflichtet gewesen sei.
Im Übrigen ergebe sich aus dem anlässlich des Ausbaus geführten Schrift-
wechsel, dass die Übereignung des Rückkaufguts im Rahmen des Ausbaus
zumindest konkludent stattgefunden habe.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung schon im Ausgangspunkt
nicht stand.
Der Klägerin steht der geltend gemachte (Rück-)Kaufpreisanspruch nicht
zu. Die Revision macht mit Recht geltend, dass die auf Abschnitt F 1 des Ver-
trages gestützte Rückkaufverpflichtung der Beklagten nach Abschnitt F 9 der
Rückkaufvereinbarung erloschen ist, weil die Klägerin die Bowlingbahnen an
die MJFC weiterverleast hat.
1. Anders als das Berufungsgericht meint, beurteilt sich der zwischen
den Parteien geschlossene Vertrag nicht nach dem unvereinheitlichten deut-
schen Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern nach dem Übereinkom-
men der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf
(CISG). Zwar ist in Abschnitt F 14 des Vertrages geregelt, dass die Überein-
kunft und die daraus folgenden Rechte und Pflichten der Parteien dem deut-
schen Recht unterliegen. Eine solche, hier nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 27
9
10
11
- 7 -
Abs. 1 EGBGB in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (vgl.
Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des internationalen
Privatrechts an die Verordnung [EG] Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 [BGBl. I
S. 1574]; im Folgenden: EGBGB aF) zu beurteilende Rechtswahl führt jedoch,
da es sich bei dem zur Beschaffung der Leasinggegenstände geschlossenen
Vertrag um einen Kaufvertrag über Waren handelt (vgl. MünchKommHGB/
Benicke, 3. Aufl., Art. 1 CISG Rn. 13 mwN) und die Parteien ihre Niederlassung
in verschiedenen Vertragsstaaten haben, gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB aF,
Art. 1 Abs. 1 Buchst. b CISG zur Anwendbarkeit des UN-Kaufrecht-
übereinkommens (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - VIII ZR 259/97,
WM 1999, 868 unter III 1).
Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass Rückkaufverpflichtun-
gen in Leasingverhältnissen, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Ge-
setzbuchs zu beurteilen sind, kaufrechtlichen Regeln folgen (zuletzt Senatsurteil
vom 19. März 2003 - VIII ZR 135/02, WM 2003, 1092 unter II 2; ferner etwa
MünchKommBGB/Koch, 6. Aufl., Finanzierungsleasing Rn. 56; Wolf/Eckert/Ball,
Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl.,
Rn. 1956; jeweils mwN). Gleiches gilt für die hier streitige Verpflichtung der Be-
klagten, die als Kauf im Sinne von Art. 1 Abs. 1 CISG anzusehen ist.
Bei der Rückkaufvereinbarung geht es ungeachtet ihres leasingspezi-
fischen Hintergrunds und der damit einhergehenden Besonderheiten bei der
näheren Vertragsausgestaltung im Kern um Vertragspflichten, wie sie - nur in
Umkehrung der Pflichten des ursprünglich zur Beschaffung der Leasinggegen-
stände geschlossenen Kaufvertrags - kaufvertragstypisch für die Verkäuferseite
in Art. 30 CISG (Lieferung und Eigentumsübertragung) und für die Käuferseite
in Art. 53 CISG (Kaufpreiszahlung und Abnahme) geregelt sind (vgl. Ferrari in
Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl.,
12
13
- 8 -
Art. 1 Rn. 22, 28; Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer, aaO, Vor Artt. 14 - 24
Rn. 41; Staudinger/Magnus, Wiener UN-Kaufrecht, Neubearb. 2013, Art. 1
Rn. 22; Enderlein/Maskow, International Sales Law, 1992, Art. 1 Anm. 1). Die
Vereinbarung, dass die Bowlingbahnen zum Zwecke der Lieferung und Eigen-
tumsübertragung von der Beklagten selbst ausgebaut werden sollten, steht de-
ren Eigenschaft als Ware im Sinne von Art. 1 Abs. 1 CISG nicht entgegen
(Saenger in Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht,
2. Aufl., Art. 1 CISG Rn. 6 mwN). Auch entfernt sich eine derart vereinbarte Er-
füllungsmodalität nicht so weit von dem in Art. 30 f. CISG beschriebenen Pflich-
tenkreis eines Verkäufers, dass schlechthin nicht mehr von einem Kauf gespro-
chen werden könnte (vgl. Piltz in Kröll/Mistelis/Viscasillas, UN-Convention on
the International Sales of Goods (CISG), 2011, Art. 30 CISG Rn. 11, Art. 31
Rn. 8 mwN; ebenso zum unvereinheitlichten deutschen Kaufrecht Senatsurteil
vom 19. März 2003 - VIII ZR 135/02, aaO).
