Urteil des BGH vom 23.08.2002

BGH (schwerer fall, menge, base, waffe, stpo, schuldspruch, strafe, grenzwert, ecstasy, form)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 291/02
vom
23. August 2002
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 23. August 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Gießen vom 23. April 2002
a)
im Urteilstenor dahin berichtigt und klargestellt,
daß der Angeklagte des bewaffneten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Men-
ge in Tateinheit mit Ausüben der tatsächlichen Ge-
walt und Führen einer Schußwaffe, die ihrer Form
nach geeignet ist, einen anderen Gegenstand vor-
zutäuschen, schuldig ist,
b)
im Strafausspruch aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer zurück-
verwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen Han-
deltreibens mit Betäubungsmitteln (Ecstasy) in nicht geringer Menge unter Bei-
sichführen einer Schußwaffe in einem minder schweren Fall in Tateinheit mit
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Besitz und Führen einer Schußwaffe, die ihrer Form nach geeignet ist, einen
anderen Gegenstand vorzutäuschen" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren
und sechs Monaten verurteilt und eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB gegen
ihn verhängt. Die Revision des Angeklagten, der das Urteil mit der Sachrüge
angreift, hat zum Schuldspruch im Umfang des Beschlußtenors Erfolg; im übri-
gen erweist sie sich zum Schuldspruch als unbegründet im Sinne von § 349
Abs. 2 StPO.
Die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über den Schießkugelschreiber
unterfällt der Spezialnorm des § 53 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. § 37 Abs. 1 Nr. 1 c
WaffG, die § 53 Abs. 3 Nr. 1a i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG verdrängt
(BGH, Beschl. vom 9. November 1993 - 5 StR 617/93; Steindorf, Waffenrecht,
7. Aufl., § 53 Rdn. 18). Der Senat hat deshalb den Schuldspruch neu gefaßt. Er
weist darauf hin, daß die Kennzeichnung der Tat als "gemeinschaftlich" oder
ihre Einordnung als minder schwerer Fall nicht in die Urteilsformel gehören
(BGHSt 27, 289; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 260 Rdn. 25
m.w.N.).
Da das Landgericht strafschärfend gewertet hat, daß der Angeklagte
gleich in dreifacher Weise gegen das Waffengesetz verstoßen hat, sind auch
die Strafzumessungserwägungen fehlerhaft. Zudem ist das Landgericht zu La-
sten des Angeklagten davon ausgegangen, daß der Wirkstoffgehalt von
49,23 g MDMA-Base der von ihm gehandelten Ecstasytabletten den Grenzwert
zur nicht geringen Menge im Sinne von § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG um mehr als
das Doppelte - ausgehend von einem Grenzwert von 24 g MDMA-Base - über-
schritten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt je-
doch die nicht geringe Menge bei dem in den sogenannten Ecstasy-Tabletten
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enthaltenen Wirkstoff Methylendioxy-N-methamphetamin (MDMA) erst bei 30 g
MDMA-Base (BGH NStZ 2001, 381).
Trotz der an sich maßvollen Strafe kann der Senat nicht ausschließen,
daß das Landgericht ohne diese Erwägungen eine niedrigere Strafe festgesetzt
hätte.
Die Feststellungen sind von den Rechtsfehlern nicht betroffen und kön-
nen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen bleiben möglich.
Rissing-van Saan Otten Rothfuß
Fischer Elf