Urteil des BGH vom 07.10.2010

BGH (ausschluss, ehemann, ehegatte, durchführung, sache, höhe, vorschrift, härte, altersunterschied, lebensgemeinschaft)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 191/09
Verkündet
am:
7. Oktober 2010
Kluckow
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Mainz vom 28. Oktober 2009 - berichtigt durch
Beschluss vom 22. Dezember 2009 - im Kostenpunkt und insoweit
aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver-
fahrens, an die 1. Zivilkammer des Berufungsgerichts zurückver-
wiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den beklagten Rechtsanwälten, welche sie in
ihrem Scheidungsverfahren vertreten haben, Schadensersatz wegen anwaltli-
cher Fehlberatung im Hinblick auf den durchgeführten Versorgungsausgleich.
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Die am 10. Februar 1943 geborene Klägerin schloss am 31. Mai 1996
mit einem 17 Jahre jüngeren Mann die Ehe. Nachdem sich die Eheleute im Jahr
1999 getrennt hatten, stellte der Beklagte zu 2 im Auftrag der Klägerin mit am
28. Oktober 2005 zugestelltem Schriftsatz Scheidungsantrag. Mit Urteil vom
7. Juni 2006 schied das Familiengericht die Ehe und führte den Versorgungs-
ausgleich zu Lasten der Klägerin durch. Die Ausgleichspflicht der Klägerin er-
gab sich daraus, dass sie zu Beginn der Ehezeit über ein höheres Einkommen
als ihr Ehemann verfügt hatte, während beide Ehegatten nach der Trennung im
Jahr 1999 bis zur Stellung des Scheidungsantrags ungefähr gleich hohe versi-
cherungspflichtige Einkünfte erzielten.
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Die Klägerin macht geltend, die Beklagten hätten sie im Hinblick auf den
Versorgungsausgleich nicht ausreichend beraten. Die Beklagten hätten ihr zur
Stellung eines Antrags auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs raten müs-
sen, welchem das Familiengericht entsprochen hätte, oder sie hätten auf einen
rechtsgeschäftlichen Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs
hinwirken müssen, zu welchem sich ihr früherer Ehemann auch bereit erklärt
hätte.
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Soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, hat die Klägerin die
Feststellung beantragt, dass die Beklagten ihr zum Ersatz des Rentenschadens
verpflichtet sind, der ihr durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs
entstanden ist. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsge-
richt hat ihr insoweit stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klagabweisung
weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten hätten der Klägerin
empfehlen müssen, beim Familiengericht den Ausschluss des Versorgungs-
ausgleichs nach der Bestimmung des § 1587c Nr. 1 BGB (außer Kraft getreten
mit Wirkung zum 1. September 2009 durch das Gesetz zur Strukturreform des
Versorgungsausgleichs vom 3. April 2009, BGBl. I S. 700) zu beantragen. Auf
einen entsprechenden Antrag hätte der Versorgungsausgleich durch das Fami-
liengericht ausgeschlossen werden müssen, weil die Eheleute lange getrennt
gelebt hätten, in der kinderlos gebliebenen Ehe beide Eheleute berufstätig ge-
wesen seien und der frühere Ehemann zu keinem Zeitpunkt auf eine Teilhabe
an der Alterssicherung der Klägerin vertraut habe; zudem habe die Klägerin
zum Zeitpunkt der Scheidung zweieinhalb Jahre vor dem Eintritt in das Renten-
alter gestanden, während ihrem früheren Ehemann noch weitere 17 Jahre zur
Verfügung gestanden hätten, um eine eigene Altersvorsorge aufzubauen.
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II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Überprüfung
nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen den zuerkannten
Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht.
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1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausge-
gangen, dass die Beklagten auf Schadensersatz haften, wenn der Versor-
gungsausgleich im familiengerichtlichen Verfahren hätte ausgeschlossen wer-
den müssen.
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Die Umstände, aus welchen das Berufungsgericht die grobe Unbilligkeit
des Versorgungsausgleichs nach der Bestimmung des § 1587c Nr. 1 BGB a.F.
abgeleitet hat, waren für die Beklagten offenkundig. Wenn aus diesen Gründen
die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs vorge-
legen haben, dann hätten die Beklagten im familiengerichtlichen Verfahren dar-
auf hinwirken müssen, dass der Ausschluss ausgesprochen wird. Einer Pflicht-
verletzung der Beklagten stünde nicht der Umstand entgegen, dass der Aus-
schluss des Versorgungsausgleichs nach der Vorschrift des § 1587c BGB a.F.
