Urteil des BGH vom 16.01.2004

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 55/04
Verkündet
am:
9. März 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GesO § 8 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1, § 12 (InsO §§ 60, 103, 49)
a) Der Insolvenzverwalter ist dem Absonderungsberechtigten gegenüber verpflichtet,
dafür zu sorgen, dass der mit dem Recht belastete Gegenstand nicht einen Wertver-
lust durch einen vermeidbaren Rechtsmangel erleidet.
b) Zur Wirksamkeit der sicherungshalber erfolgten Zession eines Anspruchs aus einem
bei Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllten Vertrag.
BGH, Urteil vom 9. März 2006 - IX ZR 55/04 - Kammergericht
LG
Berlin
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats
des Kammergerichts vom 16. Januar 2004, berichtigt durch Be-
schluss vom 20. Januar 2004, aufgehoben, soweit zum Nachteil
des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfah-
rens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte ist Verwalter in der Gesamtvollstreckung über das Vermö-
gen der H. S. GmbH (i. F.: Schuldnerin). Das Gesamt-
vollstreckungsverfahren wurde am 17. Juli 1998 eröffnet, nachdem der Beklagte
bereits zuvor zum Sequester bestellt worden war.
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Die Schuldnerin vermietete im Juni 1997 das Grundstück L. -
straße 36 in B. an einen Schaustellerbetrieb. Der Mietvertrag war bis
zum Jahresende 1997 befristet und verlängerte sich um jeweils ein Jahr, wenn
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er nicht unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekün-
digt wurde. Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 1997 verkaufte die
Schuldnerin das Grundstück für 240.000 DM an die B.
GmbH (i.F.: Käuferin). Gemäß § 6 des Kaufvertrages bewilligten und beantrag-
ten die Vertragsparteien die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zuguns-
ten der Käuferin. Der beurkundende Notar war angewiesen, den entsprechen-
den Antrag beim Grundbuchamt unverzüglich nach Voreintragung der Schuld-
nerin als Eigentümerin zu stellen. Nach § 2 des Vertrages sollte der Kaufpreis
14 Tage nach Mitteilung des Notars, dass die Auflassungsvormerkung einge-
tragen und eine Bauvoranfrage der Käuferin positiv beschieden sei, fällig wer-
den. Gemäß § 5 des Vertrages war das Grundstück "am Tag der Kaufpreisbe-
legung" frei von Rechten Dritter zu übergeben.
Im März 1998 trat die Schuldnerin den Kaufpreisanspruch zur Sicherung
von Darlehensforderungen an die G. eG ab. Deren Vorschlag,
die zur Durchführung des Kaufvertrages erforderliche Summe von 45.000 DM
unter der Bedingung vorzuschießen, dass der Kaufpreis an sie ausgekehrt wer-
de, nahm der Beklagte mit Schreiben vom 5. August 1998 an.
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Im Dezember 1998 trat die G. eG ihre Forderungen gegen
die Schuldnerin sowie die Ansprüche aus den ihr eingeräumten Sicherheiten an
die Klägerin ab. Der beurkundende Notar teilte am 2. August 1999 der Klägerin
mit, dass die Fälligstellung des Kaufpreises erfolgt, dieser jedoch wegen Un-
klarheiten mit dem Mietverhältnis noch nicht bezahlt sei. Die Klägerin setzte den
Beklagten von diesem Sachverhalt umgehend in Kenntnis. Die Käuferin weiger-
te sich später, den vollen Kaufpreis zu bezahlen, weil sich mangels rechtzeitiger
Kündigung des Mietvertrages das Mietverhältnis über das Grundstück bis zum
31. Dezember 2000 verlängert habe. In der Folge vereinbarte der Beklagte mit
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der Käuferin unter Zustimmung der Klägerin eine Kaufpreisreduzierung auf
150.000 DM.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe der Diffe-
renz zwischen dem ursprünglichen und dem reduzierten Kaufpreis, somit
90.000 DM (= 46.016,27 €). Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das
Berufungsgericht hat ihr mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung
stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte
insgesamt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung und Zurückverwei-
sung.
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I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt, der Beklagte hafte der Klägerin in Höhe der Klageforderung auf Scha-
densersatz aus § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO, weil er den über das Kaufgrundstück
bestehenden Mietvertrag nicht rechtzeitig gekündigt habe. Damit habe der Be-
klagte eine gesamtvollstreckungsspezifische Pflicht gegenüber der Klägerin als
Absonderungsberechtigter verletzt. Der Beklagte habe spätestens nach Kennt-
nis der Mitteilung des beurkundenden Notars vom 2. August 1999 Veranlas-
sung gehabt, das Mietverhältnis zum Jahresende 1999 zu kündigen. Die Käufe-
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rin sei durch die unterlassene Kündigung in die Lage versetzt worden, eine Re-
duzierung des Kaufpreises um 90.000 DM durchzusetzen. Die Zustimmung der
Klägerin zur Kaufpreisherabsetzung stehe dem Schadensersatzanspruch nicht
entgegen, weil sie damit lediglich ihrer Schadensminderungspflicht genügt ha-
be.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem we-
sentlichen Punkt nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen
kann ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Absonderungs-
rechts der Klägerin nicht bejaht werden.
