Urteil des BGH vom 20.06.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 208/11
vom
20. Juni 2013
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO §§ 290, 296, 302 Nr. 1, § 184 Abs. 1
Ein Gläubiger hat jedenfalls dann ein rechtlich geschütztes Interesse daran, einen
Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen, wenn der Schuldner dem
angemeldeten Grund der Forderung als solcher aus einer vorsätzlich begangenen
unerlaubten Handlung widersprochen hat und der Widerspruch nicht beseitigt wor-
den ist.
BGH, Beschluss vom 20. Juni 2013 - IX ZB 208/11 - LG Hechingen
AG Hechingen
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
Grupp und die Richterin Möhring
am 20. Juni 2013
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Hechingen vom 29. Juni 2011 wird auf Kosten
des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
5.000
€ festgesetzt.
Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 6, 7 aF, § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO,
Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber nach § 574
Abs. 2 ZPO unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfor-
dert. Die Rechtsbeschwerdebegründung deckt einen solchen Zulässigkeits-
grund nicht auf.
1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es auf die als
rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Fragestellung, ob der Gläubigerin das erfor-
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derliche Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen ist, weil sie ihre Forderung trotz
Erteilung der Restschuldbefreiung gegen den Schuldner nach § 302 Nr. 1 InsO
durchsetzen könne, nicht an. Der Schuldner hat dem Forderungsgrund der vor-
sätzlich begangenen unerlaubten Handlung widersprochen; dieser Widerspruch
des Schuldners wurde in der Insolvenztabelle vermerkt. Solange der Wider-
spruch nicht beseitigt ist, ist die Forderung der Gläubigerin wie eine nicht aus-
genommene Forderung zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2007
- IX ZR 176/05, NZI 2007, 416 Rn. 11; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 41/10,
ZInsO 2011, 39 Rn. 7 f; Pape in Pape/Uhländer, InsO, § 302 Rn. 29).
2. Das Beschwerdegericht hat auch nicht die von der Rechtsprechung
geforderte Prüfung versäumt, ob die Versagung der Restschuldbefreiung un-
verhältnismäßig ist. Allerdings führen ganz geringfügige Pflichtverletzungen
nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zur Versagung der Rest-
schuldbefreiung. Dies wird regelmäßig dann angenommen, wenn der Schuldner
die unterlassene Auskunft von sich aus nachholt, bevor sein Fehlverhalten auf-
gedeckt und ein Versagungsantrag gestellt worden ist (BGH, Beschluss vom
19. Mai 2011 - IX ZB 142/11, ZInsO 2011, 1223 Rn. 5). Der Schuldner hat die
Sachverhalte, wegen derer ihm die Restschuldbefreiung versagt worden ist,
jedoch nicht selbst offenbart. Die Existenz der Lebensversicherungen hat der
Insolvenzverwalter selbst ermittelt, das Bankschließfach wurde dem Insolvenz-
verwalter durch den Hinweis eines Insolvenzgläubigers bekannt (vgl. BGH, aaO
Rn. 7). Damit scheidet eine Heilung des Verstoßes aus, auch wenn zu diesem
Zeitpunkt noch kein wirksamer Versagungsantrag gestellt war (vgl. BGH, Be-
schluss vom 3. Februar 2011 - IX ZB 99/09, ZInsO 2011, 447 Rn. 2; vom
10. März 2011 - IX ZB 198/09, nv Rn. 3).
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3. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht ge-
eignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
beizutragen (§ 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Kayser
Raebel
Lohmann
Grupp
Möhring
Vorinstanzen:
AG Hechingen, Entscheidung vom 29.03.2011 - 10 IN 147/04 - IN 152/04 -
LG Hechingen, Entscheidung vom 29.06.2011 - 3 T 31/11 -
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