durch das Familiengericht von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. Staudin-
ger/Rehme, BGB, 2004, § 1587c Rn. 63; Bamberger/Roth/Bergmann, BGB,
2. Aufl., § 1587c Rn. 39). Die Pflichten des Rechtsanwalts im gerichtlichen Ver-
fahren setzen nicht erst dort ein, wo die Entscheidung des Gerichts nach der
jeweiligen Verfahrensordnung von dem Vorbringen und den Anträgen der Par-
teien abhängig ist. Der Rechtsanwalt muss vielmehr auch dafür Sorge tragen,
dass die zu Gunsten seines Mandanten sprechenden rechtlichen Gesichtspunk-
te möglichst umfassend berücksichtigt werden, um seinen Mandanten vor einer
Fehlentscheidung des Gerichts zu bewahren (BGH, Urt. v. 15. November 2007
- IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 15; v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07,
WM 2009, 324 Rn. 8).
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2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts tragen nicht dessen Annah-
me, die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs
nach der Regelung des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. hätten vorgelegen.
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a) Eine unbillige Härte im Sinne der Vorschrift des § 1587c Nr. 1 BGB
a.F. liegt vor, wenn eine schematische Durchführung des Versorgungsaus-
gleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls dem Grund-
gedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen
würde, eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der
Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten (BGH,
Beschl. v. 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02, NJW 2005, 2455; v. 29. März 2006
- XII ZB 2/02, NJW 2006, 2967 Rn. 12). Die Frage der groben Unbilligkeit beur-
teilt sich dabei nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, die
in erster Linie dem Tatrichter obliegt. Die tatrichterliche Würdigung ist im famili-
engerichtlichen Verfahren durch das Rechtsbeschwerdegericht - vormals durch
das Gericht der weiteren Beschwerde - nur daraufhin zu überprüfen, ob alle
wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind und das tatrichterliche Er-
messen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden
ist (BGH, Beschl. v. 2. Oktober 1996 - XII ZB 96/93, BGHZ 133, 344, 354; v.
11. September 2007 - XII ZB 107/04, NJW 2008, 296 Rn. 11).
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Da das Regressgericht an die Stelle des Gerichts im Vorprozess tritt, ob-
liegt auch im Haftungsprozess die Feststellung der groben Unbilligkeit nach der
Vorschrift des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. in erster Linie dem Tatrichter (vgl. BGH,
Urt. v. 20. Januar 1994 - IX ZR 46/93, WM 1994, 948, 951). Dessen Würdigung
ist durch das Revisionsgericht insoweit überprüfbar, als die tatrichterliche Ent-
scheidung im familiengerichtlichen Verfahren der Überprüfung durch das
Rechtsbeschwerdegericht unterliegt.
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b) Die lange Trennungszeit der Eheleute rechtfertigte den Ausschluss
des Versorgungsausgleichs nicht.
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Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen,
dass dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage fehlt,
solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute
aufgehoben ist. Der Umstand, dass die gesetzliche Regelung den Versor-
gungsausgleich nicht lediglich für den Zeitraum der ehelichen Lebensgemein-
schaft, sondern für die gesamte Ehezeit im Sinne der Bestimmung des § 1587
Abs. 2 BGB a.F. vorsieht, beruht in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägun-
gen; im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung kann daher eine lan-
ge Trennungszeit für den Ausschluss oder eine Herabsetzung des Versor-
gungsausgleichs sprechen (BGH, Beschl. v. 28. September 2005 - XII ZB
177/00, NJW 2005, 3572, 3573; v. 29. März 2006, aaO Rn. 11; v. 11. Septem-
ber 2007, aaO Rn. 12). Es kann hier unbillig erscheinen, dass ein Ehegatte an
solchen Versorgungsanwartschaften teilhat, welche der andere Ehegatte in ei-
nem Zeitraum erworben hat, zu welchem die Eheleute getrennt gelebt haben.
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Im vorliegenden Fall hat sich die Ausgleichspflicht der Klägerin nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch gerade daraus ergeben, dass die
Klägerin zu Beginn der Ehezeit und damit während des Bestehens der eheli-
chen Lebensgemeinschaft über ein höheres Einkommen als ihr früherer Ehe-
mann verfügt hat, während beide Eheleute nach der Trennung ungefähr gleich
hohe versicherungspflichtige Einkünfte erzielt haben. Auf die Höhe des Versor-
gungsausgleichs hat sich die lange Trennungszeit damit nicht oder nur unwe-
sentlich ausgewirkt. Aus der langen Trennungszeit kann daher nicht auf eine
unbillige Härte geschlossen werden.
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c) Auch soweit das Berufungsgericht den Ausschluss des Versorgungs-
ausgleichs auf den Altersunterschied der Eheleute gestützt hat, trägt dies die
angenommene Rechtsfolge ebenfalls nicht.
