Urteil des BGH vom 17.02.2010

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 259/08
Verkündet
am:
17.
Februar
2010
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MBKT 94 § 15a
Wird in einer Krankentagegeldversicherung die Versicherungsfähigkeit von einer
selbständigen Berufsausübung und der Erzielung regelmäßiger Einkünfte abhängig
gemacht, fallen diese Voraussetzungen nicht schon dann weg, wenn der Versicherte
sein berufliches Tätigkeitsfeld wechselt und dafür eine Übergangszeit benötigt und
noch keine regelmäßigen Einkünfte erzielt.
Insoweit reicht es aus, dass seine weitere Tätigkeit ernsthaft auf die Erzielung nach-
haltiger und in diesem Sinne regelmäßiger Einkünfte gerichtet und nicht ohne nach-
vollziehbare Aussicht auf Erfolg ist.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2010 - IV ZR 259/08 - OLG Köln
LG Köln
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsit-
zenden Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin Harsdorf-
Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2010
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivil-
senats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Dezember
2007 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den
20. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zwei Krankentagegeld-
versicherungen bei der Beklagten fortbestehen, ferner die Zahlung von
Krankentagegeld. Dem Versicherungsverhältnis liegt ein Gruppenversi-
cherungsvertrag mit einem Anwaltsverein am Sitz des Landgerichts
zugrunde, in dessen Bezirk der Kläger wohnt. Nach § 1 (1) dieses Grup-
penversicherungsvertrages sind die Mitglieder des Anwaltsvereins versi-
cherbar, sofern sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland
haben. Gemäß § 2 (1) Buchst. a des Gruppenversicherungsvertrages
sind Vertragsgrundlage unter anderem die Allgemeinen Bedingungen der
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Beklagten für die Krankentagegeldversicherung (im Folgenden: AVB-G)
sowie der Tarif GT2 (Rechtsanwälte). § 3 AVB-G lautet auszugsweise:
(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen
Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfäl-
len, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird.
Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Ar-
beitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vereinbartem
Umfang.
….
(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt
vor, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach
medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise
ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner ander-
weitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
Über das Ende der Versicherung trifft § 14 AVG-G u.a. folgende
Bestimmung:
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(1) Die Krankentagegeldversicherung endet bzw. wird
aufgelöst
a) bei Wegfall einer im Tarif oder im Gruppenversiche-
rungsvertrag bestimmten Voraussetzung für die Versi-
cherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die
Voraussetzung weggefallen ist.
In Nr. 4 des Tarifs GT2 ist vorgesehen:
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Versicherungsfähigkeit
Nach diesem Tarif ist versicherungsfähig, wer seinen Be-
ruf selbständig ausübt und aus dieser Tätigkeit regelmä-
ßige Einkünfte hat.
Der Kläger hat am 20. August 2002 die Zulassung als Rechtsan-
walt verloren, blieb aber Mitglied des Anwaltsvereins. Bis 31. März 2003
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arbeitete er mit dem Abwickler seiner Kanzlei zusammen und erzielte
weiterhin Einnahmen. Ab 1. April 2003 wurde ein anderer Abwickler ein-
gesetzt. Der Kläger wurde ab 4. September 2003 fortlaufend arbeitsun-
fähig krank geschrieben. Er ist seit 1. Juli 2006 wieder gesund und be-
treibt eine Praxis als selbständiger Mediator.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und der Widerklage
auf Rückzahlung bereits geleisteten Krankentagegelds stattgegeben. Da-
gegen wendet sich der Kläger mit der Revision.
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Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der
Sache an das Berufungsgericht.