2. Die in Abschnitt F 1 des Vertrages vereinbarte Rückkaufverpflichtung
der Beklagten ist jedoch - was das Berufungsgericht trotz mehrfacher Hinweise
der Beklagten übergangen hat - nach Abschnitt F 9 des Vertrages nachträglich
dadurch entfallen, dass die Klägerin im Jahre 2010 die Bowlinganlage an die
MJFC weiterverleast hat. Denn diese Klausel, die der Senat allein schon des-
halb selbst auslegen kann, weil das Berufungsgericht dies unterlassen hat und
weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober
2008 - VIII ZR 283/07, NJW 2009, 62 Rn. 11 mwN), schließt als Erlöschens-
grund für die Rückkaufverpflichtung ("the liability of seller hereunder shall
cease") auch das Weiterverleasen der Bowlinganlage an einen Dritten ein.
a) Zwar ist der in der von der Klägerin gestellten Klausel bezeichnete Er-
löschensgrund, nämlich dass "once F. shall have [
…] otherwise disposed
of the Equipment to a person other than seller", mehrdeutig, weil die darin ge-
14
15
- 9 -
brauchte Wendung "otherwise disposed of" sowohl nach ihrem Wortlaut als
auch ihrem Sinnzusammenhang unterschiedliche Verständnismöglichkeiten
zulässt und nur nach einer dieser Möglichkeiten auch ein Verleasen darunter
fällt. Diese Mehrdeutigkeit geht jedoch zu Lasten der Klägerin als Verwenderin
des von ihr gestellten Formularvertrags.
aa) Mit dem englischen Verb "to dispose of" wird zwar vielfach die Be-
deutung eines Verfügens, Veräußerns oder Verkaufens, also der endgültigen
Überlassung einer Sache oder eines Rechts an einen Dritten, verbunden (vgl.
von Beseler/Jacobs-Wüstefeld, Law Dictionary Englisch - Deutsch, 4. Aufl.,
S. 569; Dietl/Lorenz, Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik, Teil I Eng-
lisch-Deutsch, 6. Aufl., S. 247; Allen, The Concise Oxford Dictionary of Current
English, 8. Aufl., S. 337). Darin erschöpft sich die Wortbedeutung in der
Rechtssprache aber nicht. Es ist vielmehr, insbesondere in einer Reihe von Le-
galdefinitionen in Rechtsakten des englischsprachigen Raums, auch ein das
Verleasen der Sache einschließendes Verständnis anzutreffen; so heißt es bei
Saunders (Words and Phrases legally defined, 3. Aufl., Vol. 2, S. 91 f.; ähnlich
etwa die Definitionen in art. 2 [a] des maltesischen Disposal of Government
Land Act von 1977, in sec. 18 des Property Law Act des australischen Bun-
desstaats Victoria von 1958 oder in part XII sec. 205 des englischen Law of
Property Act von 1925): "
’Disposal’ means disposal by way of sale, exchange or
lease […]".
bb) Ebenso wenig lässt sich die Bedeutung des "otherwise disposed of"
nach dem Sinnzusammenhang der Klausel auf eine endgültige Überlassung der
Leasinggegenstände an einen Dritten in dem Sinne reduzieren, dass es nur
eine dem "sold" vergleichbare endgültige Veräußerung meint. Denn etwa
dadurch, dass ein Eintritt des Rückkauffalls in Abschnitt F 1 des Vertrages an
eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrags aufgrund von Vertragsverlet-
16
17
- 10 -
zungen des Leasingnehmers oder an einen schwerwiegenden Bonitätsverlust
des Leasingnehmers geknüpft ist, kommt der Verpflichtung zum Rückkauf der
Leasinggegenstände in ihrem jeweiligen Zustand zu einem in bestimmter Höhe
von vornherein festgelegten Preis in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zugleich
eine der Ausfallgarantie oder -bürgschaft ähnliche Sicherungsfunktion für die
ordnungsgemäße Erfüllung des Leasingvertrags durch den bei Vertragsbeginn
vorgesehenen Leasingnehmer zu (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1990
- VIII ZR 280/88, NJW 1990, 2546 unter II 4 b).
Die mit der Rückkaufvereinbarung verfolgte Risikoübernahme des Liefe-
ranten für die ordnungsgemäße Abwicklung eines bestimmten, hier nach der
Vertragspräambel auf die ABC als "Client" abzielenden Leasingverhältnisses,
um das hierauf bezogene Amortisationsinteresse des Leasinggebers zu ge-
währleisten, würde jedoch uferlos ausgeweitet, wenn der Leasinggeber es in
der Hand hätte, anderweit über den Leasinggegenstand zu verfügen und bei
Fehlschlagen der Disposition - wie hier durch ein Weiterverleasen - das damit
eingegangene Risiko über die Rückkaufverpflichtung bei dem Lieferanten zu
belassen, obgleich dieser weder auf die Auswahl des neuen Vertragspartners
noch auf Art und Umfang des künftigen Gebrauchs der Leasingsache und eine
dadurch bedingte Zustandsverschlechterung Einfluss nehmen kann. Eine nach
beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Rückkaufklausel kann deshalb
auch für ein nach dem Wortlaut mögliches weites Verständnis des "otherwise
disposed of" dahin sprechen, dass bereits ein Weiterverleasen der Leasingsa-
che an Dritte angesichts des sonst für den Lieferanten nicht mehr überschauba-
ren Inanspruchnahmerisikos die Rückkaufverpflichtung zum Erlöschen bringen
sollte.