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1. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend prüft das Berufungsgericht
einen Anspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO. Danach ist der Ver-
walter im Gesamtvollstreckungsverfahren für die Erfüllung der ihm obliegenden
Pflichten allen Beteiligten verantwortlich. Die Haftung entspricht derjenigen des
Konkursverwalters gemäß § 82 KO und der des Insolvenzverwalters nach § 60
InsO (vgl. BGH, Urt. v. 5. März 1998 - IX ZR 265/97, NJW 1998, 2213, 2215).
Beteiligte im Sinne dieser Vorschriften sind alle, denen gegenüber der Verwalter
insolvenzspezifische Pflichten wahrzunehmen hat. Dazu zählen auch Aus- und
Absonderungsberechtigte, denen gegenüber der Verwalter haftet, wenn er ihre
Rechte vereitelt (vgl. BGHZ 99, 151, 154; 100, 346, 350; BGH, Urt. v. 5. März
1998 aaO).
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2. Das Berufungsgericht hat indes nicht geprüft, ob der Klägerin tatsäch-
lich ein wirksames Absonderungsrecht an dem Kaufpreisanspruch zustand.
Dies lässt sich auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen noch nicht
abschließend beurteilen.
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a) § 12 Abs. 1 GesO gewährt über den Wortlaut hinaus dem Sicherungs-
zessionar ein Absonderungsrecht; er kann Zahlung an sich verlangen (vgl.
BGHZ 138, 179, 185 f). Dies gilt auch für aufschiebend bedingte Forderungen,
bei denen die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt (vgl. BGHZ 155,
87, 92; BGH, Urt. v. 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 145;
MünchKomm-InsO/Ganter, vor §§ 49-52 Rn. 29), und für noch nicht fällige An-
sprüche (vgl. BGHZ 150, 353, 364).
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b) Die vor Verfahrenseröffnung erfolgte Sicherungszession eines An-
spruchs des Schuldners aus einem im Eröffnungszeitpunkt beiderseits nicht
vollständig erfüllten Vertrag verliert grundsätzlich mit der Erfüllungswahl des
Gesamtvollstreckungsverwalters nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GesO (§ 17 Abs. 1 KO,
§ 103 Abs. 1 InsO) ihre Wirkung (vgl. BGHZ 106, 236, 241 ff; 116, 156, 159 f;
129, 336, 338 f; 135, 25, 26 f). Daran hat der Senat auch nach Änderung seiner
Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urt. v. 7. April 2005 - IX ZR 138/04, NZI 2005,
384; v. 17. November 2005, aaO), wonach die gegenseitigen Erfüllungsansprü-
che durch die Verfahrenseröffnung lediglich ihre Durchsetzbarkeit verlieren,
festgehalten (BGHZ 150, 353, 359 f; jedenfalls dem Erg. zust. Henckel, Fest-
schrift für Kirchhof S. 191, 198, 206; Pape WuB VI C § 103 InsO 1.03; krit. HK-
InsO/Marotzke 4. Aufl. § 103 Rn. 17a). Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat
das Berufungsgericht ersichtlich übersehen. Mit der von ihm gegebenen Be-
gründung kann daher ein Absonderungsrecht der Klägerin, das sie aus der Si-
cherungsabtretung an ihre Rechtsvorgängerin herleitet, nicht bejaht werden.
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III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich nach dem derzeitigen Sach-
und Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
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1. Allerdings kann der Gläubiger nach § 9 Abs. 1 Satz 3 GesO (§ 24 KO,
§ 106 Abs. 1 InsO) die Erfüllung des Anspruchs verlangen, wenn zu dessen
Sicherung eine Vormerkung eingetragen ist. Das ansonsten vorhandene Wahl-
recht des Verwalters ist dann ausgeschlossen; eine vor Verfahrenseröffnung
vorgenommene Abtretung des schuldnerischen Anspruchs auf die Gegenleis-
tung bleibt wirksam (vgl. BGHZ 138, 179, 187; zust. Henckel WuB VI G. § 9
GesO 1.99). Der Senat sieht keine Veranlassung, von diesem Ergebnis abzu-
weichen.