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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Krankentagegeld-
versicherung sei gemäß § 14 (1) Buchst. a AVB-G beendet worden, weil
die in Nr. 4 GT2 näher umschriebene Versicherungsfähigkeit des Klägers
schon ab 1. April 2003 nicht mehr vorgelegen habe. Er habe bei seiner
Anhörung vor dem Landgericht erklärt, nach dem 31. März 2003 habe er
in seiner Kanzlei nur noch eine Art Notdienst verrichtet; er sei zwar
durchschnittlich einmal pro Woche anwesend gewesen, habe aber keine
Schriftsätze mehr gefertigt. Soweit der Kläger im Widerspruch dazu spä-
ter vorgetragen habe, dass er auch nach dem 31. März 2003 noch Man-
date weiter bearbeitet und Schriftsätze vorbereitet habe, sei dies nicht
plausibel und lasse insbesondere nicht erkennen, dass der Kläger noch
regelmäßige Einkünfte erzielt habe. Soweit der Kläger vorbringe, ab April
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2003 neue Mediationsmandate angebahnt zu haben, sei dieser Vortrag
ohne Substanz und lasse nicht erkennen, welche selbständige Tätigkeit
er entfaltet habe.
Die vertragliche Regelung über das Ende des Versicherungsver-
hältnisses sei nicht zu beanstanden. Der Versicherungsnehmer könne
redlicherweise nicht erwarten, dass der Versicherer entgegen dem
Zweck der Versicherung, Schutz gegen Verdienstausfall zu gewähren,
Leistungen auch dann noch erbringe, wenn der Versicherungsnehmer
seine selbständige Tätigkeit aufgegeben habe und keine regelmäßigen
Einkünfte mehr erziele. Dabei sei nicht vorausgesetzt, dass die Aufgabe
der selbständigen Tätigkeit freiwillig erfolgt sei. Anderes könne gelten,
wenn ein Selbständiger erst während der Erkrankung seine Tätigkeit
aufgibt. Hier habe der Kläger aber, auch wenn er schon in ärztlicher Be-
handlung gewesen sei, nach seiner eigenen Darstellung seine Tätigkeit
ab 1. April 2003 aus anderen als gesundheitlichen Gründen nicht mehr
ausgeübt.
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II. Diese Würdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Nach Nr. 4 GT2 hängt die Versicherungsfähigkeit von zwei Vor-
aussetzungen ab, nämlich einer selbständigen Berufsausübung und der
Erzielung regelmäßiger Einkünfte. Hinzukommen müssen gemäß § 1 (1)
des Gruppenversicherungsvertrages die Mitgliedschaft im Anwaltsverein
sowie ein Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Diese zusätzli-
chen, im Gruppenversicherungsvertrag geforderten Voraussetzungen
sind hier nicht streitig. Allein daraus ergibt sich die Versicherungsfähig-
keit indessen entgegen der Auffassung der Revision noch nicht. Vielmehr
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geht aus § 2 (1) Buchst. a des Gruppenversicherungsvertrages klar her-
vor, dass es weitere Vertragsgrundlagen gibt, nämlich u.a. den Tarif GT2
und damit auch die dort in Nr. 4 beschriebenen Voraussetzungen der
Versicherungsfähigkeit.
a) Diese stellen indessen - wie die Auslegung aus der Sicht des
verständigen Versicherungsnehmers (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85)
ergibt - nicht darauf ab, in welcher Weise der Versicherungsnehmer sei-
nen Beruf als Selbständiger ausübt. Der Versicherungsschutz besteht
vielmehr auch dann, wenn der Versicherungsnehmer nicht als Rechts-
anwalt tätig ist, solange er Mitglied des Anwaltsvereins bleibt. Die selb-
ständige Berufstätigkeit kann mithin sowohl in einer Zusammenarbeit mit
dem Praxisabwickler als auch in einer anderen Tätigkeit etwa als Media-
tor bestehen. Dem Versicherungsnehmer steht es danach frei, im Rah-
men seiner Mitgliedschaft im Anwaltsverein die konkrete Art seiner selb-
ständigen Berufsausübung zu ändern, ohne dass die Versicherungsfä-
higkeit deshalb in Frage stünde. Der Bundesgerichtshof hat bereits für
Klauseln in anderen Krankentagegeldversicherungen, nach denen eine
selbständige Berufs- bzw. Erwerbstätigkeit Voraussetzung der Versiche-
rungsfähigkeit war, entschieden, dass die Aufgabe einer bestimmten Tä-
tigkeit etwa aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht das Ende einer
selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen
bedeuten muss (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 - IV ZR 100/01 - VersR
2002, 881 unter II 1).