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aa) Ein erheblicher Altersunterschied der Eheleute ist im Rahmen der
Billigkeitsabwägung nach der Regelung des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. im Falle
einer sogenannten phasenverschobenen Ehe zu berücksichtigen. Dies ist dann
der Fall, wenn ein Ehegatte während der Ehezeit dauerhaft berufstätig gewesen
ist und Rentenanwartschaften erworben hat, während der andere Ehegatte in
diesem Zeitraum noch nicht (etwa wegen laufender Berufungsausbildung) oder
nicht mehr (etwa wegen Eintritts in den Ruhestand) Versorgungsanwartschaften
erwerben konnte (BGH, Beschl. v. 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03, NJW-RR 2004,
1231, 1233; v. 25. April 2007 - XII ZB 206/06, NJW-RR 2007, 1153 Rn. 32).
Geht die unterschiedliche Höhe der in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften
hingegen nicht auf eine Phasenverschiebung zurück, so rechtfertigt der Alters-
unterschied der Ehegatten für sich genommen den Ausschluss des Versor-
gungsausgleichs nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 25. April 2007, aaO Rn. 33).
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung besteht im vorliegen-
den Fall keine Phasenverschiebung. Beide Eheleute waren während der ge-
samten Ehezeit berufstätig und haben Rentenanwartschaften erworben. Die
unterschiedliche Höhe der Anwartschaften geht nicht auf durch den Altersunter-
schied bedingtes Fehlen versicherungspflichtiger Beschäftigungszeiten zurück,
sondern allein darauf, dass die Klägerin zeitweise über ein höheres Einkommen
als ihr früherer Ehemann verfügt hat. Der Ausgleich unterschiedlich hoher Ver-
sorgungsanwartschaften, welche sich aus einem Einkommensgefälle während
des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben haben, ist jedoch
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gerade das Ziel der Regelung des Versorgungsausgleichs und vermag keine
unbillige Härte zu begründen.
bb) Auch die Überlegung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe zum
Ende der Ehezeit nur noch zweieinhalb Jahre bis zum Eintritt in das Rentenalter
zur Verfügung gehabt, während ihr Ehemann seine Altersvorsorge noch 17 wei-
tere Jahre habe aufbauen können, trägt den Ausschluss des Versorgungsaus-
gleichs nicht.
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Der Versorgungsausgleichs ist nicht bereits deshalb zur Vermeidung ei-
ner groben Unbilligkeit im Sinne des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. auszuschließen,
weil der ausgleichsberechtigte Ehegatte nicht auf dessen Durchführung ange-
wiesen ist, um seine Altersvorsorge zu sichern (BGH, Beschl. v. 24. Februar
1999 - XII ZB 47/96, NJW-RR 1999, 801 f). Ein Härtegrund kann jedoch dann
vorliegen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte aufgrund von Vermögen
unabhängig vom Versorgungsausgleich über eine Alterssicherung verfügt, wäh-
rend der ausgleichsverpflichtete Ehegatte zur Sicherung seines Unterhalts auf
seine während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften angewiesen ist
(BGH, Beschl. v. 25. September 1991 - XII ZB 68/90, NJW 1992, 175, 176; v.
24. Februar 1999, aaO S. 802; v. 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02, NJW 2005,
2455, 2456).
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Ein solches wirtschaftliches Ungleichgewicht ergibt sich vorliegend aus
den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Dem längeren Zeitraum, wel-
cher dem Ehemann hier nach dem Ende der Ehezeit zum Erwerb weiterer Ren-
tenanwartschaften zur Verfügung stand, entsprach ein längerer Zeitraum, in
welchem die Klägerin vor Beginn der Ehe Anwartschaften erwerben konnte. Die
aufgrund ihres höheren Lebensalters bestandene Möglichkeit, vor der Ehe-
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schließung Rentenanwartschaften zu erwerben, die vom Versorgungsausgleich
unberührt bleiben, hat die Klägerin auch tatsächlich genutzt. Auf der Grundlage
des Berufungsurteils ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin gemessen am Le-
bensalter über eine schlechtere Altersvorsorge verfügt hätte als ihr Ehemann.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Klägerin zum Stichtag
des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften in Höhe von 1.323,81 €,
während ihr früherer Ehemann solche in Höhe von 516,76 € besaß und bis zum
Eintritt in das Rentenalter noch Anwartschaften über weitere 520 € hinzu erwer-
ben konnte (gemeint ist wohl bei Erwerb jährlich eines Entgeltpunkts in der ge-
setzlichen Rentenversicherung bei Erzielung des Durchschnittseinkommens der
Rentenversicherten). Dass einer der beiden Eheleute neben den Versorgungs-
anwartschaften noch über eine weitere Altersversorgung verfügt hätte, ist vom
Berufungsgericht nicht festgestellt worden.