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Zu Unrecht meint die Revision, das Absonderungsrecht der Klägerin sei
auch dann wieder entfallen, wenn eine Vormerkung zugunsten der Käuferin
eingetragen worden sei. Sie ist der Auffassung, die Verpflichtung des Beklagten
zur Verschaffung des Eigentums an dem Kaufgrundstück sei teilbar, weil die
Schuldnerin die zusätzliche Pflicht übernommen habe, das Eigentum frei von
Rechten Dritter zu übertragen. Da die Vormerkung dem Wahlrecht des Verwal-
ters nur im Umfang des gesicherten Anspruchs entgegenstehe, habe der Be-
klagte noch wählen können, das Grundstück rechtsmangelfrei oder rechtsman-
gelbehaftet zu übertragen. Dementsprechend sei auch die Gegenleistung der
Käuferin zu teilen, weshalb die Abtretung in Höhe der Kaufpreisminderung für
den Rechtsmangel ins Leere gegangen sei. Dieser Auffassung vermag der Se-
nat schon deshalb nicht zu folgen, weil sich die regelmäßige Verpflichtung des
Verkäufers zur Verschaffung des Eigentums an der Sache frei von Rechtsmän-
geln bereits aus dem Gesetz ergibt (§ 434 BGB a.F.; § 433 Abs. 1 Satz 2, § 435
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BGB n.F.). Sie kann auch insolvenzrechtlich nicht von einer Pflicht zur bloßen
Eigentumsübertragung getrennt werden. Eine Vergleichbarkeit mit den Fällen,
in denen der Bundesgerichtshof teilbare Leistungsverpflichtungen angenommen
hat (vgl. BGHZ 150, 353 ff zum Bauträgerkonkurs; BGHZ 147, 28 zum Werklie-
ferungsvertrag), ist nicht gegeben. Der auf den Rechtsmangel entfallende Min-
derwert kann deshalb der Masse nicht zugeordnet werden.
2. Jedoch tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts, das diesen
rechtlichen Gesichtspunkt nicht geprüft hat, nicht die Annahme, die Wirksamkeit
der Sicherungszession bestehe mangels eines Wahlrechts des Verwalters un-
verändert fort. Die Feststellungen der Vorinstanzen ergeben nicht, dass die
Vormerkung zugunsten der Käuferin schon zur Zeit der Eröffnung des Gesamt-
vollstreckungsverfahrens eingetragen war. Zwar treten die Wirkungen des § 9
Abs. 1 Satz 3 GesO auch dann ein, wenn bereits zuvor die Vormerkung bin-
dend bewilligt wurde und der Berechtigte den Eintragungsantrag gestellt hat
(BGHZ 138, 179, 186). Ist gemäß § 2 Abs. 3 GesO ein vorläufiges richterliches
Veräußerungs- und Verfügungsverbot erlassen worden, müssen die Vorausset-
zungen bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt sein (vgl. BGHZ 149, 1, 6). Hier war
die Vormerkung nach § 6 des Kaufvertrages bindend bewilligt worden. Es feh-
len aber jegliche Feststellungen dazu, ob der Notar den Eintragungsantrag für
die Käuferin noch rechtzeitig vor Verfahrenseröffnung oder vor dem - etwaigen -
Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbotes beim Grundbuchamt gestellt hat.
Der Senat kann daher nicht abschließend beurteilen, ob das Berufungsurteil
deswegen zutrifft, weil das Wahlrecht des Beklagten ausgeschlossen war und
die Sicherungszession wirksam blieb.
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IV.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit die noch fehlenden Feststellun-
gen getroffen werden können. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf
Folgendes hin:
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1. Stünde der Klägerin hier ein Absonderungsrecht zu, hätte der Beklagte
dieses Recht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, durch die
unterlassene Kündigung des Mietvertrages zumindest nach Erlangung der
Kenntnis von der Notarmitteilung vom 2. August 1999 schuldhaft beeinträchtigt.