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b) Im Hinblick auf derartige Änderungen des beruflichen Tätigkeits-
feldes eines Selbständigen kann die Klausel nicht dahin verstanden wer-
den, dass ein Wegfall der Versicherungsfähigkeit bereits dann eintreten
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soll, wenn der Wechsel in ein anderes berufliches Tätigkeitsfeld nicht
ohne eine Unterbrechung der Berufstätigkeit vorgenommen werden kann.
Der Senat hat in anderem Zusammenhang mit Blick auf eine Klau-
sel, die die Versicherungsfähigkeit vom Bestehen eines ständigen festen
Arbeitsverhältnisses gegen Entgelt abhängig machte, ausgesprochen,
dass dem Versicherten auch in Zeiten der Arbeitssuche nach Beendi-
gung des Arbeitsverhältnisses ein Schutz gegen Verdienstausfall infolge
Krankheit durch das Tagegeld verbleiben muss. Die Interessen des Ver-
sicherers bleiben gleichwohl gewahrt, wenn die Versicherungsfähigkeit
jedenfalls dann endet, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht ausrei-
chend um die Aufnahme einer neuen Tätigkeit bemüht oder sich seine
Bemühungen aus anderen Gründen als aussichtslos darstellen (BGHZ
175, 322, 329 f.).
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Ein entsprechendes Verständnis liegt für den durchschnittlichen
Versicherungsnehmer auch in einem Fall nahe, in dem die Versiche-
rungsfähigkeit - wie hier - allein an die selbständige Berufsausübung und
die damit verbundene Erzielung von Einkommen anknüpft. In einem sol-
chen Fall entspricht es dem erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel,
dem Versicherungsnehmer bei einem Wechsel des Tätigkeitsfelds eine
Übergangszeit zuzubilligen, in der er die Voraussetzungen zur Ausübung
der neuen Erwerbstätigkeit schaffen, also hier etwa die Fähigkeit und
Bereitschaft zur Mediation bekannt geben und bei Parteien oder Gerich-
ten die Beauftragung mit einer Streitschlichtung anregen kann. Auch sol-
che Tätigkeiten gehören - wie dargelegt - zur versicherten selbständigen
Berufsausübung. Tritt dann während einer derartigen Übergangszeit Ar-
beitsunfähigkeit ein, ist davon auszugehen, dass der Versicherte ohne
die Erkrankung alsbald wieder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausge-
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übt hätte und dass er daran nur durch die Krankheit gehindert worden
ist. Das Gegenteil kann nur angenommen werden, wenn der Versicherer
konkrete Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich
ergibt, dass der Versicherte nicht mehr gewillt war, nach Wiederherstel-
lung seiner Gesundheit eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben,
oder dass ihm dieses nicht möglich gewesen wäre (Senatsurteile vom
15. Mai 2002 aaO und vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997,
1133 zu II 2 a).