18
- 11 -
b) Diese unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten von Abschnitt F 9
des Vertrages wirken sich zum Nachteil der Klägerin aus, die die Klausel ge-
stellt hat.
aa) Die Auslegung von Verträgen, die dem UN-Kaufrechtsüberein-
kommen unterfallen, beurteilt sich gemäß Art. 4 Satz 1 CISG abschließend
nach den in Art. 8 CISG für die Vertragsauslegung aufgestellten Regeln. Das
gilt auch für die Auslegung in den Verträgen enthaltener Allgemeiner Ge-
schäftsbedingungen (Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 - VIII ZR 60/01, BGHZ
149, 113, 116 f.; Schmidt-Kessel in Schlechtriem/Schwenzer, aaO, Art. 8
Rn. 59; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 8 Rn. 18). Es ist weder vorgetragen noch
ersichtlich, dass die Vertragsparteien der in Abschnitt F 9 verwendeten Klausel
übereinstimmend einen bestimmten Sinn beigemessen hätten oder dass es
sich dabei etwa um eine in der gewählten Fassung weit verbreitete Standard-
bedingung handelte, die in den beteiligten Verkehrskreisen durchgängig nur in
einem bestimmten Sinne verstanden wird (vgl. Art. 8 Abs. 1 CISG; dazu
Schmidt-Kessel in Schlechtriem/Schwenzer, aaO). Eine vom Berufungsgericht
unter Bezugnahme auf leasingrechtliches Schrifttum (MünchKommBGB/Koch,
aaO, Rn. 56 ff.) angenommene weitgehende Üblichkeit solcher Rückkaufver-
pflichtungen bei Leasinggeschäften unter Kaufleuten lässt keine darüber hin-
ausgehenden Rückschlüsse auf eine Üblichkeit gerade der in Rede stehenden
Klausel in der konkret gewählten Formulierung und das ihr beizulegende Ver-
ständnis zu. Denn mit dieser Klausel hat sich das Berufungsgericht nicht be-
fasst.
bb) Der Beurteilung des Klauselinhalts ist deshalb Art. 8 Abs. 2 CISG zu-
grunde zu legen, wonach Erklärungen oder das sonstige Verhalten einer Partei
so auszulegen sind, wie eine vernünftige Person der gleichen Art wie die ande-
re Partei sie unter gleichen Umständen aufgefasst hätte. Dabei kommt die in-
19
20
21
- 12 -
ternational seit langem weit verbreitete Regel zur Anwendung, dass unklare
Erklärungen "contra proferentem" auszulegen sind, Mehrdeutigkeiten also zu
Lasten des Erklärenden - hier der Klägerin als der Verwenderin des Formular-
vertrags - gehen (vgl. Schmidt-Kessel in Schlechtriem/Schwenzer, aaO, Art. 8
Rn. 47, 59; Staudinger/Magnus, aaO; ferner etwa CISG Advisory Council
Opinion No. 13 - Inclusion of Standard Terms under the CISG, Rule 9,
IHR 2014, 34, 42; jeweils mwN). Hiernach ist der Auslegung von Abschnitt F 9
des Vertrages die der Klägerin ungünstigere Bedeutung zugrunde zu legen,
nach der die Rückkaufverpflichtung der Beklagten durch das Weiterverleasen
der Bowlinganlage an die MJFC erloschen ist.
c) Feststellungen zu einem nachträglichen Zustandekommen eines
Rückkaufvertrags hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Soweit es die Auf-
fassung vertritt, dass die Beklagte sich auf ein fehlendes Zustandekommen des
Rückkaufvertrags jedenfalls gemäß § 242 BGB nicht berufen könne, weil sie
jederzeit zu dessen Abschluss und zur Entgegennahme der Ware verpflichtet
gewesen wäre, trifft dies bereits wegen des zwischenzeitlichen Erlöschens der
Rückkaufpflicht nicht zu. Es kann dahin stehen, ob dem Berufungsgericht ge-
folgt werden kann, es ergebe sich aus dem Schriftwechsel vor und anlässlich
des Ausbaus, dass die Übereignung des Rückkaufguts im Rahmen des Aus-
baus zumindest konkludent stattgefunden habe. Selbst wenn das für diejenigen
Teile zuträfe, welche die Beklagte an sich genommen hat, könnte daraus noch
nicht gefolgert werden, dass sie die von ihr gerade in Abrede genommene
Rückkaufverpflichtung, noch dazu über die gesamte Anlage, von der wesentli-
che Teile in den Räumlichkeiten verblieben sind, wieder aufleben lassen wollte.
22
- 13 -
III.
Hiernach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben;
es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sa-
che selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.01.2012 - 23 O 25846/09 -
OLG München, Entscheidung vom 10.12.2012 - 19 U 842/12 -
23