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a) Der Sicherungszessionar gehört zum Kreis der Beteiligten, denen ge-
genüber der Gesamtvollstreckungsverwalter für schuldhafte Pflichtverletzungen
haftet. Eine Eigenhaftung des Verwalters nach § 8 Abs. 1 Satz 2 GesO kommt
freilich nur in Betracht, wenn dieser sich aus der Gesamtvollstreckungsordnung
ergebende, also insolvenzspezifische Pflichten verletzt hat. Nicht zu diesen
Pflichten gehören hingegen solche, die dem Verwalter der Gesamtvoll-
streckungsmasse wie jedem Vertreter fremder Interessen gegenüber Vertrags-
partnern bei oder nach Vertragsschluss obliegen (BGHZ 99, 151, 154; 100,
346, 350 zu § 82 KO; BGH, Urt. v. 5. März 1998 aaO zu § 8 Abs. 1 Satz 2
GesO analog). Der Beklagte hat hier jedoch nicht nur vertragliche Pflichten ge-
genüber der Käuferin verletzt, indem er das auf diese mit Eigentumserwerb
übergehende Mietverhältnis nicht rechtzeitig durch Kündigung beendete. Durch
diese Unterlassung hätte er zugleich auch den Wert eines Absonderungsrechts
der Klägerin gemindert. Denn hierdurch setzte er die Masse der im Vertrag vor-
gesehenen Rechtsmängelhaftung aus; dies führte nahe liegend zu einer Herab-
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setzung des Kaufpreises. Der hiermit einhergehende Wertverlust höhlte ein Si-
cherungsrecht der Klägerin teilweise aus; auf diese Weise würden deren durch
das dingliche Recht geschützte Interessen verletzt. Dadurch beeinträchtigte
Pflichten sind insolvenzspezifisch; sie folgen aus den Insolvenzgesetzen. Dies
ergibt sich besonders deutlich aus der Insolvenzordnung, die in ihren §§ 166 ff
sicherstellt, dass dem Absonderungsberechtigten der Erlös - abzüglich be-
stimmter Pauschalen - zufließt (vgl. Lüke in Kübler/Prütting, InsO § 60 Rn. 18 f).
Nichts anderes folgt aber auch aus der knapper gefassten Vorschrift des § 12
GesO (BGHZ 138, 179, 185 f; vgl. auch BGH, Urt. v. 2. Dezember 1993 - IX ZR
241/92, ZIP 1994, 140, 141 zur Konkursordnung). Der Gesamtvollstreckungs-
verwalter ist daher dem Absonderungsberechtigten gegenüber verpflichtet, ei-
nem Wertverlust des belasteten Gegenstands entgegenzuwirken (vgl. BGHZ
105, 230, 235 ff).
Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 15. März
2003 (IX ZR 322/01, ZIP 2003, 1303 f) zugrunde lag, geht es hier nicht um
Pflichten der Schuldnerin, die aus dem Sicherungsvertrag folgen.
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2. Zu Unrecht wendet die Revision eine Pflichtenkollision des Beklagten
ein, weil bei einer Kündigung des Mietvertrages zum Jahresende 1999 der
Masse Mieteinnahmen entgangen wären. Dies kann hier schon deshalb nicht
angenommen werden, weil der Masse die Mieteinkünfte nach § 5 des notariel-
len Vertrages mit der Übergabe des Grundstücks am Tag der Kaufpreisbele-
gung nicht mehr zustanden. Ein nennenswerter Verlust von Mieteinnahmen
scheidet danach aus.
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3. Ergibt die weitere Verhandlung, dass der Antrag auf Eintragung der
Vormerkung nicht rechtzeitig gestellt worden ist, wird entscheidungserheblich,
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ob der Beklagte der Klägerin aus einem anderen Rechtsgrund als § 8 Abs. 1
Satz 2 GesO persönlich haftet. Eine anderweitige Haftung des Verwalters, die
aufgrund Übernahme eigener vertraglicher Pflichten oder wegen Inanspruch-
nahme besonderen persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der culpa
in contrahendo in Betracht kommen kann (vgl. BGHZ 100, 346, 352; 159, 104,
121 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 1989 - IX ZR 245/88, ZIP 1989, 1584, 1588 f; v.
24. Mai 2005 - IX ZR 114/01, NZI 2005, 500), scheidet hier aber jedenfalls nach
dem derzeitigen Sachstand aus. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat
nicht die Klägerin, sondern die G. eG dem Beklagten die Zahlung
von 45.000 DM zur Masse angeboten, um die Durchführung des Kaufvertrages
und die Abführung des Erlöses an die Zessionarin zu erreichen; hiermit war der
Beklagte einverstanden. Der Abtretungsvertrag zwischen der G.
eG und der Klägerin umfasst jedoch keine Schadensersatzansprüche gegen
den Gesamtvollstreckungsverwalter. Soweit sich die Klägerin in der Revision
erstmals darauf berufen hat, die 45.000 DM seien erst später von ihr selbst an
die Masse bezahlt worden, wird das Berufungsgericht zu entscheiden haben,
ob dieser neue Sachvortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO zulassungsfähig ist. Das-
selbe würde für den zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz
vom 5. Januar 2004 gelten, wonach sie persönlich mit dem Beklagten eine Ver-
wertungsvereinbarung geschlossen habe, sofern es sich insoweit nicht nur um
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eine irrtumsbedingt ungenaue Wiedergabe ihres erstinstanzlichen, durch Ur-
kunden belegten Vorbringens handelt.
Fischer
Raebel
Vill
Cierniak
Lohmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.06.2003 - 6 O 521/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.01.2004 - 4 U 195/03 -