c) Weiter ist nach dem Wortlaut der Nr. 4 GT2 erforderlich, dass
aus der selbständigen Berufsausübung regelmäßig Einkünfte erzielt wer-
den. Dass damit aber keine monatlich in etwa gleich bleibenden Bezüge
wie bei einem abhängigen Arbeitnehmer gemeint sind, erschließt sich
aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsneh-
mers, der hier ein selbständig Berufstätiger ist, ohne weiteres aus dem
Zusammenhang. Auch die Beklagte weist darauf hin, dass Freiberufler
gelegentlich Verluste erwirtschaften. Insbesondere wenn sich der Versi-
cherungsnehmer aus solchen oder anderen Gründen beruflich neu orien-
tiert und sich einer bisher nicht ausgeübten selbständigen Berufstätigkeit
zuwendet, ist damit zu rechnen, dass in einer Übergangszeit Überschüs-
se, die die laufenden Aufwendungen übersteigen, ausbleiben. In einer
solchen Situation kann der Versicherungsnehmer sogar auf einen Über-
brückungskredit angewiesen sein. Auch unabhängig von einem derarti-
gen Wechsel der selbständigen Berufstätigkeit können die Einnahmen
eines Selbständigen größeren Schwankungen unterliegen, so dass er
z.B. von den Gewinnen eines Vierteljahres seinen Unterhalt und seine
Kosten auch im darauf folgenden Halbjahr bestreiten muss. Danach
hängt die Versicherungsfähigkeit in Auslegung von Nr. 4 GT2 nicht da-
von ab, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich stets innerhalb eines
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bestimmten Zeitraums Einkünfte erzielt, sondern nur davon, dass seine
Tätigkeit ernsthaft auf die Erzielung nachhaltiger und in diesem Sinne
regelmäßiger Einkünfte gerichtet ist, solange seine Bemühungen nicht
ohne nachvollziehbare Aussicht auf Erfolg sind. Ein solches Verständnis
der Klausel hat sich die Beklagte ausdrücklich zu Eigen gemacht. In die-
ser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des
§ 307 BGB stand.
2. Danach bedarf die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger
habe die Versicherungsfähigkeit schon vor der ab 4. September 2003
fortlaufend ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, nämlich bereits seit
1. April 2003 verloren, weil er nicht mehr mit dem Abwickler seiner An-
waltspraxis habe zusammenarbeiten können, schon aus Gründen des
materiellen Rechts der Überprüfung. Die Feststellungen des Berufungs-
gerichts sind überdies nicht frei von Verfahrensfehlern:
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a) Der Kläger hat vorgetragen, er habe auch nach dem 1. April
2003 zunächst noch alte Mandate weiter bearbeitet, bis es zu einem
Zerwürfnis mit dem neuen Abwickler seiner Kanzlei gekommen sei; ab
Juni 2003 habe er die Wiederbestellung des früheren Abwicklers betrie-
ben. Die dafür vom Kläger benannten Zeugen hat das Berufungsgericht
nicht vernommen. Dass der Vortrag des Klägers mit seinen Angaben bei
der Anhörung vor dem Landgericht in Widerspruch stehen mag, rechtfer-
tigt die Ablehnung seiner Beweisanträge nicht. Vielmehr liegt darin eine
vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze
findet, sondern § 286 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BGH,
Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 137/02 - WM 2004, 2365 unter II
1; BVerfG NJW-RR 2001, 1006 f.). Eine Partei ist nicht gehindert, ihr
Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu
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berichtigen; dies kann nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksich-
tigt werden (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - X ZR 141/00 - NJW
2002, 1276 unter I).
b) Ferner hat sich der Kläger darauf berufen, schon ab April 2003
neue Mediationsmandate angebahnt zu haben. Eine derartige außerge-
richtliche Streitschlichtung kann nicht nur vom Gericht vorgeschlagen
(§ 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO), sondern auch vom Mediator angeboten wer-
den. Es liegt nahe, dass sich dazu für den Kläger aus seiner Kenntnis
von Akten, die er für den früheren Abwickler bearbeitet hatte oder wegen
des Zerwürfnisses mit dem neuen Abwickler nicht weiter bearbeiten
konnte, Gelegenheiten ergaben. Der Kläger übt seit seiner Genesung
unbestritten eine Mediationstätigkeit aus. Weshalb das Berufungsgericht
dem Vortrag des Klägers über die Zeit seit 1. April 2003 bis zum Eintritt
seiner Arbeitsunfähigkeit Anfang September 2003 auch nicht ansatzwei-
se die Entfaltung einer selbständigen Tätigkeit hat entnehmen können,
ist nicht nachvollziehbar. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtspre-
chung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vor-
trägt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend
gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen;
genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiie-
rung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden
(vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - NJW-RR 2007,
1409 unter II A 1 b).