III.
Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache
nicht zur Endentscheidung reif ist. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Mög-
lichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper des Berufungs-
gerichts Gebrauch macht (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Berufungsgericht
wird erneut die tatrichterliche Gesamtwürdigung vorzunehmen haben, ob sich
die Durchführung des Versorgungsausgleichs vorliegend als unbillige Härte im
Sinne der Vorschrift des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. darstellt. Sollte das Beru-
fungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für den
Ausschluss des Versorgungsausgleich nach dieser Regelung nicht vorgelegen
haben, dann wird es über das weitere Vorbringen der Klägerin zu entscheiden
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haben, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei deshalb, weil die
Beklagten der Klägerin nicht zum vollständigen oder teilweisen Ausschluss des
Versorgungsausgleichs durch Vereinbarung mit ihrem früheren Ehemann gera-
ten haben. Hierzu weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Der Rechtsanwalt muss den Mandanten grundsätzlich umfassend und
möglichst erschöpfend belehren und die erforderlichen Schritte anraten, um
Nachteile des Mandanten zu verhindern (BGH, Urt. v. 8. Dezember 1983 - I ZR
183/81, BGHZ 89, 178, 181; v. 23. November 2006 - IX ZR 21/03, WM 2007,
419 Rn. 10; v. 1. März 2007 - IX ZR 261/03, WM 2007, 2283 Rn. 9). Welche
konkreten Pflichten sich aus diesem allgemeinen Grundsatz ergeben, bestimmt
sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Einzelfalls (BGH, Urt.
v. 28. Juni 1990 - IX ZR 209/89, WM 1990, 1917, 1920; v. 4. Juni 1996 - IX ZR
51/95, WM 1996, 1824, 1825). Aus den bisherigen Feststellungen des Beru-
fungsgerichts ergibt sich nicht, ob die Beklagten nach den konkreten Umstän-
den des vorliegenden Falles Anlass hatten, die Klägerin darauf hinzuweisen,
dass der Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung durch die Ehegatten
nach Maßgabe der Bestimmung des § 1587o BGB a.F. rechtsgeschäftlich aus-
geschlossen werden kann.
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2. Sollten die Beklagten die Klägerin pflichtwidrig nicht über die Möglich-
keit eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs belehrt haben, setzt ein
Schadensersatzanspruch der Klägerin ferner voraus, dass ihr früherer Ehe-
mann sich auf eine Vereinbarung zu seinem Nachteil eingelassen hätte und
diese Vereinbarung durch das Familiengericht nach der Bestimmung des
§ 1587o Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. hätte genehmigt werden müssen. Auch inso-
weit liegen bislang keine ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts
vor.
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Ausweislich der Bestimmung des § 1587o Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. geht
das Gesetz davon aus, dass die Parteien grundsätzlich nicht entschädigungslos
auf den Versorgungsausgleich verzichten, sondern anstelle der gesetzlichen
Ausgleichsregelung eine andere Leistung vereinbaren. Dabei ist unter der ver-
einbarten Leistung nicht allein eine solche zu verstehen, die gezielt an die Stelle
des unterlassenen Ausgleichs von Versorgungsanwartschaften treten soll, son-
dern eine Gesamtbewertung dessen, was die Eheleute einander im Zusam-
menhang mit der Scheidung unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und
der Vermögensauseinandersetzung zugestehen (BGH, Beschl. v. 4. Februar
1987 - IVb ZB 106/85, NJW 1987, 1768, 1769). Auch ein entschädigungsloser
Verzicht auf den Ausgleich kann jedoch insbesondere dann genehmigungsfähig
sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte der Durchführung des Versor-
gungsausgleichs nicht bedarf, weil er aus anderen Gründen über eine eigen-
ständige Altersvorsorge verfügt (BGH, Beschl. v. 4. Februar 1982 - IVb ZB
746/80, NJW 1982, 1463, 1464; v. 24. März 1982 - IVb ZB 530/80, NJW 1982,
1464, 1465 f; v. 4. Februar 1987, aaO; v. 3. November 1993 - XII ZB 33/92,
NJW 1994, 580, 581). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage ergänzend
zu treffender Feststellungen zu beurteilen haben, ob ein Ausschluss des Ver-
sorgungsausgleichs nach diesen Maßstäben genehmigungsfä-
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hig gewesen wäre, sofern es auf diese Frage ankommen sollte.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann
Pape
Vorinstanzen:
AG Mainz, Entscheidung vom 11.05.2007 - 88 C 45/07 -
LG Mainz, Entscheidung vom 28.10.2009 - 3 S 99/07 -