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c) Im Übrigen ist nicht der Kläger, sondern die Beklagte darle-
gungs- und beweispflichtig dafür, dass das Versicherungsverhältnis ge-
mäß § 14 (1) Buchst. a AVB-G i.V. mit Nr. 4 GT2 infolge Wegfalls der
Versicherungsfähigkeit seit 1. April 2003 beendet worden ist (vgl. Se-
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natsurteil vom 15. Mai 2002 aaO; BGHZ 175, 322, 332). Dies gilt auch
dann, wenn die Versicherungsfähigkeit wie nach Meinung des Beru-
fungsgerichts im vorliegenden Fall schon vor Eintritt der Arbeitsunfähig-
keit weggefallen sein soll (a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl.
§ 15 MBKT 94 Rdn. 16). Diese Verteilung der Beweislast hat das Beru-
fungsgericht im Grundsatz auch nicht verkannt. Der Kläger ist gleichwohl
verpflichtet, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die negative
Tatsache eines Wegfalls seiner Versicherungsfähigkeit substantiiert zu
bestreiten (BGHZ 175, aaO 333).
3. Hinsichtlich der Zurückverweisung hat der Senat von § 563
Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. Für die weitere Verhandlung gibt
der Senat folgende Hinweise:
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a) Das Berufungsgericht wird beiden Parteien Gelegenheit zu ge-
währen haben, mit Blick auf die maßgebliche materielle Rechtslage (s.o.
unter II 1) ergänzend vorzutragen und Stellung zu nehmen.
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b) Soweit sich der Kläger auf ein Schreiben der Beklagten vom
15. April 2004 beruft, ist die Würdigung des Tatrichters rechtsfehlerfrei,
dass die Beklagte darin den Fortbestand der Versicherungen nicht etwa
uneingeschränkt anerkannt habe, sondern lediglich von ihrer Auffassung
abgerückt sei, die Verträge seien wegen Fehlens einer Mitgliedschaft im
Anwaltsverein beendet worden. Es steht nicht fest, dass die Beklagte be-
reits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von Tatsachen gehabt hat, die den
Wegfall der Versicherungsfähigkeit begründeten.
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c) Auf die Frage, ob einem Versicherten bei Wegfall seiner Versi-
cherungsfähigkeit eine Anwartschafts- oder Ruhensversicherung ange-
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boten werden muss, kommt es für die hier zur Entscheidung stehenden
Klageanträge nicht an. Das Gleiche gilt für die Rügen des Klägers hin-
sichtlich des § 16 AVB-G.
d) Die Auslauffrist des § 14 (1) Buchst. a Satz 2 AVB-G könnte im
vorliegenden Fall nur Bedeutung gewinnen, wenn sich nach Beweisauf-
nahme herausstellen sollte, dass die Versicherungsfähigkeit während
bestehender Arbeitsunfähigkeit weggefallen ist. Dafür genügt das Aus-
bleiben "regelmäßiger" Einkünfte (im Sinne der oben unter II 1 c gege-
benen Auslegung) in einer Zeit der beruflichen Neuorientierung, die
durch Arbeitsunfähigkeit behindert oder unterbrochen wird, jedoch nicht,
solange der Versicherer nicht beweist, dass der Versicherte nicht mehr
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gewillt war, nach Wiederherstellung seiner Gesundheit eine selbständige
Erwerbstätigkeit auf andere Weise auszuüben oder dass ihm dieses
nicht möglich gewesen wäre (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 aaO).
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.08.2006 - 23 O 418/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.12.2007 - 5 U 173/06 -